Alles Teufelszeug? X

Roland
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#751 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Roland » Fr 7. Sep 2018, 18:41

Anton B. hat geschrieben: Das Falsifizierungskriterium nach Popper ist hier fehl am Platz.
Es war doch deine Frage, wie ich Gott falsifizieren wolle. Das geht natürlich nicht und ich habe nur gezeigt, dass auch die absichtlose Zufallsentstehung nicht falsifizierbar ist.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Naja, wenn man klar zeigen könnte, wie es auf natürliche Weise funktioniert, wäre Schöpfung zumindest eine unnötige Annahme geworden. Man hat aber nur eine Reihe von Wunschspekulationen zu bieten.
Als guter Wissenschaftler kann ich irgendwo in den Naturwissenschaften herum kramen, und ich finde mit wenig Mühe, was nicht als "Wissen" erklärt ist. Dann sehe ich "Wunschspekulationen" in der Physik, wie Stringtheorie und Quantenschleifengravitation. Und? Übernatürliches Wirken? Oder hier nicht nötig, weil es hier nicht um "weltanschaulichen Ursprungsfragen" geht? Oder etwa doch?
Natürlich geht’s auch hier um weltanschauliche Fragen. Die Stringtheorie ist Teil der Suche nach einer Weltformel, die reduktionistisch alles erklärt, einer "theory of everything", auf die man alles reduzieren kann. Dem liegt auch ein naturalistischer Welterklärungsversuch zugrunde. Ähnlich wie bei der ET.

Wikipedia: "Der Nobelpreisträger und Festkörperphysiker Robert Laughlin, der vor allem die starke Bindung von Forschungsresourcen auf einem den Anwendungen fernstehenden Gebiet kritisiert, fasst es wie folgt zusammen: „Weit entfernt von einer wunderbaren technologischen Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist die Stringtheorie die tragische Konsequenz eines überholten Glaubenssystems.“"

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Daten: Leben verändert sich, kann sich anpassen.
Naturalistische Interpretation: Die Wandlungsfähigkeit reicht zurück bis zur Urzelle, dort nahm das Leben seinen Anfang.
Schöpfungs-Interpretation: Es handelt sich nur um eine begrenzte Variationsfähigkeit, sie reicht nur zurück bis zu den geschaffenen Grundtypen.
• Vorstellung von Naturwissenschaft mit Grundschulkompetenz: Daten -> Interpretation -> Theorie -> Beweis für die Datenlage erbracht.
• Naturwissenschaft an der Uni: Theorie basteln -> Deduktion -> Falsifizierungsversuche -> viele Bewährungen UND keine Falsifizierung: gute Theorie
Beim "Theorie basteln" muss man aber schon bestimmte Hypothesen im Kopf haben, eine bestimmte Sicht der Dinge zugrunde legen. Und dann sammelt und gewinnt man Daten, schaut sich dieselben an und zwar bereits "theoriebeladen", versucht also die theoretischen Vorannahmen mit den Daten zu bestätigen. Und dabei kann, je nach theoretischem Rahmen, ganz unterschiedliches herauskommen.
Carrier zeigt, dass z.B. im heliozentrischen und geozentrischen Rahmen, dieselben Daten unterschiedliche Sachzusammenhänge darstellen und resümiert: "Was eine Beobachtung oder Messung besagt, hängt unter Umständen entscheidend von dem theoretischen Rahmen ab, der für die Gewinnung und Interpertation der Daten benutzt wird." (S.77 zweite Auflage 2008)

