Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
JackSparrow
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#521 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"

Beitrag von JackSparrow » Di 5. Mär 2019, 10:57

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 00:48
Du machst denselben Fehler wie viele: Du gehst von den Res extensae als Entität/als 'echt' aus
Ich gehe davon aus, dass ich während meines Spracherwerbs in meiner Kindheit gelernt habe, dass vor mir stehende Dinge mit dem Adjektiv "echt" zu bezeichnen sind.

Aus Bequemlichkeit habe ich diese Tradition beibehalten, so wie ich es beispielsweise auch beibehalten habe, eine blaue Mülltonne weiterhin als eine blaue Mülltonne zu bezeichnen und nicht als eine sonnige Sommerwiese.

Es trifft nicht zu, dass ich eine philosophische Entscheidung getroffen hätte, wonach die von mir betrachtete Welt die echtere von mindestens zwei existierenden Welten wäre.

Du tust also so, als gäbe es die Res extensae sowieso.
Wenn es sie nicht gibt, woraus trink ich dann meine Kaffee?

Es gäbe dann nur EINE für Dich reale Cola, nämlich die eingebildete
Und wieder flüchtest du dich in philosophische Konstrukte. Wenn vor mir genau EINE Cola steht, dann steht vor mir genau EINE Cola. Wenn DU die für eingebildet halten möchtest, dann ist dies dein persönliches philosophisches Spielchen, ändert aber nicht im Geringsten etwas an der vor mir stehenden Cola.

UND Du wüsstest es nicht und würdest in Deiner Vorstellungs-Welt leben, die für Dich die einzige "Realität" wäre.
ICH müsste es nicht wissen und könnte es nicht wissen, da die Hypothese ja von DIR stammt und selbst DU bereits mehrfach einräumtest, dass selbst DU den Unterschied nicht feststellen könnest, weil beides eben offensichtlich identisch und deine zugrundeliegende Logik somit offensichtlich falsch ist.

In gäbe es auch Closs als Realität, aber es gäbe Closs nicht "in echt" (also ich wäre nicht als Cogito), sondern nur als Deine Vorstellung. - Für Dich wäre es egal.
Selbstverständlich ist es egal. Soll ich erst Vorannahmen treffen, so dass es nicht mehr egal ist? Wozu? Brächte mir das irgendwelche evolutionären Vorteile?

Aus der Wahrnehmungs-Sicht kann das Verhalten des Karpfen vernünftig sein (meinetwegen: Er schützt seine Jungtiere), ohne dass der Karpfen "weiß", was Vernunft ist.
Wüsste er es, wenn er eine Art Sprachzentrum im Kopf hätte, das bestimmte Verhaltensweisen mit bestimmten Lautäußerungen verknüpfen würde?

Du musst voraussetzen, dass Dir Deine Augen keinen Streich spielen
Philosophisches Konstrukt. Ich schrieb ICH könne vorannahmslos beschrieben, was ich sehe. Meine Beschreibung verändert sich nicht dadurch, dass du sie für einen Streich hältst.

closs
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#522 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Di 5. Mär 2019, 13:47

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:00
closs hat geschrieben: ↑
Mo 4. Mär 2019, 23:41
Die Setzung/Bedingung/Vorannahme "Deiner Fraktion" ist, keine Setzung/Bedingung/Vorannahme zu haben

Nein
Das ist der Status Quo und das Problem.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Es trifft nicht zu, dass ich eine philosophische Entscheidung getroffen hätte, wonach die von mir betrachtete Welt die echtere von mindestens zwei existierenden Welten wäre.
Du hast etwas, wofür Du eine Entscheidung treffen müsstest, wenn Du bewusst tiefer dächtest, als "Das ist aber doch so" festgelegt. - Das darf man auch (sogar als Naturwissenschaftler darf man das), aber man darf dann nicht glaubwürdig bei Diskussionen über Glaube und Wissen mitreden.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
selbst DU bereits mehrfach einräumtest, dass selbst DU den Unterschied nicht feststellen könnest, weil beides eben offensichtlich identisch ... ist.
Das ist kein "Einräumen", sondern es geht gar nicht anders.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
und deine zugrundeliegende Logik somit offensichtlich falsch ist.
Welch eine intellektuell-randalierende SChlussfolgerung. - Natürlich ist diese Logik NICHT falsch, sie baut nur auf anderen hermeneutischen Vorannahmen als die Deinigen auf (die für Dich keine Vorannahmen sind).

