Stromberg hat geschrieben: ↑Do 22. Aug 2019, 10:11closs hat geschrieben: ↑Do 22. Aug 2019, 09:45Stromberg hat geschrieben: ↑Do 22. Aug 2019, 09:27
Alle heutigen Erkenntnisse zeigen, dass Bewusstsein >im Gehirn< entsteht
Hier besteht ein Denkfehler
Nein, nochmal: Alle heutigen Erkenntnisse zeigen, dass Bewusstsein >im Gehirn< entsteht.
Ob dir das gefällt oder nicht; wenn nicht, unterliegst du tatsächlich mehreren, auf Wünschen basierten Denkfehlern.
Beim “entstehen” würde ich allerdings ein großes Fragezeichen dahintersetzen. Wenn man sich eine Achse an einer Ratsche vorstellt, dann “bewirkt” die Ratsche, dass sich die Achse nur in eine Richtung drehen kann. Aber man würden nicht sagen, dass dieser Effekt
entsteht. Es ist eine Eigenschaft des Systems als ganzen, die sich i. Ü. nicht direkt durch die fundamentalen Gesetze der Physik erklären lässt (die sind alle zeitumkehrbar).
closs hat geschrieben: ↑Do 22. Aug 2019, 09:45Ob Bewusstsein primär im Gehirn entsteht
Es hat sich evolutionär entwickelt; in diesem Sinne: Doch!
Für den Schluss braucht es jedoch eine gehörige Portion unwissenschaftlichen “gesunden Menschenverstand”. Bewusstsein kann man nicht messen und außer bei sich selbst kann man es auch nicht beobachten – schließlich ist Subjektivität die essentielle Eigenschaft des Bewusstseins. Man spricht es nur intuitiv bestimmten Lebewesen zu und wird sich nicht so weit versteigen, wie Descartes, es bloß beim Menschen anzunehmen. Und so folgerst du: es wird sich wohl evolutionär entwickelt haben. Allerdings ist kein naturwissenschaftliches Resultat damit inkompatibel, das Gegenteil anzunehmen.
Für mich ist dieser blind spot nicht weiter erstaunlich, sondern ergibt sich direkt aus der naturwissenschaftlichen Methode. Und ein wesentliches Ziel deiner Rhetorik hier ist uns diesen blind spot übersehen zu lassen.
Was dich wohl am meisten ärgert: Es gibt keine Alternative dazu (Fantasien mal außen vor gelassen). Jeglicher Rückgriff auf irgendwelche ersonnenen "nichtmateriellen" und/oder "transzendenten" Entitäten wie eine "Seele" ist keinerlei Zugewinn.
An dieser Sachlage ändert sich freilich auch dann nichts, wenn du davon ausgehst beim Öffnen der Augen würde eine "Verbindung" zur immateriellen, evolutionär nicht erklärbaren Entität hergestellt, in dieser dann das "Bild", was du mit den geöffneten Augen siehst, erscheint, das durch das Gehirn nur "vorbereitet" wurde.
Nur lässt sich das Bewusstsein nicht evolutionär erklären. Es gibt keinen erdenklichen Grund, warum denn nun Tiere so etwas wie Bewusstsein brauchen. Schließlich kann man sich vorstellen, dass sie auch ganz ohne subjektiv etwas zu erleben auf ihre Umwelt reagieren so wie wir es aus objektiver Perspektive beobachten.
Zumal sich, folgt man dem Wahn, weitere Fragen auftun würden wie die, weshalb die "Seele" nur dann etwas wahrnimmt wenn das Gehirn funktionsfähig ist.
Klassisch war das nie ein Problem. Das wird es nur, wenn man nichts anderes kennt als die cartesische Vorstellung der Seele. Btw, das Bewusstsein war für Philosophen prä-Descartes – selbst für Vertreter der Hochscholastik wie Thomas von Aquin und Duns Scotus – immer materiell (wobei sie natürlich von einem anderen Materie-Begriff ausgingen, d. h. nicht dem mechanistisch-reduktionistischen seit der Frühmoderne).
