Wissenschaft und Universität

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Janina
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#311 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Janina » Mo 29. Jul 2019, 21:25

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 15:38
Insofern darf man zumindestens pragmatisch davon ausgehen, dass methodisches Wissen incl. experimentelle Überprüfung dasselbe ist wie ontisches Wissen.
Es gibt nur eins. Alles was nicht methodisch sauber erarbeitetes Wissen ist, ist Zeug, das man Ommas in Frauenzeitschriften verkaufen kann.

closs
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#312 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von closs » Mo 29. Jul 2019, 23:29

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
dass Modelle und Theorien an der Wirklichkeit überprüft werden
Das geht (auch nur überm Daumen) in den Naturwissenschaften, aber (meistens) nicht in den Geisteswissenschaften. - Es sei denn, man lässt verschiedene, gar sich widersprechende Lösungen zu. - Aber da sagst Du ja weiter unten:

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Nur, so lange sich diese unterschiedlichen Interpretationen nicht widersprechen.
Das ist aber falsch ("nachweisbar", würdest Du sagen). - Denn es ist problemlos "nachzuweisen", dass Jesus eine Naherwartung im AT-Sinne hatte, UND, dass Jesus etwas ganz anderes damit meinte. - Das widerspricht sich.

Es ist weiterhin kein Problem, die evolutionäre Entwicklung des Menschen nachzuweisen, aber auch, dass die Genesis als geistige Wahrheit zutreffend ist. - Für viele widerspricht sich das ebenfalls.

Die Lösung läge in der Erkenntnis, dass verschiedene Hermeneutiken den selben biologischen oder historischen Vorgang auf unterschiedlichen Ebenen beleuchten können und jeweils zu "nachweisbar" richtigen Ergebnissen kommen - die sich widersprechen. - ES SEI DENN, man erkennt diese unterschiedlichen Ebenen und erkennt damit auch, dass sich Aussagen auf verschiedenen Ebenen nicht widersprechen können. - Dann, aber nur dann, ist Dein obiger Satz ....
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Nur, so lange sich diese unterschiedlichen Interpretationen nicht widersprechen.
... korrekt. - Mein Problem: Du lässt nicht erkennen, dass Du es so meinst.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Warum fällt dir nicht auf, dass bei wiki von "Wissen" als dem historischen Bestand alles dessen, was gewusst werden kann die Rede ist, ich aber von Wissen als einen mentalen Zustand eines Subjektes spreche, welches um einen tatsächlich bestehenden Sachverhalt weiß (im Unterschied zu glaubt oder überzeugt ist).
Du meinst also, dass im wik-Artikel gemeint ist, dass fälschlich als Wissen Bezeichnetes falsch sein kann - das wäre eine Binse. - Ich denke schon, dass damit Wissen als prinzipiell angreifbar gemeint ist.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Das ist beim Wissen um einen Sachverhalt nicht möglich. Man kann ihn erst dann wissen, wenn der Sachverhalt auch tatsächlich besteht.
Ich sehe immer wieder, dass "Ihr" davon ausgeht, dass methodisch definierbares Wissen automatisch ontisch der Fall sein muss - genau da widerspreche ich bei den Geisteswissenschaften, weil "Wissen" dort experimentell nicht überprüfbar ist, sondern hermeneutisch (also letztlich ich-präjudizierend) entsteht.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Fürwahrhalten ist aber eben kein Wissen, sondern nur ein Fürwahr-Halten.
Da mache ich halt die Unterscheidung, dass methodisch/hermeneutisch genanntes "Wissen" ontisch immer nur ein "Für-Wahr-Halten" ist. Nicht nur aus radikal-skeptizistischen Gründen, sondern auch, weil zur selben Frage unterschiedliches bis widersprüchliches Wissen (siehe Genesis und Naherwartung) rauskommen kann.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Der Wissensbegriff der epistemischen Logik ist weit präziser gefasst, als die Verwendung des Wörtchens "Wissen" in der Alltagssprache.
ja und? - Das beantwortet doch nicht die Frage, unter welchen Bedingungen man ein Objekt untersucht. - Wenn Jesus historisch sowohl "nur Mensch" als auch "auch göttlich" gewesen sei kann: Was nützt Dir eine epistemische Logik, wenn Du sie einmal auf Annahme A und das andere Mal auf Annahme B aufsetzen musst, um ergebnissoffen dem, was vor 2000 Jahren der Fall war, gerecht werden zu können?

