Jenseits von Gut und Böse?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#151 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 22. Mär 2017, 21:23

Tyrion hat geschrieben: Oder du meinst mit Gott nicht Gott, sondern nur sowas wie die Legislative, also das Festsetzen von Normen, das du nur Gott zuschreibst, aber trotzdem kein problem damit hast, dass dies Menschen machen, solange sie sich auf Gott berufen.
Viel einfacher: Sich und sein Urteil als letzte Instanz zu verstehen, ist "satanisch" - alles, was man tut, unter dem Vorbehalt zu tun, dass man NICHT höchste Instanz ist, ist "gut".

Tyrion hat geschrieben:Wo verachte ich Hermeneutik? In deinen Augen bin ich ja auch Materialist, nehme ich an...
Nee - Du bist auf dem Weg der Suche. - Das ist etwas anderes.

Tyrion hat geschrieben: Ich sehe, dass andere die Geschichten leider anders lesen ud als Folge beispielsweise selbst rassistisch handeln oder morden. Dann ist es doch legitim, zu hinterfragen, warum die Geschichte so notiert wurde, dass sie entsprechzend missverstanden werden kann, wenn sie doch ganz anders gelesen werden sollte...
Das würde doch schon reichen - das ist mehr, als man normalerweise erwarten kann. - Aber die Praxis ist anders: Es stehen nicht zwei PArtner auf Augenhöhe gegenüber, von denen einer darauf besteht, es richtig verstanden zu haben - und das ist - Achtung Spiegelung - normalerweise die säkular-kritisch-rationale Fraktion.

Tyrion hat geschrieben:Irrelevant. Nicht mögliche Falsifizierbarkeit ist kein Positivargument.
Korrekt - aber es ist auch keine "Erfindung", wie gerne materialistisch kolportiert wird.

Tyrion hat geschrieben: ich beziehe mich dabei nicht nur auf "so könnte es sein", sondern auch darauf, was ich erlebt habe, was ich selbst als Erwiderungen erhalte, wenn ich mit religösen Menschen diskutiere
Das glaube ich gerne - dafür gibt es zwei Gründe:
1) Es gibt ein materialistische Bibel-Bild-Monopol ("Goliath"), das von Grund auf falsch vorgeht, aber die Bevölkerungs-Denke zunehmend formatiert.
2) Es gibt sehr unterschiedliche - in meinen Worten - "heilsgeschichtliche ENtwicklungs-Stufen" innerhalb der Christentums-Vertreter - und das gleichzeitig. - Und das macht es dem Beobachter von außen sicherlich nicht einfach.

Tyrion hat geschrieben:Wo ist das Problem? Das Problem entsteht doch erst durch die Folgerungen.
Richtig - und diese werde oft im vorgetäuschten Gewand der Wissenschaftlichkeit vorgetragen.

Tyrion hat geschrieben:Das ist eine Folge der Freiheit. Freiheit hat eine Kehrseite.
Natürlich - aber das beantwortet die Frage nicht, warum diese Freiheit gerade "so" genutzt wird - dafür gibt es doch Gründe.

Tyrion hat geschrieben:Dafür ist deine Rhetorik aber sehr schwarz-weiß-malerisch.
Bei Dingen, die man nur binär beantworten kann, mag das so sein. - Glaube mir: Innerhalb der "geistigen Fraktion" wird i.d.R. sehr differenziert diskutiert, weil/nachdem dort die Grundlagenfragen geklärt sind.

Tyrion hat geschrieben:Den vermisse ich dann bei den meisten Religionsvertretern (auch bei Franziskus, als Beispiel).
Man weiß in der Theologie, was kritischer Rationalismus ist, weiß aber auch (ein logisch ziemlich einfaches Unterfangen), dass "die Welt" nicht nur kritisch-rational erklärt werden kann. - Dieses Erkennen, dass dem so ist, empfindet man selber als viel aufgeklärter als das, was von denen, die sich selbst "aufgeklärt" nennen, angeboten wird.

Novas
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#152 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Mi 22. Mär 2017, 22:43

closs hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben: Oder du meinst mit Gott nicht Gott, sondern nur sowas wie die Legislative, also das Festsetzen von Normen, das du nur Gott zuschreibst, aber trotzdem kein problem damit hast, dass dies Menschen machen, solange sie sich auf Gott berufen.
Viel einfacher: Sich und sein Urteil als letzte Instanz zu verstehen, ist "satanisch"

Nur dem eigenen Selbst zu dienen ist satanisch, das ist die Bedeutung des Begriffs. Das hängt von der Geisteshaltung ab. Die spirituelle Lebensweise ist die genaue Umkehrung: der Dienst für andere Wesen. Es gibt den Weg des Dienst-am-Selbst und des Dienst-an-Anderen. Jede authentische spirituelle Lehre differenziert das, das gehört zum sanātana dharma (Sanskrit: सनातन धर्म ) der ewigen Ordnung :thumbup:

Die Bhagavadgita geht an mehreren Stellen auf wichtige
Tugenden ein:

Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Entsagung, Frieden, Nicht-Verleumdung, Mitgefühl für die Lebewesen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit, Lichtvolle Stärke, Vergebung, Beständigkeit, Reinheit, Fehlen von Feindseligkeit, Nicht-Hochmut – dies sind die Gaben des Menschen von göttlicher Natur. (Kap. 16.2–3).