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Brächte mir das irgendwelche evolutionären Vorteile?
Darum geht es nicht. - Es geht nicht einmal darum, dass ein Descartes oder Closs oder Jack meinen würden, die Res extensae seien nicht "echt". - Es geht darum, dass Descartes damit nachweist, dass man prinzipiell nicht WISSEN kann, ob die Res extensae "echt" sind oder nur Vorstellung, dass also auch Wissenschaft sowie Naturalismus auf Glauben beruhen. -DARUM geht es.

Denn damit erkennt man, dass jegliche Wahrnehmung und jegliches wissenschaftliche Modell auf nicht-falsifizierbaren Vorannahmen fußen, die man glaubt oder nicht glaubt. - "Wirklichkeit" wäre in diesem Sinne aus MEINER Sicht das Ontische, das nicht falsifizierbar sein KANN, aber über Wahrnehmung/Wissenschaft annäherbar ist.

ANDERE definieren "Wirklichkeit" als das, was sie wahrnehmen (der gute Wein, die schöne Frau, das leere Konto). - Wieder andere definieren Wirklichkeit als das, was die Wissenschaft methodisch ermittelt - wobei hier das Problem auftaucht, dass es unterschiedliche Wirklichkeiten zum Selben geben kann. - Aber sei's drum - so weit sind wir noch nicht.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Wenn vor mir genau EINE Cola steht, dann steht vor mir genau EINE Cola.
Wenn Du WAHRNIMMST, dass vor Dir genau EINE Cola steht, dann steht iIN DER WAHRNEHMUNG vor Dir genau EINE Cola. So wäre es richtig formuliert.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Und wieder flüchtest du dich in philosophische Konstrukte.
Nein - Du fürchtest die Ebene 1 (Grundlagen) wie der Teufel das Weihwasser und steigst bei Ebene 2 ein - das darf man als Wissenschaftler und Normalo, der sich nicht um ontische Grundlagen schert.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Wüsste er es, wenn er eine Art Sprachzentrum im Kopf hätte, das bestimmte Verhaltensweisen mit bestimmten Lautäußerungen verknüpfen würde?
Kommt drauf an, was die Lautäußerungen zu bedeuten haben sollen.

JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Ich schrieb ICH könne vorannahmslos beschrieben, was ich sehe.
Subjektiv, also unabhängig davon, ob das Gesehene 'echt" oder nur Vorstellung ist, kannst Du das - ich auch. - Allein, weil man ab Ebene 2 gar nicht überlegt, ob es Vorannahmen gibt.

Sieh es doch mal so: Der Mensch steigt irgendwo mit seinem Gehirn ein und agiert pragmatisch - aber damit darf man nicht beanspruchen, grundlegend zu denken.

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#523 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Di 5. Mär 2019, 14:19

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 13:47
Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:00
closs hat geschrieben: ↑
Mo 4. Mär 2019, 23:41
Die Setzung/Bedingung/Vorannahme "Deiner Fraktion" ist, keine Setzung/Bedingung/Vorannahme zu haben

Nein
Das ist der Status Quo und das Problem.
Das habe ich so nicht geschrieben; kannst du schon nicht mehr zitieren?
Richtig sieht das so aus:
closs hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 22:41
Die Setzung/Bedingung/Vorannahme "Deiner Fraktion" ist, keine Setzung/Bedingung/Vorannahme zu haben
Nein; siehe oben. :0)
Und "oben" entspricht:
closs hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 22:41
ICH zähle eine Reihe von Bedingungen/Setzungen/Vorannahmen auf - DU bezeichnest diese als "Status Quo"
Tja, kann ich nichts dafür dass dir das nicht schmeckt; doch es ändert ja nichts daran, dass dem so ist. :)

Denn: Das sind zwingend notwendige schon mit der Geburt einhergehende Akzeptanzen von Menschen und Lebewesen ganz generell - das betrifft nicht "Naturalisten" oder "Materialisten" sondern auch dich.
Eben: Jeden!

