Alles Teufelszeug? VIII

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Detlef
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#1181 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Detlef » Mo 5. Feb 2018, 21:45

closs hat geschrieben:Das ist das Elend mit Euch Burschen: Ihr macht eine Setzung nach der anderen - incl. der Setzung, dass Ihr nichts setzt. - Ein perfekter Kreislauf der Selbst-Immunisierung - und aus dieser Wagenbrug heraus greift Ihr diejenigen kann, die Euch diesbezüglich mindestens einen SChritt voraus sind. - Dies nehmt Ihr zum Anlass, nicht diese, sondern Euch selbst als "aufgeklärt" zu bezeichnen - ein Tollhaus.
Münek hat geschrieben:Genauso und nicht anders ist es! Es wird nichts gesetzt!
Wahrscheinlich glaubst Du es wirklich.
Nun, dann sag uns doch ganz einfach nur, wie man es denn richtig macht mit dem "nicht setzen"!
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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Münek
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#1182 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mo 5. Feb 2018, 21:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Und dann fragt der katholische oder evangelische Theologe verblüfft: "Was? Wird da immer noch drüber geredet? Das ist doch längst geklärt."
Aber er sagt es doch in gegenteiliger Auffassung zu der Deinigen.
Nein - für die historisch-kritische Exegese ist die Naherwartungsfrage und Jesu Irrtum schon lange geklärt und abgehakt. Darüber wird in dieser Diziplin nicht mehr geredet. Für den frommen Theologen Berger scheint diese Sache nicht geklärt zu sein, sonst hätte er dieses Thema nicht in seiner HKM-Schelte ("Bibelfälscher") aufgegriffen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ergebnisoffen - ohne die Setzung, dass Gott nicht existiert.
DIESE Setzung hat die HKM nicht, aber doch andere.
Nein.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich denke, der Theologe Jung hat den Unterschied zwischen dem "kerygmatischen Christus" des Glaubens und dem "historischen Jesus von Nazareth" sehr gut erklärt.
Ja - aus Sicht Bultmanns. - Aber hat Bultmann recht?
Bultmann gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Wie sollte ich mir da ein Urteil erlauben?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die meisten Christen glauben, dass der "kerygmatische Christus" der "wirkliche" Christus ist, weil Ihnen die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese nicht bekannt sind (siehe Conzelmann).
Ach Du lieber Gott - das ist eine wenig anspruchsvolle Begründung und klingt mehr nach Verschwörungstheorie.
Der Christus des Christentums ist der "Christus des Glaubens" - der kerygmatische, verkündigte Christus. Der Sohn Gottes und Heiland der Welt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So ist es. Eine andere Möglichkeit hat die HKM NICHT.
Das wirft ihr auch keiner vor - aber ihr ist vorzuwerfen, wenn sie mit ihren verbleibenden Möglichkeiten/ihrer Hermeneutik den Eindruck erwecken würde, sie sei die einzige Vertreterin "redlichen" :angel: Schriftverständnisses.
Der historisch-kritischen Exegese kann man diesbezüglich nichts vorzuwerfen. Wie Dritte ihre Forschungsergebnisse rezipieren, darauf hat sie keinen Einfluss.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die HKM trifft diesbezüglich keine Entscheidung, sondern nimmt bei ihrer Tätigkeit einen agnostischen Standpunkt ein.
Wenn sie nicht anders KANN, als die Schrift so zu interpretieren, als gäbe es Gott nicht (siehe Münek vor drei Sätzen), hat sie selbstverständlich eine Entscheidung getroffen - was sonst?
Nein - sie hätte dann eine (unwissenschaftliche) Entscheidung getroffen, wenn sie zur Existenz Gottes pro oder contra explizit Stellung beziehen würde. Gerade das macht sie nicht, sondern lässt diese Frage ganz bewusst offen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ein Exeget muss nicht an Gott glauben, wenn er den Text eines gläubigen Verfassers interpretiert.
Soweit sind wir uns längst einig - aber in Bezug auf das Original Jesus reicht das nicht.
Das Original ist seit 2000 Jahren tot und deshalb nicht befragbar. :)

closs hat geschrieben:Da muss man selbst geistig involviert sein.
Nein - der persönliche Glaube des Exegeten ist bei der Textinterpretation irrelevant.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Doch - Exegeten können das. Das gehört zu ihrem Geschäft.
In Bezug auf den Verfasser, eher JA - in Bezug auf Jesus eher NEIN.
Ich bin davon überzeugt, dass Du Dich gründlich irrst.