Interpretiert man die beobachtete Veränderlichkeit von Lebewesen im Sinne der ET, reicht diese bis zur vermuteten Urzelle zurück, interpretiert man dieselbe Veränderlichkeit von Lebewesen im Sinne von Schöpfung, reicht sie nur bis zur vermuteten Urform dieses Lebewesens zurück.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nochmal: Grundlage ist die biblische Offenbarung, die eine abgeschlossene, anfängliche Schöpfung offenbart. Und die zumindest keinen Betrügergott nahelegt, der es drauf anlegt seine Geschöpfe an der Nase herum zu führen, sondern einen, der von sich behauptet "die Wahrheit" in Person zu sein.
Die Grundlage interessiert aber nicht, sondern, wenn es Wissenschaft sein soll, das Modell. Hier ein Modell mit der Aussage, Gott führe uns nicht an der Nase herum. Das ist nett, das ist schön. Meine Frage war, wie sich dieses Modell fasifizieren lässt.
Deine Frage war doch, wie man die Phase des "naturgesetzlichen, regelmäßigen Ablaufs" nach der anfänglichen Schöpfung, von einem möglicherweise von Gott "nur vorgetäuschten naturgesetzlichen, regelmäßigen Ablauf" unterscheiden könnte.
Ein nur vorgetäuscht naturgesetzlicher Ablauf wäre aber auch nur eine weltanschauliche Annahme, eine Aussage über das Wesen und Handeln des Schöpfers – und die muss daher auch weltanschaulich beantwortet werden. Deshalb interessiert bei dieser Frage NUR die Grundlage und das ist die biblische Offenbarung.

Teilbereiche beider Modelle lassen sich prinzipiell falsifizieren, was die Plausibilität des einen oder des anderen Ursprungs-Modells schwächen würde. Die Grundannahmen selbst sind nicht falsifizierbar. Die Aussage, dass der Gott der Bibel seine Geschöpfe nicht an der Nase herumführt, gehört zur nichtfalsifizierbaren Grundannahme der biblischen Offenbarung.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gegenfrage: Wie ließe sich denn die Behauptung widerlegen, dass in der langen Naturgeschichte alles geistlos und absichtslos vonstattengegangen ist? Ist diese Behauptung falsifizierbar?
Indem aufgezeigt wird, dass die Implikation "nur natürliches Wirken" als logische Ableitung aus "vernünftige Begründung" nicht korrekt ist oder sich eine widerstreitende andere logische Ableitung darstellen lässt.
In der Ursprungsfrage ist "nur natürliches Wirken" eindeutig nicht die einzige "vernünftige Begründung". Ein in der Vergangenheit liegendes "übernatürliches Wirken" bei unserer Entstehung, lässt sich prinzipiell auf keine Weise ausschließen. Für intelligentes Design gibt es vielmehr wissenschaftlich begründbare Indizien.

Damit ist aber die Behauptung, alles sei geistlos und absichtslos vonstattengegangen nicht falsifiziert. Diese Behauptung ist nicht falsifizierbar. Letztlich muss offen bleiben, wer recht hat. Wir stehen vor einer Entscheidung – und sind hierin völlig frei.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Sowohl der naturalistische, wie auch der theistische Glaube ist mE erlaubt und kann wissenschaftlich vertreten werden. So ketzerisch es in deinen Ohren auch klingen mag :) .
Weiß ich doch. Letztlich ist es doch auch egal, wie ich Deinen Glauben und Dein Bemühen, den entweder zum allgemeinen Prinzip zu erheben oder alles andere so auf eine Stufe zu ziehen, dass Du weiterhin als gerechtfertigt gelten kannst, bewerte.
Nie habe ich gesagt, ich wolle meinen Glauben zum allgemeinen Prinzip erheben.
Aber holen wir nochmal unsere Kompromissformel hervor, die wir vor gut einem Jahr gefunden hatten: Der Design-Ansatz als "ein anderes Erkenntnisprojekt, geleitet durch eine andere Definition", welches parallel seine Berechtigung hat.
Du darfst für dich die "andere Definition" als "außerhalb der Wissenschaft befindlich" ansehen und ich verstehe darunter eine "andere Grundannahme", der man "innerhalb der Wissenschaft" parallel berechtigterweise nachgehen kann.

Und schon sind wir beide wieder zufrieden. OK?
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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Münek
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#752 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Fr 7. Sep 2018, 19:06

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wenn da nur Murks rauskäme, mit dem nichts anzufangen ist, wäre Wissenschaft schon längst im Orkus der Geschichte verschwunden.
RIchtig - deshalb ist ja die Abgrenzung so wichtig, wo diese Kategorie Sinn macht und wo nicht. - Ich stelle die Wissenschaft keinesfalls in Frage für Bereiche, für die diese Kategorie gemacht sind - das Problem ist die Abgrenzung.
Es gibt kein Problem der Abgrenzung. Mit der Behauptung, es existierten den Sinnen nicht zugängliche, transzendente Welten mit allmächtigen, Heilspläne schmiedenden Geistwesen, die mit bestimmten superlativen Attributen ausgesstattet sind, gibt sich seriö-
se Wissenschaft NICHT ab.