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Nein, das ist Unsinn.
Schade, dass Anton hier nicht mehr mitschreibt. - Vielleicht kannst Du seine Posts mal angucken, wenn Du Zeit hast. - Mich hat er überzeugt, weil damit das Anthropozentrische und das Ontische sauber getrennt sind.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Es ist irrelevant was für mich "faktisch" bedeutet.
Es ist sehr relevant, weil es ein Unterschied ist, ob man "faktisch" als ontische Größe oder als methodische Größe versteht. ---- Du hast vor langer Zeit mal gemeint, dass die Naherwartung Jesus im AT-Sinn "Fakt" sei - daraus ist unweigerlich zu schließen, dass Du "faktisch" als methodische Größe verstehst - was Du aber vermutlich nicht akzeptierst.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Relevant ist, was faktisch in der epistemischen Logik und in den Wissenschaften bedeutet. Und da bedeutet es das bestehen eines Sachverhaltes.
Was ist "Sahverhalt"? - Eine methodische oder eine ontische Größe. ------ Du wirst mir doch nicht sagen wollen, dass dieser Unterschied in der epistemischen Logik keine Rolle spielt.

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
man überprüft seine Interpretationsthese an der Realität des Textes.
Siehe oben: Dann hat jesus sowohl eine Naherwartung im AT-Sinn als auch nicht. - nach Deiner Logik dürfte das nicht sein - oder doch?

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Nein, es gibt kein falsches Wissen. Wenn man glaubt, einen Sachverhalt zu wissen und es stellt sich heraus, das der Sachverhalt nicht besteht, dann wusste man ihn auch nicht.
Hmm - Nun ist es demnach aber ein "Sachverhalt", dass Jesus eine Naherwartung im AT-Sinn hatte und ihn NICHT hatte. -Beides "richtiges Wissen"?

Claymore hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:46
“System-Wissen” und “ontisches Wissen” sind closs-Begriffe. Wenn man die akzeptiert, dann hat man alle Toren und Türen geöffnet, von ihm an der Nase herumgeführt zu werden.
Man sollte sie akzeptieren, weil man sonst in den Verdacht kommt, "das, was der Fall ist", im Ernstfall als methodik-abhängige Größe misszuverstehen.

Claymore hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 20:26
Aber eine sinnvolle Diskussion ergibt sich daraus eh nicht
Klar - dazu müsste man letztlich anthropozentrische Muster aufgeben.

Janina hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 21:25
Es gibt nur eins. Alles was nicht methodisch sauber erarbeitetes Wissen ist, ist Zeug, das man Ommas in Frauenzeitschriften verkaufen kann.
Auch die Theologie erarbeitet "Wissen" sauber (es heißt nicht umsonst "Systematische Theologie"), aber sie nennt es nicht "Wissen".

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Thaddaeus
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#313 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Thaddaeus » Di 30. Jul 2019, 08:54

Nun, deine gesamte Antwort zeigt dem verständigen Leser deutlich die argumentative Hilflosigkeit, in der du feststeckt. Wirkliche Gegenargumente finden sich darin nicht. Im Gegenteil ignorierst du sogar noch die von mir vorgebrachten und tust so, als gäbe es sie nicht.
Schönes Beispiel dafür:

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 23:29
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
dass Modelle und Theorien an der Wirklichkeit überprüft werden
Das geht (auch nur überm Daumen) in den Naturwissenschaften, aber (meistens) nicht in den Geisteswissenschaften. - Es sei denn, man lässt verschiedene, gar sich widersprechende Lösungen zu.
Wenn man die als Interpretation vorgebrachte These einer Homosexualität der Figur Faust in Goethes FAUST anhand von Textstellen in einem Buch oder elektronischen Text und seiner Entstehungsgeschichte prüft, dann arbeitet man im Grunde empirisch. Wenn es Stellen gibt, die beide Möglichkeiten offen lassen, dann ist genau DAS das eindeutige das Ergebnis der Textuntersuchung.
In der Regel setzt sich bei der Interpretation der allermeisten Texte eine Interpretation durch, die von den meisten Forschern aus guten Gründen geteilt wird: weil sie die plausibleste ist. Das kann sich durch neue Textfunde, neue Methoden oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse z.B. zu den Textvarianten oder einen bis dahin unbeachteten aber zentralen Aspekt für die Interpretation durchaus ändern, aber genau darin besteht ja Wissenschaft, in diesem Falle Geisteswissenschaft.

