Alles Teufelszeug? VII

Pluto
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#291 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Sa 30. Sep 2017, 09:28

closs hat geschrieben:Ein ganz normaler Vorgang - da nimmt Dir jemand Alkohol und Zigaretten weg und Du willst sie erstmal behalten - Angst vor Neuem.
Setzt man Jemand auf Entzug, so hat das nichts mit "Angst vor Neuem" zu tun, sondern mit Sucht.

closs hat geschrieben:Insofern war das Erstarken des Säkularismus ("Aufklärung" ist etwas irreführend)
Verdreh bitte den Gang der Geschichte nicht. Das Erstarken des Säkularismus WAR/IST Aufklärung.

closs hat geschrieben:wirklich DIE Chance für die Kirche für eine Entzugskur in Bezug auf Weltlich Macht.
Religionen (Glaubenskonstrukte) gibt es deshalb, weil sie weltliche Macht über die Menschen erst ermöglichen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Quintus Fixlein
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#292 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Quintus Fixlein » Sa 30. Sep 2017, 09:41

closs hat geschrieben:Ein ganz normaler Vorgang - da nimmt Dir jemand Alkohol und Zigaretten weg und Du willst sie erstmal behalten - Angst vor Neuem. - Insofern war das Erstarken des Säkularismus ("Aufklärung" ist etwas irreführend) wirklich DIE Chance für die Kirche für eine Entzugskur in Bezug auf Weltlich Macht.
Die katholische Kirche hat doch nur eine lange Rochade gemacht und sich in ihren Machtpositionen neu aufgestellt, denn kein normaler Mensch würde behaupten das in Deutschland eine Trennung von Staat und Kirche bestünde.

Die Aufklärung befindet sich heute in einem Tiefschlaf oder wurde mehr oder weniger romantisch und hat sich selbst gedeckelt.

Quintus Fixlein
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#293 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Quintus Fixlein » Sa 30. Sep 2017, 10:02

closs hat geschrieben:
Nein - durch die Trennung von Säkularität und Spiritualität wurde das Christentum von ihrer Weltlichkeit befreit - das käme eher hin.

Du darfst und kannst mir viel erzählen, aber nicht das die katholische Kirche eine spirituelle Kirche ist.

Die katholische Kirche von der Weltlichkeit befreit? Man kann diesen Tebartz van Elst als Ausnahme sehen, oder auch als Spitze eines Eisberges. Von der Weltlichkeit befreit? Was bedeutet das überhaupt, oder was soll hier impliziert werden, für die katholische Kirche?
Was in der so genannten Renaissance begann, das hat die katholische Kirche bis heute nicht wirklich "abgelegt", warum auch nicht, denn auch ein Papst sollte ich einmal etwas gönnen und wenn es rote Sammet-Schühchen ( Adriano Steffanelli) sind.

Und ich stelle jetzt nicht die Frage, ob Jesus überhaupt jemals Schuhe, oder auch nur Riemen Sandalen getragen hat.

closs
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#294 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 30. Sep 2017, 10:05

sven23 hat geschrieben:Wie gesagt: die Entzugskur geschah nicht freiwillig, sondern mußte erst durch Einweisung zwangsweise angeordnet werden.
Richtig - das ist meistens so.

Pluto hat geschrieben:Setzt man Jemand auf Entzug, so hat das nichts mit "Angst vor Neuem" zu tun, sondern mit Sucht.
Auch so kann man es sehen: Die schönen Ländereien und die schöne weltliche Macht ging flöten - da muss man sehr stark sein, um es ohne äußere Hilfe zu schaffen.

Pluto hat geschrieben:Das Erstarken des Säkularismus WAR/IST Aufklärung.
Das ist ein gutes Stück weit korrekt - aber Säkularismus und Aufklärung haben sich ja irgendwann getrennt - insofern sollte man beide Begriffe separat verwenden.

Pluto hat geschrieben:Religionen (Glaubenskonstrukte) gibt es deshalb, weil sie weltliche Macht über die Menschen erst ermöglichen.
Insofern, dass Religionen oft aus Widerstand gegen weltliche Macht entstanden sind, ist das richtig - wahrscheinlich liegt es daran, dass der Mensch in der (weltlichen) Not näher an geistigen Wahrheiten ist ("Im Schützengraben glaubt jeder an Gott").

