Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#1431 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Do 23. Mai 2019, 15:11

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 13:32
„closs“ ... vertritt, dass alle Aussagen eine Voraussetzung, eine Vorannahme benötigen.
Stimmt - als aufgeklärter Mensch kommt er nicht drum rum.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 13:32
„closs“ spielt lediglich einen unsinnigen philosophischen Taschenspielertrick aus.
Die Abwendung vom Anthropozentrismus ist also ein Taschenspilertrick.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 13:32
Das Dumme ist nur, wenn man diesem Slogan konsequent folgen würde, dann ergäbe sich für die Aussage „alle Aussagen benötigen eine Voraussetzung, eine Vorannahme“, dass sie nicht als Wissen behandelt werden darf, sie wäre nicht sicher, denn sie würde ja lediglich auf „einer Voraussetzung, einer Vorannahme“ beruhen.
So ist es - dumm, gell? Aber das wusste Popper ebenfalls (und viele vernünftige Philosophen mindestens seit Sokrates ebenfalls) - hier Popper: ": "Sicheres Wissen ist uns versagt. Unser Wissen ist ein kritisches Raten; ein Netz von Hypothesen; ein Gewebe von Vermutungen" (Logik der Forschung). - Dieses Zitat hat hier jemand vor mir schon gebracht - also nicht neues.

"Wissen" ist ein systemischer BEgriff, an dem man im konkreten Fall so lange festhält, so lange er operativ funktioniert. - Das ist eine ganz pragmatische Sache.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 13:32
Wenn du den Beitrag von „closs“ gelesen hast, dann ist dir bestimmt auch aufgefallen, wie schnell er sich verdünnisiert hat – tja, warum wohl?
Weil er nicht ständig dasselbe wiederholen will - das ermüdet irgenwann und ist lästig.

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Andreas
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#1432 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Do 23. Mai 2019, 16:19

So ist das halt immer mit den aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten. Dieses Zitat wird von konservativen Christen immer wieder gerne ins Feld geführt, wenn sie gegen die Wissenschaften zu Felde ziehen. Nur dumm, dass im Kontext nicht nur vom Wissen sondern auch von der so großkotzig verkündigten Wahrheit die Rede ist: Denn wenn's wirklich nach Popper geht, ist sichere Wahrheit unserer Erkenntnis nämlich ebenso versagt wie sicheres Wissen.

Aber seht selbst und entscheidet, ob das ideologisch motiviertes Zitatengeschnetzeltes, oder ein Schuss ins eigene Knie ist:

POPPER, Karl R.: Logik der Forschung, Tübingen 1976 hat geschrieben:
So wie jeder seine Philosophie hat, so hat auch jeder seine – gewöhnlich unbewusste – Erkenntnistheorie; Und viel spricht dafür, dass unsere Erkenntnistheorien unsere Philosophien entscheidend beeinflussen. Ihre Grundlage ist: können wir überhaupt etwas wissen? Oder in KANTS Formulierung: was kann ich wissen? Ich habe versucht, diese Frage zu beantworten. Die Antwort ist nicht pessimistisch, relativistisch oder skeptisch: sie zeigt, dass wir von unseren Fehlern lernen können. Eine Annäherung an Wahrheit ist möglich. Das war meine Antwort auf den erkenntnistheoretischen Pessimismus. Aber ich gab auch eine Antwort auf den erkenntnistheoretischen Optimismus: sicheres Wissen ist uns versagt. Unser Wissen ist ein kritisches Raten; ein Netz von Hypothesen; ein Gewebe von Vermutungen. Diese Einsicht mahnt zu intellektueller Bescheidenheit: Das wurde mir besonders klar, als ich fand, dass die erkenntnistheoretische Einsicht, die ich 1934 formuliert hatte, schon vor 2500 Jahren von XENOPHANES vorweggenommen worden war:

„...Nicht von Beginn an enthüllten die Götter den Sterblichen alles;
Aber im Laufe der Zeit finden wir suchend das Bess're.
Sichere Wahrheit erkannte kein Mensch und wird keiner erkennen
Über die Götter und alle die Dinge, von denen ich spreche.
Sollte einer auch einst die vollkommenste Wahrheit verkünden,
Wüsste er selbst es doch nicht: es ist alles durchwebt von Vermutung..."

