Homöopathie IV

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Christian41285
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#531 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Christian41285 » Do 26. Okt 2017, 20:20

closs hat geschrieben:
Christian41285 hat geschrieben:wenn der Placebo-Effekt bei HP als Wirkmechanismus erkannt wurde,worüber streitet ihr euch dann?!
Es geht hier um zweierlei:
1) Ist die Wissenschaft in der Lage, jeden Mechanismus zu erkennen?
2) Darf man "Placebo-Effekt" so weit definieren, dass damit alle Phänomene abgedeckt sind, die es aus Sicht Betroffener gibt?

Wissenschaft kann heute ,,nicht,, jeden Mechanismus erkennen.

Als Beispiel nenne ich alle offenen wissenschaftlichen Fragen,wo der Wissenschaft etwas

entgeht.

LG Christian

Anton B.
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#532 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 26. Okt 2017, 20:35

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Da landen wir wieder bei den "Positions-Naturalisten" und nicht bei den Naturwissenschaftlern. Da waren wir aber schon mehrmals.
Richtig - aber die "Positions-Naturalisten" haben eine größere Macht über die gesellschaftliche Wirklichkeit als die Antons.
Aber es ist doch schon etwas, die Unterschiede heraus zu arbeiten.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Hinter Beobachtungen stehen Beaobachtungstheorien und durch diese Beobachtungstheorien "gerechtfertigte" Beobachtungen werden mit Beobachtungsvorhersagen einer wiederum anderen Theorie verglichen und führen zu deren Bewährung oder Falsifizierung.

Das ist der Unterschied zum closs'schen "Ich nehme dies und das wahr und darum 'ist' ein Phänomen!"
Was ist, wenn eine Theorie sich nur selbst bestätigt und das Phänomen daneben steht und sich ratlos den Kopf kratzt?
Woher willst Du wissen, ob sich die "Wirklichkeit" oder das "Phänomen" hinter dem Kopf kratzt? Kannst Du darauf eine Antwort geben oder behagt Dir die Vorstellung einfach nicht?

closs hat geschrieben:Naja - wir dürfen nicht vergessen: Diese Wirklichkeit gibt es und ist letztlich all-entscheidend - auch dann wenn wir sie methodisch nicht in allen Facetten fassen.
So stellst Du es hin, weil Du ihr diese Bedeutung beimisst und das Wissen der Wissenschaften so bewertest. Dieser Bezug auf die Wirklichkeit ist Deine Position, Deine Weltanschauung.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Das hieße aber doch, Du schichtest als Geisteswissenschaftler "plausible" Darstellungen auf.
Man kreiert selbige - richtig. - Natürlich diskutiert man auch alle anderen Darstellungen und untersucht sie auf sachliche Plausibilität wie auch auf weltanschauliche Unterlegung (Wenn Anton als Historiker gleichzeitig AfD-Mitglied ist, wird er eher Argumente finden für die Dolchstoßlegendes am Ende von WK I als ein Closs, der dies als Kommunist ganz anders sieht).
Mag so sein. Aber ist das die Intersubjektivität? Die Darstellungen eines x und eines y, eines Anton und eines closs müssen kritisch behandelbar sein. Was nicht heißt, es könne nicht wissenschaftlich die Rezeption geschichtlicher Vorfälle bei AfDlern und Kommunisten dargestellt werden. Im "Geschichtsbuch" wird aber immer noch allen post-modernen Tendenzen in bestimmten Geisteswissenschaften zum Trotze immer noch die geschichtlichen Vorfälle zwar aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, allerdings als eine rekonstruierte geschichtliche Ereigniskette dargestellt.