Quintus Fixlein hat geschrieben:Die katholische Kirche hat doch nur eine lange Rochade gemacht und sich in ihren Machtpositionen neu aufgestellt
Ja - da war sie geschickt. - Sie hat zwar keine offizielle weltliche Macht mehr, ist aber innerhalb der weltlichen Macht gut vernetzt.

Quintus Fixlein hat geschrieben:kein normaler Mensch würde behaupten das in Deutschland eine Trennung von Staat und Kirche bestünde.
Prinzipiell schon - aber wie gesagt: Vernetzung. - Dazu kommt der Staatsvertrag, der streng genommen auf das Jahr 1806 zurückgeht, ab da mit Pausen verhandelt wurde, aber nach dem 1. Weltkrieg verschärft verhandelt wurde und im Jahr 1932 unterschriftsfreif vorlag. - Dass es dann Hitler war, der in einer seiner ersten Amtshandlung diesen Vertrag unterschrieb, ist eine Ironie der Geschichte, aber natürlich dadurch begründet, dass Hitler die Kirche am Anfang seiner "Karriere" noch brauchte. - Hätte die BRD dann danch dem Krieg nicht die Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs übernommen, wäre dieser Vertrag nichtig - ist er aber nicht. - Insofern haben wir besondere Verhältnisse in D.

Quintus Fixlein hat geschrieben:Die Aufklärung befindet sich heute in einem Tiefschlaf oder wurde mehr oder weniger romantisch und hat sich selbst gedeckelt.
Absolute Zustimmung - aber ich verstehe das in Bezug auf unsere Gesellschaft und nicht auf die Kirchen.

Quintus Fixlein
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#295 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Quintus Fixlein » Sa 30. Sep 2017, 10:07

closs hat geschrieben:

Quintus Fixlein hat geschrieben:kein normaler Mensch würde behaupten das in Deutschland eine Trennung von Staat und Kirche bestünde.
Prinzipiell schon

Prinzipiell nützt Radio Jerewan in dieser Diksussion weder dir noch mir.

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#296 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 30. Sep 2017, 10:11

Quintus Fixlein hat geschrieben:Du darfst und kannst mir viel erzählen, aber nicht das die katholische Kirche eine spirituelle Kirche ist.
Doch - natürlich. - Aber sie wird halt weitgehend im weltlichen Kontext wahrgenommen - was natürlich mit der Pastorale zu tun hat. - Wie will die heutige Gesellschaft beurteilen, ob die RKK spirituell ist, wenn sie gar nicht weiß, was spirituell ist?

Quintus Fixlein hat geschrieben:Von der Weltlichkeit befreit? Was bedeutet das überhaupt, oder was soll hier impliziert werden, für die katholische Kirche?
Die Kirche hat keine Souveränitäts-Rechte mehr über die Menschen (so wie es der Staat hat) - und sie hat auch keine Territorien (wenn man von den 0,4 qkm des Vatikanstaates absieht. - Aber die RKK hat natürlich Macht - im Grunde sind die Großkirchen insofern eine Macht, dass sie das, was man heute "Cloud" nennt, längst vorexerziert haben.

Quintus Fixlein hat geschrieben:Was in der so genannten Renaissance begann, das hat die katholische Kirche bis heute nicht wirklich "abgelegt", warum auch nicht, denn auch ein Papst sollte ich einmal etwas gönnen und wenn es rote Sammet-Schühchen ( Adriano Steffanelli) sind.
Das sehe ich aber eher historisch (so wie Richterroben historische Überbleibsel sind). - Franziskus hat das jetzt ja auch abgeschafft - UND ist in der Tat noch von einigen "Kirchenfürsten" umgeben, die das gar nicht gut finden. - Insofern ist der Umbruch noch nicht vollendet - stimmt schon.

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#297 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Sa 30. Sep 2017, 10:11

closs hat geschrieben:
Quintus Fixlein hat geschrieben:kein normaler Mensch würde behaupten das in Deutschland eine Trennung von Staat und Kirche bestünde.
Prinzipiell schon - aber wie gesagt: Vernetzung. - Dazu kommt der Staatsvertrag, der streng genommen auf das Jahr 1806 zurückgeht, ab da mit Pausen verhandelt wurde, aber nach dem 1. Weltkrieg verschärft verhandelt wurde und im Jahr 1932 unterschriftsfreif vorlag. - Dass es dann Hitler war, der in einer seiner ersten Amtshandlung diesen Vertrag unterschrieb, ist eine Ironie der Geschichte, aber natürlich dadurch begründet, dass Hitler die Kirche am Anfang seiner "Karriere" noch brauchte. - Hätte die BRD dann danch dem Krieg nicht die Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs übernommen, wäre dieser Vertrag nichtig - ist er aber nicht. - Insofern haben wir besondere Verhältnisse in D.
Prinzipiell, ja. aber de facto nein.

