Andreas hat geschrieben:Tyrion hat geschrieben:So interpretiere ich das auch - für mich steht das diametral diesem alttestamentarischen Verständnis gegenüber, das hier von manchen propagiert wird.
Das klingt in meinen Ohren dann doch zu pauschal. Die Spätgeborenen kämen ohne die Vorarbeiten der Frühgeborenen nicht zu ihren Erkenntnissen und die Letztgeborenen stehen wiederum auf den Schultern der Spätgeborenen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Nachunsgeborenen von dem was wir ihnen hinterlassen haben werden, nicht alles gut und nicht alles schlecht finden werden. Manches werden sie als Segen empfinden, anderes als Fluch. Bestenfalls wird uns dann mit Dankbarkeit und Vergebung gedacht. Ich habe die Hoffnung, dass sie es etwas besser machen werden als wir.
Hm, ich glaube, jetzt verstehe ich dich nicht mehr wirklich. Eswäre ja ziemlich unlogisch, wenn Gott ständig seine Meinung und Grundeinstellung ändern würde. Erst mit Zorn und Rache und Auge um Auge, Steinigung für Kleinigkeiten, später weniger Regeln, nicht mehr alles so ernst, dann noch später Vergebung auf ganzer Linie und Liebe...
Das AT wurde von "Frühgeborenen" geschrieben, was aber nicht heißt, dass alles, was da steht, wortwörtlich richtig ist. Dass man aus der Geschichte lernen kann und sollte, ist doch klar. Das hat aber nichts damit zu tun, dass sich die beiden Teile der BIbel teils krass widersprechen. Und da ich eben Massenmord und Genozid einfach nur abartig finde, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Teil eines liebenden, vergebenden Gottes ist. Ergo - AT: vieles so primitiv, weil die Kultur damals noch so primitiv war.
Tyrion hat geschrieben:Nein, im ernst - wovor sollte ein Nichtchrist in Bezug auf das Christentum Angst haben? Einerseits vor der Wiederholung dessen, was Christen in den letzten zwei Jahrtausenden verbrochen haben, andererseits davor, dass sie die harten Bibelstellen zuernst nehmen, was zu erstens geführt hat.
Die Vergangenheit kann man nicht ändern - nur aus ihr lernen. Soll jeder vor mir Angst haben, weil ich als Deutscher immer eine deutsche Vergangenheit habe
Du vergleichst Äpfel mit Birnen. "Deutscher" zu sein heißt nicht, einer Ideologie anzuhängen. Wenn ich aber Neonazis ansehe, dann habe ich durchaus Angst vor denen - auch, weil ich weiß, was deren Vorgänger im Geiste alles getan haben. Und wenn ich heutige Hardcore-Sozialisten betrachte, die hier politisch aktiv sind, dann würde ich mir auch Sorgen machen, was wäre, wenn die Macht bekämen. Das sind Ideologien - die Grundideen der Ideologie machen mir Angst. Ich habe aber keine Angst vor jemandem, weil er Deutscher ist oder Mensch.
Nun, Christen sind auch Teil einer Ideologie. Im Moment wird diese hier bei uns noch friedlich ausgelegt. Aber genau die gleiche Ideologie führte zu schwersten Verbrechen.
Würde mir ein Neonazi sagen, er setze sich für freidliche Seperation der "Rassen" ein, jede soll ein eigenes Land haben und alle sollen glücklich sein und er habe mit der Gewalt und den Verbrechen der früheren Nazis nichts am Hut... zudme hätten die die Rassenlehre ja falsch ausgelegt, denn sie haben Gewalt angewandt (usw.) - ja, dann wäre ich skeptisch.
Wenn eine Religion, die aufgrund von Auslegungen ihrer Heiligen Schrift übelste Verbrechen begangen hat - über viele Jahrhjunderte hinweg - dann mache ich mir durchaus Sorgen, wenn ich eine neue Tendenz hin zu radikaler Auslegung dieser Religion sehe. Daher: wehret den Anfängen.
Beispiel aus dem 2jesus-Forum... folgendes Posting ist dort zu lesen:
Wir dürfen nicht vergessen, was für Völker das waren und was sie angerichtet haben. Diese Völker hatten es soweit getrieben, dass sie ihre eigenen Kindern den Dämonen geopfert haben. Ich glaube auch in unserer heutigen Welt wäre es nicht gerne gesehen wenn Leute anfangen ihre eigenen Kinder zu opfern.
Sie mussten ausgerottet werden. Was aber taten die Israeliten? Sie rotteten sie nicht ganz aus, was zur Folge hatte, dass die Israeliten selbst ihre Kinder den Dämonen/Götzen opferten.
Quelle:
http://www.bibel.com/jesus-forum/gott-i ... ml#p482608
Dieser Th... ist der Meinung, dass die Kanaaniter hätten ausgerottet werden müssen. Also alle, Männer, Frauen, Kinder... Als Begründung dient ihm, dass dort eigene Kinder geopfert wurden (wenn das stimmt - aber auch die Kelten hatten Menschenopfer im Programm, hätte man die auch komplett ausrotten(!) sollen?
Gnädigerweise rotteten die Israeliten die Kanaaniter nicht komplett aus - und das war falsch, da die Israeliter deshalb(!) nun selbst Kinder geopfert haben sollen.
Kurz gesagt: da ist ein sogenannter Christ, der Genozid als richtig empfindet - und diesen noch komplett bis zum letzten Kleinkind.
