closs hat geschrieben: ↑Fr 29. Mär 2019, 22:41Claymore hat geschrieben: ↑Fr 29. Mär 2019, 21:23
René Descartes: “Meditationes de prima philosophia, 4. Meditation†hat geschrieben:
Vor Allem erkenne ich die Unmöglichkeit, dass er [Gott] mich täuschen sollte; denn in aller Täuschung und Betrug ist etwas von Unvollkommenheit enthalten, und wenngleich die Fähigkeit, zu täuschen, ein Beweis von Scharfsinn oder Kraft zu sein scheint, so beweist doch der Wille, zu täuschen, unzweifelhaft eine Bosheit oder Schwäche und gehört deshalb nicht zu Gott.
Ja - aber worauf beruht denn sein "Erkennen"? (Weißt Du zufällig das lateinische Wort, das dem zugrundeliegt? - Hintergrund: "Erkennen" wird heute gerne in Anlehnung an innerbetrieblichen Wortgebrauch der Wissenschaft als "objektiv" verstanden).
Er benutzt
agnosco.
- Wie auch immer:
Sein "erkennen" beruht auf "
1) "I have a 'strong inclination' to believe in" - kein sehr objektives Argument.
2) "God must have" - Gott MUSS gar nichts - im Grunde sagt Descartes damit: "Nach MEINEM Glauben ist das so".
3) "God is a deceiver, if ..." - so glaubt es Descartes - wie auch immer: Das ist kein objektives Argument.
4) "But God is mot a receiver" - glaubt Descartes in seinem Bild (glaube ich übrigens auch)
5) " So material things exist" ist dann die Schlussfolgerung aus 1 - 4.
6) "Vor Allem erkenne ich die Unmöglichkeit, dass er [Gott] mich täuschen sollte" - das ist kein objektives Erkennen, sondern Erkennen auf Basis eines Glaubensentscheids.
Nun mag ja Descartes selber geglaubt haben, dass er es weiß (siehe "Gottesbeweis"). - Insofern kann ich meine Aussage korrigieren, er habe seine Aussagen als Glaubens-Aussagen verstanden - aber selbst das müsste man übers gesamte Werk überprüfen.
Ach ja, vielleicht untermauerst
du deine Descartes-“Rezeption†mal mit Zitaten aus dem Originaltext?
Ansonsten würde es wirklich helfen, wenn du wenigstens in diesem Punkt deine falschen Ansichten korrigieren würdest. Wenn etwas Descartes’ Philosophie auszeichnet, dann dass er überzeugt war ein absolut unbezweifelbares (unrevidierbares) Wissensfundament ohne Vorannahmen gelegt zu haben.
In BEIDEN Fällen würde Descartes sagen: "Das, was wir Res extensa nennen (heute wohl "physische Welt"), ist nur via Gott erklärbar und ansonsten gar nicht". - Der Umstand, um den es hier geht, nämlich dass man eine Instanz ÜBER den Res extensa benötigt, um diese als "echt" zu "zertifizieren", würde bestehen bleiben - und die Begründung dafür ("Man kann sich nicht selber aus dem Sumpf ziehen") ist nach wie vor logisch nicht angreifbar.
Die Frage ist, warum du von allen Dingen die Logik nun als völlig unproblematisch gegeben ansiehst. Da war Descartes schon weiter.
Für den Naturalismus heißt dies: Dem Postulat, dass die physische Welt "echt" ist, geht ein "Glaubensentscheid" voraus - nämlich der, dass die nicht falsifizierbare Alternative, dass "die Welt" nur eine Marotte unserer Vorstellung ist, aus eigener Entscheidung subjektiv ausgeschlossen wird. - Ist dies eine Anklage? Nein - ich mache es genauso. - Es ist eine Feststellung.
Was soll denn Naturalismus überhaupt sein? Vorher ging es noch um die Naturwissenschaften, und ich wüsste keinen Grund warum die nicht mit vielen Formen des Idealismus kompatibel sein sollten. Jedenfalls hast du kein Argument gebracht und speist einen mit “das muss ich doch nicht ernsthaft beweisen†ab. Dafür dass “wir wissen nicht ob die Welt nicht bloß ein Produkt unserer Vorstellung ist†dein K.O.-Argument Nr. 1 ist, zeichnet es sich durch einen erschreckenden Mangel an Präzision aus.
Es gab doch Zeiten, wo der Idealismus sehr en vogue wahr:
Bernard Bosanquet hat geschrieben:I didn’t say anything about Naturalism. I don’t think it important; the universe is so obviously experience, and it must all be of one tissue.
… und da hat man genauso Naturwissenschaft betrieben.
Aber wir drehen uns im Kreis. Komplexere Gedankengänge nachvollziehen zu wollen und auf sie on-topic einzugehen, seine Kenntnisse über Philosophiegeschichte nicht über TV-Sendungen oder überflogene Wikipedia-Artikel zu beziehen sondern auch mal die Originalquellen oder gescheite Kommentare zu lesen, und seine Standpunkte nach Bedarf zu präzisieren – das wäre so das Notfallprogramm um das Niveau deiner Beiträge zu heben.
Die interessantere Frage ist, ob andere Individuen existieren – aber in dem Moment wo man mit seinen Argumenten hausieren geht und andere überzeugen will, hat man das ja bereits zugestanden. Von daher können wir uns die Diskussion darüber wirklich sparen.