Meines Wissens gibt es solche Hinweise in den kanonischen Schriften nicht.Halman hat geschrieben:Die Prämisse der Unfehlbarkeit Jesu mit der Prämisse, dass er wahrer Mensch war, anzuweifeln, ist eine sehr elegante Möglichkeit. Gibt es in der Bibel Hinweise bezüglich Jesu Fehlbarkeit oder Unfehlbarkeit?
Ich möchte dir aber an dieser Stelle lieber die seltsame Geschichte über mich selbst erzählen, warum ich schon als junges Mädchen und auch heute als erwachsene Frau den einfachen, jüdisch-gläubigen Zimmermann Jesus aus Nazareth faszinierend fand und finde und warum mich der kirchliche Zwang, diesen einfachen Mann auch als Gottessohn und dreieinigen Gott akzeptieren zu sollen, vom christlichen Glauben abgebracht haben.
Schon als junges Mädchen hat mich fasziniert, dass es Menschen gab, die an einen einfachen Zimmermann glaubten, der durch das winzige Galiläa zog und allen erzählte, dass jeder Mensch vor Gott gleich sei, dass Huren und Verbrecher, die Krüppel, die Aussätzigen, die Sklaven und Ärmsten und alle, die geächtet sind, vor Gott Gnade finden, aber nicht die religiösen Eliten und Reichen, die vornehmen Würdenträger und Unbarmherzigen, die Egomanen und Egoisten. Dass man nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzimal vergeben solle (Matthäus 18, 21-22) und seine Brüder und seine Schwestern lieben, auch wenn sie einem auf den Geist gehen.
Dass man gut sein soll und anständig und das Richtige tun und das Aufrichtige, - und nicht das Falsche und Niederträchtige.
Ich habe mir den Zimmermann Jesus aus Nazareth immer als einen einfachen Mann vorgestellt, der andere (auch wenn es für ihn ausschließlich Juden gewesen sein sollten) dazu aufrütteln wollte, besser zu sein als sie es waren. Jesus war sicherlich ein religiös radikaler, jüdischer Apokalyptiker, der das Nahe Ende der Welt kommen sah, aber einiges von dem, was er laut des NT als gottgefälliges moralisches Verhalten verkündete, muss er auch tatsächlich gelehrt haben, denn es weicht zu sehr von den damals gängigen, ethisch-religiösen Vorstellungen ab, als dass es reine Erfindung sein könnte.
Die Vergöttlichung Jesu aber und die kirchliche Lehre, er sei sogar präexistent göttlich und unfehlbar und insofern "nicht von dieser Welt", finde ich abstoßend und ekelhaft.
Das beeindruckendste und stärkste Bild im gesamten NT ist für mich der wegen seiner aufrührerischen Reden gekreuzigte Zimmermann Jesus, aus dem kleinen Kaff Nazareth, der unerträgliche Schmerzen erleidend in hilfloser Verzweiflung herausschreit, warum Gott ihn verlassen habe, - und der alleingelassen und verzweifelt stirbt, ohne seine Ideen zu verraten. Nur, wenn es so war, kann ich zu ihm aufsehen und bewundere ihn in seiner übermenschlichen Größe aufrichtig. Nur, wenn dieser Mann ein Mensch wie du und ich war, könnte uns sein Tod am Kreuz irgendwie retten.
Wir bekommen aber ein anderes Bild von Jesus von den Kirchen gelehrt, nämlich den immer schon göttlich seienden Christus und Erretter aus Bethlehem, angeblich aus Davids Stamm und von einer Jungfrau geboren. Dieses Bild ist merkwürdig, denn wenn wir uns diesen vergöttlichten Christus und nicht den Menschen Jesus vorstellen, dann schwebt der immer irgendwie 5cm über den Boden, schaut ständig mit nach oben verdrehten Augen verklärt in den Himmel und weiß am Kreuz sterbend ganz genau, dass er gleich vom Vater gerettet werden und in den Himmel fahren wird.
DAS macht seinen Kreuzestod zu einer Art absurden Theater und seine Verzweiflung über seinen Gott, der ihn (angeblich) verlassen hat zu purer Heuchelei. Wenn Jesus schon zu Lebzeiten der göttliche Christus gewesen sein sollte, dann kann er mich nicht retten und sein Tod ist eine Farce. Ich kann und vor allem will nicht an einen Christus mit zum Himmel verdrehten Augen glauben, der 5cm über dem Boden schwebt, lustige Zauberkunstückchen vorführt, die man Wunder nennt und der seine Verzweiflung am Kreuz nur vorspielt, weil er als Gott jederzeit weiß, dass seine Leiden und sein Tod heilsgeschichtlich vorbestimmt sind.
Ich kann nur einen Jesus ernst nehmen, der wie ich auf Toilette muss, der wie andere Männer eine morgendliche Erektion hat und scharf wird, wenn er eine vollbusige hübsche Jüdin sieht und deshalb mit ihr schlafen will. Der nächtliche unwillkürliche Samenergüsse hat, wie jeder gesunde junge Bursche und pupsen muss, wenn er zu viele Zwiebeln gegessen hat. Ich hoffe sehr, dass Jesus aus Nazareth auch das erfreuliche und wunderbare Geheimnis des Schoßes einer Frau kennengelernt hat oder meinetwegen auch die Liebe eines anderen Mannes. Ich bin da völlig schmerzfrei und vorurteilslos. Nur ein solcher, das Leben eines ganz normalen Menschen bzw. Mannes lebende Zimmermann aus dem kleinen Nazareth, der mir ein Vorbild sein kann in Anständigkeit, Aufrichtigkeit und Liebe zu seinen Brüdern und Schwestern, könnte mich oder irgendeinen Menschen wahrhaft erretten. Nicht aber ein göttlicher Christus-Pantokrator, der immer schon präexistenter Gott ist und auf Erden lediglich ein Schmierentheater seines Leidens und Todes aufführt.