Es ist durchaus richtig, dass Texte oftmals unterschiedliche Interpretationen zulassen, aber das ist z.B. in der Quantenmechanik auf der Theorieebene ebenfalls der Fall. Ohne Theorie gibt es keine moderne Physik oder andere Naturwissenschaft. Modell- und Theoriebildung sind aber selbst keine Physik, soll heißen: sie entpringen nicht den naturwissenschaftlich-empirischen Methoden und technischen Verfahren. Modell- und Theoriebildung entspringen geisteswissenschaftlichen Verfahren, weshalb die Wissenschaftstheorie auch nicht zu den Naturwissenschaften zählt, sondern eben zur Philosophie.
Die heute oft naiv vertretende, angeblich starke Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften gibt es in Wahrheit nicht. Das ist ein Mythos.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 23:29
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
Nur, so lange sich diese unterschiedlichen Interpretationen nicht widersprechen.
Das ist aber falsch ("nachweisbar", würdest Du sagen). - Denn es ist problemlos "nachzuweisen", dass Jesus eine Naherwartung im AT-Sinne hatte, UND, dass Jesus etwas ganz anderes damit meinte. - Das widerspricht sich.
Es ist problemlos nachzuweisen, dass Jesus eine Naherwartung hatte. Es ist aber gerade nicht nachzuweisen - und schon gar nicht problemlos - dass er etwas anderes damit gemeint haben könnte. Genau das ist nicht möglich. Stattdessen kann plausibel gemacht werden, dass die Vorstellung, Jesus hätte seine Naherwartung anders gemeint, kirchlichem Wunschdenken entstammt um gewisse Widersprüche und Inkonsistenzen zu glätten, die entstehen, wenn Jesus nur eine Naherwartung hatte.
Wegen deiner katholischen Hermeneutik möchtest du das gerne so sehen. Das ist aber Wunschdenken. Und deine katholische Hermeneutik ist dabei selbstverständlich nicht gleichberechtigt. Nicht einmal ansatzweise, denn ihre Methoden sind nicht wissenschaftlich.

Glauben - und das wiederum ist eine Errungenschaft der aufklärerischen Philosophie - darfst du aber natürlich, was du willst, auch, dass Jesus mit seiner Naherwartzung etwas anderes gemeint habe.

closs
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#314 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von closs » Di 30. Jul 2019, 10:37

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Wenn man die als Interpretation vorgebrachte These einer Homosexualität der Figur Faust in Goethes FAUST anhand von Textstellen in einem Buch oder elektronischen Text und seiner Entstehungsgeschichte prüft, dann arbeitet man im Grunde empirisch. Wenn es Stellen gibt, die beide Möglichkeiten offen lassen, dann ist genau DAS das eindeutige das Ergebnis der Textuntersuchung.
1) Wer unterscheidet das eine interpretativ vom anderen? Doch der Mensch. ----- Es steht doch meistens nicht im Text: "Hört mal, Leute, ich bin schwul", sondern man muss es heraus-INTERPRETIEREN. - Das nennst Du trotzdem "empirisch"?

2) Mir geht es im Kern etwas anderes: Kann es nach DEINEN epistemisch-logischen Aussagen sein, dass zwei Interpretationen "empirisch" belegbar oder gar "nachweisbar" sind, die widersprüchlich sind? "Er war schwul?"/"Er war NICHT schwul" ---??? - Wenn nein: Wer entscheidet das? :angel:

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
In der Regel setzt sich bei der Interpretation der allermeisten Texte eine Interpretation durch, die von den meisten Forschern aus guten Gründen geteilt wird: weil sie die plausibleste ist.
Zirkelschluss. - Was "plausibel" ist, hängt maßgeblich von hermeneutischen Tendenzen der Zeit ab, in der untersucht wird. - Warum, denkst, Du, ist das Bild von Philosophen/Schriftstellern in verschiedenen Epochen so unterschiedlich? Doch nicht, weil es neue objektive Erkenntnisse gibt (das KANN sein, muss aber nicht), sondern weil man aus der hermeneutik einer Epoche anders sieht und interpretiert.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Die heute oft naiv vertretende, angeblich starke Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften gibt es in Wahrheit nicht. Das ist ein Mythos.

