Homöopathie IV

Ethik und Moral
Medizin & Krankheit
Anton B.
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#871 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Di 14. Nov 2017, 22:59

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Der homöopathische Arzt dagegen? Was macht der? Er hat ja hoffentlich einen Handlungsfaden, ein Modell, gemäß dem er behandelt. Aber welches Modell?
Er macht im Wesentlichen dasselbe wie ein Schulmediziner - HP-Ärzte haben Schulmedizin gelernt und HP i.d.R. zusätzlich aufgenommen. - So wird ein HP-Arzt bei Zweifel in der Diagnose genauso Apparate-Medizin in Anspruch nehmen wie ein Schulmediziner. - Der Unterschied liegt einerseits in zusätzlichen Anamnese-Techniken und vor allem in der Therapie.
Klar. Darauf hebe ich ja auch immer wieder ab: Er sollte ein HP-Therapiemodell haben. Genau nach dem von Dir geschilderten "Haut grün bis lila, Kopf auf Erbsengröße eingeschrumpelt, Typ 'Anton': Das macht dann 4 Tage Prunus-cerasus-Kernextrakt D100. Und, lieber Anton, heute und morgen nicht den Kopf waschen, sonst ist er womöglich ganz weg.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Und was die eigene Wahrnehmung betrifft, da sehe ich in der Tat seinen "normalen" Kollegen um nichts besser gestellt. Aber der kann immerhin, um vom Subjektiven zum Intersubjektiven zu kommen, auf die wissenschaftlichen Beobachtungen und deren wissenschaftlicher Auswertung zurück greifen.
Das dient aber meistens mehr der Absicherung - heute ist es oft so (um es etwas scharf zu sagen), dass ein Schulmedizinier zur Vermeidung juristischer Schwierigkeiten nach dem gerade als "Mittel der Wahl" bezeichneten Medikament greift, ohne sich selber groß zu fragen, ob er das gut findet.
Also ich als Patient sehe das anders. Diesen Kameraden sollte man meiden. Und die Berufslizenz aberkennen.

closs hat geschrieben:Frage: Was nützt es in einem solchen Kontext, triumphierend auf erwiesene Wirkung des schulmedizinischen Mittels zu deuten, wenn bei weiterem Nachdenken klar wird, das es kontraproduktiv ist?

Und dann stelle ich mir vor (weiß es aber nicht), dass so auch wissenschaftliche Tests ablaufen (ich vereinfache):
* Nach 2 Tagen Wirkung des schulmedizinischen Mittels nachgewiesen - Pluspunkt
* Bei HP: Minuspunkt
* Nach 7 Tagen ist es auch bei HP weg: Kein Punkt, da dies auch von alleine so sein kann (außerdem KANN ja nichts sein, weil kein Wirkstpoff drin ist :devil: :lol: )
Am Ende steht fest: Schulmedizinisches Mittel wirkt, HP nicht - haben wir es doch gewusst. - Oder etwas weniger spitz zu fragen: Was machen solche Tests mit HP-Mitteln Sinn, wenn die Heilungs-Philosophie von HP nicht verstanden bzw. nicht berücksichtigt wird?
Hast Du diese Blödheitsvermutung denn selber schonmal ernsthaft hinterfragt.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#872 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Di 14. Nov 2017, 23:36

Anton B. hat geschrieben:Darauf hebe ich ja auch immer wieder ab: Er sollte ein HP-Therapiemodell haben.
Das haben die doch auch - sie vergeben doch ihre Mittel nicht nach dem Alphabet.