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#1183 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mo 5. Feb 2018, 22:44

closs hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Das sagt aber auch kein Wissenschaftler oder Historiker und setzt daher auch nichts.
Das ist das Elend mit Euch Burschen: Ihr macht eine Setzung nach der anderen - incl. der Setzung, dass Ihr nichts setzt.
Deine wiederholten Behauptungen haben mit der Realität nichts zu tun. Du bist verstockt.

closs hat geschrieben:Ein perfekter Kreislauf der Selbst-Immunisierung.
"Selbst-Immunisierung" ist gut. :lol:

Dieser ideologiekritische Begriff ist von dem Soziologen und Philosophen des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, in die Wissenschaftstheorie eingebracht worden. Er versteht darunter - im Anschluss an Karl Popper - alle Versuche, Theorien,
religiöse und säkulare Anschauungen durch DOGMATISIERUNG gegen unvoreingenommene, kritische Überprüfung, gegen
rationale Einwände abzuschirmen (zu immunisieren), unwiderlegbar zu machen, indem man sie z.B. zu absoluten, un-
umstößlichen Wahrheiten erklärt. (Wiki)


Merkste was? :)

closs hat geschrieben:und aus dieser Wagenburg heraus greift Ihr diejenigen kann, die Euch diesbezüglich mindestens einen SChritt voraus sind.
Wer sich in einer Wagenburg verschanzt hat, greift in der Regel nicht an, sondern verteidigt sich.

closs hat geschrieben:Dies nehmt Ihr zum Anlass, nicht diese, sondern Euch selbst als "aufgeklärt" zu bezeichnen - ein Tollhaus.
Noch immer gilt: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen (Aufklärer Immanuel Kant).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Genauso und nicht anders ist es! Es wird nichts gesetzt!
Wahrscheinlich glaubst Du es wirklich.
Darauf kannst Du einen lassen.

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#1184 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mo 5. Feb 2018, 23:14

Detlef hat geschrieben:Nun, dann sag uns doch ganz einfach nur, wie man es denn richtig macht mit dem "nicht setzen"!
Geht so gut wie nie. - Wenn man radikal-skeptizistische Erwägungen (Descartes) beiseite läßt, geht es sicherlich bei nicht-interpretativen Sachfeststellungen: "Kaiser Augustus hat da und da regiert - Jesus ist in der Zeit dessen Regentschaft geboren - ergo ist er zwischen x und y geboren".

Sobald man jedoch interpretiert, MUSS man setzen - und das ist überhaupt kein Mangel, wenn man sagt, WAS man setzt. - Ratzinger wird bspw. sagen, dass er die Existenz Gottes als Entität setzt, an den er glaubt, den er aber nicht beweisen kann - daraus folgt, dass folgendes .... "so" zu interpretieren ist.

Die HKM spricht ja selber ständig von ihren Hermeneutiken alias Setzungen (Andreas hat dies dankenswerterweise mit Zitaten nachgewiesen) - die einzigen, die es NICHT wissen, sind diejenigen, die die HKM zu einem speziellen weltanschaulichen Gebrauch nutzen wollen. - Diese Weltanschauung besteht darin, dass in ihr die Setzung enthalten ist, dass man keine Setzung habe - was im nächsten Schritt dazu führt, sich als Einzigen als setzungslos zu bezeichnen, was einen als Einzigen zum seriösen Bibel-Exegeten mache. - Genauso doof wie raffiniert.