Das ist oft ein willfähriges Postulat, um Meinungs-Interpretationen wasserdicht zu machen. - Damit wir uns richtig verstehen: Ich bezweifle nicht die Techniken Deines epistemisch-logischen Denkens, sondern ich beharre darauf, dass die Hermeneutiken unterschiedlicher Zeiten dieses epistemisch-logische Denken zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen lassen können - das gibt es (meines Wissens) in der Naturwissenschaft nicht.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Es ist problemlos nachzuweisen, dass Jesus eine Naherwartung hatte. Es ist aber gerade nicht nachzuweisen - und schon gar nicht problemlos - dass er etwas anderes damit gemeint haben könnte. Genau das ist nicht möglich.
Sachlich falsch. - Dazu ein Text aus der Päpstlichen Kommission, der das ausdrückt, was ich hier schon x-mal versucht habe:
"Die klassische Anwendung der historisch-kritischen Methode zeigt auch Grenzen, denn sie beschränkt sich auf die Forschung nach dem Sinn des biblischen Textes in den historischen Bedingungen seiner Entstehung und interessiert sich nicht für die weiteren Sinnmöglichkeiten, die im Verlauf späterer Epochen der biblischen Offenbarung und Kirchengeschichte zu Tage getreten sind"

Das ist natürlich eine andere Methodik - aber ontisch KÖNNTE es "der Fall sein", was die Kommission da sagt - deshalb immer wieder meine Unterscheidung zwischen "methodisch" und "ontisch".

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Stattdessen kann plausibel gemacht werden, dass die Vorstellung, Jesus hätte seine Naherwartung anders gemeint, kirchlichem Wunschdenken entstammt um gewisse Widersprüche und Inkonsistenzen zu glätten, die entstehen, wenn Jesus nur eine Naherwartung hatte.
Es kann auch plausibel gemacht werden, dass Jesus etwas anderes gemeint hat, als das Volk verstanden hat - das Motiv "Und sie verstanden ihn nicht" ist ein Kernmotiv in AT und NT. ---- Wir müssen das nicht im Einzelnen diskutieren - mir geht es darum, dass sich widersprechende Aussagen zur Historie im Ernstfall beide "empirisch", wie Du es nennst, "nachweisbar" sein können.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
deine katholische Hermeneutik ist dabei selbstverständlich nicht gleichberechtigt. Nicht einmal ansatzweise, denn ihre Methoden sind nicht wissenschaftlich.
Mir geht es nicht um "meine" Hermeneutik, sondern um Grundsatzfragen. - Davon abgesehen, dass Deine Aussage auch schon wieder hermeneutisch tendenziell ist. - HÄTTEST Du trotzdem recht, würdest Du "das, was der Fall war" zum Teil aus der Wissenschafts-zugänglichkeit herausziehen - ich kann immer noch nicht glauben, dass das in Deinem sinn ist.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Nun, deine gesamte Antwort zeigt dem verständigen Leser deutlich die argumentative Hilflosigkeit, in der du feststeckt. Wirkliche Gegenargumente finden sich darin nicht. Im Gegenteil ignorierst du sogar noch die von mir vorgebrachten und tust so, als gäbe es sie nicht.
Lass das einfach. - Du hast selber gesagt, dass Du prinzipiell keine Probleme hast, das auch mal jemand anders mehr weiß.

DIR gestehe ich zu, dass Du in methodischen Fragen voll fitt bist - da bin ich NICHT fitt, zumal das zu meiner Uni-Zeit nur ein Mittel-zum-Zweck-Thema war. - Wo DU mir unterlegen zu sein scheinst, könnte in Deiner mangelenden Beschäftigung damit liegen, WORAUF eine epistemische Logik eigentlich (jeweils) aufsitzt.

Mein bisheriger Verdacht ist, dass es nach der von Dir vertretenen Schule nicht nötig ist, über der epistemischen Logik etwas zu suchen, weil es für Euch nichts darüber gibt (und damit meine ich NICHT Gott). - Da bin ich Dir - mit Verlaub - voraus.