Tja, Bescheidenheit in Sachen Glaube wär' doch mal etwas, was einem gut zu Gesicht stünde, wenn man das in Sachen Wissen von der Wissenschaft so vehement einfordert - obwohl das gar nicht nötig ist, denn diese heilsame Selbstkritik stammt ja aus der Wissenschaft.

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#1433 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Do 23. Mai 2019, 17:29

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 16:19
So ist das halt immer mit den aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten.
Vielen Dank für den Zusammenhang. Aber was ist hier in irgendeinerweise einschränkend?

Natürlich gilt das auch für Wahrheit - woher sollten wir (intersubjektiv) WISSEN können, dass es Wahrheit gibt? Natürlich nicht. ---- Und was hat das mit "gegen die Wissenschaften zu Felde ziehen" zu tun? Es geht nicht um "gegen Wissenschaft", sondern um "Was kann Wissenschaft/was kann sie nicht?" - genau mein Thema in einer wissenschafts-gläubigen Zeit.

Um es kurz zu machen: Jedes Wort Oppers oder Xenophanes' ist zu unterschreiben - super. - Genau das sollte sich jeder hinter die Ohren schreiben, bevor er methodische Erkenntnisse zu Tatsachen macht.

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Andreas
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#1434 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Do 23. Mai 2019, 18:13

Worum geht's denn hier bei "Historische Exegese und ihre Folgen"? Meist - fälschlicherweise NUR - um die Bibel = Gottes Wort = "die Wahrheit", die von manchen hier verkündigt wird, und die sich durch die HKM bedroht fühlen, weil sie meinen, die Folge der HKM wäre, dass "der Bibel" durch angeblich "unsachgemäße" Interpretation seitens der Wissenschaft mittels HKM die Glaubwürdigkeit der von ihnen verkündigten Wahrheit verlustig ginge. Was natürlich Quatsch ist. Deshalb ziehen konservative Christen - und nur solche - gegen die Wissenschaft zu Felde, weil diese "nur Menschwerk" sei, wohingegen die Bibel Gottes Offenbarung ist. Daran sei der "methodische Atheismus" schuld, der, wie sollte es anders sein, eine Frucht des Satans ist, wie auch die gesamte Wissenschaft, mit der man "die Wahrheit" nicht erkennen könne. DAS GEHT NATÜRLICH NUR MIT DER BIBEL IN DER HAND, WELCHE DIE GRUNDLAGE DES GLAUBENS IST, UND NUR WENN MAN SIE GEISTLICH INTERPRETIERT - STATT ATHEISTISCH.

Um das zu begründen, findet sich dieses Popperzitat auf unzähligen Websites konservativer Christen, nach dem Motto: da seht ihr's, sie geben es ja selber zu, dass sie nichts wissen und das alles nur Vermutungen sind ... Soll heißen: Es gibt gar kein echtes Wissen, das ist alles nur Fake, alles Lügen der Bibelfälscher, eine satanische Verschwörung von Atheisten gegen Gott usw. bla bla ...


Nur - Popper sieht das gar nicht so. Für ihn ist Glaube ebensowenig eine sichere Erkenntnis wie Wissen und ist ebensosehr Vermutung - und das unterschlägt man dann halt lieber, wenn man ihn zitiert, weil man ja so wahrheitsliebend ist - als rechtgläubiger Christ.
Deine methodischen Erkenntnisse sind halt, nach Popper, auch nur Vermutungen und nicht DIE Grundlagen.

Definiere du doch erst mal, was eine Tatsache ist - und was nicht - und wie man das eine vom anderen unterscheiden kann.

