Wie geht es Gott?

Rund um Bibel und Glaube
Benutzeravatar
lovetrail
Beiträge: 4855
Registriert: Sa 1. Jun 2013, 20:00

#371 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von lovetrail » Mi 8. Feb 2017, 18:07

Andreas hat geschrieben:Wurde dir noch nie von einem wahren Christen dein Christsein abgesprochen?
Ja, ist auch schon einige Male passiert.

Im folgenden Video ist der Unterschied zwischen dem echten Evangelium Christi und der New-Age-Version gut herausgearbeitet. Kann ich empfehlen:


LG
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#372 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 18:11

lovetrail hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Wurde dir noch nie von einem wahren Christen dein Christsein abgesprochen?
Ja, ist auch schon einige Male passiert.

Im folgenden Video ist der Unterschied zwischen dem echten Evangelium Christi und der New-Age-Version gut herausgearbeitet. Kann ich empfehlen:


LG

Belustigend ist, dass vieles von dem, was ich hier sage, nichts anderes ist, als die orthodoxe Lehre (eben in meinen eigenen armseligen Worten dargestellt) Das wird heute von manchen Christen als "New Age" verstanden, weil sie gar nicht mehr wissen, dass es zu ihrer eigenen Religion gehört. Beispielsweise die Lehre von der Einswerdung der menschlichen Seele mit Gott (unio mystica), das ist typisch christliche Mystik.
Plötzlich ist auch Meister Eckhart New Age, der lebte zwar von 1260 bis 1327, aber egal... :lol:

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#373 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 18:20

lovetrail hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Ich rede hier unablässig von der Jesus-Nachfolge, die absolut im Mittelpunkt meines Lebens steht. Mein spiritueller Weg und Glaube ist von Jesus geprägt und geformt. Das sollte Dir als Bekenntnis genügen. Leider weiß ich noch nicht mal, was Du von mir willst. Wer bist Du eigentlich, dass Du darüber richtest?
Was ich von dir will? Sag doch einfach, dass du kein Christ bist, sondern ein New Ager. Dann wären die Grenzen klar gesteckt

Ich bin ein CHRIST DER GEGENWART ;) was praktisch bedeutet, dass ich die Heilige Tradition mit dem zeitgenössischen Denken inhaltlich verbunden sehen möchte. Die Zukunft des Christentums sehe ich in einer Erneuerung aus dem Geist der Tradition; aber eben auch Erneuerung, nicht nur sinnleere Wiederholung. ALTERNATIVE ORTHODOXY, nennt es Richard Rohr. Das halte ich für einen passenden Begriff.

Aber immer wieder die Nummer abziehen, wie engstirnig doch manche Christen seien und dass wir doch am besten alle Religionen als Weg zu Gott feiern sollten, finde ich eine Zumutung.

Dahingehend vertrete ich die Auffassungen des 2. Vatikanischen Konzils.

NOSTRA AETATE: ÜBER DAS VERHÄLTNIS DER KIRCHE
ZU DEN NICHTCHRISTLICHEN RELIGIONEN


Die verschiedenen Religionen

2. Von den ältesten Zeiten bis zu unseren Tagen findet sich bei den verschiedenen Völkern eine gewisse Wahrnehmung jener verborgenen Macht, die dem Lauf der Welt und den Ereignissen des menschlichen Lebens gegenwärtig ist, und nicht selten findet sich auch die Anerkenntnis einer höchsten Gottheit oder sogar eines Vaters. Diese Wahrnehmung und Anerkenntnis durchtränkt ihr Leben mit einem tiefen religiösen Sinn.