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Thaddaeus
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#315 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Thaddaeus » Di 30. Jul 2019, 11:13

Zunächst mal nur so viel ...

closs hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 10:37
Thaddaeus hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 08:54
Wenn man die als Interpretation vorgebrachte These einer Homosexualität der Figur Faust in Goethes FAUST anhand von Textstellen in einem Buch oder elektronischen Text und seiner Entstehungsgeschichte prüft, dann arbeitet man im Grunde empirisch. Wenn es Stellen gibt, die beide Möglichkeiten offen lassen, dann ist genau DAS das eindeutige das Ergebnis der Textuntersuchung.
1) Wer unterscheidet das eine interpretativ vom anderen? Doch der Mensch. ----- Es steht doch meistens nicht im Text: "Hört mal, Leute, ich bin schwul", sondern man muss es heraus-INTERPRETIEREN. - Das nennst Du trotzdem "empirisch"?
Natürlich. Jedes empirische Datum, jeder Zeigerausschlag und überhaupt alles, was beobachtet bzw. gemessen wird, muss ebenfalls interpretiert werden, was in diesem Falle heißt, vor dem Hintergrund eines Modells oder einer Theorie eingeordnet. Anders geht es doch gar nicht.

closs hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 10:37
Kann es nach DEINEN epistemisch-logischen Aussagen sein, dass zwei Interpretationen "empirisch" belegbar oder gar "nachweisbar" sind, die widersprüchlich sind? "Er war schwul?"/"Er war NICHT schwul" ---???
Nein, natürlich nicht. Zwei sich widersprechende Aussagen können nicht gleichzeitig wahr sein.

closs hat geschrieben:
Di 30. Jul 2019, 10:37
Wenn nein: Wer entscheidet das?
Die Logik.
Bei sich widersprechenden Aussagen entscheidet das die Tatsache der allgemeinen Gültigkeit des Satzes vom ausgeschlossenen Widerspruch. Zwei sich widersprechende Aussagen können nicht gleichzeitig wahr sein, also muss eine von beiden falsch sein.

Mir ist völlig klar, dass du dir diese Antwort nicht gefällt, weil du möchtest, dass der Mensch das entscheidet. Aber er entscheidet das nicht. So wenig, wie Menschen entscheiden, dass der Jupiter 79 Monde hat (bislang), entscheidet er darüber, ob die logischen Grundgesetze gültig sind. Es sind auch nicht die Mathematiker, die darüber entscheiden, das 5+7=12 ist. 5+7 sind 12 auch dann, wenn es niemals Menschen gegeben hätte und die logischen Grundgesetze gelten auch, wenn kein Mensch je auf Erden gelebt hätte. Die 79 Jupitermonde existieren ebenfalls auch ohne, dass sie je ein Mensch beobachtet hätte.

Zur Wirklichkeit gehört die Tatsache, dass die logischen und mathematischen Gesetze gültig sind. Und unser Verstand vermag sie zu erfassen und zu begreifen. Kein anderes Lebewesen auf diesem Planeten kann das (soweit wir wissen).
Wenn man das anders sieht begeht man den Fehler zu glauben, die Wirklichkeit bestünde lediglich aus den raum-zeitlichen Dingen. Das ist aber - nachweislich - nicht so. "Die Welt besteht aus Tatsachen, nicht aus den Dingen." (Wittgenstein, Tractatus)

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sven23
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#316 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von sven23 » Di 30. Jul 2019, 12:31

Janina hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 21:25
closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 15:38
Insofern darf man zumindestens pragmatisch davon ausgehen, dass methodisches Wissen incl. experimentelle Überprüfung dasselbe ist wie ontisches Wissen.
Es gibt nur eins. Alles was nicht methodisch sauber erarbeitetes Wissen ist, ist Zeug, das man Ommas in Frauenzeitschriften verkaufen kann.
:lol: :lol: :lol:
Das ist schon eher clossens Welt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#317 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von sven23 » Di 30. Jul 2019, 12:53