Da kochen sich Gläubige abseits jeglicher Wissenschaft ihr eigenes, geheimnisumwobenes, jenseitiges Glaubenssüppchen, von der immer
weniger Theologen und getaufte Laien kosten wollen. Ein unaufhaltsamer Trend...


Man erkennt: Der Kant´sche Leitsatz der Aufklärung: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" ("Sapere aude") hat an Aktualität auch im 21. Jh. nichts verloren. Ganz im Gegenteil....

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#753 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Fr 7. Sep 2018, 19:15

Münek hat geschrieben:Es gibt kein Problem der Abgrenzung.
Doch - in dem Moment, in dem man wagt, geistige Fragestellungen zu eigenen Fragestellungen zu machen, besteht ein Problem.

Außerdem hat das nichts mit "seriös" oder "unseriös" zu tun ("Bäcker" seriös - Metzger unseriös, weil er keine Brötchen backt, sondern Schnitzel macht?), sondern mit der Hermeneutik: "Unter welchem Gesichtspunkt will ich untersuchen?".

Münek hat geschrieben:Man erkennt: Der Kant´sche Leitsatz der Aufklärung: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" ("Sapere aude") hat an Aktualität auch im 21. Jh. nichts verloren. Ganz im Gegenteil....
Das meine ich sehr deutlich ebenfalls, allerdings in Bezug auf naturalistische und kritisch-rationale Ideologien.

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sven23
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#754 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von sven23 » Fr 7. Sep 2018, 19:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch im Zentrum des Universums steht die Erde nicht.
NICHTS steht im Universum, auch die Sonne nicht. - Es steht nur dann, wenn man es als Ausgangspunkt als stehend definiert. - Die Frage ist, welcher Ausgangspunkt für welche Fragestellung der sinnvollste ist.
Für welche Fragestellung ist denn das geozentrische Modell "sinnvoll"? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb gilt immer noch: Wissenschaft vs. Esoterik/Glaubensideologie.
:lol: Nein - es gilt: DIESE Untersuchungshermeneutik oder JENE. Wer bspw. die Bibel nach Apg. 8,30 verstehen will, kann nicht "wissenschaftlich" in Deiner Definition vorgehen
Doch, gerade dann. Thäddäus hatte auch das richtig erkannt.

