Hallo Rilke und Helmuth,
mich erinnern Eure Standpunkte in dieser Diskussion ein wenig an das Gleichnis vom verlorenen Sohn.
So wie ich Dich, also Rilke, verstand, basiert Dein Standpunkt auch darauf, dass alle Menschen Sünder seien und es somit für die Errettung einer Umkehr bedarf, die allerdings nur aus dem Glauben, der von Gott gegeben wird, kommen kann.
Als er aber zu sich selbst kam, sprach er: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluß an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen, und will zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen; mache mich wie einen deiner Tagelöhner. Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um seinen Hals und küßte ihn sehr. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen.
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Lukas‬ â€15:17-21‬ â€ELB71‬‬
Wenn ich diese Stelle zitiere, weise ich auch immer darauf hin, dass der verlorene Sohn ohne jeglichen Anspruch und völlig bedingungslos zu seinem Vater umkehrt, weil dies mir ein häufiger Fehler erscheint, wie er z.B. auch bei der Berufung der Jünger in der Bibel beschrieben wird.
Dagegen hast Du, also Helmuth, den Gehorsam gegenüber Gott als Fundament der Beziehung zu Gott betont.
Er aber antwortete und sprach zu dem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir, und niemals habe ich ein Gebot von dir übertreten; und mir hast du niemals ein Böcklein gegeben, auf daß ich mit meinen Freunden fröhlich wäre; da aber dieser dein Sohn gekommen ist, der deine Habe mit Huren verschlungen hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Kind, du bist allezeit bei mir, und all das Meinige ist dein. Es geziemte sich aber fröhlich zu sein und sich zu freuen; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden und verloren und ist gefunden worden.
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Lukas‬ â€15:29-32‬ â€ELB71‬‬
Und hier finde ich es erwähnenswert, dass der Vater sagt „es geziemte sich aber“, was im Prinzip nichts anderes ist als der freundliche Hinweis, dass dieser Sohn jetzt gerade sündigte.
Zwar ging es bei Eurer Diskussion formal um die Prädestinationslehre, aber diese hängt eben auch von dem Standpunkt ab, ob Nachfolge mit einem ersten Schritt des Gehorsams beginnt (somit „freier Wille“) oder ob es für diesen ersten Schritt bereits Glaube braucht (somit Bestimmung durch Gott). Ich selber glaube letzteres.
Während der Reformation wurde das „Sola Fide“(allein aus Glaube) und das „Sola Gratia“ (allein aus Gnade) betont, was seine Ursache darin gehabt haben könnte, dass bei der römisch-katholischen Kirche eine Werkgerechtigkeit als Ursache des Übels erkannt wurde. Besonders interessant ist das eben auch deswegen, weil es sich hier um den Kern der Rechtfertigungslehre handelt. In seinem Buch „Nachfolge“ hat sich Dietrich Bonhoeffer z.B. auch mit dieser Thematik auseinander gesetzt und meinte schließlich: „in gleicher Weise wahr sind: Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt“. Nach meiner Ansicht wird dabei aber zu sehr auf die Kritik eingegangen, wie sie auch bei Dir, Helmuth, zu lesen war, dass nämlich ein „allein aus Gnade“ bzw. „für immer errettet“ dazu führen würde, dass es dann keinen Gehorsam mehr gäbe. Da wäre mein Gegenargument, dass dergleichen nie ein solcher Glaube war.
Jeder, der da glaubt, daß Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren; und jeder, der den liebt, welcher geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist. Hieran wissen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn dies ist die Liebe Gottes, daß wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.
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1. Johannes‬ â€5:1-4‬ â€ELB71‬‬
Grüße,
Daniel.