Münek hat geschrieben:Nein - für die historisch-kritische Exegese ist die Naherwartungsfrage und Jesu Irrtum schon lange geklärt
Sicherlich ist dies innerhalb der historisch-kritischen Hermeneutiker mehrheitlich richtig - das liegt an deren Hermeneutik.

Münek hat geschrieben:Bultmann gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Wie sollte ich mir da ein Urteil erlauben?
Einfach nachdenken. - Auch große Wissenschaftler sprechen aus ihrer Zeit heraus und somit aus ihrer Hermeneutik heraus - Hermeneutiken ändern sich.

Münek hat geschrieben:Der Christus des Christentums ist der "Christus des Glaubens" - der kerygmatische, verkündigte Christus. Der Sohn Gottes und Heiland der Welt.
Richtig - und jetzt ist die Frage, inwieweit dieser Christus dem "wirklichen Jesus vor 2000 Jahren" geistig entspricht (Achtung: Ich meine nicht den historisch(kritisch)en Jesus, sondern den wirklichen Jesus).

Münek hat geschrieben:Der historisch-kritischen Exegese kann man diesbezüglich nichts vorzuwerfen.
Richtig - aber einigen ihrer Verfechter und Multiplikatoren. - Die HKM SELBST ist gut - EINE Hermeneutik, die nicht umsonst als Basiswissenschaft von der Theologie sehr geschätzt ist.

Münek hat geschrieben:Nein - sie hätte dann eine (unwissenschaftliche) Entscheidung getroffen, wenn sie zur Existenz Gottes pro oder contra explizit Stellung beziehen würde.
Wenn sie aber INTERPRETIERT, als gäbe es Gott nicht, weil sie sich zu diesem Thema nicht äußern will, interpretiert sie nur für den Fall, dass es Gott nicht gibt - eigentlich eine Tautologie, aber wie soll man solche klaren Sachen anders unterstreichen? - Das heißt: Sie interpretiert nicht für den Fall, dass es Gott gibt (bzw. hier: Dass Jesus göttlich ist). - Somit kann sie das geschichtliche Geschehen bei geistigen Fragestellungen (siehe: Naherwartung) nicht für den Fall beurteilen, dass Jesus in der Geschichte tatsächlich göttlich war. - Das ist doch logisch, oder?

Münek hat geschrieben:Das Original ist seit 2000 Jahren tot und deshalb nicht befragbar.
Das ist doch kein methodischer Freibrief!!!

Münek hat geschrieben:Nein - der persönliche Glaube des Exegeten ist bei der Textinterpretation irrelevant.
Bei Textinterpretation diesseits von Apg. 8,30 ist das richtig - jenseits davon ist es falsch.

Münek hat geschrieben:Dieser ideologiekritische Begriff ist von dem Soziologen und Philosophen des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, in die Wissenschaftstheorie eingebracht worden. Er versteht darunter - im Anschluss an Karl Popper - alle Versuche, Theorien,
religiöse und säkulare Anschauungen durch DOGMATISIERUNG gegen unvoreingenommene, kritische Überprüfung, gegen
rationale Einwände abzuschirmen (zu immunisieren), unwiderlegbar zu machen, indem man sie z.B. zu absoluten, un-
umstößlichen Wahrheiten erklärt.
Das ist der klassische Reflex einer Person, eine Gefahr, die ihr droht, rechtzeitig auf den Gegner zu lenken. - Merke: Die meisten Steine kommen von denen, die im Glashaus sitzen.

Münek hat geschrieben:Wer sich in einer Wagenburg verschanzt hat, greift in der Regel nicht an, sondern verteidigt sich.
Man kann schon aggressive Kriegsführung von der Burg aus machen: "Dieser Platz (der Wissenschaft) gehört nur uns".

Münek hat geschrieben:Noch immer gilt: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen (Aufklärer Immanuel Kant).
Das habe ich gemeint - aber wie Du siehst: Dieser Satz nützt nichts, weil jeder meint, ihn zu seinen Gunsten verwenden zu können.