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dharma

Daran wird sich nie etwas ändern: DAS ist gut und jedes Wesen mit diesen Eigenschaften und Gaben ist von göttlicher Natur. Wenn man die Bibel ernsthaft studiert, wird man sehen, dass sie exakt das selbe lehrt, sie ist eine Reflexion der ewigen Weisheitslehre aus christlich-jüdischer Perspektive. Schon im Mahabharata wird postuliert:

Mitgefühl und Güte ist der höchste Dharma der Guten (Kap. 13.5–23).

Im Zeitalter des modernen Relativismus wird das gerne bestritten, aber es gibt ewige Werte, Wahrheit, zeitlose Weisheit, die zwar immer wieder neu formuliert wird, aber die Essenz ist die selbe. Wenn man die Worte Jesu bei Joh 14, 6 - „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ - in einem größeren Kontext versteht, so hat er im Grunde nichts anderes gesagt, als: ich vermittle das ewige Gesetz, aber ich spreche nicht nur darüber, ich zeige es euch durch mein gelebtes Beispiel. Theoria und praxis sind bei ihm eins.

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#153 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 22. Mär 2017, 23:46

Novalis hat geschrieben: Wenn man die Bibel ernsthaft studiert, wird man sehen, dass sie exakt das selbe lehrt, sie ist eine Reflexion der ewigen Weisheitslehre aus christlich-jüdischer Perspektive.
Das Universale, das überall auf der Welt ist und auf unterschiedlichen heilsgeschichtlichen Bewusstseins-Ebenen in charakteristischer Couleur offenbart wird.

Novalis hat geschrieben:Im Zeitalter des modernen Relativismus wird das gerne bestritten
Weil dort kein geistiges Horchen vorgesehen ist und deshalb auch nichts gehört wird. - Gleichzeitig wird diese Verstümmelung der geistigen Natur des Menschen als "aufgeklärt" verstanden - Irrnis und Wirrnis.

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#154 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Mi 22. Mär 2017, 23:53

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Im Zeitalter des modernen Relativismus wird das gerne bestritten
Weil dort kein geistiges Horchen vorgesehen ist und deshalb auch nichts gehört wird. - Gleichzeitig wird diese Verstümmelung der geistigen Natur des Menschen als "aufgeklärt" verstanden - Irrnis und Wirrnis.

Interessant ist es auch, dass einem Arroganz vorgeworfen wird, wenn man solch eine Kritik am Zeitgeist übt. Doch ist es nicht sehr viel arroganter, wenn wir Heutigen meinen ausnahmslos alles besser zu wissen? Manche scheinen zu glauben, dass alle Generationen in den Zeitaltern vor uns irgendwie denkbehindert waren :lol: So als hätte das Denken erst richtig mit Pluto, Münek und Sven begonnen. Es sei mir gestattet, dass ich dahingehend gewisse Zweifel hege.

Das Universale, das überall auf der Welt ist und auf unterschiedlichen heilsgeschichtlichen Bewusstseins-Ebenen in charakteristischer Couleur offenbart wird.

So sehe ich es ~ in diesem Sinne kann es für Christen gut sein, wenn sie "back to the roots" gehen, denn heute ist nicht alles besser und früher war nicht alles verkehrt (und natürlich stimmt es auch in die andere Richtung: früher war nicht alles besser und heute ist nicht alles verkehrt - ich gehöre nicht zu den Christen, welche die Moderne verachten, aber ich gehöre auch nicht zu denen, die sie einseitig glorifizieren und blind für die Schattenseiten sind)

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#155 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 23. Mär 2017, 00:18

Novalis hat geschrieben:und natürlich stimmt es auch in die andere Richtung: früher war nicht alles besser und heute ist nicht alles verkehrt - ich gehöre nicht zu den Christen, welche die Moderne verachten, aber ich gehöre auch nicht zu denen, die sie einseitig glorifizieren und blind für die Schattenseiten sind

Andersherum bist du aber durchaus blind für die Schattenseiten - das ist jedenfalls mein Eindruck.

Interesante ist auch, dass du auf die späte Rehabilitation Galileis gar nicht eingehst. Du bist leider auf einem Auge blind und verdrängst immer wieder die Schattenseite der Geschichte deiner Religion. Dabei kann und sollte man aus der Geschichte lernen.

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#156 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 23. Mär 2017, 00:45

Novalis hat geschrieben:Nur dem eigenen Selbst zu dienen ist satanisch, das ist die Bedeutung des Begriffs.

Ich nenne das halt egoistisch. Satan ist ein Konstrukt, ich glaube nicht an die Existenz von Satan. Ergo ist "satanisch" für mich eine leere Worthülse. Zudem wird sie inflationär gebraucht und dient eben zur puren Abwertung, anstatt zu differenzieren. Auch du bist ab und an egoistisch - das gehört zur Menschlichkeit dazu. Manchmal bist du es mehr, manchmal weniger. Aber das muss man nicht mit religiös motivierten Begriffen "würzen", wenn man mit nichtreligiösen Menschen diskutiert.