closs hat geschrieben:Popper ist wirklich gut, hat aber auch viel Schaden angerichtet. Denn seine Jünger haben erstens seine Methodik zu einer Philosophie gemacht - zweitens meinen sie, man könne mit dem Kritischen Rationalismus viel in Geisteswissenschaften ausrichten (kann man NICHT!). - Das führt dann dazu, dass man nur das, was man kritisch-rational untersuchen kann, als "wissenschaftlich wertig" bezeichnet - was in etwas so ist, als würdest Du Deine Frau äußerlich und innerlich vermessen, um daraus zu ermitteln, was für ein Mensch sie ist.
Was stimmt denn mit dem Kritischem Rationalismus gemessen am Wissensbegriff nicht?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Ist es nicht eigentlich so, dass die geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Behauptung z.B. explizit ausarbeitet, was in dieser Behauptung alles so drinne steckt? Also die innewohnenden Facetten aufzeigt, die durch die bloße Behauptung so nicht direkt sichtbar sind? Das hätte dann nichts mit Weltanschauung zu tuen. Obwohl der Weltanschauler das ganze als "Futter" betrachten kann.
Das passt. - Ich habe vorher nie gewusst, was rauskommt, wenn ich mich über ein Thema gemacht habe - aber: Die eigene Hermeneutik spielt nolens volens immer eine Rolle - denn derjenige, der forscht, bist Du selber.
Deshalb der Anspruch auf Intersubjektivität.

closs hat geschrieben:Der Hermeneutiker Gadamer beschäftigt sich sehr ausführlich mit diesem Thema und wird in wik zusammengefasst mit:
"In seinem Hauptwerk sieht Gadamer selbst „die Aufgabe seiner Hermeneutik im Begründen der Behauptung, dass das Verstehen ein Wiedererkennen voraussetze, durch das es zum Andersverstehen werde“. So könnte das Prinzip des hermeneutischen Zirkels begründet werden, und ließe den entsprechenden Schluss zu, dass wir das, was in einer Tradition bereits einmal verstanden wurde, immer wieder (auf höherer Ebene) weiter verstehen".
In dem Artikel zu Geschichtswissenschaft lese ich das hier:

Die Geschichtswissenschaft zeichnet sich durch eine kritische Methode aus, das heißt, ihre Voraussetzungen, Methoden, Gedankengänge und Ergebnisse müssen rational diskutierbar bzw. intersubjektiv nachprüfbar sein (und zumindest prinzipiell falsifizierbar sein), und man geht stets prüfend und mit dem Streben nach weitgehender Objektivität vor (siehe Historisch-kritische Methode).

Wie kommt denn sowas?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#533 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 21:08

Christian41285 hat geschrieben:Wissenschaft kann heute ,,nicht,, jeden Mechanismus erkennen. Als Beispiel nenne ich alle offenen wissenschaftlichen Fragen,wo der Wissenschaft etwas entgeht.
Richtig - aber auch Fragen, die grundsätzlich nicht (natur-) wissenschaftlich erreichbar sind - das ist überal da, wo die Existenz transzendenter Entität ("Gott") mitspielt.

Anton B. hat geschrieben:Woher willst Du wissen, ob sich die "Wirklichkeit" oder das "Phänomen" hinter dem Kopf kratzt?
Im konkreten Fall weiß ich es nicht - aber da die Lücke zwischen methodischer Erkenntnis-Möglichkeit und "Wirklichkeit" ganz offensichtlich ist, wird es auch den Fall geben, wo sich beide aus großer Ferne zuwinken, WENN die Vertreter methodischer Erkenntnis beanspruchen damit automatisch auch Vertreter der "Wirklichkeit" zu sein. - Und das ist halt in der öffentlichen Wahrnehmung die Regel.

Anton B. hat geschrieben:Dieser Bezug auf die Wirklichkeit ist Deine Position, Deine Weltanschauung.
Widerspruch: Ist die Aussage, dass "Wahrnehmung" (also auch Wissenschaft) und "Wirklichkeit" (Heidegger würde sagen: Seiendes und Sein) kategorial unterschiedlich und somit NICHT von Natur aus koinzident sind, eine "weltanschauliche" Aussage? - Ich würde so etwas "Grundlage des Denkens/der Philosophie" nennen - BEVOR man über Weltanschauungen nachdenkt.

Anton B. hat geschrieben:Mag so sein. Aber ist das die Intersubjektivität?
Wenn die jeweiligen Begründungen systematisch und schlüssig sind, also von jedem Wissenschaftler als fehlerfrei nachvollzogen werden können, würde ich das als "intersubjektiv" bezeichnen.