Sie stützt sich auf keinen VernunftBEGRIFF, sondern auf Vernunft. Die historisch-kritische Forschung beantwortet "geistige" Fragen, wie du es in deiner falschen Begrifflichkeit bezeichnest. Sie zieht weitreichende theologische Schlussfolgerungen aus ihren Detailanalysen und stellt diese zur Diskussion, und nicht zuletzt du reagierst auf diese heftig, was dir beweisen sollte, dass sie es offenkundig kann: Antworten auf "geistige" Fragen geben. Du bestreitest die Ergebnisse lediglich aufgrund deiner Glaubensentscheidung und umfangreichen ontologischen, wissenschaftstheoretischen und theologischen Fehleinschätzungen.
...
Doch exakt "ontisch" tut sie das, wie du in deiner einmal mehr inkorrekten Begrifflichkeit formulierst. Die historisch-kritischen Detailanalysen der entsprechenden Textstellen ergeben mit der höchsten uns erreichbaren Sicherheit, dass Jesus an das Ende der Welt und das Kommen des Himmelreiches noch innerhalb seiner Generation fest geglaubt und es so seinen Hörern kund getan hat. Genau das ist die historische Realität dessen, was Jesus gelehrt und deshalb höchstwahrscheinlich auch gedacht hat (wenn er seine Hörer nicht angelogen hat). Deine dem widersprechende Ansicht beruht einzig und allein auf Glaubensentscheid und die bloße Annahme, Jesus könne (entgegen seiner eigenen Auffassung) göttlich gewesen sein, ändert an diesem historisch-kritischen Textbefund nicht das Geringste.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die Hermeneutik ist eine wissenschaftliche, keine glaubensideologische.
Falsche Ebene.
Sag ich doch. Die glaubensideologische Ebene hat in der Wissenschaft nichts zu suchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im übrigen legt Wissenschaft immer ihre Methoden offen, darauf hatte auch Thaddäus immer wieder verwiesen.
Das bestreitet niemand - aber das tut die Theologie genauso. - Nur dass sie eine andere Hermeneutik unterlegt ("Methodisch untersuchen, als sei Jesus auch göttlich" versus "Methodisch untersuchen, als sei Jesus nur menschlich"). - Würde sich Deine Definition durchsetzen (was denkbar ist, wenn sich ideologischer Neusprech durchsetzt), hätte "Wissenschaft in DEINEM Sinne" ab sofort nichts mehr in der Theologie zu suchen - so wie ein Bäcker nichts beim Metzger zu suchen hat. - Das hieße aber AUCH, dass "Wissenschaft in DEINEM Sinne" keinerlei Autorität hätte, sich mit geistigen Texten wie die Bibel zu beschäftigen, außer dass sie periphär historische Begebenheiten literarisch oder archäologisch zu entschlüsseln versucht.
Nein, siehe oben.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du legst den Schreibern immer Dinge in den Mund, die sie nie gesagt oder gemeint haben.
Das weißt Du doch nicht. - Es spricht viel dafür, dass Du hier den Kürzeren ziehst, weil, egal ob Ratzinger oder Theißen, Theologen und Pfarrer einen geistigen Bezug zur Bibel haben (sollten) und Dinge dementsprechend meinen. - Wenn Ratinger etwas mir Unbekanntes von sich gibt, kann ich es in der Regel sofort einordnen, weil mir sein spirituelles Denken bekannt ist - das gilt übrigens bei Literaten und Komponisten gleichermaßen. - Und ich bin da ganz sicher kein Einzelfall - das sollte die Regel sein, wenn man so etwas studiert (zumindestens hat man das zu meiner Zeit erwartet).
Diese Grundlagen hast Du nicht. - Du interpretierst Aussagen mit geistigem Hintergrund im Sinne Deiner naturalistischen Ideologie: "Was muss er gemeint haben, damit es in MEINE davon fremde Weltanschauung trotzdem reinpasst". - Dasselbe Problem hat/te Thaddäus, nur dass sie universitär richtig gut drauf ist/war - aber das ändert nichts.
Doch, das ändert alles. Vor allem zeigt es, dass Thaddäus den Stand der wissenschaftlichen Forschung korrekt wiedergegeben hat.
Es bleibt dir nur, dich auf die Seite Rolands zu schlagen und die Forschung als pöhse Bibelfälscher zu verleumden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#755 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Fr 7. Sep 2018, 20:13

sven23 hat geschrieben:Für welche Fragestellung ist denn das geozentrische Modell "sinnvoll"?
"Geozentrisch" im Sinne von "aus Erdsicht" ist dann sinnvoll, wenn es um die Erlebniswelt des Menschen geht - wenn einer mal auf dem Mond ist, macht eventuell "lunazentrisch" Sinn.

sven23 hat geschrieben:Doch, gerade dann. Thäddäus hatte auch das richtig erkannt.
Das hat allein mit Thaddäi 8-) orwellschem Neusprech zu tun (für den sie nicht verantwortlich ist, weil sie wahrscheinlich Professoren gehabt hat, die es so lehren) - da müsste sie aufgeklärter sein, indem sie darüber hinausschaut. - Konkret:

Was Thaddäus als "Geist" meint, ist eine anthropogene Größe und nicht das, was mit "Heiliger Geist" alias Göttlicher Geist alias dessen Ableitungen in der Welt zu tun hat. - Was glaubst Du eigentlich, warum Thaddäus so heftig reagiert hat? - Ich kann es Dir sagen: Mein spirituell-theologische Ansatz ist der Todfeind ihres Denkansatzes - ihrem Neusprech wird das Original entgegengesetzt.