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#1435 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von SilverBullet » Do 23. Mai 2019, 19:58

“K.Popper“ hat geschrieben:aus dem Link
„Eine Annäherung an die Wahrheit ist möglich... sicheres Wissen ist uns versagt. Unser Wissen ist ein kritisches Raten; ein Netz von Hypothesen; ein Gewebe von Vermutungen.“ S. XXV
“sicheres Wissen ist uns versagt“
Ist das sicheres Wissen?
=> für den Philosophen vermutlich schon, aber damit stellt er sich gegen seine Behauptung und zwar indem er sie aufstellt
=> egal, er ist ja schon Philosoph, weiter nach unten wird er nicht mehr fallen

“K.Popper“ hat geschrieben:aus dem Link
„Die Wissenschaftstheorie ist nicht an Erkenntnispsychologie, sondern an Erkenntnislogik interessiert. Sie beschäftigt sich mit Geltungsfragen „ob und wie ein Satz begründet werden kann, ob er nachprüfbar ist; ob er von gewissen anderen Sätzen logisch abhängt oder mit ihnen in Widerspruch steht“
Hat die „sicheres Wissen ist uns versagt“-Aussage auch dieses „Martyrium der philosophischen Prüfung“ durchlaufen oder wurde es schlicht vergessen?

Ach so, die Aussage steht ja zu sich selbst im Widerspruch und nicht zu anderen Sätzen – „ja dann, ist es ein gaaaanz anderer Fall“…

Ja, ja, die Philosophen nehmen ihre „Aufgabe“ schon sehr ernst :-)

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#1436 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Do 23. Mai 2019, 20:42

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
weil sie meinen, die Folge der HKM wäre, dass "der Bibel" durch angeblich "unsachgemäße" Interpretation seitens der Wissenschaft mittels HKM die Glaubwürdigkeit der von ihnen verkündigten Wahrheit verlustig ginge. Was natürlich Quatsch ist.
Bei denen, die hier christlicherseits mitdiskutieren, scheint mir das NICHT so zu sein. Dort steht eher der Anspruch in der Kritik, nur die HKM könne beurteilen, was Jesus vor 2000 Jahren gemeint hat.

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Um das zu begründen, findet sich dieses Popperzitat auf unzähligen Websites konservativer Christen, nach dem Motto: da seht ihr's, sie geben es ja selber zu, dass sie nichts wissen und das alles nur Vermutungen sind ... Soll heißen: Es gibt gar kein echtes Wissen, das ist alles nur Fake, alles Lügen der Bibelfälscher, eine satanische Verschwörung von Atheisten gegen Gott usw. bla bla ...
Dass auf BEIDEN Seiten Unfug verzapft wird, glaube ich Dir gerne - deshalb sollte man differenzierend rangehen.

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Für ihn ist Glaube ebensowenig eine sichere Erkenntnis wie Wissen und ist ebensosehr Vermutung
Natürlich - was denn sonst?

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Deine methodischen Erkenntnisse sind halt, nach Popper, auch nur Vermutungen und nicht DIE Grundlagen.
Klar. - Was glaubst Du, warum ich bis zum Erbrechen darauf hinweise, dass "Deine"/"meine" Erkenntnisse jeweils Folge hermeneutischer Vorannahmen sind. - Kurz gesagt: Das, was man "Wissen" nennt, basiert auf Vorannahmen - Vorannahmen religiöser Natur nennt man "Glaube".

Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Definiere du doch erst mal, was eine Tatsache ist - und was nicht - und wie man das eine vom anderen unterscheiden kann.
Tja - EIGENTLICH ist aus meiner Sicht "Tatsache" das, was ontisch der Fall ist - aber so ist es nicht definiert, weshalb ich hier den kürzeren ziehe. - Laut Wik ist "Tatsache" "ein wirklicher, nachweisbarer, bestehender, wahrer oder anerkannter Sachverhalt". Das Problem: Ob etwas "wahr" ist, wird nach heutiger Denke davon abhängig gemacht, ob es mit menschlichen Mitteln machbar ist. - Insofern ist es sehr folgerichtig, wenn wik "Tatsache" aus dem lateinischen Wort "Faktum" übersetzt, was "das Gemachte" heißt - also das, was der Mensch "macht" - also etwas anthropozentrisch Gesteuertes.

Tja - was ist "Tatsache"? Ist es aus Deiner Sicht etwas Menschen-Gemachtes oder etwas Ontisches?