Die spirituelle Lebensweise ist die genaue Umkehrung: der Dienst für andere Wesen.

Was du beschreibst ist Altruismus. Den gibt es @closs auch bei Tieren, denen du (closs) jede Spiritualität absprichst.

Hätte closs damit recht, wäre deine Aussage in sich unsinnig, denn wenn nicht spirituelle Wesen eine spirituelle Lebensweise haben sollen, dann ist das seltsam.

Leider schwingt bei deiner Aussage zudem eine starke Bewertung mit hinein. Atheisten haben sicherlich keine spirituelle Lebensweise. Ddrückst du so auch aus, dass Atheisten keinen Dienst für andere Wesen leisten? Das wäre - mit Verlaub - eine arrogante, überhebliche Abwertung Andersdenkender. Jetzt ist mir aber auch klar, dass Umkehrschlüsse nicht zulässig sind. Formal logisch heißt deine Aussage nicht, dass Atheisten nicht auch anderen Wesen helfen würden/können. Im Kontext deiner anderen Beiträge vermute ich aber stark, dass du es auch im Umkehrschluss so meinst (und stehst damit nicht alleine da). Du kannst mich da aber gerne verbessern.

Ich glaube zudem nicht, dass "deine spirituell Lebensweise" dich wirklich zu einem besseren, altruistischeren Menschen macht. Du fühlst dich nur als ein besserer Mensch und fühlst dich den "Ungläubigen" gegenüber vermutlich überlegen, was aber ziemlich egoistisch wäre. Wäre es wirklich so, dann müssten die Menschen früher, als sie noch spiritueller leben mussten, die besseren Menschen gewesen. Das halte ich für ein Gerücht, insbesondere unter dem Hintergrund der Geschichte des Christentums.

Es gibt den Weg des Dienst-am-Selbst und des Dienst-an-Anderen. Jede authentische spirituelle Lehre differenziert das, das gehört zum sanātana dharma (Sanskrit: सनातन धर्म ) der ewigen Ordnung

Klingt nett - aber man muss den Weg auch gehen. Bigotterie hilft da nicht weiter. Un wie viele der Christen gehen wirklich diesen Weg?

Nebenbei: selbst Altruismus dient dem Egoismus. Man fühlt sich besser, wenn man anderen geholfen hat. Das ist mit eine der großen Antriebsfedern des Altruismus. Man macht es ja nicht aus Berechnung. Man kann natürlich den Aspekt verleugnen, aber das ändert nichts an ihm.

Die Bhagavadgita geht an mehreren Stellen auf wichtige
Tugenden ein:

Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Entsagung, Frieden, Nicht-Verleumdung, Mitgefühl für die Lebewesen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit, Lichtvolle Stärke, Vergebung, Beständigkeit, Reinheit, Fehlen von Feindseligkeit, Nicht-Hochmut – dies sind die Gaben des Menschen von göttlicher Natur. (Kap. 16.2–3).

Warum findet man dann diese Tugenden so selten bei streng gläubigen Menschen?

Feindseligkeit ist da meist stark gegeben (wenn man nicht den gleichen Glauben hat). Zornblosigkeit ist ein gerücht, denn gerade tief Gläubige werden schnell zornig (denk an deine Wutausbrüche hier). Mitgefühl für die Lebewesen - das ist schnell weg, wenn es um Opfer geht, die "Gott" gefordert hat (Sintflut, Buch Josua, Ägypter usw.) oder wenn es um die Opfer geht, die die eigene Glaubensgemeinschaft verschuldet hat). Nicht-Hochmut (ja, der war gut... Hochmut Andersdenkenden gegenüber ist eher eine Kardinaltugend, wenn ich viele Beiträge lese). Vergebung - sehe ich manchmal, o.k., aber meist nur unter "Mitbrüdern". Milde - du streitest die ja selbst ab und bist stolz darauf, als Soldat aufzutreten (auch wenn du das zum Glück jetzt längere Zeit nicht getan hast - vielleicht lernst du dazu?)...

Ich höre jetzt einfach auf, bringt ja nichts. Für mich spricht aus solchen Beiträgen halt leider die übliche Selbstbeweihräucherung und Bigotterie.

Ich gebe zu, dass Entsagung für mich keine Tugend ist und auch Begierdelosigkeit nicht dazu gehört. Lichtvolle Stärke ist mir zu esoterisch. Reinheit sollte man auch definieren, sonst sehe ich da eher Negatives, da gerade die "Reinheit" as Forderung dazu diente, andere fertigzumachen, sie niederzumachen, sie zu beschimpfen oder schlicht frauenfeindlich zu sein (Frau ist unrein einemal im Monat und so ein Aberglaube).

Friedfertigkeit, Gewaltlosigkeit, Mitgefühl, Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Milde, Vergebung (usw.) finde ich auch als sehr positiv, als "Tugenden" und ich versuche, danach zu leben. Ich bin aber alles andere als spirituell. Daher finde ich diese Verknüpfung "wer spirituell ist, der ist ja soooo toll... und die anderen... naja" so daneben. Zumal ich gerade bei Gläubigen die Werte oft vermisse.

Daran wird sich nie etwas ändern: DAS ist gut und jedes Wesen mit diesen Eigenschaften und Gaben ist von göttlicher Natur.

