PeB hat geschrieben: ↑Do 31. Jan 2019, 10:40
Wer nimmt diese Deutung vor?
Wenn ich die Bibel lese, deute ich, wenn du sie liest, deutest du. Wie die Erfahrung zeigt, gibt es in jeder Beziehung unterschiedliche Deutungen. Es gibt wörtlich verstanden, unterschiedliche Deutungen, geistlich verstanden unterschiedliche Deutungen und wissenschaftlich verstanden unterschiedliche Deutungen. Das Lesen ist grundsätzlich die Infragestellung des Geschriebenen: Das ist nämlich die Frage nach dem Sinn. Die einzigen Texte die ich nicht hinterfrage, sind die, welche ich nie lese. Die Bibliotheken sind voll davon.
Und dann gibt es da noch das lemsche Gesetz: "Niemand liest etwas. Wenn jemand etwas liest, versteht er es nicht. Wenn jemand etwas verstanden hat, vergisst er es wieder." Dieses lemsche Gesetz (von Stanislaw Lem) trifft wohl auf nichts besser zu, als auf die Christen und die Texte der Bibel. "Die Bibel, die Bibel, die Bibel!" - "Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn!"
PeB hat geschrieben: ↑Do 31. Jan 2019, 10:40
Wir müssen selbst interpretieren, das nimmt uns keiner ab - insofern stime ich mit dir überein.
In Wirklichkeit ist es aber nicht so. Geschichte und Alltag zeigen uns doch das genaue Gegenteil: die kirchlichen wie die "überkirchlichen" Autoritäten, die kirchlichen wie die "überkirchlichen" Traditionen, die kirchlichen wie die "überkirchlichen" Übersetzungen der Bibel wollen uns die Interpretationen abnehmen, legen uns sehr erfolgreich ihre Interpretationen in den Mund. 95 % von dem, was du hier in dem Forum über die Bibel liest ist nachgeplappertes Zeug. Ich stelle das ganz wertfrei fest, ohne den Wahrheitsgehalt positiv oder negativ zu bewerten.
PeB hat geschrieben: ↑Do 31. Jan 2019, 10:40
Hinterfragen wir die Bibel? Okay.
Nein, ich würde mich freuen, wenn wir endlich anfingen, gegenseitig unsere Deutungen und Interpretationen und Argumente in einem wohlwollenden Dialog zu hinterfragen.
PeB hat geschrieben: ↑Do 31. Jan 2019, 10:40
Dann hinterfragen wir bitte aber auch die wissenschaftlichen Bibeln.
Du und ich haben noch nie eine "unwissenschaftliche" Bibel in der Hand gehabt - das könnte höchstens eine von den sehr alten Handschriften sein.
Außerdem gehört es zur Wissenschaft sich selbst zu hinterfragen:
Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 1, S. 1689 hat geschrieben:Andererseits heben sich freilich Gruppenbildungen innerhalb der Urgemeinde ab: die rituell besonders strengen Judaisten der Opposition gegen Paulus, die Zwölf und später der Herrenbruder Jakobus, die mit den Judaisten kaum identisch waren (gegen E. Meyer, Holl, Lietzmann, mit Windisch [Urchr.], Goguel [Naissance]), wobei aber Jakobus doch ritualistisch dachte (gegen Kittel); also zunächst eine »apostolische« und dann eine »dynastische« Richtung (Goguel [Naissance]); schließlich die hellenistischen Diaspora-Juden und Proselyten (gegen Schoeps), die rituell weitherziger waren, den Tempeldienst kritisierten und nach ihrer Vertreibung aus Jerusalem den missionierten Heiden nicht mehr die Beschneidung als Bedingung für den Eintritt in die messianische Gemeinde auferlegten. Für die Jerusalemer Christen war die Missionierung von Nichtjuden jedenfalls eine Ausnahme (gegen Grundmann, Schenke, mit Goguel, Kümmel), welche die jüdische Grundstruktur der Urgemeinde nur bestätigte. Auch die essenische Analogie der Qumransekte – Analogie zwar nicht in der Ablehnung des Opferkultus (gegen Schoeps), nicht in geistlicher Messiasauffassung, gemeinsamem Gebet, Mahl und Taufe (gegen Klausner), wohl aber durch das Medium Jesu in modifizierter Weise hinsichtlich der Toraverschärfung und eschatologischen Dringlichkeit, ...
Aber wem erzähle ich das? Du bist doch von uns beiden der Wissenschaftler! Ich habe keine wissenschaftliche Ausbildung genossen.
Was mir hier fehlt, ist das
(gegen Andreas) von dir, selbst noch wenn ich versuche "unser" Missverständnis aufzuklären, kommt mit dir kein Dialog zustande, weil du das meiste ignorierst, was ich dir schreibe, und mich stattdessen als Bibelkritiker zu diffamieren versuchst. Dabei ziehen wir am gleichen Strang, denn meine Interpretation verdeutlicht viel mehr historische Tatsachen als deine - ohne beispielsweise die historische Tatsache zu ignorieren, dass der Turm und die Stadt Babylon historisch fertiggestellt wurden.