Im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Kultur suchen die Religionen mit genaueren Begriffen und in einer mehr durchgebildeten Sprache Antwort auf die gleichen Fragen. So erforschen im Hinduismus die Menschen das göttliche Geheimnis und bringen es in einem unerschöpflichen Reichtum von Mythen und in tiefdringenden philosophischen Versuchen zum Ausdruck und suchen durch aszetische Lebensformen oder tiefe Meditation oder liebend-vertrauende Zuflucht zu Gott Befreiung von der Enge und Beschränktheit unserer Lage. In den verschiedenen Formen des Buddhismus wird das radikale Ungenügen der veränderlichen Welt anerkannt und ein Weg gelehrt, auf dem die Menschen mit frommem und vertrauendem Sinn entweder den Zustand vollkommener Befreiung zu erreichen oder - sei es durch eigene Bemühung, sei es vermittels höherer Hilfe - zur höchsten Erleuchtung zu gelangen vermögen. So sind auch die übrigen in der ganzen Welt verbreiteten Religionen bemüht, der Unruhe des menschlichen Herzens auf verschiedene Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch heilige Riten.

Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet.

Unablässig aber verkündet sie und muß sie verkündigen Christus, der ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat (4).


Deshalb mahnt sie ihre Söhne, daß sie mit KIugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr Zeugnis des christlichen Glaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und fördern.

http://www.vatican.va/archive/hist_coun ... te_ge.html

Selbstverständlich verkündigen Christen Jesus Christus und sein Evangelium, als den Weg, die Wahrheit und das Leben; in ihm finden sie die Fülle des Lebens und der religiösen Wahrheit. Das liegt in der Natur der Sache. Allerdings glaube ich auch, dass es ihre Aufgabe ist "in Klugheit und Liebe" mit den Bekennern anderer Religionen zu kooperieren, weil wir in einer global vernetzten Welt leben.
Wir können nicht mehr so tun, als wäre das Wahre, Gute und Edle nur im Christentum. Da können wir uns ebenfalls an den Ursprüngen orientieren: Paulus hat die griechische Kultur respektiert und das Gute gesehen. Seine Areopagrede zeigt, dass er sehr einfühlsam auf die Menschen seiner Zeit und Kultur einging. Schauen wir uns die Szene mal an, um zu sehen, wie interreligiöser Dialog erfolgversprechend mit der Verkündigung des eigenen Glaubens kombiniert werden kann:


"Sie nahmen Paulus mit, führten ihn zum Areopag und fragten: Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du vorträgst? Du bringst uns recht befremdliche Dinge zu Gehör. Wir wüssten gern, worum es sich handelt. Alle Athener und die Fremden dort taten nichts lieber, als die letzten Neuigkeiten zu erzählen oder zu hören. Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: Athener, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Menschen. Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT." (Apostelgeschichte 17, 19-23a)

Also wie geht der rhetorisch außerordentliche raffinierte Paulus vor: er lobt erst mal die Griechen für ihre großartige Kultur, für ihren geistigen Reichtum, er ehrt sie als fromme Menschen. Warum auch nicht? All das IST ausgesprochen ehrwürdig. Das könnte man beispielsweise im Dialog mit Muslimen beachten.

Da stellte sich Paulus in die Mitte der Moschee und sagte: Muslime, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Menschen[...]

:engel:
Zuletzt geändert von Novas am Mi 8. Feb 2017, 19:26, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#374 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 19:22

Novalis hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen!

Das sagen ALLE Glaubensgemeinschaften :) und jede ist davon überzeugt, dass ihre bevorzugte Bibelinterpretation den zugrundeligenden Bibeltext authentisch wiedergibt.
Die frage ist nur, ob sie ihrem Anspruch auch gerecht werden.

Novalis hat geschrieben:Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir akzeptieren würden, dass es gerade zur Freiheit des Glaubens gehört, dass die Heilige Schrift sehr vielfältig interpretiert werden kann.
Natürlich kann die Bibel vielfähltig interpretiert werden. Aber nicht völlig beliebig.

