Thaddaeus hat geschrieben: ↑Do 8. Aug 2019, 08:38Man kann durch Analyse von Wassermolekülen nicht Ebbe und Flut erklären, aber man kann mit Hydrodynamik Ebbe und Flut erklären, also mit Physik. Ebbe und Flut sind keine Eigenschaften von Wasser. Ich sehe noch nicht, inwiefern dein Einwand ein Einwand gegen Gabriels Analogie ist.
Fahrräder wären sinnlos, wenn sie nicht gefahren würden. Das Fahren von Fahrrädern gehört zwingend zu den Eigenschaften von Fahrrädern dazu (da sie ansonsten unnütz wären). Das Fahren von Fahrrädern mit den phänomenalen Bewusstseinsinhalten der menschlichen Fahrer gehören zur Wirklichkeit einer Welt, in der Fahrräder existieren. Eine rein mechanische, technische und physikalische Beschreibung von Fahrrädern beschreibt diese Wirklichkeit aber nicht und KANN sie auch gar nicht beschreiben.
Ich finde es eine seltsame Verwendung des Wortes “Eigenschaft” wenn man sie so versteht, dass ein Ding Eigenschaften gewinnen oder verlieren kann
ohne dass es selbst eine Veränderung erfährt. Wenn ein Schlüssel rot ist, dann ist “rot” eine seiner Eigenschaften. Aber “Kaiserstraße 13, 1. Stock links, Frankfurt am Main aufschließend” (*) würde
ich nicht als
Eigenschaft des Schlüssels bezeichnen. Sondern als Relation. Denn wenn man bei der entsprechenden Adresse das Schloss austauscht, dann trifft (*) nicht mehr zu, obwohl nichts am Schlüssel verändert wurde.
Ich gebe dir Recht, dass Ebbe und Flut keine Eigenschaften von Wasser sind. Allerdings kann sich ein Physikalist doch problemlos auf den Standpunkt stellen, dass der Zweck eines Fahrrads auch keine Eigenschaft des Fahrrads ist. Sondern eben nur etwas, das sich zusammen mit Menschen ergibt (Relation).
(Ich möchte mich i.Ü. nicht über Worte streiten – es geht darum, dass mir die oben charakterisierte Unterscheidung wichtig ist – unabhängig ob man eines nun Eigenschaft und eines Relation nennt. Du scheinst sie dagegen eher zu verwischen)
Also, da sich für einen Physikalisten doch Gedanken, Gefühle, etc. auf die physikalische Realität reduzieren lassen, löst sich – wenn er recht hat – das Fahrradproblem gratis mit dazu. Zweck von Fahrrädern, Erlebnisse beim Fahrradfahren, etc. – alles etwas, das sich aus dem Zusammenspiel zwischen Fahrrädern und Menschen ergibt. Physikalische Fakten der
Welt: Menschliche Gehirne schreiben Fahrrädern einen Zweck zu und das ist physikalisch erklärbar. So wie Ebbe und Flut sich aus dem Zusammenspiel zwischen den Wassermassen der Ozeane und dem Mond ergibt.
tl;dr die “nicht-physikalischen Eigenschaften” (z.B. Zweck) von Fahrrädern sind easy als physikalisch anzusehen, wenn man bereits menschliches Bewusstsein und Denken als physikalisch ansieht. Es wäre schön, eine Analogie zu finden, die nicht unter diesem schwerwiegenden Defekt leidet.