closs hat geschrieben:
Interessant wäre, was aus Eurer Sicht eigentlich der Unterschied zwischen katholisch und evangelisch ist und was dies bedeutet.
Grundsätzlich sei zu sagen, dass der Protest Luthers zu seiner Zeit durchaus berechtigt war. Mit dem Konzil von Trient sind jene Fehlentwicklungen, die er ansprach, behoben worden. Der Protest und die Reformation hätte dann ein erfolgreiches Ende nehmen müssen.
Aber der Protestantismus wurde damals bereits von den Fürsten für ihre Zwecke missbraucht und der Drang, sich von der RKK abgrenzen zu müssen, baute entgegen Gottes Wort künstliche hohe Hürden besonders im Calvinismus oder bei Zwingli auf. Die folgende zehntausenderleie Spaltung der Reformation bezeugt geradezu die Folgen der Abwendung von der Quelle.
Als jemand, der nach seiner Wiederbekehrung zuerst eine Freikirche besuchte, zeigt sich mir fast kein Unterschied zwischen evangelisch und katholisch, was die Suche nach Jesus und der Wunsch nach einem innigen liebevollen Bezug zu ihm betrifft. Allerdings sind die Zentrifugalkräfte in diesen Gemeinden aufgrund des fehlenden Lehramts enorm.
In der Kirche finde ich eine aggressive Frontstellung gegen "evangelisch" kaum, man kann es eher ein "seufzen" nennen. Das Lutherjahr wurde mehr als Trauerjahr aufgrund der Abspaltung vom Leib Christi empfunden.
Was mir schnell auffiel: In der Kirche herrscht Einheit in der Vielfalt und eine große Freiheit der Gedanken. Dass dies zutreffen muss, zeigt sich schon allein darin, dass selbst Kritiker einerseits den angeblichen Kadavergehorsam erkennen wollen, andererseits von keiner einheitlichen Linie und Zerstrittenheit in der Kirche sprechen, je nach belieben. Solcherart haltlose Kritiksucht hat schon der Herr bei seinen Gegnern erkannt und für die Kirche prophezeit.
Als katholischer Christ leidet man nicht nur mit der Kirche, sondern auch an und in ihr. Jedoch das Bewusstsein, Glied im Leib des Herrn zu sein, tröstet enorm, schenkt Kräfte, Demut und Sanftmut und stärkt zur Einheit. Hier zeigt sich der universale, apostolische Charakter der Kirche unmittelbar an der Quelle besonders. Dass Katholiken trotz der ganzen Fülle der Gnaden, die der Herr den Menschen in seiner Kirche schenken wollte, hier in Europa oft zu wenig lebendig sind, sei unbenommen. Aber die Kirche ist Weltkirche, und wenn das eine Glied im Leib des Herrn etwas versäumt, steht ein anderes Glied für es ein, als Bruder und Schwester.
Ein Glaube ohne Sakramente kann ich mir deshalb nicht mehr vorstellen. Wenn sie doch nur auch bei den evangelischen Geschwistern wirksam sein dürften, mit deren ausgeprägten Charismen, wie lebendiger könnte dann die Kirche besonders hier inmitten des vorherrschenden atheistischen Glaubens in Europa sein.
Servus