Ich bin Dir übrigens dankbar, dass Du ihre Zitate einstellst (hatte ich schon vergessen), weil sie exemplarisch klar machen, wo das Problem ist.

sven23 hat geschrieben:Vor allem zeigt es, dass Thaddäus den Stand der wissenschaftlichen Forschung korrekt wiedergegeben hat.
Auf subtile Weise könnte das (leider) sogar stimmen - es KANN sein, dass sich ihr Neusprech so weit durchgesetzt hat, dass dies als "Stand der Forschung" bezeichnet werden kann. - Aber dann gilt:

closs hat geschrieben:Würde sich Deine Definition durchsetzen (was denkbar ist, wenn sich ideologischer Neusprech durchsetzt), hätte "Wissenschaft in DEINEM Sinne" ab sofort nichts mehr in der Theologie zu suchen - so wie ein Bäcker nichts beim Metzger zu suchen hat. - Das hieße aber AUCH, dass "Wissenschaft in DEINEM Sinne" keinerlei Autorität hätte, sich mit geistigen Texten wie die Bibel zu beschäftigen, außer dass sie periphär historische Begebenheiten literarisch oder archäologisch zu entschlüsseln versucht.

Das wirklich Diabolische ist, dass Thaddäus genau diese Autorität beansprucht - siehe:
sven zitiert Thaddäus hat geschrieben: Die historisch-kritische Forschung beantwortet "geistige" Fragen
- Das ist das eigentliche Problem. - Denn Thaddäus sagt damit nicht nur "Wir wollen die Bibel naturalistisch-säkular verstehen" (keine Probleme), sondern sie sagt damit ebenfalls "Naturalistische-Säkularität = 'Geist' ". - Das ist so ähnlich, als würde jemand im Ehebett fremdgehen.

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Münek
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#756 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Fr 7. Sep 2018, 22:32

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich habe es gemacht. Einen "geistigen Kontext" konnte ich nicht erkennen.
Es geht hier um die Nichtigkeit des Menschen vor der Zeit - der Mensch wird geboren, lebt und stirbt, während die Natur bleibt: "Ein Geschlecht geht, ein Geschlecht kommt, und die Erde steht in Weltzeit". - Dies ist selbstverständlich ein geistiges Motiv.
Die Beschreibung des täglichen Umlaufs der Sonne um die Erde - das war hier der Ausgangspunkt - ist genau so wenig eine "geistige Feststellung" wie beispielsweise die Feststellung : "Im Herbst fallen die Blätter von den Bäumen."

Es ist nunmal eine Marotte von Dir, aus Gründen der Selbstimmunisierung gegen Ideologie-Kritik alles "zu vergeistigen", was nicht schnell
genug auf den Baum kommt. Dann kommt natürlich so ein Blödsinn raus wie oben. :)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das sahen Jesus und Paulus und der Evangelist Lukas (Lk. 3:38) u.a. völlig anders.
Weil für sie geistige und geschichtliche Wirklichkeit zeitgemäß gleich waren.
Nö - mit "geistiger" Interpretation a la Closs hatten sie ganz gewiss nichts am Kopf.

Sie sahen es so, wie es ist und hegten an der HISTORIZITÄT der in der "Heiligen Schrift" überlieferten Urgeschichte nicht den geringsten Zweifel. Adam und Eva beispielsweise waren für sie keine mythologischen Gestalten, sondern Menschen, die tatsächlich gelebt haben und gestorben sind, gegenüber Gott ungehorsam waren - und Kinder, Enkel und Urenkel etc. hatten.