Nein, aber es ist "gut". Mit Gott hat das doch nichts zu tun. Zumal "dein Gott" diese Tugenden eher vbermissen lässt, er ist einfach zu böse dafür.

Wenn man die Bibel ernsthaft studiert, wird man sehen, dass sie exakt das selbe lehrt, sie ist eine Reflexion der ewigen Weisheitslehre aus christlich-jüdischer Perspektive.

Nur Teile der Bibel. Andere lehren das Gegenteil: Rassismus ist gut, Genozid ist gut, Todesstrafe ist gut, Töten von Säuglingen kann gerecht und gut sein... Wieder andere Teile lehren solche Tugenden. Und dann werden sie in den Apostelbriefen teils wieder ausgehebelt, wenn es um die "bösen" Heiden geht (die man auch anlügen darf usw.).

Im Zeitalter des modernen Relativismus wird das gerne bestritten, aber es gibt ewige Werte, Wahrheit, zeitlose Weisheit, die zwar immer wieder neu formuliert wird, aber die Essenz ist die selbe.

Ja, durchaus. Nur hat das nicht unbedingt etwas mit Geist oder Gott zu tun. Es ist eine Evolution von Verhalten.

Wenn man die Worte Jesu bei Joh 14, 6 - „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ - in einem größeren Kontext versteht, so hat er im Grunde nichts anderes gesagt, als: ich vermittle das ewige Gesetz, aber ich spreche nicht nur darüber, ich zeige es euch durch mein gelebtes Beispiel. Theoria und praxis sind bei ihm eins.

Leider weiß man nicht, was Jesus genau gesagt hat und auch sein genaues Leben kennt man nicht. Du kennst auch nur wenige Jahre davon - und das vom Hörensagen, glorifiziert, verändert, angepasst, neu erzählt usw.

Du glaubst aber daran - ist o.k. - aber bitte keine Umkehrschlüsse daraus ziehen und sieh dich bitte deshalb nicht als etwas Besseres - das würde deinen eigenen Tugenden widersprechen.

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#157 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 23. Mär 2017, 01:18

closs hat geschrieben:üblich ist aber: "Es gibt nur mein Haus. - Nur das ist für mich intersubjektiv nachweisbar". - Und das ist dann schon Ideologie.

Dann ist es ein patt. Du behauptest, es gibt noch etwas anderes als das Haus. Das soll keine Ideologie sein, aber wenn jemand sagt, es gebe nur das Haus, dann schon? Sehr einfach und sehr passend, gell?

Tyrion hat geschrieben:Das macht doch niemand.
Doch - das ist die Nummer des PHILOSOPHISCHEN kritischen Rationalismus und all der daraus entspringenden philosophischen Richtungen, die heute dominieren. (Immer wieder: der METHODISCHE kritisch Rationalismus ist voll ok - das Problem ist, wenn man ihn zur Philosophie erhebt)

Wieviele sind das? Wie gesagt, ich bin Naturwissenschaftler. Philosophisch kritischer Rationalismus -ich gebe zu: kenne ich nicht. Oder nicht unter dem Begriff. Du scheinst dich davon verfolgt zu sehen - ist das nicht übertireben?

Aber so läuft es nicht. - Normalerweise wissen diejenigen, die sich selber zu Gott machen, gar nicht, dass es so ist.

Gibt es Menschen, die behaupten, allmächtig zu sein und Schöpfer von Universen zu sein (jenseits der Psychiatrie)? Wirklich? Oder heißt für dich "sich zu Gott machen" nur, sich frei entscheiden zu wollen? Mir fehlt da noch immer das Konkrete, was du damit meintst.

Es kommt drauf dann, ob man als Maßstab die "geistige Entität Gott" nimmt oder die geschilderte "Offenbarungs-Größe Gott".

Sage ich doch ständig. Beispiel Christentum: die "Offenbarungsgröße Gott" ist doch das, was ich als das christliche Gottesbild ansehe, das ich "der Schrift" entnehmen kann. Die geistige Entität Gott ist Gott, wie er/sie/es wirklich existiert, wenn diese Größe überhaupt existieren sollte. Letztere ist menschengemacht.

- Zudem ist zu beachten, dass es einen heilsgeschichtlichen Prozess der "Kirche" (= Gemeinde Jahwes/Gottes) vom AT ins NT hineingibt - da muss natürlich dann bestmöglichen Status nehmen.

Warum? Rosinenpickerei?!

- Denn: Auch Gottesbilder sind immer wieder satanisch kontaminiert. - Ist ziemlich einfach, wenn man "Gott" und "Gottes-Vorstellung" unterscheidet.

Das schreibe ich gefühlt bei jedem meiner Beiträge (der zweite Satz...), in denen ich mich kritisch äußere. Nur verstehen das die wenigsten Gläubigen, zumindest meinem Eindruck nach. Satanisch kontaminiert - nun, das ist wieder schräg. Die Bibel ist satanisch kontaminiert. Das würde sogar meine Einstellugn zur Bibel treffen - das Christentum sollte die Bibel von dem Bösen darin bereinigen. Macht es aber nicht, da Jahwe eben so sein soll wie er ist? Also böse? (Jahwe ist das Gottesbild, nicht Gott).

