Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08
PeB hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 13:17
Das kann aber nur eine rhetorische Frage sein, denn so wie ich Andreas verstanden habe, ist die Theologie klar definiert und das muss auch in alle Ewigkeit so bestehen bleiben.
Wie kommst du denn darauf? Ich versuche doch ständig in Bezug auf den Begriff "Theologie" zu differenzieren, und stelle nur immer wieder fest, dass es nachweislich viele Unterschiedliche Theologien gibt und dass immer wieder neue hinzu kommen und sich weiterentwickeln - während du im Gegensatz dazu immer von "der Theologie" sprichst.
Vielleicht gerade aufgrund der Tatsache, dass das Bild der Theologie sich so differenziert darstellt, dass es eigentlich unklar ist, was sie vertritt. Ich habe da wesentlich weniger Probleme mit Physik oder Geschichte.
Die Frage lautet ja nicht nur: was will die Theologie?, sondern auch: was soll sie?
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08
*trommelwirbel*
DIE BIBEL
Ich verstehe deine Entrüstung darüber wirklich nicht. Besonders aus dem Glauben heraus ist das doch richtig.
Ich warte immer noch auf deine Antwort zu meiner Frage, was für dich die Grundlage deines Glaubens ist - falls es die Bibel nicht ist.
Völlig ungeachtet der offenen Frage, wie zuverlässig oder unzuverlässig die Bibel in Bezug auf Erkenntnisfragen auch sei - sie ist aber die Quellengrundlage für das jüdisch-christliche Gottesverständnis. Wenn du sie in Frage stellst und trotzdem an Gott glaubst, musst du mir doch erklären können, um was für einen Gott auf welcher Quellengrundlage es sich dabei handeln soll. Das ist mir nicht klar.
Ein Gott ohne Quellengrundlage oder auf "falscher" Quellengrundlage muss doch eigentlich gemäß deiner eigenen Prämissen noch mehr "wischiwaschi" sein.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08Der Theos (Gott) ist als Schöpfer der Urheber der Geschichte der Menschheit und die Bibel beschreibt diese Geschichte, in der sich Gott dem Volk Israel offenbart und diesem die jüdisch, monotheistische Theologie in der Tora gibt. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben usw. Die Bibel als theologische Glaubensgrundlage ist in der Geschichte entstanden und handelt von der Geschichte Gottes mit dem Menschen. Im NT ist es nicht anders, was ist denn die Apostelgeschichte anderes als theologische Glaubensgrundlage in Form einer Erzählung der Geschichte?
Ja, und weiter?
Das wissen wir doch.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08Was ist denn deiner Meinung nach an der Aussage falsch, dass die Bibel das beste Beispiel dafür sei, wie Theologie zur Geschichte und Geschichte zur Theologie gemacht wird?
Weil wir hier zwei Ebenen miteinander vermischen:
- wir reden einerseits von der wissenschaftlichen Geschichtsforschung, um die es die ganze Zeit ging und andererseits jetzt
- von der erlebten Menschheitsgeschichte
Das erste ist die Forschungsdisziplin, das zweite der Forschungsgegenstand.
Die Geschichtswissenschaft ist darum bemüht, die Menschheitsgeschichte zu rekonstruieren.
Die Theologie hat meines Erachtens die Aufgabe, theologische Fragen zu beantworten und nicht historische.
Du redest immer von der historischen Theologie (die es ebenso gibt, wie die Naturgeschichte) und ordnest sie methodisch der Theologie zu. Sie ist zwar dem Fach Theologie zugeordnet, methodisch ist sie aber eine historische Disziplin.
Daraus folgt: es bleibt dabei, dass die Geschichtswissenschaft die historischen Abläufe untersucht - ob sie das nun unter der Ägide einer Geschichtsfakultät oder einer theologischen Fakultät tu ist unerheblich. Methodisch ist es Geschichtswissenschaft. Sie gibt aber keine Antworten auf theologische Fragen.
Nach der Zerstörung Jerichos gefragt lauten also die (vermeintlichen und verkürzten) Antworten
- der Geschichtswissenschaft (auf entsprechender Quellenbasis): wir können keine Mauern feststellen, die angeblich zerstört werden konnten,
- der Theologie (auf entsprechender Quellenbasis): die Mauern Jerichos wurden durch das Eingreifen Gottes zerstört.
Ich weiß wirklich nicht, wie ich das noch deutlicher machen soll...
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08Wie willst du denn Geschichte und Theologie in der Bibel auseinander dividieren. Glaubst du wirklich, dass das ginge - und falls ja - wie?
Methodisch.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08Zeilinger stellt eine ganz andere Frage. Weil es zur Zeit der Abfassung noch gar keine Wissenschaft und Geschichtsforschung im heutigen Sinne gab, ist das für die Bibel im Selbstverständnis ihrer Autoren irrelevant. Besonders wenn man von Gott als Autor ausgeht!
Die Tatsache, dass es zur Zeit der Abfassung der Bibel noch keine (systematisierte) Wissenschaft gab, bedeutet aber nicht, dass die Menschen kein Hirn im Schädel hatten. Denken konnten sie trotzdem. Sie hatten einen anderen Zugang zur Welt und eine flexiblere Deutungsvarianz. Die unsrige ist eingeschränkter durch die Regeln der systematisierten Wissenschaften, was wissenschaftlich eine Notwendigkeit darstellt, aber gesellschaftlich folkloristisch als Erkenntnisexklusivität der Wissenschaften missverstanden wird.
Meine Auffassung lautet: die Interpretation der Bibel ist zwischen den Geschichtswissenschaften und den Glaubensauffassungen (um mal die Theologie außen vor zu lassen) strittig, aber unentschieden, da weder die Geschichtswissenschaft noch der Glaube eine etwaige "Wahrheit" beweisbar vorbringen kann. Beide Erkenntiswege stellen Modelle gemäß ihrer Betrachtungsperspektive vor.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 14:08Der Punkt ist ein vollkommen unterschiedliches Geschichtsverständnis von damals und heute und von den Geschichtswissenschaften (Geschichte = ausschließlich Vergangenheit) und christlichen Theologien (Heilsgeschichte = Vergangenheit und Zukunft).
Das ist klar. Das ist die genannte Folklore. Ich könnte auch sagen: der gesellschaftliche Mainstream.
So wenig auch sicher ist - in wissenschaftlicher wie in theologischer Hinsicht - eines kann ich dir aber SICHER für die Zukunft versprechen: das Geschichtsverständnis wird sich in 10, 100, 1000 Jahren auch wieder so weit geändert haben, dass du es deutlich vom heutigen unterscheiden kannst.
Und die Menschen in 10, 100, 1000 Jahren werden sich dann vielleicht auch arrogant über uns erheben und sagen: was für einen Bullshit haben die damals doch geglaubt.
Bitte, bitte: nicht diese überhebliche Haltung gegenüber Andersdenkenden aus anderen Zeitperioden. Die Andersartigkeit des damaligen Denkens ist nicht die Folge eines damals unzureichenden Erkenntnisstandes, sondern Folge eines anderen Erkenntniszugangs und anderer Erkenntnisbereiche.
Das kann man zur Differenzierung wahrnehmen, aber man sollte es nicht im Sinne eines heutigen Wahrhaftigkeitsanspruchs gegenüber früher ausdeuten.