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#1185 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Di 6. Feb 2018, 01:37

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bultmann gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts. Wie sollte ich mir da ein Urteil erlauben?
Einfach nachdenken.
Einfach nachdenken reicht nicht. Hier ist Spezialwissen im Bereich biblischer Exegese gefragt, über das wir als Laien nicht verfügen.

closs hat geschrieben:Auch große Wissenschaftler sprechen aus ihrer Zeit heraus und somit aus ihrer Hermeneutik heraus - Hermeneutiken ändern sich.
Was die grundlegenden Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung betrifft - ganz bestimmt nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Christus des Christentums ist der "Christus des Glaubens" - der kerygmatische, verkündigte Christus. Der Sohn Gottes und Heiland der Welt.
Richtig - und jetzt ist die Frage, inwieweit dieser Christus dem "wirklichen Jesus vor 2000 Jahren" geistig entspricht.
Sieh Dir nochmal den Vortrag des Theologen Jung auf YouTube an. Dann kannst Du diese Frage FÜR DICH beantworten.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der historisch-kritischen Exegese kann man diesbezüglich nichts vorzuwerfen.
Richtig - aber einigen ihrer Verfechter und Multiplikatoren. - Die HKM SELBST ist gut.
Sorry - Dein Vorwurf war doch ganz eindeutig gegen die HKM und nicht gegen Dritte gerichtet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - sie hätte dann eine (unwissenschaftliche) Entscheidung getroffen, wenn sie zur Existenz Gottes pro oder contra explizit Stellung beziehen würde.
Wenn sie aber INTERPRETIERT, als gäbe es Gott nicht, weil sie sich zu diesem Thema nicht äußern will,
Das hat mit "wollen" nichts zu tun - man KANN die Existenz Gottes NICHT auf den wissenschaftlichen Prüfstand stellen. Wie sollte das gehen?

closs hat geschrieben:interpretiert sie nur für den Fall, dass es Gott nicht gibt.
Letztendlich richtig - wobei sie die Existenz Gottes ganz bewusst NICHT ausschließt.

closs hat geschrieben:Das heißt: Sie interpretiert nicht für den Fall, dass es Gott gibt (bzw. hier: Dass Jesus göttlich ist).
Richtig - Wissenschaft SETZT NICHT, dass es Gott mit Sohn gibt.

closs hat geschrieben:Somit kann sie das geschichtliche Geschehen bei geistigen Fragestellungen (siehe: Naherwartung) nicht für den Fall beurteilen, dass Jesus in der Geschichte tatsächlich göttlich war. - Das ist doch logisch, oder?
Das kann und das macht sie nicht. Die Naherwartungsfrage kann nur mit Mitteln der historisch-kritischen Methode angegangen werden. Fromme Glaubensüberzeugungen sind bei historischen Fragen fehl am Platz.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das Original ist seit 2000 Jahren tot und deshalb nicht befragbar.
Das ist doch kein methodischer Freibrief!!!
Freibrief? Die HKM benötigt als wissenschaftliche Diziplin keinen Freibrief!

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - der persönliche Glaube des Exegeten ist bei der Textinterpretation irrelevant.
Bei Textinterpretation diesseits von Apg. 8,30 ist das richtig - jenseits davon ist es falsch.
Du irrst Dich.

Auch gläubige Exegeten lassen ihren Glauben bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit außen vor. Das ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Wichtig ist allein, sich in die Gedanken und Gefühle des Textverfassers hineinzuversetzen, um verstehen zu können, was der gläubige Au-
tor zum Ausdruck bringen wollte.