SilverBullet hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 19:58
=> für den Philosophen vermutlich schon, aber damit stellt er sich gegen seine Behauptung und zwar indem er sie aufstellt
Da musst Du mit Popper sprechen (bzw. mit seinen Schriften). - Deine logischen Aporien der Gestalt "Ein Kreter sagt: 'Alle Kreter lügen' " führen nicht weiter.

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Münek
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#1437 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Do 23. Mai 2019, 22:15

closs hat geschrieben:
So 19. Mai 2019, 17:00
sven23 hat geschrieben:
So 19. Mai 2019, 16:52
Wenn du uns noch sagen kannst, wie sich ein universaler Vernunftbegriff manifestiert, wären wir einen Schritt weiter.
Reine Definitionssache:
Aha - unser Closs schwingt wieder seinen Zauberstab: ICH definiere (= setze), also "ist" es. Ich mache mir meine Welt per Definition, wie sie mir gefällt...

closs hat geschrieben:"Wir definieren Vernunft als das, was wahr ist.
:lol: :lol: :lol:

Ach Du liebe Zeit - das war ein Griff ins Kloh. Durchdenke noch mal langsam, was Du da behauptest.

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#1438 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Do 23. Mai 2019, 23:00

Münek hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 22:15
Closs schwingt wieder seinen Zauberstab: ICH definiere (= setze), also "ist" es.
Eben NICHT. - Du hast echt nicht verstanden, dass ich ständig das Gegenteil sage - im Gegenteil werfe ich den "orwellschen Neusprechlern" eben das vor, was Du mir unterstellst. - Sehr merkwürdig.

Münek hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 22:15
Durchdenke noch mal langsam, was Du da behauptest.
Das war zugebenerweise eine sehr grobe Definition - halt der Spur nach. - Würdest Du das Gegenteil behaupten?

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Andreas
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#1439 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Do 23. Mai 2019, 23:20

closs hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 20:42
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
weil sie meinen, die Folge der HKM wäre, dass "der Bibel" durch angeblich "unsachgemäße" Interpretation seitens der Wissenschaft mittels HKM die Glaubwürdigkeit der von ihnen verkündigten Wahrheit verlustig ginge. Was natürlich Quatsch ist.
Bei denen, die hier christlicherseits mitdiskutieren, scheint mir das NICHT so zu sein. Dort steht eher der Anspruch in der Kritik, nur die HKM könne beurteilen, was Jesus vor 2000 Jahren gemeint hat.
Diesen Anspruch stellt die Historische Theologie ja nachweislich nicht. Diesen Anspruch unterstellen konservative Christen der Historischen Theologie doch nur als Strohmann und kommen dann mit eben diesem Popperzitat um mit dem Popper "der Wissenschaft" diesen selbstgebastelten Strohmann mit den eigenen Waffen der Wissenschaft "nieder zu schlagen". Dümmer geht's nimmer!