Erst du, als ein Gläubiger von vielen unterschiedlichster Glaubensrichtungen, setzt auf diesen Status quo beliebig austauschbare >Glaubens-Annahmen< drauf. Und dann fängt das theologische fantasieren (äh...) philosophieren mit diesen Glaubens-Annahmen an und es wird versucht, ein in sich logisches Fantasiegebilde (äh) Glaubensgebilde zu errichten.

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#524 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Di 5. Mär 2019, 14:32

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 13:47
JackSparrow hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 10:57
Es trifft nicht zu, dass ich eine philosophische Entscheidung getroffen hätte, wonach die von mir betrachtete Welt die echtere von mindestens zwei existierenden Welten wäre.
Du hast etwas, wofür Du eine Entscheidung treffen müsstest
Nein; müsste er nicht; und muss er nicht.

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 13:47
Natürlich ist diese Logik NICHT falsch
Deine Aussagen sind logisch inkonsistent, ergo: Unlogisch. :)

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#525 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Di 5. Mär 2019, 14:42

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:32
Deine Aussagen sind logisch inkonsistent, ergo: Unlogisch.
Wenn man mit Ebene 2 anfängt, kann das so sein - ich denke eine Ebene vorher.

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:19
Nein; siehe oben. :0)
Und "oben" entspricht: ...
Ändert das was am "nein"?

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:19
Denn: Das sind zwingend notwendige schon mit der Geburt einhergehende Akzeptanzen
Gerade Setzungen sind "Akzeptanzen".

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#526 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Di 5. Mär 2019, 14:47

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:42
Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:32
Deine Aussagen sind logisch inkonsistent, ergo: Unlogisch.
Wenn man mit Ebene 2 anfängt, kann das so sein
Tut niemand; und du kannst offensichtlich nicht zählen.

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:42
ich denke eine Ebene vorher.
Nein; du denkst eine Ebene >später< - nämlich in der Ebene beliebiger und willkürlicher Fantasien.

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:42
Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:19
Nein; siehe oben. :0)
Und "oben" entspricht: ...
Ändert das was am "nein"?
Es liefert eine Begründung dafür; aber darauf gehst du ja nicht ein.
Weshalb wohl... :lol:

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#527 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Di 5. Mär 2019, 15:22

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:47
Es liefert eine Begründung dafür; aber darauf gehst du ja nicht ein.
Weshalb wohl...
Weil es keine ist. - Wenn ein Kind, seit es denken kann, die selbstverständliche Akzeptanz hat, dass Strom aus dem Stecker kommt, heißt dies nicht, dass dies keine Setzung sei. - Du darfst doch Bewusstlosigkeit nicht auch noch adeln.

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#528 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Di 5. Mär 2019, 15:44

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 15:22
Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 14:47
Es liefert eine Begründung dafür; aber darauf gehst du ja nicht ein.
Weshalb wohl...
Weil es keine ist.
:lol: :lol: :lol:
*Mimimi*...

closs hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 15:22
Wenn ein Kind, seit es denken kann, die selbstverständliche Akzeptanz hat, dass Strom aus dem Stecker kommt, heißt dies nicht, dass dies keine Setzung sei.
Doch; und in dem Fall ist es sogar eine leicht zu überprüfende Tatsache. :)

Es bleibt natürlich dabei, ob es dir nun schmeckt oder nicht: Erst auf diesen Status quo, der auf jeden zutrifft, baust du deine >zusätzlichen< und gleichsam beliebigen/willkürlichen Setzungen auf - und verrennst sich dann zirkelschlussartig in Tautologien und logischer Inkonsistenz.

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#529 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Di 5. Mär 2019, 15:49

Stromberg hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 15:44
in dem Fall ist es sogar eine leicht zu überprüfende Tatsache.
Ebenfalls kein Argument - denn für den Betroffenen (hier das Kind) ist es NICHT überprüfbar - es ist "Status Quo" - es ist "einfach so" - genau Eure Argumentation. - Bekenne Dich einfach dazu, dass Du halt da einsteigst, wo Du einsteigst - quadratisch, praktisch, gut - aber halt nicht mehr.