Der Staat braucht Kirche und Religion um ihre Macht im Volk durchsetzen zu können. Die Kirchen brauchen den Staat um überleben zu können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#298 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Quintus Fixlein » Sa 30. Sep 2017, 10:20

closs hat geschrieben:
Quintus Fixlein hat geschrieben:Du darfst und kannst mir viel erzählen, aber nicht das die katholische Kirche eine spirituelle Kirche ist.
Doch - natürlich. - Aber sie wird halt weitgehend im weltlichen Kontext wahrgenommen - was natürlich mit der Pastorale zu tun hat. - Wie will die heutige Gesellschaft beurteilen, ob die RKK spirituell ist, wenn sie gar nicht weiß, was spirituell ist?


Unterschätze die Menschen nicht, oder man macht wie Kirkegaard aus seinen Angstneurosen eine Philosophie, dann passt am ende immer alles.
Vielleicht verlassen viele Menschen auch die katholische Kirche, oder die KIrche überhaupt, weil sie den spirituellen Kern vermissen, der ja im NT durchaus vorhanden ist. Spiritualität ist nun gewiss keine Transzendenz der Bigotterie.

Spiritualität ist doch sicherlich etwas völlig anderes, als vor dem Stellvertreter Gott in tiefer Andacht zu knien.

closs
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#299 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 30. Sep 2017, 10:24

Pluto hat geschrieben:Der Staat braucht Kirche und Religion um ihre Macht im Volk durchsetzen zu können. Die Kirchen brauchen den Staat um überleben zu können.
NAtürlich ist es eine Symbiose - andererseits: Der Staatsvertrag wäre auch dann noch gültig, wenn es keinen Christen mehr in D gäbe.

Quintus Fixlein hat geschrieben:Unterschätze die Menschen nicht,
Meistens ÜBER-schätze ich sie. :lol:

Quintus Fixlein hat geschrieben:Vielleicht verlassen viele Menschen auch die katholische Kirche, oder die KIrche überhaupt, weil sie den spirituellen Kern vermissen, der ja im NT durchaus vorhanden ist.
Auch das wäre nachvollziehbar - das Problem: Man versteht unter "Spiritualität" derart Unterschiedliches, dass man jetzt einen Thread "Was ist Spiritualität?" machen müsste, um überhaupt zu wissen, worüber man redet. :D

SilverBullet
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#300 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Sa 30. Sep 2017, 10:28

closs hat geschrieben:Moment: Verstehst Du unter "Vorstellung", dass man sich ein "echtes" Objekt vorstellt? Das meine ich nicht. - Wir reden hier davon, dass es keine "echten" Objekte geben könnte (Res extensae), weil es nur Vorstellung gibt (res cogitans). - Stimmt dann Deine Argumentation immer noch?
Ich verstehe unter „Vorstellung“ genau den Vorgang, den wir als „Vorstellung“ bezeichnen (die Beispiele habe ich genannt).

Du möchtest das Wort für etwas anderes einsetzen, was aber auf den Punkt genau dem Vorgang „Vorstellung“ widerspricht.

„Vorstellung“ kann somit nicht die Möglichkeit sein, die „Echtheit“ von Objekten in Zweifel zu ziehen.

Meine Argumentation stimmt also haargenau, denn du brauchst etwas Neues, um beide Vorgänge („echt“ und „Vorstellung“) in Bezug auf „keine echten Objekte“ erklären zu können.

Ich weiss nicht was „Materie“ ist, ich weiss nicht was „Existenz“ ist und ich sage, dass Wahrnehmung prinzipiell nicht 1:1 an „Existenz“ herankommen wird. Insofern besteht also auch "völlige Freiheit" dicke Fragezeichen anzubringen.
Aber:
Wenn du eine Verbindung zwischen prinzipiellen Vorgängen der menschlichen Wahrnehmung und dem Zweifel an „Materie“/“Existenz“ herstellen möchtest, dann muss dies fehlerfrei und vor allem nachvollziehbar korrekt geschehen.
Das Zweckentfremden des Wortes „Vorstellung“, um eine Suggestion aufzubauen, ist ein Kapitalfehler -> vollständig nutzlos.

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