Hehe, das scheint dir nicht so zu sein? Du bläst doch in das gleiche Horn, weil du hier immer wieder die mediale Außendarstellung der HKM transportierst und dauernd mit diesem Strohmann gegen die HKM - statt mit der HKM gegen die mediale Außendarstellung der HKM argumentierst. Wie gesagt, Ratzinger und die Bibelkommission, befeuern genau diese falsche HKM Außendarstellung, indem sie sich desselben Strohmannes bedienen:
Päpstliche Bibelkommission - Die Interpretation der Bibel in der Kirche 1993 hat geschrieben:
Der kanonische Zugang reagiert zu Recht gegen eine Überbewertung dessen, was als originell und ursprünglich angesehen wird, als ob dies allein authentisch wäre. Die inspirierte Schrift ist jedoch in Wirklichkeit jene Heilige Schrift, die von der Kirche als ihre Glaubensregel anerkannt wurde. (7) In dieser Hinsicht kann man das Gewicht entweder auf die Endgestalt legen, in der sich heute jedes Buch der Bibel befindet, oder auf die Gesamtheit, die den Kanon bildet. Ein Buch wird nur im Lichte des ganzen Kanons zum "biblischen Buch".
Die Glaubensgemeinschaft ist unzweifelhaft der angemessene Kontext für die Interpretation der kanonischen Texte. In ihr bereichern der Glaube und der Heilige Geist die Exegese. Die kirchliche Autorität, die im Dienste der Gemeinschaft steht, muss darüber wachen, dass die Interpretation der großen Tradition, aus der die Texte hervorgingen, treu bleibt (vgl. Dei Verbum, 10).
Klartext: Die kanonische Exegese bringt genau das - und nur das - was die Römisch Katholische Kirche via Basta-Autorität haben will. Um unterschiedliche Exegese-Formen geht es ihr gar nicht, sondern am Ende allein um sich selbst. Das ist zur Abwechslung mal im wahrsten Sinne des Wortes anthropozentrisch, denn damit stellt sich die RKK ins Zentrum und beansprucht für sich die Deutungshoheit, was sie fälschlicherweise der HKM unterstellt, als ob diese tatsächlich für sich beanspruchen würde, allein authentische Interpretationen zu liefern - was die Historische Theologie mit ihrer HKM ja nachweislich nicht tut. Wenn du für die Sichtweise Ratzingers und der Bibelkommission argumentierst, differenzierst und unterscheidest du eben NICHT zwischen der HKM und ihrer fälschlichen medialen Außendarstellung.

closs hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 20:42
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Um das zu begründen, findet sich dieses Popperzitat auf unzähligen Websites konservativer Christen, nach dem Motto: da seht ihr's, sie geben es ja selber zu, dass sie nichts wissen und das alles nur Vermutungen sind ... Soll heißen: Es gibt gar kein echtes Wissen, das ist alles nur Fake, alles Lügen der Bibelfälscher, eine satanische Verschwörung von Atheisten gegen Gott usw. bla bla ...
Dass auf BEIDEN Seiten Unfug verzapft wird, glaube ich Dir gerne - deshalb sollte man differenzierend rangehen.
Was meinst du denn, was ich hier die ganze Zeit mache? Du lässt dich doch auf diese unsäglichen Pauschalisierungen ein und kommst nicht mehr weg von den falsch pauschalisierenden Vokabeln. "Die HKE blubber ..."

closs hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 20:42
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Für ihn ist Glaube ebensowenig eine sichere Erkenntnis wie Wissen und ist ebensosehr Vermutung
Natürlich - was denn sonst?
Der "muss" das "als unter Satans Einfluss Stehender" ja auch sagen, aber wehe wenn ich als Christ sage, dass ich nicht weiß, ob Jesus göttlich ist oder nicht. Aber Hallo! Da heißt es dann von meinen lieben Geschwistern gleich, dass ich am Zweifel verzweifeln würde oder dass ich gar geleugnet hätte, dass Jesus Gott sei. Kennt man zur Genüge.

closs hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 20:42
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Deine methodischen Erkenntnisse sind halt, nach Popper, auch nur Vermutungen und nicht DIE Grundlagen.
Klar. - Was glaubst Du, warum ich bis zum Erbrechen darauf hinweise, dass "Deine"/"meine" Erkenntnisse jeweils Folge hermeneutischer Vorannahmen sind. - Kurz gesagt: Das, was man "Wissen" nennt, basiert auf Vorannahmen - Vorannahmen religiöser Natur nennt man "Glaube".
Nee, nee, das, was man "Wissen" nennt, nennt man nicht nur so, das ist auch Wissen. Das gibt es tatsächlich. Das, was man "Glaube" nennt, nennt man nicht nur so, das ist auch Glaube. Den gibt es tatsächlich. Jetzt ist halt bloß die Frage wie DU eine Tatsache definierst. Davor hast du dich nämlich gedrückt. Also zweiter Anlauf:
closs hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 20:42
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Definiere du doch erst mal, was eine Tatsache ist - und was nicht - und wie man das eine vom anderen unterscheiden kann.
Tja - EIGENTLICH ist aus meiner Sicht "Tatsache" das, was ontisch der Fall ist - aber so ist es nicht definiert, weshalb ich hier den kürzeren ziehe. - Laut Wik ist "Tatsache" "ein wirklicher, nachweisbarer, bestehender, wahrer oder anerkannter Sachverhalt". Das Problem: Ob etwas "wahr" ist, wird nach heutiger Denke davon abhängig gemacht, ob es mit menschlichen Mitteln machbar ist. - Insofern ist es sehr folgerichtig, wenn wik "Tatsache" aus dem lateinischen Wort "Faktum" übersetzt, was "das Gemachte" heißt - also das, was der Mensch "macht" - also etwas anthropozentrisch Gesteuertes.