Und: Es lässt sich inzwischen empirisch ausschließen, dass eine immaterielle Substanz irgendwo im Hirn "andockt", insbesondere auch deshalb, weil bei diesem Prozess keine Energie verbraucht werden dürfte - bzw. längst hätte gemessen werden müssen.
Nicht dass ich diese Vorstellung des Andocken teilen würde, aber ich frage mich wie es bei der Komplexität des Gehirns möglich sein soll, außer recht grob, die Energiebilanz zu messen.
Geist und Qualia sind nichts "Übernatürliches", sondern sind ganz natürlich und evolutionär entstanden.
“natürlich” / “übernatürlich” … wer weiß schon was das ist. Du meinst jedoch, dass Geist und Qualia ins Weltbild des Physikalismus passen, also materielle (im modernen Sinne) Phänomene sind, die sich reduktionistisch erklären lassen. K. A. warum du da die Beweislast umkehrst.
Naturwissenschaftlich ist nicht interessant, ob das Gehirn Geist und Qualia kausal bewirkt, sondern nur, wie es das tut.
Nur verfährt die Naturwissenschaft nach gewissen Paradigmen – ob da Geist und Qualia hineinpassen?
Aber das hatten wir alles schon:
Claymore hat geschrieben: ↑Sa 16. Feb 2019, 03:06Claymore hat geschrieben: ↑Mo 11. Feb 2019, 20:31Interessant ist, dass die eigentlichen Argumente dabei chronisch ausgeklammert werden.
Wenn es denn mal welche gäbe; wann darf mit Argumenten gerechnet werden?
Das Argument ist eigentlich recht einfach. Also in den Anfängen der Naturwissenschaft haben Pioniere wie Descartes und Galileo die Realität ja unterteilt in
- die “wahren Eigenschaften”, d.h. die mathematisch präzisen, quantitativen und objektiv messbaren – Anzahl, Größe, Bewegung, Masse etc.
- die “vom Bewusstsein draufprojizierten”, also die subjektiv-qualitativen, so wie wir die Welt tatsächlich erleben.
Eine naturwissenschaftliche (reduktionistische) Erklärung von “Tönen”, “Farben”, “Wärme”, “Kälte” usw. jeweils als Druckwellen, elektromagnetische Schwingungen, (mehr/weniger) Teilchenbewegung, usw. verfrachtet aber genau den problematischen, nämlich der qualitativen Teil, ins Bewusstsein, wo er nicht mehr stört.
Es sieht so aus als wäre es ganz entscheidend gewesen, diesen qualitativ-subjektiven Aspekt aus der Beschreibung der “physikalischen Realität” wegzulassen – nur so konnte man zeigen wie sich Grundelemente zu der Komplexität verbinden, die wir beobachten. Will man nun aber auch das Bewusstsein auf diese Weise erklären, beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. Denn es gibt dann keinen Platz wohin man den problematischen, unerklärlichen Teil beiseite schieben könnte. Genau das, wovor man sich die ganze Zeit gedrückt hat, weil man damit nicht umgehen konnte, holt einen nun wieder ein.
Wenn also die Naturwissenschaft, so wie ich meine, in ihren wesentlichen Grundsätzen auf cartesischer Metaphysik basiert, dann
ergibt sich auf natürliche Weise ein unlösbares Leib-Seele-Problem (das heißt natürlich nicht, dass Bewusstsein immateriell ist, nur dass es nicht in das naturwissenschaftliche Materie-Konzept wie oben beschrieben passt).
Philosophische Gedankenexperimente dazu sind zwar nette Spielereien, helfen aber nur beschränkt bis gar nicht weiter.
Das ist deine persönliche Meinung, mehr nicht. Begründung fehlt.