Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#111 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mi 21. Dez 2016, 07:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das heißt, als der Mensch noch nicht existierte, gab es die Welt noch nicht. Ausgeschlossen.
GLAUBE (!) ich genauso wie Du - aber niemand kann es nachweisen. - Es ist nicht eine Sache der Praktikabilität, sondern der intelellektuellen Disziplin, dies einzuräumen.
Vor allem ist es eine Sache der Naturwissenschaften, deshalb braucht man das nicht immer wieder in Frage zu stellen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du solltest Dein Augenmerk auf das Original richten, nicht auf Rezeptionen.
Es GIBT keine Original - die Evangelien sind Rezepeptionen dessen, was man vom Original Jesus verstanden hat.
Eben, bereits Paulus bedeutet Veränderung/Verfälschung. Deshalb auch sein auffallendes Desinteresse am "fleischlichen" Jesus. Die Forschung versucht nun, authentisches Material von nicht authentischem zu trennen. Kanoniker und Glaubensdogmatiker versuchen das erst gar nicht. Warum auch? Wenn die Schriften vom Heiligen Geist inspiriert sind, braucht man sie auch nicht in Frage zu stellen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wirkliche Geschehnisse sind automatisch historisch, das ist doch wieder mal eine Binsenweisheit. Egal ob sie theologisch oder sonst wie begründet werden.
Eben. - Und deshalb ist systematische Theologie ein Hinweis auf Historie, ohne Historie primär zu untersuchen.
Es ist vor allem ein Hinweis darauf, dass man fromme Lyrik den Anschein von Historie geben will.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist die Befundlage in der neutestamentlichen Forschung, ob einem das gefällt oder nicht.
Das ist die Befundlage der HKM - diese Befundlage wird in der Theologie ernst genommen, ist aber nicht Maßstab.
Dann ist es nur ein Lippenbekenntnis, um den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu wahren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: "Man kann nicht gleichzeitig 2 Herren dienen..." ist typisch für einen religiösen Eiferer/Fanatiker, der keine Kompromisse eingeht.
Dann wären Säkularisten, die eine Trennung von Staat und Kirche fordern, säkular-religiöse Eiferer. - Mir ginge das weit.
Du kapierst es nicht. Gebt dem Kaiser... und Man kann nicht 2 Herren dienen[/i...sind fundamental unterschiedliche Ansätze. Aber wie gesagt, erleichterte das die Trennung von Kirche und Staat. Die radikale Ethik Jesu war sowieso nur eine Art Interimsethik für den kurzen Zeitraum bis zum nahen Gottesreich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbstverständlich kann die Forschung unterschiedliche theologische Ansätze herausarbeiten und das tut sie ja auch.
Aber nur von außen, so lange sie säkular interpretiert. - Strukturell kann sie es, aber nicht substantiell.

So ein Unfug. Nur weil du substantiell mit dran glauben geichsetzt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:sondern die Frauen als Einfallstor der Versuchung zu Menschen zweiter Klasse, wenn nicht Schlimmerem machte
Das hat die Kirche zeitweise wirklich gemacht. - Damit sollte man aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, indem man die unterschiedlichen Charismen von Mann und Frau negiert.

Welche unterschiedlichen Charismen? Die biologischen?

closs hat geschrieben: Dies ist ein "gutes" Beispiel dafür, wie man eine Haltung Jesu gesellschaftlich verfremden kann. - Um so wichtiger ist es, das Normative vom Deskriptiven zu trennen - will heißen: Man kann Jesus nicht für die Hämmer der Kirche verantwortlich machen.

Wer tut das denn? Die Forschung jedenfalls nicht, denn gerade sie hat doch die Verfälschung der Lehre Jesu schon in den Evangelien und erst recht der späteren Kirche aufgezeigt. Das muss aber nicht heißen, dass die Lehre Jesu immer die bessere Lösung gewesen wäre. (siehe oben)
Thoraverschärfung bedeutet auch immer eine Art von Radikalisierung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#112 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mi 21. Dez 2016, 07:41