Anton B. hat geschrieben:m "Geschichtsbuch" wird aber immer noch allen post-modernen Tendenzen in bestimmten Geisteswissenschaften zum Trotze immer noch die geschichtlichen Vorfälle zwar aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet
Was ist da der Unterschied? - Anton und Closs würden es in ihren Schriften doch genau so tun: "Ich beleuchte die Geschichte, also das, was nachweisbar geschehen ist, aus MEINER Perspektive - einmal aus AfD- und das andere Mal aus-kommunistischer Perspektive".

Du klingst so, als sei jegliche Geschichtsschreigung postmodern - das meinst Du natürlich nicht, aber das kommt raus, wenn man so tut, als wäre Geschichtsschreibung nicht von der Gegenwart des Geschichtsschreibers beeinflusst.

Anton B. hat geschrieben:In dem Artikel zu Geschichtswissenschaft lese ich das hier:

Die Geschichtswissenschaft zeichnet sich durch eine kritische Methode aus, das heißt, ihre Voraussetzungen, Methoden, Gedankengänge und Ergebnisse müssen rational diskutierbar bzw. intersubjektiv nachprüfbar sein (und zumindest prinzipiell falsifizierbar sein), und man geht stets prüfend und mit dem Streben nach weitgehender Objektivität vor (siehe Historisch-kritische Methode).



Wie kommt denn sowas?
Das ist kein Widerspruch. - Denn wie in den theologischen Wissenschaften gibt es auch in den Geschichtswissenschaften einen reinen Sach- und einen Bewertungs-Teil.

Um es ganz platt zu sagen: Kein Geschichtswissenschaftler kann in die Welt setzen, dass Bismarck im Jahr 1849 ein homosexuelles Verhältnis zum preußischen König hatte, wenn es dazu keine kritisch-rational überprüfbare Hinweise gibt. - Genauso wie kein Theologe behaupten kann, für Jesus sei das Gottesreich fern gewesen - wo doch überall im NT steht, dass es nah sei.

Aber: Dieses kritisch-rational zugängliche Terrain wird überschritten, wenn es zu Bewertungen kommt. - Stell Dir vor, ein überzeugter Ex-DDRler und ein überzeugter Ex-BRDler würden im Sinne ihrer Überzeugungen eine deutschen Geschichte von 1949 - 1989 schreiben: Selbst wenn beide die selben Quellen hätten und beide wissenschaftlich gleich sauber arbeiten würden, käme etwas ganz anderes an Bewertung heraus!!!

Anton B.
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#534 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Do 26. Okt 2017, 22:40

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Woher willst Du wissen, ob sich die "Wirklichkeit" oder das "Phänomen" hinter dem Kopf kratzt?
Im konkreten Fall weiß ich es nicht - aber da die Lücke zwischen methodischer Erkenntnis-Möglichkeit und "Wirklichkeit" ganz offensichtlich ist, wird es auch den Fall geben, wo sich beide aus großer Ferne zuwinken,
Och nö. Das ist doch keine Aussage: "Im konkreten Fall weiß ich es nicht, aber ganz offensichtlich ist doch und deshalb wird es auch den Fall geben."

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Dieser Bezug auf die Wirklichkeit ist Deine Position, Deine Weltanschauung.
Widerspruch: Ist die Aussage, dass "Wahrnehmung" (also auch Wissenschaft) und "Wirklichkeit" (Heidegger würde sagen: Seiendes und Sein) kategorial unterschiedlich und somit NICHT von Natur aus koinzident sind, eine "weltanschauliche" Aussage? - Ich würde so etwas "Grundlage des Denkens/der Philosophie" nennen - BEVOR man über Weltanschauungen nachdenkt.
Nee, closs: Keine Wissenschaft und Wirklichkeit. Von mir aus kannst Du Beobachtungen zur "Wirklichkeit" erklären, für uns sind es Beobachtungen. Du sagst, es gäbe eine Wirklichkeit, sagst, wie wichtig sie ist. Nur belegen, begründen plausibel machen kannst Du sie nicht.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:In dem Artikel zu Geschichtswissenschaft lese ich das hier:

[...]

