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von Abischai » Sa 6. Jul 2013, 11:56
Meine Eltern mütterlicherseits haben in der berühmten Stadt Königsberg gelebt, Großvater stammt aus Tilsit. Väterlicherseits waren meine Ahnen Bauern in Pommern, Netzekreis, nächst größere Stadt war Schönlanke, wer sich da ein wenig auskennt. Dann kam, das ist nichts neues, der Krieg, und nach dem Krieg die Russen, Vaters Vater und Onkel kamen nie wieder. Das war dann in Pommern wirklich kein leichtes Leben, aber sie haben es irgendwie mit hängen und würgen überlebt. Ende '46 dann der Befehl zu verschwinden, Haus und Hof zu verlassen, alles, wofür Generationen wirklich unglaublich hart und fleißig gearbeitet haben. Als Flüchtlinge der 2. Welle von denen zuvor ausgegrenzt und wie "Ausländer" mißhandelt, gerieten sie in auffanglagerartige Unterkünfte, bis sich dann langsam das Volk auf umliegende Orte und Wohnungen verteilen konnt. Die Armut war so, wie wir das heute von Bildern aus Rumänien her kennen, aber man war wenigstens am Leben.
Januar '45 unterdessen wurde Königsberg evakuiert, zumindest floh Großmutter mit ihrer Mutter und 2 Kindern, eins davon meine Mutter über Gotenhaven (weiß gar nicht wie das geschrieben wird) über die See ins Reich, nach Westen. Aber man nahm auch bei der Mutter mit 2 kleinen Kindern und Oma wenig Rücksicht, das Schiff war voll, nichts zu machen. Und es war das letzte Schiff, was jemals noch auslaufen sollte. Heute sind wir froh, daß sie es nicht nehmen konnten, denn jeder weiß, was kurze Zeit danach mit jenem Schiff passiert ist (es war die Wilhelm-Gustloff). Auf beschwerlichem Landweg kam man dann auch irgendwann im amerikanisch besetzten Leipzig an, wo aber der Jüngste der Familie, Mutters 2-jähriger Bruder endlich am Ziel, im KH verstarb, habe meine Onkel also nie kennengelernt.
Dann wurde Deutschland neu aufgeteilt und die Amerikaner zogen ab, überließen die Gegend der Sowjetischen Militäradminsitration. Das ist der Grund, warum ich heute "Ossi" bin. In der Region haben sich meine Eltern kennengelernt und in kleinsten Schritten aufbauend den Krieg und den Hunger hinter sich gelassen (das ist noch ein ganz eigenes Thema). Im Wesen unserer Eltern ist die Zeit so tief verwurzelt, darum führe ich das auch so weit aus, daß ihr Verhalten heute noch
von den Ereignissen: Flucht, Vertreibung, Hunger und Armut geprägt ist.
Möge niemals jemand von uns vergessen, was unsere Eltern geleistet haben, und wie sie für uns ihr Fell hingehalten haben.
Da kommen wir her, und so sind wir, wie das, wo wir herkommen, wen wundert's ...
"Du sollst Vater und Mutter ehren..."
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [
Ps 121;2]