Alle Antworten dieser Art sind spekulativ - wobei "spekulativ" nicht den pejorativen Anstrich des 20. Jh. hat, sondern sich an die ursprüngliche Bedeutung hält:
"Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik).

Welche Erkenntnis kann man dann daraus gewinnen? Also doch Spekulation im heutigen Sinn...

Anders geht es nicht, da Gott als nicht-naturalistische Entität nicht naturalistisch-empirisch nachweisbar ist - prinzipiell nicht.

Das ist nicht das Problem. Was ist schon nachweisbar? Auch die Naturwissenschaften beweisen nichts. Aber es gibt die Möglichkeit, Plausibilität abzuschätzen. Leider wird die von "deiner Seite", was die Spekulation über Gott betrifft, willkürlich auf 100% gesetzt.

Tyrion hat geschrieben:Sie beschreiben Hoffnungen, sie vermuten, aber sie mischen sich in Dinge ein, von denen sie nichst verstehen (die Erde steht still, die Erde ist eine Scheibe, Evolution existiert nicht usw.).
Auch da solltest Du Dich erst mal am besten Fall orientieren - konkret: Die Theologien der großen Kirchen mischen sich nicht in Evolutions-Fragen ein.

Falsch. Sie mischen sich nicht mehr in Evolutionsfragen ein. Ein feiner, aber gewichtiger Unterschied. Und leider muss das nicht so bleiben. Ich hege starkes Misstrauen gegen die Aufrechterhaltung dieses in der Tat positiven Zeitgeistes, da es schnell zu Rückbesinnungen zu den "guten alten Zeiten" kommen kann, in denen lieber Geknebelt wurde als die Freie Rede zu erlauben.

Allerdings: Es wird sehr wohl für möglich gehalten, dass Gott sich unter Ausschaltung der Naturgesetze offenbart. - Das ist keine theologische Erwartung, sondern dem Umstand geschuldet, dass der Mensch mit seinem Vorstellungs-Horizont nicht zu bestimmen hat, was sein kann und was nicht sein kann.

Klar, sollte Gott existieren und sollte er die Naturgesetze einsetzen, ändern, aufheben können. Sollte, wenn und aber. Spekulation, nicht mehr und nicht weniger. Aber extrem unplausibel. Dieses Wesen hätte ca. 194000 Jahre lang geschwiegen, wäre dann kurz aktiv und würde nun seit ca. 2000 Jahren wieder schweigen. Seltsam...

Insofern NICHT, als dass sogar der Papst bekennt, nicht frei vom Satan zu sein - es ist also nicht nur Fremdbezichtigung, sondern auch Selbstbezichtigung. - "Sündígkeit" (= Folge der Existenz Satans) wird theologisch nicht als Willensgröße, sondern als unvermeidbares Attribut des Menschen gesehen - und zwar ALLER Menschen.

Misanthropie?



Auch das stimmt nicht. - Die Früh-Aufklärung war eine christliche Veranstaltung. - Die Wissenschaften des Mittelalters wurden von Mönchen geführt.

Das hat andere Gründe - das lag an der Gesellschaftsstruktur. Außerhalb der Klostermauern war Wisseschat kaum möglich. Das Christentum hat damals Wissenschaft stark blockiert, teils verfolgt. Dass manche Mönche dennoch Erkenntnisse suchten, macht das nicht besser. Im Mittelalter war der Islam offener und hat einiges an Wissen erhalten. Das Mittelalter als Beispiel christlicher Aufklärung ist grotesk.

Das Problem kam erst, als sich "Aufklärung" in ein autonomes (= anthropozentrisches) Phänomen entwickelt hat.

Ach, die Opfer sind selbst schuld...

Die Urban Legend, dass ein die Aufklärung vertretener Galileo gegen eine aufklärungs-feindliche Kirche stand, war immer bösartig motiviert. - Das war in Wirklichkeit sehr viel differenzierter.

Letzteres sicherlich. Der fett markierte Teil macht dich aber unglaubwürdig und zeigt, dass du hier sehr einseitig bist. Seltsam, dass er öffentlich widerrufen musste, wenn es um diese Inhalte gar nicht ging. Ich weiß, seine "Dialoge" waren frech, provokant, ungeschickt. Trotzdem willst du jetzt nicht ernsthaft sagen, die Kirche und die Inquisition wollten Dinge wie das Heliozentrische Weltbild verbreiten, weil sie Aufklärung wollten? Ich früchte, hier wird es zu grotesk.


Es würde reichen, wenn beide Seiten sagen würden: "Es gibt sehr gute Gründe für mein Weltbild. Aber Du könntest recht haben".

Nein, das reicht nicht. Man muss auch gegenseitig hinterfragen dürfen, ob die Grüne gut sind. Das klappt auf Kirchenseite nicht so gut, dann kommt wieder der Dogmatismus durch.