Wie kommt denn sowas?
Das ist kein Widerspruch. - Denn wie in den theologischen Wissenschaften gibt es auch in den Geschichtswissenschaften einen reinen Sach- und einen Bewertungs-Teil.
Den "Bewertungs-Teil" scheinen wir uns in den Naturwissenschaften ja weitgehend zu sparen. Wahrscheinlich landet unsereins deswegen auch dort. :lol:

closs hat geschrieben:Aber: Dieses kritisch-rational zugängliche Terrain wird überschritten, wenn es zu Bewertungen kommt. - Stell Dir vor, ein überzeugter Ex-DDRler und ein überzeugter Ex-BRDler würden im Sinne ihrer Überzeugungen eine deutschen Geschichte von 1949 - 1989 schreiben: Selbst wenn beide die selben Quellen hätten und beide wissenschaftlich gleich sauber arbeiten würden, käme etwas ganz anderes an Bewertung heraus!!!
Also tut mir leid, kann ich nur bedingt nachvollziehen. Nennt sich sowas dann nicht schmeichelnd "Geschichtsphilosophie" und hat die Qualität eines Marx mit seinem teleologischen Modell des "Historischen Materialismus"? Oder -- wie neuerdings im Forum thematisiert -- eines Oswald Spenglers? Wenn sie meinen, sie müssten "Bewertungen" schreiben, sollten sie vielleicht eher in den Journalismus gehen. Sind sie dann ja auch.

Wie soll denn der Titel einer solchen Arbeit heißen? "Die deutsche Geschichte. Bewertet aus der Sicht eines Ex-BRDlers/Ex-DDRlers"?

Entweder stellt es eine persönliche Sicht dar, dann ist es eine persönliche Sicht und keine wissenschaftliche Arbeit. Oder, sie zeigt als wissenschaftliche Arbeit die persönliche Sicht eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen dar. Dann kann es womöglich Wissenschaft sein.

Im übrigen wurde die Popper'sche Arbeit ja außerordentlich durch des guten Marx'ens Geschichtsmodell stimuliert: Und des Poppers begründete Konklusion, hier käme viel Meinung mit wenig Wissenschaft zusammen, gilt doch für zumindest diesen Teil des Marx'schen OEuvres noch heute.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#535 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Do 26. Okt 2017, 23:45

Anton B. hat geschrieben:"Im konkreten Fall weiß ich es nicht, aber ganz offensichtlich ist doch und deshalb wird es auch den Fall geben."
Das ist ein grundsätzliches Problem.- Denn mit wissenschaftlichem Wissen kann man es ja gerade NICHT belegen, weil es um die Differenz zwischen methodischen ERgebnissen und dem Phänomen geht. - Wissenschaft ist hier ein Beteiligter und nicht Entscheider - es gibt hier keinen Entscheider, nur die Sache selbst klafft.

Anton B. hat geschrieben:Du sagst, es gäbe eine Wirklichkeit, sagst, wie wichtig sie ist. Nur belegen, begründen plausibel machen kannst Du sie nicht.
Im Grunde sagst Du damit, dass "das Objekt" als eigenständige Größe nicht plausibel begründbar ist, weil "das Subjekt" es nie zu 100% erkennt. - Meinst Du das wirklich?

Anton B. hat geschrieben:Den "Bewertungs-Teil" scheinen wir uns in den Naturwissenschaften ja weitgehend zu sparen.
Stimmt - Naturwissenschaft kann man so gut wie ausschließlich "technisch" betreiben (das ist NICHT herabsetzend gemeint) - es gibt bei Euch nicht den Dualismus aus Sachergebnis und hermeneutische Interpretation. - Aus einem einfachen Grund: Der Kritische Rationalismus definiert sich schlechthin genau so. - Umkehrschluss: Kritisch-rationale Methodik hat nur periphäre Bedeutung in Fragen, bei denen es um transzendente Dinge geht.