Auf dieser rational-empathischen Basis erfolgt die Textinterpretation, die dem Leser das Schriftverständnis eröffnet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieser ideologiekritische Begriff ist von dem Soziologen und Philosophen des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, in die Wissenschaftstheorie eingebracht worden. Er versteht darunter - im Anschluss an Karl Popper - alle Versuche, Theorien,
religiöse und säkulare Anschauungen durch DOGMATISIERUNG gegen unvoreingenommene, kritische Überprüfung, gegen
rationale Einwände abzuschirmen (zu immunisieren), unwiderlegbar zu machen, indem man sie z.B. zu absoluten, un-
umstößlichen Wahrheiten erklärt.
Das ist der klassische Reflex einer Person, eine Gefahr, die ihr droht, rechtzeitig auf den Gegner zu lenken.
"Selbstimmunisierung" ist ein IDEOLOGIEKRITISCHER Begriff, den der Philosoph Albert in die Wissenschaftstheorie eingebracht hat. Ich denke, Ideologiekritik und das Erkennen von Immunisierungsstrategien sollten erlaubt sein. Ich sehe hier ein notwendiges scharfes Instrument aufklärungsphilosophischer Kritik von Weltanschauungen, Heilslehren und Ideologien jeglicher Provenienz.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Noch immer gilt: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen (Aufklärer Immanuel Kant).
Das habe ich gemeint.
Dann hast Du den Aufklärer Kant offensichtlich nicht verstanden.

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#1186 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Di 6. Feb 2018, 10:47

Münek hat geschrieben:Dein Vorwurf war doch ganz eindeutig gegen die HKM und nicht gegen Dritte gerichtet.
Man kann nicht jedesmal einen differenzierenden Vortrag halten, sondern sagt einfach "HKM". - Will man sich das Thema "HKM" oder "HKM-Verfechter" vornehmen, wird man natürlich differenzieren.

Denn dann wird man die HKM als Methodik und der dort inhärenten Perspektive sprechen - und da wäre das Ergebnis aus meiner Sicht: "Sehr gut - man kann damit aber nicht spirituelle Fragestellungen im Sinne von Apg. 8, 30 abdecken, weil dazu die Setzung gehört: "Was bedeutet das, wenn Jesus göttlich war". - Insofern ist die HKM eine wichtige und gute Methodik, um vieles, aber eben nicht alles zum Verstehen der Texte beitragen kann.

Das wissen aber "redliche" HKM-ler. - Das Problem liegt bei den HKM-lern, die mit der HKM ein naturalistisches Weltbild durchdrücken wollen. - Das wollte Bultmann wahrscheinlich nicht, aber er hat alle Steilvorlagen gegeben, damit man es tun kann - nur so konnte er zum SChutzpatron dieser HKM-Fraktion werden.

Münek hat geschrieben: man KANN die Existenz Gottes NICHT auf den wissenschaftlichen Prüfstand stellen. Wie sollte das gehen?
Gar nicht - das macht auch Ratzinger nicht. - Es geht daruum, die Texte auch so zu verstehen, als wäre Jesus in der Geschichte nicht nur Mensch, sondern auch göttlich. - Die HKM ist ausgerichtet auf das Szenario "Was wäre, wenn Jesus nur menschlich wäre" - Ratzinger ist ausgerichtet auf "Was wäre, wenn Jesus auch göttlich wäre".

Münek hat geschrieben: Die Naherwartungsfrage kann nur mit Mitteln der historisch-kritischen Methode angegangen werden.
Nein - wenn man sich ergebnisoffen dafür interessiert, wer Jesus in der Geschichte wirklich war, muss BEIDE Optionen untersuchen. - Du kannst doch dem armen Jesus nicht unterstellen, er habe deshalb eine Naherwartung in Deinem Sinn gehabt, weil dies nur per HKM untersucht werden könne: "Also Jesus: Wir haben uns das jetzt überlegt - Du kannst machen, was Du willst: Aber Du hattest eine Naherwartung in unserem Sinn, weil wir für die Beantwortung dieser Frage ausschließlich aus historisch-kritischer Sicht entscheiden. - Falls es in Wirklichkeit anders war, ist es nicht unser, sondern Dein Problem". - Genau so läuft es in der Praxis ab.

Münek hat geschrieben:Freibrief? Die HKM benötigt als wissenschaftliche Diziplin keinen Freibrief!
Solange sie ihre Perspektive und das, was aus dieser Perspektive leistbar und NICHT leistbar ist, erkennt, gibt es eh keine Probleme.