Novalis hat geschrieben:Die Theorie vom „mehrfachen Schriftsinn“ gehört zur spirituellen Tradition des Christentums:

„Mit vierfachem Schriftsinn (lat. quatuor sensus scripturae) wird der vorherrschende Ansatz der christlichen Bibel-Interpretation von der Alten Kirche bis ins späte Mittelalter bezeichnet. Bibelstellen lassen sich demnach nicht nur buchstäblich als konkrete historische Aussagen verstehen, sondern können auch als allegorische Aussagen über die Glaubenswirklichkeit, moralisch als Handlungsanweisung für den Glaubenden oder anagogisch als Ausdruck der Hoffnung gelesen werden. Erst Luther und andere Reformatoren der frühen Neuzeit wandten sich von dieser Sichtweise ab.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Vierfacher_Schriftsinn
Der vierfache Schriftsinn ist ein sehr interessanter bibelhermeneutischer Ansatz, welcher leider in der Reformation auf den Literalsinn verengt wurde.

Novalis hat geschrieben:
Will man die Bibel sprechen lassen, muss man sich als Leser zurücknehmen und die Fremheit der Bibel aushalten

Das klingt sehr theoretisch. Denn de facto ist der Leser immer involviert in dem Prozess des Verstehens und der Deutung. Der Leser kann die Bibel nur auf der Ebene des eigenen Reifegrades verstehen. Die Bibel ist als Weisheitstext eine Wegweisung, die uns auf dem spirituellen Weg leiten und helfen möchte, nicht mehr und nicht weniger. Die Bibel, alle Sakramente, die theologische Sprache (Glaubenssätze/Dogmen) sind allesamt nichts anderes, als externe Wegweiser, aber sie können niemals den Weg und die eigene innere Erfahrung ersetzen. Wenn Du Wasser trinken willst, bist Du ja auch nicht mit einem leeren Glas, dem bloßen Behälter zufrieden. Ich will meinen Durst stillen, das lebensspendende frische Wasser in mich aufnehmen und in meinem Inneren spüren.
Natürlich. Der Rezipient tritt gewissemaßen in einem Dialog mit der Schrift.

Novalis hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dabei mahnte Jesus, nicht zu richten. Es ist nicht unsere Sache über andere zu richten. Vielmehr sollten wir auf uns selbst achten, auf dem rechten Pfad zu wandeln und dem Nächsten helfen.

Das ist einer der genialsten Sätze, die Jesus je gesagt hat. Denn was offenbart er damit? Dass der Mensch in Wahrheit unablässig irgendwen oder irgendetwas richtet. Das menschliche Gehirn ist so programmiert. Da bringt es auch nicht viel, wenn wir uns gegenseitig dafür richten, dass wir das richten nicht lassen können, weil es hier um sehr tiefgreifende Denkmuster geht, die wir nur schrittweise loslassen können.
Ein sehr interessanter Aspekt. Ich stelle mir gerade vor, dass ich mit dem Finger auf Dich zeige und richte: Duuu hast gerichtet! Richte nicht! - Ja, das könnte passieren. Vorsicht Falle.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#375 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 19:24

Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Von Logan5 habe ich gelernt, dass sich jede Textinterpretation am zugrundeliegenden Text messen lassen muss.
Halman hat geschrieben:Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen!
Merkst was?
Nein.

Vielleicht liegt ein Missverständnis vor.

Wenn ich einen Beitrag von Dir empfange, dann interpretiere ich ihn. Woran muss sich diese Interpretation messen lassen?

Ich denke doch am Text Deines Beitrages. Also ob meine Deutung auch etwas mit Deinem Text zu tun hat und gemessen daran redlich vertreten werden kann.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#376 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 19:33

Novalis hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Von Logan5 habe ich gelernt, dass sich jede Textinterpretation am zugrundeliegenden Text messen lassen muss.
Halman hat geschrieben:Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen!
Merkst was?

:lol: Logan5 ist über jeden Zweifel erhaben.
Du hast es erfasst. Bild

Ernsthaft: Im Grunde war es so, dass er es lediglich innerhalb eines lägeren Beitrages recht gut ausdrückte und mich daran erinnerte. In meinem Deutschunterricht war die Textinterpretation bei Erörterungen der Kernpunkt und darin lag ich bei "gut" bis "sehr gut". Mein Schulwissen korrelierte also mit seinem Fachwissen. Ja, Fachwissen!