Nun ist HP ein recht irdisches Ding - insofern steht es hier anders. - Das Problem hier: Die Betroffenen empfinden sich in statistisch sehr auffälligem Grad gesünder, als sie es per Wissenschaft sein dürften - UND das sogar oft in Fällen, in denen sie mit Schulmedizin nicht weiterkommen. - Nun haben wir ja Ausweich-Interpretationen für dieses Phänomen gehört - aber selbst wenn diese stimmen würden (also HP keine Eigenwirkung hätte), müsste dies sehr irritierend sein.

Anton B. hat geschrieben:Wie soll denn der Titel einer solchen Arbeit heißen? "Die deutsche Geschichte. Bewertet aus der Sicht eines Ex-BRDlers/Ex-DDRlers"?
Nein - sie heißt: "Deutsche Geschichte von 1949 - 1989" - die Bewertungen sind automatisch drin verborgen.

Anton B. hat geschrieben:Entweder stellt es eine persönliche Sicht dar, dann ist es eine persönliche Sicht und keine wissenschaftliche Arbeit.
Dann wäre es in den meisten Fällen keine wissenschaftliche Arbeit. - Aus MEINER Sicht wäre es trotzdem eine, weil die Bewertungen ja (hoffentlich) auf überzeugender historischer Sacharbeit gründen. - Du hast dann recht, wenn ein Historiker nichts als ein Zitierer historischer Fakten ist - aber das wirst Du kaum finden. - Sollte es Deiner Ansicht nach SO sein?

Anton B. hat geschrieben:Im übrigen wurde die Popper'sche Arbeit ja außerordentlich durch des guten Marx'ens Geschichtsmodell stimuliert: Und des Poppers begründete Konklusion, hier käme viel Meinung mit wenig Wissenschaft zusammen, gilt doch für zumindest diesen Teil des Marx'schen OEuvres noch heute.
Gut möglich - aber schau mal BRD-Geschichtsschreibung durch: Hast Du dort jemals gelesen, dass die Berliner Mauer damals aus Sicht des Osten alternativlos war? - Dass es so war, läßt sich leicht begründen. - Wäre somit die damalige BRD-Geschichtsschreibung unwissenschaftlich gewesen?

Anton B.
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#536 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Fr 27. Okt 2017, 01:33

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Entweder stellt es eine persönliche Sicht dar, dann ist es eine persönliche Sicht und keine wissenschaftliche Arbeit.
Dann wäre es in den meisten Fällen keine wissenschaftliche Arbeit. - Aus MEINER Sicht wäre es trotzdem eine, weil die Bewertungen ja (hoffentlich) auf überzeugender historischer Sacharbeit gründen. - Du hast dann recht, wenn ein Historiker nichts als ein Zitierer historischer Fakten ist - aber das wirst Du kaum finden. - Sollte es Deiner Ansicht nach SO sein?
Das Zitieren historischer Fakten ist nicht direkt wissenschaftlich und noch weniger wissenschaftliche Arbeit. Historie muss rekonstruiert werden. Und es spricht nichts dagegen, auch Einschätzungen, Meinungen und das Empfinden einzelner Personen und Gruppen zu rekonstruieren.

closs hat geschrieben:[...] aber schau mal BRD-Geschichtsschreibung durch: Hast Du dort jemals gelesen, dass die Berliner Mauer damals aus Sicht des Osten alternativlos war? - Dass es so war, läßt sich leicht begründen. - Wäre somit die damalige BRD-Geschichtsschreibung unwissenschaftlich gewesen?
Die Geschichtswissenschaft hat immer Gründe dargestellt, warum die Mauer gebaut wurde. In meinen Geschichtsbüchern waren Erklärungen zu finden. Und von mir aus kann die Geschichtswissenschaft auch gerne alternative Szenarien darstellen, die Herrn Ulbricht verfügbar waren.

Und der Terminus "alternativlos" ist ja inzwischen weitgehend inhaltlich verbrannt.