Wenn Paulus beispielsweise schreibt, dass Adam als erster gebildet wurde, erst dann die Frau, oder dass Eva von der Schlange (übrigens nicht: Satan) verführt worden ist, dann ging er selbstverständlich davon aus, dass das in ferner Vergangenheit TATSÄCHLICH geschehen ist. Irgendwel-
che zusätzliche spirituelle Deutungen des Paulus sind den Texten nicht zu entnehmen, sondern - jetzt sei mal ehrlich - Deiner Glaubensvorstel-
lung geschuldet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn nach Deiner Auffassung die Paradiesgeschichte nicht im wörtlichen Sinn stattgefunden hat, wieso ist dann im KKK vom "freiwilligen" Ungehorsam des Stammelternpaares Adam und Eva zu Beginn der Menschheitsgeschichte und vom abtrünnigen Engel Satan als Verführer die Rede? Und der Versicherung, dass dieser Sündenfall historisch stattgefunden hat?
Weil der "Sündenfall" tatsächlich historisch stattgefunden hat und mit der A&E-Geschichte abgebildet wird. Das heißt aber nicht, dass der "Sündenfall" in Form der Abbildung stattgefunden hat - "Sündenfall" ist ein GEISTIGES Geschehen, das als solches nicht abbildbar ist - es muss "haptisch" abgebildet/offenbart/chiffriert werden.
Aha - dann kläre uns doch mal auf, wann, wo und in welcher Form der "eigentliche, wirkliche, geistige Sündenfall" stattgefunden hat. Da weißt Du wahrscheinlich mehr als der Papst und die Mutter Kirche.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Weltkatechismus der katholischen Kirche sagt exakt das Gegenteil.
Das meinst Du, weil Du nicht geistig entschlüsseln kannst. - Allerdings gebe ich Dir in einem recht: Die RKK hält ihr Volk auf der Stufe des Mittelalters, wenn sie zuläßt, dass das Volk wörtlich versteht. - Andererseits traut man dem Volk einfach nicht zu, geistig-wirkliche und historische Wirklichkeit separat zu verstehen - also kommuniziert man im Jargon zur Zeit Jesu und des Mittelalters.
Die Katholische Kirche führt ihre blöden Schäfchen bewusst an der Nase herum? :shock:

closs hat geschrieben:Und wenn Du ehrlich bist: Diese Trennung von geistiger und historischer Wirklichkeit fällt doch auch DIR schwer.
Diese Frage der Trennung stellt sich mir als Atheist überhaupt nicht. Ich argumentiere aus der Sicht der biblischen Textverfasser und der historisch-kritisch arbeitenden Bibelausleger.

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#757 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Fr 7. Sep 2018, 23:21

Münek hat geschrieben:Die Beschreibung des täglichen Umlaufs der Sonne um die Erde - das war hier der Ausgangspunkt - ist genau so wenig eine "geistige Feststellung" wie beispielsweise die Feststellung : "Im Herbst fallen die Blätter von den Bäumen."
Wenn Du so die Bibel liest, hast Du keinerlei Berechtigung, über sie zu urteilen. Die Bibel muss man im Kontext lesen (das gilt übrigens woanders auch). - Hier mal der Zusammenhang - und damit es nicht zu leicht ist, in der Buber-Übersetzung ;) :

Prediger 1 (Buber)
2 Dunst der Dünste, spricht Versammler, Dunst der Dünste, alles ist Dunst.
3 Welchen Vorteil hat der Mensch von all seiner Mühe, damit er sich abmüht unter der Sonne?
4 Ein Geschlecht geht, ein Geschlecht kommt, und die Erde steht in Weltzeit.
5 Strahlt die Sonne auf, kommt die Sonne hinab, sie strebt zu ihrem Ort, dort verstrahlt sie.
6 Nach dem Süden geht, nach dem Norden kreist, kreist und kreist und geht der Wind, in seinen Kreisen kehrt der Wind.
7 Alle Bäche gehn zum Meer und das Meer ist keinmal voll, an den Ort, dahin die Bäche gehn, dorthin kehren sie sich zum Weitergehn.
8 Ermüdend sind alle beredbaren Dinge, niemand kann sie zu Rede machen. Nicht sättigt sich das Auge am Sehn, nicht füllt sich das Ohr mit Hören.
9 Was im Sein war, ist was sein wird, und was man tat, ist was man tun wird, keinerlei Neues unter der Sonne!
10 West ein Ding, davon einer spricht: »Sieh dieses an, das ist neu«, längst ists gewesen, in der Weltdauer, die vor uns gewesen ist.
11 Kein Gedenken ist für die Frühen, und auch für die Späten, die sein werden, für sie wird kein Gedenken sein bei denen, die spätest dasein werden.