Tja - was ist "Tatsache"? Ist es aus Deiner Sicht etwas Menschen-Gemachtes oder etwas Ontisches?
Du hast ja schon wieder deine gelernten Vokabeln vergessen. Diesmal für dich die entsprechenden Definition aus der katholischen Ecke, vielleicht merkst du sie dir ja dann doch irgendwann einmal und gebrauchst sie sinnvoll:
Vorgrimler, Herbert: Neues Theologisches Wörterbuch, Freiburg 2000 hat geschrieben:
Anthropozentrik

(griech. »anthropos« = Mensch; »kentron« = Mittelpunkt)

Bezeichnung für eine Auffassung vom Menschen u. praktische Verhaltensweisen, bei denen der Mensch zentrale Bedeutung hat. Für die Theologie stellte sich Anthropozentrik als methodische Frage durch die Wende der Neuzeit zum ↗Subjekt. Eine anthropozentrische Theologie geht aus von der menschlichen Grundfrage nach dem Wovonher u. Woraufhin (↗Transzendenz) u. sichtet die Offenbarungszeugnisse unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutung für den Menschen. Die entsprechenden bibeltheologischen Erkenntnisse weisen auf die ↗Schöpfung um des Menschen (bzw. um der ↗Inkarnation) willen u. auf die Selbsterschließung Gottes um des Heils der Menschen willen hin. In dieser anthropozentrischen Sicht liegen heute Probleme für eine Ökotheologie, die sich um Würde u. Rechte der nichtmenschlichen ↗Natur müht.
Damit ist eben nicht das gemeint, was vom Menschen gemacht wird, sondern dass der Mensch im Zentrum steht - und zwar egal, wer ihn dort hinstellt.

Vorgrimler, Herbert: Neues Theologisches Wörterbuch, Freiburg 2000 hat geschrieben:
ontisch – ontologisch

Die Begriffe sind in der systematischen Theologie von Bedeutung.

Das Ontische (griech. »to on« = das Seiende) heißt das faktisch Seiende, das von Eigentümlichkeiten je nach dem Verständnis des Tatsächlichen bestimmt wird (so kommen ihm z. B. Individualität oder Raum-Zeitlichkeit zu).

Das Ontologische heißt das allgemeine ↗Wesen, das ↗Sein, welches das Seiende in seinem Seiendsein begründet.
Nicht Wikis Sicht war gefragt und meine auch nicht. Gibt es Tatsachen überhaupt - oder nicht? Gefragt war deshalb DEINE Definition einer Tatsache. Ich weiß schon, warum ich meine Frage genau so formuliert habe:
Andreas hat geschrieben:
Do 23. Mai 2019, 18:13
Definiere du doch erst mal, was eine Tatsache ist - und was nicht - und wie man das eine vom anderen unterscheiden kann.

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Münek
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#1440 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Do 23. Mai 2019, 23:34

closs hat geschrieben:
Mi 22. Mai 2019, 00:39
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:29
Die "kanonische Exegese", wenn es sie in der Praxis gäbe, spielte dagegen im Glaubenssandkasten. Hier herrscht mehr Narren- und Glaubensfreiheit.
Vollkommen daneben.
Nee nee - es ist schon so.

Die historisch-kritische Exegese musste und muss viel leisten, um die Spreu vom Weizen - historisch von unhistorisch - zu trennen. Für die streng Gläubigen ist dagegen ALLES Weizen, ALLES historisch - egal welcher Blödsinn in den biblischen Schriften überliefert worden ist.