Sag mal, hast Du denn nicht gelernt, dass sich Textinterpretationen immer am zugrundeliegenden Text messen lassen müssen? Ist Dir dies neu? Na, dann weiß Du es nun.
Und die Bibel ist eine Textsammlung, deren Texte zu interpretieren sind. Und wer biblische Texte gewaltförderund interpetiert, tut sich unwissendlich oder arglistig im deutlichen Widerspruch zum biblischen Gesamtkontext. Somit liegt dann eine eindeutig feststellbare Fehlinterpretation vor, die man redlich abweisen muss. Ist Dir dies etwa neu? (Einige scheinen dies hier nicht zu wissen.)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#377 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 19:34

Andreas hat geschrieben:Mir ging es um was anderes. Mal sehen ob Halman das auffällt, was mir aufgefallen ist.
:?:
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#378 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Pluto » Mi 8. Feb 2017, 19:55

Halman hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir akzeptieren würden, dass es gerade zur Freiheit des Glaubens gehört, dass die Heilige Schrift sehr vielfältig interpretiert werden kann.
Natürlich kann die Bibel vielfähltig interpretiert werden. Aber nicht völlig beliebig.

Novalis hat geschrieben:Der vierfache Schriftsinn ist ein sehr interessanter bibelhermeneutischer Ansatz, welcher leider in der Reformation auf den Literalsinn verengt wurde.
Leider funktioniert die Welt aber nicht nach den vierfachen Interpretationen die die Theologen gerne hätten.
Will heißen: Etwas ist, oder ist nicht.

Mehrfache Interpretationen sind eine Fiktion, die mit der reale Welt nichts zu tun haben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5148
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#379 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Andreas » Mi 8. Feb 2017, 20:03

Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Von Logan5 habe ich gelernt, dass sich jede Textinterpretation am zugrundeliegenden Text messen lassen muss.
Halman hat geschrieben:Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen!
In dem ersten Zitat ist von Textinterpretation und vom zugrundeliegenden Text die Rede.
Im zweiten Zitat ist aus dem "Text" des ersten Zitats "die Bibel" geworden.

Halman hat geschrieben:Und die Bibel ist eine Textsammlung, deren Texte zu interpretieren sind.
Jaaa. Und wieso macht das dann keiner? Da liegt meiner Meinung nach der Hase im Pfeffer. Die Bibel ist eine Sammlung von Texten - eine Sammlung von Büchern - eine Bibliothek. Eine Bibliothek kann man nicht interpretieren - Texte schon.

"Die Bibel sagt ...", "Die Bibel ist Gottes Wort" und ähnliche Formulierungen setzen sich über "die Texte" hinweg. Das ist der Grund, warum es zu den unterschiedlichen "Bibelinterpretationen" kommt, welche in Wirklichkeit längst "Theologien" und keine Text-Interpretationen mehr sind.
Jedem Text liegt schon eine Theologie zu Grunde - aber nicht allen Texten liegt dieselbe Theologie zu Grunde. So schustert sich jeder seine Theologie aus "der Bibel" und aus "dem Wort Gottes" zusammen indem er Textbausteine aus verschiedenen Texten isoliert und nach eigenem Gusto miteinander vermischt.

Ich finde, dass man (jeder) sich dessen bewusst werden sollte. Dann bestünde die Chance, dass nicht um "die Wahrheit" gestritten würde, die jeder mit der Bibel in Händen zu halten glaubt, sondern um unterschiedliche Theologien verschiedener Glaubensgemeinschaften. Ich glaube, das diese hermeneutische Erkenntnis ein erster Schritt sein könnte, der konstruktivere Dialoge unter Christen ermöglichen würde.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#380 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 20:09

Halman hat geschrieben:Sag mal, hast Du denn nicht gelernt, dass sich Textinterpretationen immer am zugrundeliegenden Text messen lassen müssen? Ist Dir dies neu? Na, dann weiß Du es nun.
Und die Bibel ist eine Textsammlung, deren Texte zu interpretieren sind. Und wer biblische Texte gewaltförderund interpetiert, tut sich unwissendlich oder arglistig im deutlichen Widerspruch zum biblischen Gesamtkontext. Somit liegt dann eine eindeutig feststellbare Fehlinterpretation vor, die man redlich abweisen muss. Ist Dir dies etwa neu? (Einige scheinen dies hier nicht zu wissen.)