Anton B. hat geschrieben:Also ich als Patient sehe das anders. Diesen Kameraden sollte man meiden. Und die Berufslizenz aberkennen.
Da könntest Du naiv sein. - Es geht mir überhaupt nicht darum, Ärzten ihren Ethos abzusprechen - aber es gibt so etwas wie juristische Unsicherheiten, die man lieber vermeidet: "Was soll ich machen, wenn ich jetzt DIESES Medikament gebe, obwohl JENES gerade als 'Mittel der Wahl' angepriesen wird, was ich aus folgenden ... Gründen anders sehe?" - da wird oft, gerade von jüngeren Ärzten, der Schwanz eingezogen - einfach aus Gedanken wie "Deshalb lasse ich mir meinen Ruf nicht beschädigen". - Denk mal an all die "Helikopter-Eltern" und "Google-Patienten", die für den Fall, dass sie ein dort als nicht als Number 1 bezeichnetes Medikament bekommen UND die Genesung nicht befriedigend erfolgt, sofort mit ihrer Rechtschutzverischerung wedeln. - Wir leben in einer sehr "korrekt"-aggressiven Zeit!!

Anton B. hat geschrieben:Hast Du diese Blödheitsvermutung denn selber schonmal ernsthaft hinterfragt.
Ich würde es nicht "Blödheit" nennen, sondern "Bekenntnis zu eigenen Regeln". - Zurückgefragt: Glaubst Du, dass Studien-Vergleiche von HP-Mitteln und schulmedizinischen Mitteln auf so unterschiedliche Heilungs-Zeitabläufe und so unterschiedliche Philosophien (wie ansatzweise am Pseudokrupp-Fall erläutert) Rücksicht nehmen? - Oder heißt es nicht vielleicht doch: "Wenn Ihr anerkannt werden wollt, müsst Ihr Euch nach UNSEREN Regeln richten" ---???---

Du spürst mein Misstrauen.

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#873 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Mi 15. Nov 2017, 09:12

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Darauf hebe ich ja auch immer wieder ab: Er sollte ein HP-Therapiemodell haben.
Das haben die doch auch - sie vergeben doch ihre Mittel nicht nach dem Alphabet.
Das ist keine Entschuldigung. Dann sollte eine solche Theorie allerhöchste Priorität haben.
Aber es spielt keine Rolle, denn wir haben eine Behauptung (=Modell), welches widerlegt wurde.

closs hat geschrieben:"Was soll ich machen, wenn ich jetzt DIESES Medikament gebe, obwohl JENES gerade als 'Mittel der Wahl' angepriesen wird
Das wird es zwar, aber NICHT von einem Arzt meines Vertrauens.

closs hat geschrieben:Ich würde es nicht "Blödheit" nennen, sondern "Bekenntnis zu eigenen Regeln". - Zurückgefragt: Glaubst Du, dass Studien-Vergleiche von HP-Mitteln und schulmedizinischen Mitteln auf so unterschiedliche Heilungs-Zeitabläufe und so unterschiedliche Philosophien (wie ansatzweise am Pseudokrupp-Fall erläutert) Rücksicht nehmen? - Oder heißt es nicht vielleicht doch: "Wenn Ihr anerkannt werden wollt, müsst Ihr Euch nach UNSEREN Regeln richten" ---???---
Pseudokrupp ist eine ganz typische Krankheit, wo HP-ler eine Heilung behaupten können, obwohl vielleicht gar keine Krankheit vorhanden war. Bstenfalls also eine Scheinheilung; schlimmstenfalls ein Betrug an der Leichtgläubigkeit des Patienten.

closs hat geschrieben:Du spürst mein Misstrauen.
Und wie!
Aber hast du dich noch nie gefragt, ob dieses Misstrauen auch gerechtfertigt ist, oder gar der "Blödheitsvermutung" unterliegen könnte?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#874 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Janina » Mi 15. Nov 2017, 10:00

closs hat geschrieben:Denk mal an all die "Helikopter-Eltern" und "Google-Patienten", die für den Fall, dass sie ein dort als nicht als Number 1 bezeichnetes Medikament bekommen UND die Genesung nicht befriedigend erfolgt, sofort mit ihrer Rechtschutzverischerung wedeln. - Wir leben in einer sehr "korrekt"-aggressiven Zeit!!
Ich sehe, du hast den Grund gefunden, warum ein Arzt abwartendes Nichtstun mit einer Behandlungsbezeichnung benennen MUSS, die der Patient nicht versteht.