Also wenn ein "BRDler" sich nicht wissenschaftlich in Ulbrichts Entscheidungskontext einarbeiten kann, dann kann wahrscheinlich ein farbiger Arzt auch nicht meinen weißen lädierten Nacken behandeln. Adieu, du liebe Aufklärung! Schade eigentlich ...
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#537 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Fr 27. Okt 2017, 01:51

Anton B. hat geschrieben:Historie muss rekonstruiert werden. Und es spricht nichts dagegen, auch Einschätzungen, Meinungen und das Empfinden einzelner Personen und Gruppen zu rekonstruieren.
Zustimmung - aber selbst die Rekonstruierung von Meinungen historischer Personen ist bereits Interpretation. - Nimm als beliebiges Beispiel die "Emser Depesche", bei der man bis heute darüber streitet, ob Bismarck Frankreich zum Krieg reizen wollte oder nicht.

Oder nimm das vor wenigen Jahren publizierte Buch eines australistisch Historikers (habe den Namen vergessen), der zum Ergebnis kommt, dass Deutschland nicht mehr als die anderen Mächte am 1. Weltkrieg schuldig war. - Etc. - Alltag.

Anton B. hat geschrieben:Also wenn ein "BRDler" sich nicht wissenschaftlich in Ulbrichts Entscheidungskontext einarbeiten kann, dann kann wahrscheinlich ein farbiger Arzt auch nicht meinen weißen lädierten Nacken behandeln. Adieu, du liebe Aufklärung! Schade eigentlich ...
Ob sie es können (bzw. konnten), weiß ich nicht - aber es ist sehr offensichtlich, dass der Mauerbau westlicherseits-historisch einseitig unter Empörungs-Gesichtspunkten kommentiert wurde. - Hätte ein Historiker darüber öffentlich differenziert nachgedacht, hätte er sich Hoffnungen auf einen Lehrstuhl sparen können.

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Janina
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#538 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Janina » Fr 27. Okt 2017, 07:11

closs hat geschrieben:Ist die Wissenschaft in der Lage, jeden Mechanismus zu erkennen?
Kann etwas prinzipiell nicht erkannbares ein "Mechanismus" sein?

closs hat geschrieben:Wissenschaft ist hier ein Beteiligter und nicht Entscheider - es gibt hier keinen Entscheider, nur die Sache selbst klafft.
Wer Entscheider ist, entscheidest du nicht. Was als erklärt und gelöst gilt, entscheidet in der Tat die Community. Und zwar nur die Wissenschaftliche.
(Die Brigitte gehört nicht dazu. :lol: )

closs hat geschrieben:Kritisch-rationale Methodik hat nur periphäre Bedeutung in Fragen, bei denen es um transzendente Dinge geht.
Darum kümmert sie sich auch nicht. Aber Pharmakologie ist nicht transzendent. Psychologie auch nicht. Der Mechanismus der erwähnten
Denkfehler ist bekannt.

closs hat geschrieben:Das Problem hier: Die Betroffenen empfinden sich in statistisch sehr auffälligem Grad gesünder, als sie es per Wissenschaft sein dürften - UND das sogar oft in Fällen, in denen sie mit Schulmedizin nicht weiterkommen. - Nun haben wir ja Ausweich-Interpretationen für dieses Phänomen gehört - aber selbst wenn diese stimmen würden (also HP keine Eigenwirkung hätte), müsste dies sehr irritierend sein.
Das ist nicht irritierend, sondern bekannt.

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#539 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Fr 27. Okt 2017, 08:59

closs hat geschrieben:Naja - das ist das, was die Unis dann sagen: "Uns fällt außer Halidol nichts ein" (im Kölner Fall).
Halidol?? — gibt es nicht.
Du meinst sicher "Haloperidol".
Davon abgesehen,
Haloperidol wird ei hochwirksames Mittel gegen chronische Schizophrenie. Logisch, dass es nicht bei diffusen Kopfschmerzen wirkt.
Sonst noch was?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Gründe für die Fehleinschätzung der Laien (Kindergartenmütter) hinreichend erklärt.
Das ist ein Sammelsurium an Möglichkeiten, die im Einzelfall zutreffen können, aber für den Alltag nicht so ganz überzeugen.
Korrektur: DICH überzeugen sie nicht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Mein Eindruck ist eher, dass du mauerst, weil es nicht ideologisch nicht passt.
"Ideologisch" wäre da eher ein Verdacht in Bezug auf die Gegenseite. - Mir gefällt der Gap zwischen Wissenschaft und Realität nicht.
Es muss dir oder sonst Jemanden nicht gefallen. Um Feynman zu bemühen: Es muss mit den Beobachtungen im Experiment übereinstimmen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:"Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit den Experimenten decken".
Mir wäre lieber: "Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit der Wirklichkeit decken".
Willst du damit sagen, dass du weißt, was Wirklichkeit ist?