Münek hat geschrieben:"Selbstimmunisierung" ist ein IDEOLOGIEKRITISCHER Begriff, den der Philosoph Albert in die Wissenschaftstheorie eingebracht hat. Ich denke, Ideologiekritik und das Erkennen von Immunisierungsstrategien sollten erlaubt sein.
Natürlich ist es das. - Aber Albert schweint zu verkennen, dass auch SEINE Hermeneutik Gegenstand von Ideologiekritik sein kann und wohl auch ist, dass seine Fraktion noch viel stärker als die RKK auf die Unfehlbarkeit dessen pocht, was sie "Objektivität" nennt.





Münek hat geschrieben:Auch gläubige Exegeten lassen ihren Glauben bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit außen vor.
Deswegen sagt Theißen, dass im Ernstfall der "methodische Weg" wichtiger ist als das Ergebnis. - Und deswegen sagt Lindemann, dass er privat etwas anderes glaubt, als was er im Falle "Naherwartung" an methodischen Ergebnissen erzielt.

Insofern hast Du recht - aber das bedeutet eben AUCH, dass HKM nur EINE Perspektive zur Wirklichkeit Jesu ist - und mehr Erkenntnis wollen wir doch gar nicht.

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#1187 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Di 6. Feb 2018, 11:04

closs hat geschrieben:Denn dann wird man die HKM als Methodik und der dort inhärenten Perspektive sprechen - und da wäre das Ergebnis aus meiner Sicht: "Sehr gut - man kann damit aber nicht spirituelle Fragestellungen im Sinne von Apg. 8, 30 abdecken, weil dazu die Setzung gehört: "Was bedeutet das, wenn Jesus göttlich war". - Insofern ist die HKM eine wichtige und gute Methodik, um vieles, aber eben nicht alles zum Verstehen der Texte beitragen kann.
Einspruch. Das ist ungenau.
Die HKM ist KEINE Methode, sondern eine Disziplin die den kritischen Rationlismus auf den Text der Bibel anwendet.

closs hat geschrieben:Es geht daruum, die Texte auch so zu verstehen, als wäre Jesus in der Geschichte nicht nur Mensch, sondern auch göttlich.
Wie rechtfertigt man das?

closs hat geschrieben:Die HKM ist ausgerichtet auf das Szenario "Was wäre, wenn Jesus nur menschlich wäre"
NEIN.
Die HKM macht diesbezüglich überhaupt keine apriori Anahmen.

closs hat geschrieben:Du kannst doch dem armen Jesus nicht unterstellen, er habe deshalb eine Naherwartung in Deinem Sinn gehabt, weil dies nur per HKM untersucht werden könne: "Also Jesus: Wir haben uns das jetzt überlegt - Du kannst machen, was Du willst: Aber Du hattest eine Naherwartung in unserem Sinn, weil wir für die Beantwortung dieser Frage ausschließlich aus historisch-kritischer Sicht entscheiden. - Falls es in Wirklichkeit anders war, ist es nicht unser, sondern Dein Problem".
Warum willst den Boten für die Botschaft bestrafen?
Nicht die HKM interpretiert so. Das tun die Evangelien.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1188 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Di 6. Feb 2018, 12:35

Pluto hat geschrieben:Die HKM ist KEINE Methode, sondern eine Disziplin die den kritischen Rationlismus auf den Text der Bibel anwendet.
Naja - das "M" bedeutet "Methode", die - insofern gebe ich Dir recht - innerhalb der historisch-kritischen Exegese Anwendung findet.

Ob die HKM historisch-kritisch ist, sieht man unterschiedlich: Ich sehe es genauso wie Du - Thaddäus hat dem wütend widersprochen. - All das ändert nichts daran, dass der KR bereits eine Hermeneutik ist: "Wir nehmen eine Perspektive ein, wonach wir nur das untersuchen, was falsifizierbar ist". - Keine Kritik - das kann man so machen. - Aber es ist eine Hermeneutik - EINE Hermeneutik.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Es geht daruum, die Texte auch so zu verstehen, als wäre Jesus in der Geschichte nicht nur Mensch, sondern auch göttlich.

Wie rechtfertigt man das?
Weil Jesus in der Geschichte wirklich/real gewesen sein könnte. - Wer wollte das objektiv ausschließen?