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#875 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Mi 15. Nov 2017, 12:35

Pluto hat geschrieben:Das ist keine Entschuldigung.
Die denken gar nicht daran, sich entschuldigen zu müssen. - Sie haben ihr Vademecum, wann was zu geben ist und halten sich daran - die Hauptsache ist die Diagnose.

Pluto hat geschrieben:Dann sollte eine solche Theorie allerhöchste Priorität haben.
Das sollen die Forscher machen - ein Arzt interessiert sich nur sehr beschränkt dafür, WARUM das hilft, was er erfahrungsgemäß als hilfreich erlebt.

Pluto hat geschrieben:Das wird es zwar, aber NICHT von einem Arzt meines Vertrauens.
Das kriegst Du doch gar nicht mit!!!

Pluto hat geschrieben:Pseudokrupp ist eine ganz typische Krankheit, wo HP-ler eine Heilung behaupten können, obwohl vielleicht gar keine Krankheit vorhanden war.
Das spricht für Janinas These, dass Pharmazeutika hier nur verschlimmbessern.

Pluto hat geschrieben:Aber hast du dich noch nie gefragt, ob dieses Misstrauen auch gerechtfertigt ist, oder gar der "Blödheitsvermutung" unterliegen könnte?
Nichts darf man ausschließen - aber die Lebenserfahrung spricht halt dagegen. - Nichtsdestotrotz: Ich lasse mich gerne von Überzeugendem überzeugen - aber da darf nicht Hänschen kommen, da muss Hans kommen.

Janina hat geschrieben:Ich sehe, du hast den Grund gefunden, warum ein Arzt abwartendes Nichtstun mit einer Behandlungsbezeichnung benennen MUSS, die der Patient nicht versteht.
Klar - das wird Dir (fast) jeder Arzt beim Bier bestätigen - es gibt immer wieder solche Fälle. - Davon abgesehen: Allein das Gefühl, dass der Arzt etwas im Griff hat, beruhigt und "heilt" den Patienten manchmal.

Da nehme ich mich nicht aus: Meine Standardfrage beim Arzt lautet regelmäßig "No Problem" oder "Alarm"? - Ist die Antwort "No Problem", vergesse ich den Grund meiner Frage schnell wieder - scheint ja nicht wichtig zu sein.

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#876 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Do 16. Nov 2017, 18:37

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist keine Entschuldigung.
Die denken gar nicht daran, sich entschuldigen zu müssen.
Das ist die Art Arroganz die ich erwartet hatte.

closs hat geschrieben:Das sollen die Forscher machen - ein Arzt interessiert sich nur sehr beschränkt dafür, WARUM das hilft, was er erfahrungsgemäß als hilfreich erlebt.
Wo sind diese Forscher?

closs hat geschrieben:Das spricht für Janinas These, dass Pharmazeutika hier nur verschlimmbessern.
Falsch eingenommen, möglich. Aber was hat das mit Pseudokrupp zu tun?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber hast du dich noch nie gefragt, ob dieses Misstrauen auch gerechtfertigt ist, oder gar der "Blödheitsvermutung" unterliegen könnte?
Nichts darf man ausschließen - aber die Lebenserfahrung spricht halt dagegen. - Nichtsdestotrotz: Ich lasse mich gerne von Überzeugendem überzeugen - aber da darf nicht Hänschen kommen, da muss Hans kommen.
Die Sache muss überzeugen.
Hast du dich nun über die zweirlei Maß, die du hier anwendest, Gedanken gemacht, Hänschen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#877 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 19:46

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Pluto hat geschrieben:
Das ist keine Entschuldigung.

Die denken gar nicht daran, sich entschuldigen zu müssen.

Das ist die Art Arroganz die ich erwartet hatte.
Man sieht einfach nicht das Gefälle, einer Wissenschaft, die möglicherweise nicht auf die (vermutete) Systematik von HP eingeht, etwas schuldig zu sein.

Pluto hat geschrieben:Wo sind diese Forscher?
Da gibt es sicherlich welche - aber es fehlt halt noch ein knackiges Modell, das man falsifizieren könnte.