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
wir haben aus dem Text gelernt, dass keine (religiösen) apriori vorgeschaltet werden sollen.
So ist es - und dass dies bisweilen die HKM selber tut, was dann NICHT "echtes Verständnis" ist.
Zeige uns bitte, dass die Forschung religiöse apriori vorschaltet.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
Das ist völliger Unsinn und würde die gesamte Forschung bescheinigen, dass sie ihre Arbeit nicht korrekt macht.
Falsch
Ja sicher ist das falsch, die Forschung arbeitet weitgehend korrekt.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
Wahrscheinlich fährst du im gleichen Fahrwasser wie Roland, der Theißen als Bibelfälscher und Ideologen bezeichnet, allein aus dem Grund , weil ihm die Ergebnisse nicht gefallen.
Das würde Roland dementieren (und hat es wahrscheinlich schon x-mal gemacht).
Nein, er heißt ja nicht closs und dementiert ständig in dem einen Post, was er im vorigen geschrieben hat.
Denn der gute Roland hat geschrieben:

Dass er (Theißen) das nicht tut, erfüllt den Tatbestand der Bibelfälschung. Denn die Quellen sagen genau DAS aus! Sie zu untersuchen, unter der Voraussetzung, dass die Autoren allesamt lügen, ist Ideologie.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
- Nein - ich bin gerade im Fahrwasser der päpstlichen Bibelkommission.
Dann paß auf, dass du nicht absäufst. :lol:

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
Eben, und die Forschung hat diese wesentliche Frage selbstverständlich auf Basis der Quellen behandelt und kommt zu den bekannten Ergebnissen
Das sagt die HKM mehrheitlich - und einige Theologen auch. - Aber dadurch wird es nicht historisch wahr.
Aber wahrscheinlicher als irgendwelche Glaubensbekenntnisse.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
sie meint die evangelikale Schriftauslegung, die z.B. der Bibelbund praktiziert, incl. Chikagoer Erklärung.
Ja - da muss was gewesen sein - anders kann man sich die ausführliche und aggressive Auseinandersetzung nicht erklären. - Aber was haben wir mit "evangelikal" zu tun (was eh ein weiter Begriff ist)?
Closs hat die biblisch-kritische Exegese angeführt, die hauptsächlich von Evangelikalen angewandt wird.

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
Vor allem behauptest du noch, dass das Dogma gut begründet ist.
Das sind sie alle - was nicht heißen muss, dass sie wahr sein müssen. - Es gilt immer der Glaubens-Vorbehalt.-
Wenn sie nicht wahr sind, taugen sie nichts.


closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:39
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 11:05
Übrigens das Dogma der heilsnotwendigen Mitgliedschaft in der RKK hast du ja auch nicht verstanden
Verstanden habe ich es - sogar in Übereinstimmung mit Theologen. - Aber die praktische Auslegung ist mir zu weltlich.
Closs ist die Kirche zu weltlich?
Mal unter uns: einen kleinen religiösen Tick hast du schon, oder nicht?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#318 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Münek » Di 30. Jul 2019, 13:16

closs hat geschrieben:
So 28. Jul 2019, 20:40
sven23 hat geschrieben:
So 28. Jul 2019, 19:56
Rate mal, wem die Kommission den Vorzug gab und warum?
Weil die Theologie eine religions-apriori-freie "Bodenplatte" braucht, auf der sich sauber weiterarbeiten lässt.
Die "saubere Weiterarbeit" führte u.a. dazu, die katholischen Dogmen der "Unfehlbarkeit des Papstes", der "Unbefleckten Empfängnis" und der "Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel" zu postulieren.

:lol: :lol: :lol:

Nee - die Ergebnisse der wissenschaftlich betriebenen HKE haben mit diesen obskuren Dogmen soviel zu tun wie die Kuh mit Sonn-
tag. Nix Bodenplatte, sondern römisches Eigengewächs des Stellvertreters Christi auf Erden.

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#319 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Münek » Di 30. Jul 2019, 13:52

closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 08:40
sven23 hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 06:31
Eben, keine Glaubensbekenntnisse vorschalten. Genau das macht die Forschung und kommt z. b. zu dem Schluss, dass Jesus eine Naherwartung hatte.
Nee - eben nicht. - Das ist - wie wir inzwischen aus dem Kommissions-Text gelernt haben - eine der hermeneutisch-tendenziellen Aussagen einer HKM, die sich nicht apriorifrei halten kann.
Auf gar keinen Fall.