Münek hat geschrieben:Adam und Eva beispielsweise waren für sie keine mythologischen Gestalten, sondern Menschen, die tatsächlich gelebt haben und gestorben sind, gegenüber Gott ungehorsam waren - und Kinder, Enkel und Urenkel etc. hatten.
Heute würde man sagen: JEDER Mensch ist ein Adam und eine Eva, die tatsächlich gelebt haben und gestorben sind, gegenüber Gott ungehorsam waren - und Kinder, Enkel und Urenkel etc. hatten. - Damals hat man diesen Transfer nicht gemacht, sondern es gleich wörtlich genommen - das nimmt dem Sinn der Aussage NICHTS.

Münek hat geschrieben:Irgendwelche zusätzliche spirituelle Deutungen des Paulus sind den Texten nicht zu entnehmen, sondern - jetzt sei mal ehrlich - Deiner Glaubensvorstellung geschuldet.
Die spirituelle Substanz ist ALLEN Texten des Evangeliums zu entnehmen (und woanders auch). - Natürlich muss man dem verbunden sein ("Glaube"), um es zu verstehen - sonst steht man blind vor der Farbe. - Nachdem ich Dir keine Bösartigkeit unterstellen möchte, muss ich annehmen, dass Du WIRKLICH wie der Blinde vor der Farbe stehst. - Paulus tat das nicht - er war geistig NICHT blind.

Münek hat geschrieben:dann kläre uns doch mal auf, wann, wo und in welcher Form der "eigentliche, wirkliche, geistige Sündenfall" stattgefunden hat.
Er fand das erste Mal statt, als ein menschenähnliches Wesen erstmals bewusst zu sich "Ich" sagen konnte und in diesem Ich verbindliche Orientierungsgröße entdeckt hat. - Seitdem passiert es bei jedem Menschen.

Münek hat geschrieben:Die Katholische Kirche führt ihre blöden Schäfchen bewusst an der Nase herum? :shock:
Nein - sie will ihnen auf ihrer Rezeptionsebene begegnen - aber da scheint was schief zu gehen.

Münek hat geschrieben:Diese Frage der Trennung stellt sich mir als Atheist überhaupt nicht.
Weil es geistige Wirklichkeit für Dich gar nicht gibt - logisch.

Münek hat geschrieben: Ich argumentiere aus der Sicht der biblischen Textverfasser
Ganz sicher nicht. - Damit unterstellst Du ihnen, dass es atheistische Menschen waren - das waren sie ganz sicher nicht.

Münek hat geschrieben:und der historisch-kritisch arbeitenden Bibelausleger.
Im schlimmsten Fall hast Du recht - womit wir bei Ratzinger 2006 wären.

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#758 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Fr 7. Sep 2018, 23:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt kein Problem der Abgrenzung.
Doch - in dem Moment, in dem man wagt, geistige Fragestellungen zu eigenen Fragestellungen zu machen, besteht ein Problem.
Da wird nichts gewagt.

Wissenschaft macht Behauptungen über die Existenz transzendenter Welten und einer dort angeblich anwesenden allmächtigen, Heilspläne schmiedenden Superintelligenz ganz gewiss nicht zu eigenen Fragestellungen.
:)

Mit jeglichem esoterischem Glaubenshokuspokus transzendenter Art hat Wissenschaft nun wirklich nichts am Hut.

closs hat geschrieben:Außerdem hat das nichts mit "seriös" oder "unseriös" zu tun, sondern mit der Hermeneutik: "Unter welchem Gesichtspunkt will ich untersuchen?"
Mit Deiner Hermeneutik kommst Du doch erkenntnismäßig keinen Millimeter weiter, weil Du Dir diesen Gesichtspunkt selber aussuchst bzw. ausdenkst. Deine Hermeneutik basiert auf einer Setzung - einer Glaubenssetzung. Setzungen sind aber kein Zauberstab zur Schaffung von Wirklichkeit. Da hilft Dir auch der allergrößte Glaube nichts.