Pluto hat geschrieben:Falsch eingenommen, möglich. Aber was hat das mit Pseudokrupp zu tun?
Naja - wenn die Ergebnisse bei HP besser wären als per Pharmazeutika, wäre dies ein schönes Beispiel für Janinas These.

Pluto hat geschrieben:Die Sache muss überzeugen. Hast du dich nun über die zweirlei Maß, die du hier anwendest, Gedanken gemacht, Hänschen?
Naja - letztlich sind wir auf dem Forum alle Hänschen - sich unkritisch in die Arme der Wissenschaft und des Mainstreams zu werfen, macht einen da auch nicht größer. - Ja, die Sache: Nein, da überzeugt einiges noch nicht.

Im Grunde gefällt mir Antons Abschluss dazu am besten: Wir können wissenschaftlich nicht sehr viel zur HP sagen, weil kein konkretes, falsifizierbares Modell vorliegt. - Und die nicht selten zu beobachtendes Gleichsetzung von "Modell" und "Realität" führt zu Misstrauen.

Anton B.
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#878 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 16. Nov 2017, 21:11

closs hat geschrieben:Im Grunde gefällt mir Antons Abschluss dazu am besten: Wir können wissenschaftlich nicht sehr viel zur HP sagen, weil kein konkretes, falsifizierbares Modell vorliegt.
Da werden einige Foristen vielleicht d'ran zu knabbern haben, obwohl das m.E. korrekt gesagt ist.

Für Dich jedoch besteht die Herausforderung darin, die "intersubjektive" Wertlosigkeit einer Hülsenaussage wie "HP rein, Heilung raus" zu schlucken. Vielleicht schlimmer noch, es ist die die Falsifizierung von "HP rein, Heilung raus" zu schlucken, sofern diese Aussage im engen Sinne ihrer Formulierung interpretiert wird.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#879 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 16. Nov 2017, 21:18

Anton B. hat geschrieben:Für Dich jedoch besteht die Herausforderung darin, die "intersubjektive" Wertlosigkeit einer Hülsenaussage wie "HP rein, Heilung raus" zu schlucken. Vielleicht schlimmer noch, es ist die die Falsifizierung von "HP rein, Heilung raus" zu schlucken, sofern diese Aussage im engen Sinne ihrer Formulierung interpretiert wird.
Das ist alles kein Problem - mein einziges Problem besteht nach wie vor darin, wie man langjährige ERfahrungen von Praxis-Ärzten, denen wir hier mal NICHT pathologische Wahrnehmungs-Störungen unterstellen wollen, mit wissenschaftlichen Aussagen vereinbaren kann.

Im Grunde hast Du ja eine Antwort gegeben (MOdellantworten versus "Realität") - aber warum gibt es diesen Gegensatz? - Kann es "Realität" geben, zu der es kein Modell gibt? - Völlig HP-unabhängig interessiert mich diese Frage, weil eine Antwort philosophisch von Belang ist. - Oder mal konkret gefragt: Gibt es ein Modell zu Gott?

Anton B.
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#880 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 16. Nov 2017, 21:35

closs hat geschrieben:Im Grunde hast Du ja eine Antwort gegeben (MOdellantworten versus "Realität") - aber warum gibt es diesen Gegensatz?
Den gibt es nur, wenn Deine sogenannte "Modellantwort" als "Systemwissen" der "Realität" gegenüber gestellt wird.

Wenn "Realität" aber als Vergleichsmaßstab ausscheidet, weil sie nur als kategorielle Vorstellung existiert, aber ein "Messen" daran nicht wirklich dargestellt werden kann, dann ändert sich alles: Dann muss sich Herr Oberschlau nur noch bewusst sein, dass sein "Wissen" aus einem Projekt resultiert, welches (1) durch "vernünftige Begründungen" definiert ist und sich (2) durch seine Nützlichkeit und Fruchtbarkeit zur Erlangung von weiterem nützlichem und fruchtbarem Wissens rechtfertigt.

Mehr ist es doch nicht. Dass auch dies je nach Position zu "mehr" gemacht werden kann, liegt doch am Wesen von "Positionen".
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