Dass Jesus bezüglich des von ihm angekündigten Gottesreiches eine Naherwartung hatte, entspringt ja keiner Glaubensannahme der HKE, sondern ist das Ergebnis ihrer akribischen historisch-kritischen Forschung auf der Grundlage der Evangelientexte. Dieses nahezu einvernehmlich erzielte Resultat ist keine Antwort auf eine spirituelle, sondern auf eine ausschließlich wissenschaftlich zu beantwortende historische Frage.


Wäre die Naherwartungsfrage eine Frage des Glaubens, hätte sich die HKE damit nicht befasst. Als historische Frage fällt sie dagegen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der historisch arbeitenden Exegese. Den Vorwurf, die HKE habe in dieser Frage ihre Kompetenz überschrit-
ten, haben noch nicht einmal die Exegese-Kritiker Ratzinger und Berger erhoben.

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#320 Re: Wissenschaft und Universität

Beitrag von Thaddaeus » Di 30. Jul 2019, 15:13

Claymore hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 20:26
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 19:35
closs hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 18:03
Wenn man "Wissen" so definiert, ist das so - aber mit dem Haken, dass Wissen sowohl wahr als falsch
Nein, es gibt kein falsches Wissen. Wenn man glaubt, einen Sachverhalt zu wissen und es stellt sich heraus, das der Sachverhalt nicht besteht, dann wusste man ihn auch nicht. Dann hat man sich einfach geirrt und einen Sachverhalt für wahr gehalten, der nicht besteht. Man wahr überzeugt von etwas, dass sich als falsch herausgestellt hat. Man kann schon aus begriffslogischen Gründen nicht wissen, was sich dann als falsch herausstellt. In diesem Falle hat man nicht gewusst, sondern sich einfach geirrt.
Vielleicht meint er, dass in der Naturwissenschaft eine Kohärenztheorie der Wahrheit angewendet wird, während der “tiefe Denker” selbst hier auf auf die Korrespondenztheorie der Wahrheit abzielt.
Ehrlich gesagt scheint mir closs nicht einmal selbst zu wissen, ob er nun einer Kohärenz- oder einer Korrespondenztheorie der Wahrheit anhängt. Mal schreibt er von der Abhängigkeit der Wahrheit von der (angeblich) verwendeten Hermeneutik, mal schreibt er von dem, was "ontisch ist" als Garant der Wahrheit, das aber von keinem Menschen erkannt werden kann, weshalb man stets einen Glaubensentscheid treffen muss. Oder so ähnlich ...

Claymore hat geschrieben:
Mo 29. Jul 2019, 20:26
Aber eine sinnvolle Diskussion ergibt sich daraus eh nicht und es endet in Gehirn-aus-dem-Schädel-quatschen … ist also auch egal.
Ich habe gerade gelesen, dass der klassische Vorwurf gegenüber der Philosophie, dort würde ja doch nur gequatscht, ohne dass es zu klaren Ergebnissen käme, letztlich ein christlicher Vorwurf war. Er ergab sich wohl aus der Eigenart der frühen christlichen Lehre, eindeutig zwischen gut und böse, christlich und heidnisch, nützlich und überflüssig (für den Glauben), ungefährlich und gefährlich (für den Glauben) usw. unterscheiden zu wollen. Es gab eine christliche Tendenz, Streitfälle in der Lehre auf keinen Fall stehen zu lassen, sondern stets eine Entscheidung zu treffen, was christlich und ergo richtig war. Vermutlich um immer zu wissen, wen und was man zu bekämpfen hatte. Die Geschichte der christlichen Dogmatik scheint dem Rechnung zu tragen.

Die Griechen dagegen hatten überhaupt kein Problem damit, dass die Philosophen sich unentwegt stritten und ewig über Themen zankten, schließlich konnte man Erkenntnis nur über den Austausch von Argumenten, über fortwährende Rede und Gegenrede gewinnen, was zudem dazu führte, dass man immer tiefer in eine Materie eindrang (zu finden bei Catherine Nixey, Heiliger Zorn, München: 2017).

Insofern finde ich das ergebnislose Herumgequatsche, welches aber natürlich besser ein Herumargumentieren sein sollte, gar nicht mehr so schlimm. Im Grunde schreibe ich deshalb meist so lange Texte, weil ich mir vor allem über meine Gedanken zu komplexen Themen klar werden will. Und wenn jemand etwas Kluges dazu zu sagen hat, um so besser!

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