Insofern herrscht im Glaubenssandkasten Glaubens- und Narrenfreiheit. Die HKE als seriöse Wissenschafts-Diziplin leistet sich selbstverständlich solche Freiheiten nicht...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:29
Die "Päpstliche Bibelkommission" wäre die letzte, die der HKE "spirituelle Interpretationen" unterstellen würde.
Wenn man es richtig macht, ist das auch nicht so.
Du hast mich offensichtlich falsch verstanden.

Es gibt von Seiten der "Päpstlichen Bibelkommission" keinen Generalverdacht, dass die historisch-kritische Exegese ihr wissenschaftliches Terrain verlässt. Und weil das so ist, war Deine Anmerkung idiotisch.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:29
Hört hört - ich habe noch Deine Forderung in den Ohren, die Exegeten sollten Jesus AUCH untersuchen, als ob er göttlicher Natur war, weil - man achte auf die grandiose Begründung - dies ja auch historisch möglich sei.
Richtig: Zur Wahrung der Ergebnisoffenheit muss man untersuchen, was die Bibel zu bedeuten hat, wenn Jesus göttlich war.
Mon dieu. :roll:

Das steht doch haarklein in den von gläubigen Urchristen verfassten Schriften des "Neuen Testaments". Man nennt das Glaubenszeugnisse. Daraus resultiert das "christliche Glaubensbekenntnis".

Was willst Du eigentlich?
:)

closs hat geschrieben:niemand behauptet, dass es die HKM sein muss, die das macht. "Es" muss gemacht werden.
Lege Dir für 1,50 € ein Exemplar des "Neuen Testaments" zu, lies und finde Deinen spirituellen Seelenanker. Lesen musst Du aber schon, sonst wird das nichts...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:29
an Jesu Irrtum ändert sich dadurch nichts. Immerhin sind inzwischen 2 000 Jahre vergangen und die Gläubigen beten noch immer: "Dein Reich komme". Ich denke, der Zug ist abgefahren. Da kommt nichts mehr.
Wenn Jesus göttlich war, interpretiert man "nahes Reich Gottes" anders - guckst Du großkirchliche Theologien.
Mit großkirchlichen "Definitionen" und "Interpretationen" des Begriffs "Reich Gottes" kommt man aus dem Irrtums-Dilemma nicht raus. Entscheidend ist, was Jesus mit der unmittelbar bevorstehenden Königsherrschaft Gottes auf Erden meinte.

Was die Kirche so aus apologetischen Gründen (Irrtum Jesu !) an Versionen des "Gottesreiches" zur Auswahl anbietet (ich kenne allein drei), ist dagegen völlig unbeachtlich. Welche Version bevorzugst Du?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:42
Nein - in der Fachliteratur der HKE ist durch die Bank von WAHRSCHEINLICHKEITEN unterschiedlichen Grades die Rede.
Diese Wahrscheinlichkeiten sind doch nicht ontischer, sondern methodischer Natur, also "wahrscheinlich, gemessen an der eigenen Methodik".
Huch :shock: - was sind denn "ontische Wahrscheinlichkeiten"?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 21. Mai 2019, 23:42
Welche "ontischen Konsequenzen" ( :?: ) sollte ich aus Ergebnissen der HKE ziehen, auf die ich mich berufe?
Generell solltest Du wissen, dass methodische Ergebnisse der HKM keine "Tatsachen" sind (Thaddäus),
Die historisch-kritisch arbeitenden Exegeten stellen ihre Ergebnisse immer unter einen "Wahrscheinlichkeits-Vorbehalt", wobei manche Feststellungen den Charakter von Tatsachen annehmen können, wie z.B. die Existenz Jesu oder seine Kreuzigung durch die Römer.

closs hat geschrieben:sondern Folgerichtigkeiten aus einer speziellen Hermeneutik heraus - in der Hoffnung, dass sie authentisch zu dem sind, was WIRKLICH der Fall ist.
Die Kanoniker haben nicht nur Hoffnung, sondern wiegen sich Glaubensgewissheit.

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