Das stimmt schon. Ich denke nur, dass die Mehrdeutigkeit zur Natur der biblischen Texte gehört. Was für manche orthodoxe Christen selbstverständlich erscheint, kann darum für Christen der westlichen Tradition sehr fremd und kaum verständlich sein. Dennoch sind wir alle Geschwister im Glauben und gemeinsam auf dem Weg. Wie könnte ich an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln, wenn ich solche Worte lese:

Verleihe, o Herr, dass die Ohren, die deinen Lobpreis gehört haben,
verschlossen seien für die Stimme des Streites und Unfriedens,
dass die Augen, die deine große Liebe gesehen haben,
auch deine selige Hoffnung schauen,
dass die Zungen, die dein Lob gesungen haben, hinfort die Wahrheit bezeugen,
dass die Füße, die in deinen Vorhöfen gestanden sind,
hinfort gehen auf den Wegen des Lichts
und dass die Leiber, die an deinem lebendigen Leib Anteil gehabt haben,
hinfort in einem neuen Leben wandeln.
(Aus einem alten orthodoxen Gebet am Ende der Liturgie)

Ein typisches Beispiel für eine Differenz: im östlichen Christentum spielen Ikonen eine sehr wichtige Rolle, da sie die Gegenwart von Christus, Maria, Engeln,Aposteln und Heiligen veranschaulichen. Sie sehen es so, dass eine Ikone die geheimnisvolle Gegenwart dessen realisiert, was darauf gemalt ist. Wie ein Fenster, welches für einen kurzen flüchtigen Moment etwas vom Licht der himmlischen Wirklichkeit durchscheinen lässt. Es gibt dazu eine eigene Theologie der Ikonen, was aber nicht als Idololatrie (Anbetung der Materie) missverstanden werden sollte.

Was sagt die orthodoxe Theologie zu diesem Vorwurf?
Wenn ein orthodoxer Christ sich vor einer Ikone niederwirft und sie küsst, hat dieser Vollzug für ihn nichts mit Verehrung der Materie zu tun. Denn die Ikone ist für ihn kein Idol (Götzenbild) sondern ein Ort für das Zusammenkommen der himmlischen und irdischen Welt. Die Verehrung, die er der Ikone darbringt, ist nicht auf die Materie des Holzes oder der Farben bezogen, sondern auf die in der Ikone dargestellte Person, d.h. letztlich auf Gott, der in jedem menschlichen Antlitz aufleuchtet.
Die Kirchenväter unterscheiden scharf zwischen der Anbetung, die nur Gott zukommt, und der Verehrung, die dem Abglanz Gottes in der irdischen Materie entgegengebracht wird. Die Materie sehen sie als geheiligt an, weil diese in der Ikone transparent für die himmlische Welt ist.

Die Ikone ist das irdische Abbild des himmlischen Urbildes. So wie das verkündete Wort des Evangeliums uns akustisch das Heil zuträgt, genau das Gleiche geschieht optisch durch die Ikonen. Sie sind für den orthodoxen Christen Zugang von dieser Welt hinüber zum Jenseits, zur himmlischen Welt. Sie sind Fenster zum Himmel. - Aufgrund dieser theologischen Begründung der Ikone praktiziert der orthodoxe Christ jene Verehrung nicht nur in der Kirche sondern auch bei sich zu Hause, wo er seine heilige Ecke mit den Ikonen hat, vor denen er betet.

http://www.orthodoxie-in-deutschland.de ... gkeit.html

Wenn man die dazu gehörige theologische Begründung nicht kennt, dann wird man dafür wenig Verständnis aufbringen.

Antworten