Tyrion hat geschrieben:wenn ich abgewertet werde, weil ich die Möglichkeit einer geistigen Ebene nicht als Fakt, sondern nur als Möglichkeit annehme.
DANN wirst Du NICHT abgewertet. - Probleme gibt es dann, wenn Du ausschließt, dass es Gott als eigenständige trans-naturalistische Entität geben könnte - und dies auch noch "beweist"

Ich beweise nichts - und das macht kein Naturwissenschaftler. Dieser ewige Vorwurf ist ermüdend und unlauter (ich habe hier zigmal darauf hingewiesen - die immer gleichen Glaubensfanatiker packen ihn dennoch regelmäßig aus). Nein, ich werde auch dann abgewertet, wenn ich es "politisch korrekt" bzw. ehrlich ausdrücke (als Möglichkeit...).

Tyrion hat geschrieben:Genau so habe ich es auch den Naturwissenschaften gegenüber beschrieben. Irgendwie witzig... (bitte nicht falsch verstehen)
Das ist ok - das heisst schon mal, dass wir das Gleiche nicht gut finden. - Das ist mir viel wert. - Und Du erkennst jetzt, dass es diese Spiegelung gibt - auch viel wert.

Das mit dem Beweisvorwurf ist die gleiche Spiegelung - und sie ist wie gesagt unlauter, sie wird regelmäßig unterstellt, stimmt aber nicht.

Weil das dialektische Grundmuster von "gut" und "böse" eine tiefe philosophische Bedeutung hat, die von denen, die sich über Satan, etc. lustig machen, nicht verstanden wird, weshalb man sich entsprechend "aufgeklärt" fühlt.

"Satan" ist christliche Mythologie. Die philosophische Bedeutung von gut und böse ist kein christliches Alleinstellungsmerkmal. Der Zusammenhang passt also nicht.

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#158 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Do 23. Mär 2017, 01:20

Tyrion hat geschrieben:Nein, aber es ist "gut". Mit Gott hat das doch nichts zu tun. Zumal "dein Gott" diese Tugenden eher vbermissen lässt, er ist einfach zu böse dafür

Mich wundert die Selbstwidersprüchlichkeit solcher Aussagen: einerseits behauptest Du, dass Gott nicht existiert und dann unterstellst Du ihm, dass er böse ist. Macht das Sinn? Aus meinen Beiträgen geht klar hervor, dass ich das Gottesverständnis Jesu teile (1 Joh 4,16) und das ist mit Sicherheit nicht böse :wave:

Ja, durchaus. Nur hat das nicht unbedingt etwas mit Geist oder Gott zu tun. Es ist eine Evolution von Verhalten.

Dass soetwas gottlos/geistlos geht, müsstest Du erst mal beweisen. Viele Atheisten behaupten das, aber keiner hat es je bewiesen :P Ich verstehe die Evolution, als ein Geschehen, durch welche sich der GEIST zum Ausdruck bringt. Was vom Materialismus geleugnet wird: es gibt nicht nur eine materielle, sondern auch eine spirituelle Evolution. Die biblischen Texte zeigen auf hervorragende Weise, wie eine gedankliche Entwicklung stattfindet. Nicht jede Aussage der Bibel ist gleichwertig, manche lassen ein deutlich höheres Bewusstsein durchblicken als andere. Wir müssen also die Spreu vom Weizen trennen.Weshalb fixierst Du dich so sehr auf die Spreu?

Leider weiß man nicht, was Jesus genau gesagt hat und auch sein genaues Leben kennt man nicht. Du kennst auch nur wenige Jahre davon - und das vom Hörensagen, glorifiziert, verändert, angepasst, neu erzählt usw.

Ich halte mich an die Überlieferung.
Zuletzt geändert von Novas am Do 23. Mär 2017, 01:41, insgesamt 1-mal geändert.

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#159 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 23. Mär 2017, 01:40

closs hat geschrieben:Viel einfacher: Sich und sein Urteil als letzte Instanz zu verstehen, ist "satanisch" - alles, was man tut, unter dem Vorbehalt zu tun, dass man NICHT höchste Instanz ist, ist "gut".

Wer sieht denn sich als letzte Instanz? Praktisch niemand, sage ich - abgesehen von Diktatoren, "Führern" (auch religiöse, denn Gott als Instanz kann vorgeschoben sein - man regiert bequemer "von Gottes Gnaden", auch wenn man Gott nicht als Instanz einbezieht). Bei dir klingt es ja so, als sei das fast jeder, der die Weelt säkular betrachtet. Das ist doch - sorry - Unsinn.

Tyrion hat geschrieben:Wo verachte ich Hermeneutik? In deinen Augen bin ich ja auch Materialist, nehme ich an...
Nee - Du bist auf dem Weg der Suche. - Das ist etwas anderes.

Was suche ich denn deiner Meinung nach?

Das würde doch schon reichen - das ist mehr, als man normalerweise erwarten kann. - Aber die Praxis ist anders: Es stehen nicht zwei PArtner auf Augenhöhe gegenüber, von denen einer darauf besteht, es richtig verstanden zu haben - und das ist - Achtung Spiegelung - normalerweise die säkular-kritisch-rationale Fraktion.

Letzteres halte ich für ein Vorurteil deinerseits oder für eine unbewusste Abwertung einer andersdenkenden Fraktion.

Tyrion hat geschrieben:Irrelevant. Nicht mögliche Falsifizierbarkeit ist kein Positivargument.
Korrekt - aber es ist auch keine "Erfindung", wie gerne materialistisch kolportiert wird.

