Pluto hat geschrieben:Welches Sein und welchen Gott?
Definiere "Sein" als "das, was ist" - egal, ob wir es wahrnehmen oder nicht, und nenne es synonym "Gott".
Pluto hat geschrieben:Ich erkenne keine Maßstabslosikeit im Christentum. Es ist eine anthropozentrische Religion.
Das ist das Sprachproblem: Der eine nennt es "anthropozentrisch", wenn es nicht methodisches Ergebnis ist - der andere nennt es "anthropozentrisch", wenn man die Wahrnehmung/Methodiken des Menschen zum Maßstab dafür nimmt, was "sein" kann.
Pluto hat geschrieben:Warum gilt das nicht universell?
Weil man nie weiß, ob methodische Ergebnisse universell gelten - ich sage nicht, dass es nicht universell gelten kann, sondern dass wir es nicht wissen. - Dazu kommt: Unter "universell" versteht man christlicherseits alles incl. Gott - naturalistisch versteht man damit nur unser physikalisches Universum.
Pluto hat geschrieben: Empirie ist die Grundlage unseres Wissens.
Richtig - aber nur deshalb, weil "Wissen" als methodische Größe verstanden wird.
Pluto hat geschrieben:Ich kann dir die Theoreme des Thomas Bayes wärmstens empfehlen.
Ich kenne ihn nicht gut genug, um zu wissen, WORAN er Wahrscheinlichkeit festmacht: "Wahrscheinlich" in Bezug auf was?
Pluto hat geschrieben: Wir folgen der Methode des Thomas Bayes, dessen Theoreme sich millionenfach bewährt haben. Warum lehnst du ihn denn ab?
Dazu müsste ich sie studiert haben - habe ich aber nicht. - Bis dahin nehme ich an, dass er recht hat - aber in welchem Koordinatensystem? - Die Antwort auf diese Frage ist bereits die Lösung.
Agent Scullie hat geschrieben:. Die christliche Lehre sagt aber etwas ganz anderes aus. Ein Grundpfeiler des Christentums ist der (Mono-)Theismus, der besagt, dass es zum einen die physische Welt gibt, die irgendwann erschaffen wurde, und deren personalen Schöpfer, Gott genannt, der außerhalb der physischen Welt steht und allmächtig ist, oder zumindest mächtig genug, um die Welt erschaffen zu können. Weiterhin besagt der Theismus - anders als etwa der Deismus - dass dieser Schöpfer immer wieder in die Welt eingreift und sich darum kümmert, was intelligente Lebewesen in der Welt, wie z.B. Menschen, so treiben.
Das stimmt natürlich - aber niemand würde solche Vorstellungen ("Was bedeutet es, wenn Gott so ist, wie ich es erschließe?") zum Maßstab für Gott machen - es sind Versuche zum eigenen Verständnis, aber nicht mit dem Ziel, das Nicht-Erkennbare Gottes anthropozentrisch zu übertölpeln.
Dazu kommt: "Monotheismus" kann man ziemlich gut logisch und dlalektisch begründen. - Anders gesagt: Wenn "Gott" definiert wäre als das, was "das konkurrenzlose Höchste" ist, verbinden sich mit ihm Eigenschaften, die zwingend auf Monotheismus hinweisen. - Aber gut: Auch Logik kann menschengefärbt sein.
Agent Scullie hat geschrieben:Das christliche Denken neigt demgegenüber dazu, das, was aus der Lehre Jesu hervorgeht, mit Faktum gleichzustellen. Das ist noch weitaus anthropozentrischer.
Moment: Da ist aber ein Glaubensvorbehalt davor: "WENN mein Glaube richtig ist, dann ...". - Allein dieser Vorbehalt ("Ich behaupte nicht, zu wissen") de-anthropozentriert die Sache von vorneherein - vergleiche es mit dem Naturalismus, der NICHT sagt "Falls die physikalische Welt Entität und nicht nur meine Vorstellung ist, dann gilt ...", sondern eher irritiert fragt: "Wie? Wir brauchen doch keinen Glaubensentscheid vorab - wir sind doch objektiv". - Was ist hier anthropozentrischer?
Agent Scullie hat geschrieben:Offenkundig machst du zwei Fehler: du erhebst das eine zur Prämisse und leugnest dabei, dies zu tun, und ignorierst zum zweiten, dass das andere ebensogut zur Prämisse erhoben werden könnte. Du misst somit mit zweierlei Maß.
Möglicherweise irrst Du Dich: Der entscheidende Unterschied ist die Bekenntnis zum Glaubensvorbehalt:
"Ich weiß, dass ich/meine Wissenschaft nicht das Maß ist - deshalb ist es GLaubens-Sache, MEINEN Weg als den richtigen zu setzen". - Würde JEDER sich zu seinem Glaubensentscheid bekennen, würde meinerseits diese Diskussion sofort abgeschlossen werden können - denn dann würde jeder wissen, dass er und sein Weg NICHT maßstabsgebend sind, sondern ein "Modell"/eine "Hermeneutik"/ein Versuch sind.
Man KANN natürlich den Glaubensentscheid haben, dass Gott Teil des physikalischen Universums sein muss und deshalb prinzipiell kritisch-rational belegbar sein kann - aber es ist ein Glaubensentscheid und man sollte es erkennen - allein das entkräftet den Vorwurf des Anthropozentrismus vollumfänglich.