Dass Du das nicht kapierst, ist mir ein Rätsel. Da ist wohl ein inniger Wunsch der Vater des Gedankens. ;)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Man erkennt: Der Kant´sche Leitsatz der Aufklärung: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" ("Sapere aude") hat an Aktualität auch im 21. Jh. nichts verloren. Ganz im Gegenteil....
Das meine ich sehr deutlich ebenfalls, allerdings in Bezug auf naturalistische und kritisch-rationale Ideologien.
Nun lass`mal die Wissenschaft in Ruhe, sondern nimm einfach den eklatanten Glaubensschwund bei Theologen und christlich Getauften zur Kenntnis. Diese Menschen wollen sich einfach nicht mehr in die Tasche lügen ("Sapere laude") - und gehen von der Fahne...

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#759 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Sa 8. Sep 2018, 00:39

Münek hat geschrieben:Setzungen sind aber kein Zauberstab zur Schaffung von Wirklichkeit.
:lol: Diesen Satz habe ICH hier zuerst hier eingeführt (siehe Thread: "Realität und Wahrnehmung" - könnte schon 4 Jahre her sein).

Münek hat geschrieben:Mit Deiner Hermeneutik kommst Du doch erkenntnismäßig keinen Millimeter weiter
Konkret würde dies heißen: Mit meiner nicht-falsifizierbaren Vorannahme, dass es Geist als Entität gibt, komme ich erkenntnismäßig nicht weiter. --- Das ist eine sehr willkürliche Aussage.

Wenn man aus Deinem Satz was machen will, müsste man fragen, welcher Vorannahmen mit welchem Erkenntnisfeld zu tun haben - man müsste also differenzieren.

Münek hat geschrieben:Nun lass`mal die Wissenschaft in Ruhe
Meine Aussage ging gegen "naturalistische und kritisch-rationale Ideologien" - das hat mit Wissenschaft überhaupt nichts zu tun. - Wissenschaft in ihren disziplinierten Grenzen ist uneingeschränkt gut.

Münek hat geschrieben:nimm einfach den eklatanten Glaubensschwund bei Theologen und christlich Getauften zur Kenntnis
Das stimmt - die Ent-Geistigung der letzten Generationen zeigt ihre Früchte - das muss man hinnehmen. - Das wird sich auch wieder drehen.

Münek hat geschrieben:Diese Menschen wollen sich einfach nicht mehr in die Tasche lügen ("Sapere laude") - und gehen von der Fahne...
Nee - was Du anpreist, ist eine Distanzierung von anspruchsvoller Aufklärung. - Wir haben heute letztlich einen Monotheismus der Egomanie - wer die großen Fragen der Menschheit anthropogen-vernünftig glaubt beantworten zu können, ist letztlich egoman.

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#760 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Sa 8. Sep 2018, 00:55

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:dann kläre uns doch mal auf, wann, wo und in welcher Form der "eigentliche, wirkliche, geistige Sündenfall" stattgefunden hat.
Er fand das erste Mal statt, als ein menschenähnliches Wesen erstmals bewusst zu sich "Ich" sagen konnte und in diesem Ich verbindliche Orientierungsgröße entdeckt hat.
Ein menschenähnliches Wesen? :shock: Folgt man der Bibel, war Adam = Mensch, nicht etwa ein menschenähnliches Geschöpf.

Also Du meinst, der eigentliche, der WIRKLICHE SÜNDENFALL geschah historisch gesehen ca. 200.000 Jahre vor Adam und
Eva. - Und mit der Selbsterkenntnis und Eigen-Bewusstwerdung des Homo sapiens kamen dann TOD und SÜNDE in die Welt. :shock:

Interessant.


:lol: :lol: :lol:

Du hast bei Deiner erstaunlichen These übrigens übersehen, dass bei dieser der Ungehorsam des Homo sapiens gegenüber den
ihm völlig unbekannten Gott Jahwe (Sündenfall) und damit die Notwendigkeit des Sühnetodes des Sohnes Gottes auf der Strecke
bleiben. ;)


Wie gesagt: Eine recht gewagte Hypothese. Trotzdem: Wenn es ihn gäbe, würde ich Dich volle Kanne für die diesjährige Ver-
leihung des "Nobelpreises für Theologie" vorschlagen. Der "Heilige Vater" würde sich verwundert die Augen reiben.
;)

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