Die Teekanne, sie die Sonne umkreist - sie ist eine Erfindung, dem wirst du wohl zustimmen. Das Fliegende Spaghettimonster ist auch eine Erfindung, aber es ist nicht falsifizierbar. Die Überlegung, Gott sei eine Efindung der Menschen ist auch nicht falsifizierbar. Gott kann natürlich eine Erfindung sein - und auch ich gehe davon aus. Du gehst nicht davon aus. Du bist dann "der Gute"? Ich der "böse Materialist"? Ich wage es nur, eine andere Meinung zu äußern. Meine Befürchtung: das ist auch heute noch schwierig, da die klerikale Seite das eben nicht gerne sieht.


Richtig - und diese werde oft im vorgetäuschten Gewand der Wissenschaftlichkeit vorgetragen.

Stimmt, wie beispielsweise beim Thema Intelligent Design, das scheinwissenschaftlich, teils bewusst lügend, vorgetragen wird (die bewussten Manipulationen der Datengrundlage bzw. der Logikketten werden dann von den Jüngern geglaubt und nachgeplappert - so auch hier im Forum). Ja, das erlebe ich von Seiten der etwas fanatischer Glaubenden Menschen. Genauso wird suggeriert, 3300 Prophezeiungen seien "nachweisbar", was in sich absurd ist, das Beweisführung nicht geht. Aber auch hier wird das gerne pseudowossenschaftlich verbräümt vorgetragen. Ich gebe dir recht - die spirituelle Seite verwendet gerne ei vorgetäuschtes Gewand der Wissenschaftlichkeit, um ihre Glaubensinhalte vorzutragen und wissenschaftliche Betrachtungen zu verteufeln. Leider... (und wieder die Spiegelung)

Tyrion hat geschrieben:Das ist eine Folge der Freiheit. Freiheit hat eine Kehrseite.
Natürlich - aber das beantwortet die Frage nicht, warum diese Freiheit gerade "so" genutzt wird - dafür gibt es doch Gründe.

Klar - sie liegt in der Natur des Menschen bzw. der Natur der Primaten. Wir unterscheiden uns da nicht sehr vom unseren nahen Verwandten (auch wenn du das wieder per se ablehnst - du solltest dich mal mit ihnen beschäftigen, als ihnen Fähigkeiten abzusprechen)

Bei Dingen, die man nur binär beantworten kann, mag das so sein. - Glaube mir: Innerhalb der "geistigen Fraktion" wird i.d.R. sehr differenziert diskutiert, weil/nachdem dort die Grundlagenfragen geklärt sind.

Wo gibt es wirkloch binäre Dinge? Aber schön, dass "ihr" intern Graustufen kennt. Schade, dass diese offenbar beim Austausch mit Andersdenkenden schnell eingemottet werden?!

Man weiß in der Theologie, was kritischer Rationalismus ist, weiß aber auch (ein logisch ziemlich einfaches Unterfangen), dass "die Welt" nicht nur kritisch-rational erklärt werden kann.

Falsch! Das ist nur eine Vermutung. Es kann sein, dass sie allein kritisch-rational erklärt werden kann. Du tust wieder das, was du anderen als Ideologie vorwirfst. Mach dich bitte mal selbst frei davon, deine Sicht als das Maß aller Dinge zu sehen. Du kannst irren! Es ist möglich, dass es die spirituelle Ebene gar nicht gibt. Und genau diese Rhetorik hast du bestätigt und findest sie (weiter oben) richtig. Jetzt fällst du ins alte Muster und nimmst diese Möglichkeit als einzig richtig an. Und dann wirfst du dieses Vorgehen Andersdenkenden vor?!

- Dieses Erkennen, dass dem so ist, empfindet man selber als viel aufgeklärter als das, was von denen, die sich selbst "aufgeklärt" nennen, angeboten wird.

Dass es so sein kann... das wäre richtig. Oder wir bleiben dabei: Menschen wie ich sind Deppen, die zu blöd sind, die Welt umfassend zu begreifen und nur du hast die Weisheit, die Wahrheit, die alleinige Wahrheit zu erkennen. Und dann sollen wir auf Augenhöhe reden, wenn du dich meilenweit über mich erhebst, weil du von dir behauptest, das, was du glaubst, sei so un das, was ich "glaube" sei unvollständig und falsch? Und zugleich greifst du genau dieses Vorgehen an? Das sind die Punkte, bei denen man verzweifelt, wenn man mit Gläubigen ernsthaft diskutieren will. Sie wissen es besser, sie kennen die Wahrheit und man selbst ist halt ein Depp (oder schlimmeres)... Merkst du, was ich dir zeigen will? Ich hoffe es ;)

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#160 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 23. Mär 2017, 01:59

Novalis hat geschrieben:Mich wundert die Selbstwidersprüchlichkeit solcher Aussagen: einerseits behauptest Du, dass Gott nicht existiert und dann unterstellst Du ihm, dass er böse ist. Macht das Sinn?

Du begreifst es leider immer noch nicht. Ich unterscheide zwischen Gott und dem Gottesbild. Jahwe ist doch nicht Gott, es ist der Name dessen, was in der Bibel als Gott beschrieben wird. Es ist ein Gottesbild. Und ja, es ist die Beschreibung eines bösen Gottes. Gott, sollte er existieren, ist doch nicht böse - also ist das Bild, das sich Menschen machen, falsch.