Claymore
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#530 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Claymore » Di 5. Mär 2019, 15:49

closs hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 22:41
Claymore hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 20:30
Das hast du natürlich falsch verstanden, wie immer
Stimmt - und am Ende stellt sich raus, dass Deine Einschätzung falsch ist - wie auch hier (wenn ich mich nicht täusche - Du kannst einen schon verunsichern). - Zum Inhalt:

Wenn ich nicht total von der Rolle bin, dreht hier Kant die Descartsche Argumentation auf den Kopf - setzt also die Ebene der Res Extensae als "echt" und rekrutiert daraus den "Geist" - genau das, was ich geschrieben habe.
Du bist hier von der Rolle.
Claymore hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 20:30
Du solltest also einen Fehler in dem Beweis von Kant finden anstatt hier absurd zu leugnen, Kant hätte so einen Beweis versucht.
Davon abgesehen, dass es hier überhaupt keinen Beweis geben KANN (genauso wenig wie es einen Gottesbeweis geben kann), zeige mir mal, wo ich leugnen sollte, Kant habe einen solche Beweis versucht. - Woher hast Du solche absurden Gedanken, von denen ich immer erst von Dir erfahre, weil ich selber gar nicht draufkomme?
Das “er setzt auf Ebene 2 an” habe ich so verstanden: Er hat keinen Beweis gegeben.

Aber okay, du meintest also nur, Kant macht eine extrem offensichtliche petitio principii hier.
Der Fehler Kants ist sein Zirkelschluss "Ich setze etwas, wodurch der Idealismus unmöglich wird, und 'beweise' damit, dass der Idealismus widerlegt ist". - Die Argumentation von Descartes ist dagegen NICHT zirkelschlüssig - er meint: "Ich setze, dass innere Welt (Geist, Bewusstsein) und äußere Welt (physische Welt) eigenständige Größen sind und 'beweise' damit, dass der Mensch nicht unterscheiden kann, ob die äußere Welt nur Teil der Vorstellung oder 'echt' ist".
Wie schaffst du es immer nur Texte so radikal umzuinterpretieren – und zwar auf so offensichtlich unsinnige Weise?

Es geht Kant darum, dass man seine Erinnerungen nicht ‘in der Zeit’ ordnen könnte, wenn man nicht an eine äußere Welt glaubt. Der Glaube an die Existenz eines fortdauernden Selbst und Skepsis gegenüber der Außenwelt sind daher inkonsistent.

Das Wörtchen ‘Zeit’, das eine wesentliche Rolle in dem Argument von Kant spielt, kommt bei deiner ‘Zusammenfassung’ nicht einmal vor!
Claymore hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 20:30
Du hast aber das Zitat zerschnippelt, wo es darum ging, dass die tatsächliche Skepsis gegenüber der äußeren Welt psychiatrisch relevant ist.
Ich zitiere dann nicht vollständig, wenn das nicht Zitierte die Antwort nicht beeinflussen würde. - Konkret: Auch wenn man in einer reinen Vorstellungswelt leben würde, gäbe es dort die Vorstellung, dass etwas psychiatrisch relevant wäre.

Claymore hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 20:30
Wenn es bereits ein Glaubensentscheid ist, eine Überzeugung mit psychiatrischem Krankheitswert beiseite zu schieben, dann ist das ein ziemlich bedeutungsleeres Wort.
Wieso das? - Glaubensentscheid ist Glaubensentscheid.

Der eine glaubt an Gott,
Es ist keine petitio principii hier darauf aufmerksam zu machen, dass der ‘Glaubensentscheid’ bzgl. der äußeren Welt solcher Art ist, dass es psychiatrisch relevant ist, wenn er ‘verweigert’ wird. Schließlich sind wir beide der selben Meinung: es gibt die äußere Welt. Und die harten Formen daran zu zweifeln (z.B. Ablehnung der Existenz von anderen Personen) werden von der Psychiatrie als abnorm klassifiziert. Und wir sind uns auch darüber einig, dass daran nichts falsch ist.

Es gibt aber keinen Psychiater, der die Notwendigkeit einer Behandlung erkennen würde oder gar der Zwangseinweisung, weil jemand schlicht nicht an Gott glaubt (und natürlich auch nicht, weil jemand schlicht an Gott glaubt). Und ich denke wir sind uns auch darüber einig, dass das so ganz richtig ist.