closs hat geschrieben:Das hat etwas mit der Wirklichkeit zu tun. - Solange es PAtienten beim HP-ler besser geht als bei den Schulmedizinern, wird es diesen Markt geben.
Immer wieder dasselbe Problem: Du drehst dich im Kreis.
Das ist DEINE Vermutung die möglicherweise auf Grund einer falschen Wahrnehmung der Wirklichkeit entsteht. Zudem kannst du es weder begründen noch plausibel erklären.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#540 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Fr 27. Okt 2017, 09:13

closs hat geschrieben:Das ist ein grundsätzliches Problem.- Denn mit wissenschaftlichem Wissen kann man es ja gerade NICHT belegen, weil es um die Differenz zwischen methodischen ERgebnissen und dem Phänomen geht.
Dass es eine Differenz überhaupt gibt könnte doch an der falschen Wahrnehmung des Phänomens liegen?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Du sagst, es gäbe eine Wirklichkeit, sagst, wie wichtig sie ist. Nur belegen, begründen plausibel machen kannst Du sie nicht.
Im Grunde sagst Du damit, dass "das Objekt" als eigenständige Größe nicht plausibel begründbar ist, weil "das Subjekt" es nie zu 100% erkennt. - Meinst Du das wirklich?
Die Frage war doch, kannst DU das was DU als Objekt wahrnimmst, auch plausibel begründen?

closs hat geschrieben:Kritisch-rationale Methodik hat nur periphäre Bedeutung in Fragen, bei denen es um transzendente Dinge geht.
Vielleicht. Nur hier geht es nicht um Transzendenz, sondern um die behauptetete Heilung von Krankheiten.

closs hat geschrieben:Nun haben wir ja Ausweich-Interpretationen für dieses Phänomen gehört - aber selbst wenn diese stimmen würden (also HP keine Eigenwirkung hätte), müsste dies sehr irritierend sein.
Ob dich das irritiert ist unwichtig und at wohl mehr mit einer wissenschaftsfeindlichen Ideologie als mit Tatsachen zu tun. Mich irritiert es keineswegs.
Viel wichtiger ist, ob sich die behauptete Wirkung unter den strunkturierten Bedingungen des Experiments nachvollziehen lässt. Diese strengen Untersuchungen zeigen, dass die Behauptung von HP-Befürwortern falsch ist.

closs hat geschrieben:Dann wäre es in den meisten Fällen keine wissenschaftliche Arbeit. - Aus MEINER Sicht wäre es trotzdem eine, weil die Bewertungen ja (hoffentlich) auf überzeugender historischer Sacharbeit gründen. - Du hast dann recht, wenn ein Historiker nichts als ein Zitierer historischer Fakten ist - aber das wirst Du kaum finden. - Sollte es Deiner Ansicht nach SO sein?
Du übersiehst, dass es sich in deinem Beispiel um Bewertungen handelt, die keine wissenschaftliche Arbeit darstellen. Du sagst selbst: die Fakten sind bekannt.

closs hat geschrieben:Wäre somit die damalige BRD-Geschichtsschreibung unwissenschaftlich gewesen?
Nein. Nicht die Geschcichtsschreibung selbst, sonder ihre Bewertung kann unwissenschaftlich gewesen sein.
Du hast es weiter oben richtig erkannt: Wie es der Name schon sagt, sind Bewertungen keine wissenschaftlichen Arbeiten, sondern i.d.R. Meinungen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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