Hallo Andreas,
ich denke, so weit sind wir nicht voneinander entfernt, deshalb verwundert mich folgender Widerspruch:
1)
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22
PeB hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 18:38
Was will also die Geschichtswissenschaft mit der Bibel (theologisch) belegen oder widerlegen?
Ja, nix.
2)
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22PeB hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 18:38Die Geschichtswissenschaften sind theologisch nicht zu gebrauchen.
Jetzt hör aber mal auf.
Bei 1) bestätigst du, dass die Geschichtswissenschaften keine theologischen Fragen beantworten können und bei 2) widersprichst du mir wieder darin.
Ich erkenne aber was du meinst, nur war dein Insistieren hier ein reflexartiger Schnellschuss.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Sie [Die Geschichtswissenschaft] untersucht natürlich auch, wie sich die Theologie historisch entwickelt hat
Das ist richtig. Dann handelt es sich um Religionsgeschichte - eine historische Disziplin. Das hat aber keine theologische Aussagekraft.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22PeB hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 18:38Das bedeutet aber auch, dass geschichtswissenschaftliche Aussagen keine fundamentale Bedeutung für theologische Fragestellungen haben können und umgekehrt.
Du kannst ja glauben, dass deine Theologie einzig vom Wirken Gottes in der Geschichte und vom Heiligen Geist gefügt worden ist.
Es ist völlig irrelevant, was ich glaube.
Es geht darum, was die Theologie einerseits aus ihren Quellen mit ihren Methoden interpretiert und was die Geschichtswissenschaften andererseits mit ihren Quellen und ihrer Methodik interpretiert.
Die Theologie geht von der Prämisse des Wirkens Gottes aus.
Die Geschichtswissenschaft geht von der Prämisse einer naturalistischen Welt ohne göttliches Eingreifen aus.
Aus diesen beiden Vorbedingungen heraus MUSS es zwangsläufig zu unterschiedlichen Interpretationen kommen.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Ich interpretiere die Tagesschau jedenfalls nicht unter der Vorannahme, dass sie der tägliche Tatsachenbericht des Wirken Gottes in der Geschichte sei.
Ich auch nicht per se.
Als Historiker betrachte ich die Tagesschau-Nachrichten im Sinne von historischen Quellen.
Als Christ betrachte ich die Tagesschau-Nachrichten auch im Sinne einer kontinuierlichen Heilsgeschichte, auch wenn ich sie dort nicht konkret einordnen kann.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Ich sehe einfach keinen vernünftigen Grund Aids wie die Pest zu Davids Zeiten als Strafe Gottes zu verstehen oder den Niedergang des Nordreiches Israel durch die Assyrer anders zu bewerten als den Syrienkrieg heute.
Historisch stimme ich dir zu, theologisch nicht.
Vielleicht muss man sich damit abfinden, dass es zwischen historischer und theologischer Interpretation Widersprüchlichkeiten gibt.
Dann muss man sich entweder entscheiden oder mit den Widersprüchen leben. Wenn man mit den Widersprüchen leben kann, kann man sich auch mal die Frage stellen, ob man vielleicht lediglich etwas nicht richtig versteht, was man hier als Widerspruch zu erkennen glaubt.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Warum die Bibelschreiber das Label Gott an diesen Krieg dranpappten ist geschichtswissenschaftlich leicht nachvollziehbar, sind wir Deutschen doch vor nicht allzu langer Zeit auch noch für Gott und Vaterland in Kriege gezogen.
Ja, es lässt sich auf diese Weise geschichtswissenschaftlich deuten. Das befriedigt mich theologisch aber nicht.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Dieses völkische Denken der Bibel ist hoffentlich bald nicht mehr in die heutige Zeit aktualisierbar. Schwamm drüber und gut ist's. Es stehen ja genügend wirklich spirituelle Dinge in der Bibel. Dass sie in solch einem geschichtlichen Plot entstanden sind, macht diese liebenswerten Inhalte der Bibel um so attraktiver.
Die Frage ist, ob man sich aus der Bibel die Rosinen herauspicken kann, zumal jeder andere Rosinen sieht.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Ein Problem mit der Historischen Theologie hat nur die Systematische Theologie und die Dogmatik, weil manche Erkenntnisse der Historischen Theologie die Aufrechterhaltung Kirchlicher Dogmen mehr und mehr erschweren.
Zum einen ist die historische Theologie eigentlich ein Religionsgeschichte und damit keine theologische, sondern eine historische Disziplin. Zum anderen muss man natürlich unterscheiden zwischen den kirchlichen Traditionsdogmen (Marienverehrung, Heiligenverehrung...), die nicht biblisch sind und den theologischen Aussagen, die biblisch belegt sind. Mit Ersteren muss man - im theologischen Sinne - kritisch-kirchenhistorisch umgehen, mit Letzteren muss man sich - theologisch betrachtet - über innerbiblisch-fundierte Auslegung beschäftigen.
Andreas hat geschrieben: ↑Di 2. Apr 2019, 20:22Das ist aber nicht so, weil die Historische Theologie es jemals darauf angelegt hätte - im Gegenteil war ihre ursprüngliche Intention die "Wahrheiten" der Systematischen Theologie und Dogmatik zu beweisen. Weil sie aber wissenschaftlich methodisch und deswegen neutral an die Sache heranging, staunte und erschrak sie selbst über ihre Forschungsergebnisse, gerade weil sie aufdeckten, was in ihrer Schwesterdisziplin so alles nicht mit rechten Dingen zugehen konnte.
Verstehe ich das richtig?
Die "Historische Theologie" verzichtet im Sinne einer wissenschaftlichen-rationalistischen Analyse auf die Vermutung eines Eingreifen Gottes in die Geschichte und ist dann erschrocken über die Erkenntnis des Fehlens eines Eingreifen Gottes in die Geschichte?