Das ist der fundamentale Unterschied.
der andere, dass die Welt als rein naturhaftes Geschehen zu begreifen ist,
der dritte, dass er 72 Jungfrauen bekommt, wenn er als Märtyrer stirbt,
der nächste, dass die demokratische Grundordnung das Mittel der Wahl ist,
der wieder nächste, dass die Res extensae 'echt' sind,

der sechste, dass die Welt nur Vorstellung ist. Übrigens weiß dieser Sechste dann AUCH, dass er vor Gericht kommt, wenn er einen abknallt, weil ja auch diese vorgestellte Welt, wie er sie kennt, Mord sanktioniert.
Nein, das weiß er nicht. Das setzt eben die zeitliche Einordnung der gemachten Erlebnisse voraus. Und Kant sagt eben, dass wir diese nur vornehmen können, weil wir Dinge außerhalb von unserem Bewusstsein, d.h. relativ stabile, sich langsam verändernde Referenzobjekte, als tatsächlich existent ansehen.

Unsere Erinnerungen sind per se nämlich nicht mit einem timestamp versehen.

Lehnt man die Existenz der Außenwelt ab, ist wie bei Alice im Wunderland (“Erst das Urteil, der Spruch der Geschworenen nachher”) nicht klar ob (in der Vorstellung) sich nicht “Erst der Prozess, danach das Verbrechen” abgespielt hat. Und damit kann man auch keine kausalen Verbindungen ziehen.
Davon abgesehen, ist diese Aufzählung zwar nicht falsch, aber nicht so ganz das Argumentarium, das hier gebraucht wird, nämlich: Egal, ob mit oder ohne Psychiatrie weiß Claymore in diesem Moment NICHT (weil es gar nicht geht), ob die Antwort von Closs 'echt' ist oder Teil seine eigenen Vorstellung. - Das berücksichtigt sogar Kant <siehe blau>: "Daraus, daß die Existenz äußerer Gegenstände zur Möglichkeit eines bestimmten Bewußtseins unserer selbst erfordert wird, folgt nicht, daß jede anschauliche Vorstellung äußerer Dinge zugleich die Existenz derselben einschließe, denn jene kann gar wohl die bloße Wirkung der Einbildungskraft (in Träumen sowohl als im Wahnsinn) sein" - Aber er täuscht sich insofern, dass er rot willkürlich setzt.
Er setzt es sicherlich nicht willkürlich.
Claymore hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 20:30
Warum ist die Meinung, die äußere Welt wäre nur Vorstellung, mit Zwangseinweisung bedroht?
Weil diese Bedrohung nicht auf Ebene 1, sondern auf Ebene 3 erfolgt (E1 = Grundlage/E2 = Wissenschaft/materialistische Philosophien/E3 = Pragmatik/Staat/Utilitarismus). - Auf Ebene 3 denkt man überhaupt nicht daran, philosophisch zu denken (tue ich auch nicht) und beurteilt Abweichungen von der gesetzten Wirklichkeit mit Sanktionen - und zwar zum Schutz der Gemeinschaft - dazu ist der Staat da.
Ebene 3 ist hier sehr wichtig. Deine ganze Argumentation beruht darauf, dass du sie selektiv ausblendest. Eigentlich geht es dir doch um das Leben in der Gesellschaft:
closs hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 22:41
Deine Fraktion, lieber Stromberg, übernimmt damit in Denken und Anspruch den Staffelstab von der mittelalterlichen Kirche.
und siehe auch deine Elegien über die schreckliche Denkformatierung des 21. Jahrhunderts, die Anmaßung sich “aufgeklärt” zu nennen, das Hegemonialstreben des Naturalismus/Materialismus usw.

Nun ist der gute Stromberg tatsächlich nicht der toleranteste Zeitgenosse für Meinungen außerhalb seiner Weltanschauung. Aber es hilft nichts ihm mit einem tu quoque zu kommen (“Du selbst tätigst einen Glaubensentscheid: die äußere Welt ist real”), wenn sich das auf ein Beispiel bezieht wo man gleich ein weiteres tu quoque zurück schießen kann. Nämlich deine Extrem-‘Intoleranz’ gegenüber harten Skeptikern der äußeren Welt.

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