Aus meinen Beiträgen geht klar hervor, dass ich das Gottesverständnis Jesu teile (1 Joh 4,16) und das ist mit Sicherheit nicht böse

Wirklich? Wie kommst du darauf? Ich vermute(!), würde ich mit einer Zeitmaschine zu Jesus "reisen", aramäisch lernen und dann mit ihm reden, wird er mir von Hölle und Verdemmnis erzählen und ein jüdisch-funsdamentalistisches Gottesbild vertreten. Ich vermute aber nur.

Dass soetwas gottlos/geistlos geht, müsstest Du erst mal beweisen.

Nein, muss ich nicht. Das kann ich auch nicht. Ich kann nichts beweisen, du auch nicht. Was ist daran wieder so schwierig zu verstehen, dass das immer und immer und immer wieder kommt?
Könnte man Evolution beweisen, wäre es keine Theorie. Könntest du dein Weltbild beweisen, würdest du nicht mehr glauben. Ich kann plausibel zeigen, dass Altruismus auch bei Tieren auftritt (schireb ich schon dir gegenüber). Für dich sind Tiere also gesiterfüllt (im Gegensatz zu closs' Meinung?). Ich fürchte, Diskussion auf Basis von Empirie und Fakten bringt hier nichts.
Daher: du glaubst, dass nur Gott/Geist Altruismus bewirkt, ich gehe davon aus, dass es dazu keinen Gott oder Giest benötigt. Keiner von uns kann seine Sicht beweisen. Ich kann meine aber plausibel untermauern (und zwar naturwissenschftlich betrachtet). Du kannst deine vermutlich für sich auch plausibel untermauern. Ich verlange von dir aber keine Beweislast. Das wäre unfair. Also sei du bitte auch fair.

Viele Atheisten behaupten das, aber keiner hat es je bewiesen

Schade - du verstehst nicht, was Naturwissenschaftlichkeit ausmacht. Oben habe ich closs genau das erklärt, was du hier machst - es wird der Naturwissenschaft etwas unterstellt (Beweisführung), diese dann eingefordert, dann fetsgestellt, dass sie nicht erfolgt und darauf aufbauend die These, um die es geht, abgelehnt. Das ist unlauter, denn die "These" (Theorie) ist nicht bweisbar und Beweisbarkeit ist (naturwissenschaftlich) unwissenschaftlich. Wer in der Naturwissenschaft etwas beweist, ist unseriös, ein Scharlatan und eben nicht wissenschaftlich arbeitend/denkend/schreibend.

Ich verstehe die Evolution, als ein Geschehen, durch welche sich der GEIST zum Ausdruck bringt.

Ich fürchte, du verstehst nicht, was die Evolutionstheorie wirklich aussagt (und das ist normal, denn sie ist nicht so simpel, wie sie meist Laien dargestellt wird).

Was vom Materialismus geleugnet wird: es gibt nicht nur eine materielle, sondern auch eine spirituelle Evolution.

Falsch. Materialismus ist nicht Naturwissenschaft. Also ist der Zusammenhang unlauter. Zudem: wenn du spirituell auf Verhalten / Ethologie beziehst, wird gerade hier Evolution als plausibel angesehen. Wenn du abwer festlegst, dass es eine spirituelle, göttliche Ebene gibt, dann ist das ein Absolutheitsanspruch, der auch unlauter ist. Du gehst davon aus, du glaubst es, aber du weißt es nicht. Lies bitte die letzten Beiträge zwischen closs und mir, vielleicht verstehst du das dann, was ich meine.

Die biblischen Texte zeigen auf hervorragende Weise, wie eine gedankliche Entwicklung stattfindet.

Zustimmung meinerseits (abgesheen von der Wertung "auf hervorragende Weise"). Ja, man kann die Gottesbilder und auch Veränderungen von religiösen Regeln / Setzungen (usw.) rein evolutiv (und zudem ohne Gott) erklären. Das sieht man auch an der Bibel, stimmt. Aber ich vermute, da unterscheiden sich unsere Sichtwiesen wieder...

Nicht jede Aussage der Bibel ist gleichwertig, manche lassen ein deutlich höheres Bewusstsein durchblicken als andere. Wir müssen also die Spreu vom Weizen trennen.Weshalb fixierst Du dich so sehr auf die Spreu?

Nein, sondern wegen der Gefahr, die von der Spreu ausgeht. Ich weiß, du verdrängst die Geschichte gerne. Aber die Spreu ist mit Grund für Unterdrückung und Verbrechen. Ich habe Sorge vor Fanatismus. Ich habe Sorge vor religiös motivierten Anschlägen. Ich finde bombenwerfende Fanatiker nicht gut und nicht ehrenvoll und nicht als Vorbild. Ich finde auch Textpassagen, die zu Gewalt aufrufen, nicht gut. Mir fhelt der verklärende Blick, de rosarote Brille ("die Bibel ist so toll..."), daher erkenne ich die Spreu. Den Weizen sehe ich auch, aber manches vom Weizen ist schimmelig und giftig, andere Teile des Weizens gut und nahrhaft.

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