Das wäre eine Einzelmeinung, ja. Aber in diesem Forum voll mit (fundamentalistischen) "Christen" gab es nicht einen einzigen Widerspruch - auch nicht von den Moderatoren.
Nun gut - es gibt also offenbar Christen, die Massenmord und Genozid nicht schlimm, sondern gerecht finden, wenn ihr Gott das so will. Wenn auch nur einer von denen schizophren wird und Stimmen hört, kann derjenige zum Mörder für Gott werden. Und warum? Weil in dieser teils zutiefst unheiligen Schrift Massenmord und Genozid verherrlicht wird (in manchen Kapiteln). Dass das Gleiche in anderen Kapiteln als falsch bezeichnet wird, überliest der radikalisierte Christ eben. Schweigen ist Zustimmung. bibel.com - offenbar ein Ort für Verfassungsfeinde und Menschenhasser?
Jetzt sag mir bitte, warum ich vor radikalen Christen keine Angst haben soll - und bitte nicht durch das "alle Deutschen"-Argument. Das finde ich dann nicht genügend differenziert.
Im AT gibt es eben auch unerhörte Glanzlichter unschätzbaren Wertes.
Schön... das macht die Verbrechen nicht wett, finde ich. Man findet sicherlich auch in anderen Ideologien nette Passagen in Propagandaschriften.
Wenn man die alttestamentliche Geschichtsdeutung mit anderen vergleicht, muss einem auffallen, welches Maß an Selbstkritik dort zu finden ist - ganz im Gegensatz zu den Hinterlassenschaften anderer Kulturen, welche überwiegend das Positive überlieferten.
Hm, sehr pauschal. Die alten Römer waren teils sehr selbstkritisch. Siddharta (ich hoffe, ich schreibe ihn richtig) hat auch kritische Dinge betrachtet... Ich glaube nicht, dass alle(?) anderen Kulturen nur Positives überliefert haben.
Außerdem wird im AT vieles aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Das kann man als Widersprüche auffassen oder als fortschreitenden Diskurs, den man nachvollziehen kann, den man nach-denken kann. Es wurde durchaus aus falschen Gottesbildern gelernt,
Sage ich doch...
beispielsweise dass das Ergehen des Menschen nicht abhängig davon ist, ob sein Tun gut oder böse ist...
Äh, wie meinen?
Die Bibel lesen kommt mir vor, wie ein Blick in ein Kaleidoskop. Die Gottesbilder die ich darin wahrnehme, sind veränderlich, sie hängen auch von meinen Bewegungen, der Art wie ich dieses Kaleidoskop ins Licht halte ab.
Gottesbilder - eben. Welches stimmt dann? Oder ist es ein Zufallsorakel wie beim Pendeln oder Tarotkartenlegen? Die Analogie trifft vielleicht - auch wenn manche panische Angst davor haben. Zieht man täglich eine Karte und denkt über diese nach (als Zufallsorakel), dann ist das ja genau ein Blick in ein Kaleidoskop - auch da: Zufall. Ist Gott nun immer anders und man kann seine Tagesstimmung auswürfeln? Oder sind nur die ganzen Gottesbilder der Bibel zufällig, also beliebig?
Ich sehe ein dynamisches Bild, zusammengesetzt aus dem Stückwerk alten Glases und jede bunte Scherbe ist eine Frage nach Gott.
Ja, jetzt kommt das Bild der Tarotkarten noch klarer rüber.
Der Ausdruck "Gottes Wort" beschneidet diese wunderbare Dynamik.
Eben - wie kann das alles Gottes Wort sein? Kann es eben nicht.
Er suggeriert eine Wahrheit, ein unveränderliches Gottesbild und dann versucht man alles unter einen Hut zu quetschen und damit die Menschen einzuengen, zusammenzupferchen wie die Fahrgäste mancherorts von Helfern in überfüllte U-Bahnen gepresst werden. Der zarte Hauch des Geistes wird so zu dicker Luft. Dafür kann aber das AT nichts - das liegt in der Verantwortung des Lesers.
Das würden viele Atheisten genauso ausdrücken.
Sollte es Gott geben, dann wäre die Vorstellung witzig, wenn er Christen als erstes fragen würde, ob sie an alles, was in der BIbel steht, als Gottes Wort glauben. Und wenn sie ja sagen, erstmal lachen würde - und dann fragen würde "Wie konntest du an all diese Gerüchte über mich glauben, zumal sie sich ja völlig widersprechen?" Irgendwie hätte er Recht, dieser Gott.
Ich habe ja keine Angst vor normalen, friedlichen Christen, die kulturtell bedingt sonntags in die Kirche gehen und ab und an mal beten. Vor den hochkommenden Fundi-Strömungen mache ich mir ganz real Sorgen. Wer beispielsweise überzeugt ist, die Erde sei 6000 Jahre alt, der glaubt doch alles, was in der Bibel steht. Inklusive dem "dunklen" Ballast des AT. Solchen Menschen begegne ich lieber nicht allein. Wenn die wüssten, wie viele der Regeln, die Christen auferlegt werden, breche, dann weiß ich nicht, wie sie reagieren. Allein wenn ich die 7 Todsünden ansehe... Ich mache quasi alles, was anderen nicht schadet, ohne schlechtes Gewissen und kann es auch genießen. Christen können da sehr massiv werden. (nicht alle)