Pluto hat geschrieben:NEIN.
Die HKM macht diesbezüglich überhaupt keine apriori Anahmen.
Natürlich tut sie das: " "Wir nehmen eine Perspektive ein, wonach wir nur das untersuchen, was falsifizierbar ist" IST eine Apriori-Annahme, wenn man alles andere als nicht geschichtlich real ausschließt.

Pluto hat geschrieben:Nicht die HKM interpretiert so. Das tun die Evangelien.
Das ist falsch - es ist die Hermeneutik, die interpretiert. - Texte interpretieren sich nie selbst.

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#1189 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Di 6. Feb 2018, 15:11

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Selbstimmunisierung" ist ein IDEOLOGIEKRITISCHER Begriff, den der Philosoph Albert in die Wissenschaftstheorie eingebracht hat. Ich denke, Ideologiekritik und das Erkennen von Immunisierungsstrategien sollten erlaubt sein.
Natürlich ist es das. - Aber Albert schweint zu verkennen, dass auch SEINE Hermeneutik Gegenstand von Ideologiekritik sein kann und wohl auch ist, dass seine Fraktion noch viel stärker als die RKK auf die Unfehlbarkeit dessen pocht, was sie "Objektivität" nennt.
Wenn es um die Aufdeckung von Immunisierungsstrategien geht (Ideologiekritik), scheint mir OBJEKTIVITÄT nicht das schlechteste Mittel zu sein. Wer sich hier angegriffen fühlt, setzt sich dem Verdacht aus, zu glauben, seine Ideologie sei prinzipiell NICHT kritisierbar.

Uns - d.h. mir, Sven, Pluto, Jack, Stromberg u.a. "Selbstimmunisierung" vorzuwerfen, ist mehr als grotesk.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auch gläubige Exegeten lassen ihren Glauben bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit außen vor.
Deswegen sagt Theißen, dass im Ernstfall der "methodische Weg" wichtiger ist als das Ergebnis.
Damit bringt er klar zum Ausdruck, dass er der Ergebnisoffenheit alles andere unterordnet. Diese Prioritätensetzung schließt selbstverständlich ergebniseinschränkende Setzungen und Apriori-Annahmen aus.

closs hat geschrieben:Und deswegen sagt Lindemann, dass er privat etwas anderes glaubt, als was er im Falle "Naherwartung" an methodischen Ergebnissen erzielt.
Lindemann begegnet den Ergebnissen der historisch-kritischen Exegese zum historischen Jesus nicht mit dem Hauch eines Zweifels.
Im Gegenteil - er steht voll hinter diesen Resultaten. Er scheint in der Auferweckung Jesu, die NICHT Gegenstand der exegetischer Forschung ist, ein Handeln Gottes an einem gewöhnlichen, d.h. irrtumsfähigen Menschen zu sehen, der sich in außerordentlicher
Weise mit Gott ("seinem Abba") verbunden wusste..


Der gottesgläubige Lindemann vertritt beispielsweise die Auffassung, dass sich Jesus NICHT für den präexistenten "Sohn Gottes" gehalten
hat und von (s)einem Sühnetod NICHTS wusste. An den kerygmatischen Christus der Kirche glaubt er nicht.

closs hat geschrieben:Insofern hast Du recht - aber das bedeutet eben AUCH, dass HKM nur EINE Perspektive zur Wirklichkeit Jesu ist.
Nein - es gibt keine alternative WISSENSCHAFTLICHE Perspektive; denn alles andere basiert ausschließlich auf dem Glauben an Gott und seinem Handeln in der Geschichte. Ein solcher Glaube hat nichts mit Wissenschaft zu tun.

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#1190 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Di 6. Feb 2018, 15:33

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nicht die HKM interpretiert so. Das tun die Evangelien.
Das ist falsch - es ist die Hermeneutik, die interpretiert. - Texte interpretieren sich nie selbst.
Aber die Verfasser der neutestamentlichen Schriften schon - und zwar aus ihrer Glaubenssicht..

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