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ja - kläre mal die Exegeten auf...Sie werden Dir unendlich dankbar sein.
Die einen muss man nicht aufklären, die anderen lassen sich nicht aufklären. - Meinst Du ernsthaft, jemand wie Kubitza wäre für Aufklärung offen?
Natürlich, er klärt ja auch im besten Sinne auf, da die Kirche das aus nachvollziehbaren Gründen nicht tut. (Conzelmann läßt grüßen)

Aber noch ein Wort zur Aufklärung:

"Wenn Politiker in Sonntagsreden von den christlichen Werten sprechen, meinen sie
damit in Wirklichkeit Werte der Aufklärung, sind sich dessen aber nicht bewusst. Unsere
Gesellschaft hat viel mehr von der Aufklärung übernommen als vom Christentum. Wenn
vor allem Protestanten immer wieder behaupten, dass die Aufklärung letztlich irgendwie
ihre Wurzeln im Christentum habe, ist das glatte Rosstäuscherei oder zumindest ein
Schmücken mit fremden Federn. Es wird bei einer Sichtung sogar deutlich, wie wenig
spezifisch christliches Gedankengut unsere Gesellschaftsund Rechtsordnung tatsächlich
geprägt hat, ja mehr noch, wie das Christentum unserer Gesellschaftsordnung im
eigentlichen Sinne widerspricht.
Der Toleranzgedanke z. B. ist dem Christentum seinem Wesen nach fremd, für ein
modernes Gemeinwesen jedoch konstitutiv. Toleranz ist kein christlicher Wert, die
Aufklärer haben nicht an christliche Vorbilder oder Gedanken anknüpfen können.
Dennoch ist man geneigt, das heutige Christentum als eher tolerante Religion zu
verstehen, vor allem im protestantischen Bereich. Dies liegt jedoch daran, dass das
abendländische Christentum selbst die Aufklärung durchlaufen und von daher den Wert
der Toleranz adaptiert hat. Nun meint es fälschlich, Toleranz habe immer schon zu
seinem Wesen gehört. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt deutlich, dass nicht
Toleranz, sondern Intoleranz die weitaus größten Teile der Kirchengeschichte bestimmt
hat. Schon der alttestamentliche Gott war ein eifersüchtiger Gott, der die Verfolgung
fremder Völker und Kulte befohlen hat. Und nachdem das Christentum im Römischen
Reich selbst nicht mehr verfolgt wurde, begann es seinerseits sofort mit der Verfolgung
von Abweichlern und polytheistischen Altgläubigen. Der Abfall vom rechten Glauben
wurde ein Staatsverbrechen, gegen das kirchliche und weltliche Herrschaft vereint
vorgingen. Dies wird verständlich aus dem Selbstverständnis einer Religion, die sich als
die einzig wahre verstanden hat, von Gott selbst offenbart, und wo ein Abfall ein
Vergehen gegen Gott selbst darstellte. Die Intoleranz war deshalb kein Versagen
Einzelner oder der Kirche insgesamt, sie ergab sich folgerichtig aus dem System einer
sich exklusiv verstehenden Religion. Deshalb hatte die Aufklärung ihre Gegner auch
gerade in klerikalen Kreisen (wie allerdings auch manche Befürworter). Toleranz wurde
schlicht als Verrat am einen und einzigen Gott empfunden und gebrandmarkt. Deshalb
hat vor allem der Katholizismus die Aufklärung und ihre Begleitumstände noch bis weit
ins 20. Jahrhundert hinein bekämpft. Im Syllabus Errorum von 1864 verurteilte Pius IX.
die modernen Irrtümer, setzte jedoch für sich selber auf dem Ersten Vatikanischen
Konzil die Unfehlbarkeit durch. Pius X., auf den sich noch heute katholische
Traditionalisten berufen, führte 1910 den Antimodernisteneid ein, der noch bis in die
60er-Jahre hinein für Kleriker verpflichtend war und die Amtsträger ideologisch auf Linie
halten sollte. Den Schritt in die Moderne hat der Katholizismus erst mit dem Zweiten
Vatikanischen Konzil (1962–65) halbherzig vollzogen, seitdem sind, vor allem unter den
Päpsten Woytila und Ratzinger, eher Rückschritte als Fortschritte zu erkennen. Es ist ein
Skandal, dass eine Religion immer noch einen so großen gesellschaftlichen Einfluss hat,
die in ihrer Lehre elementaren Grundsätzen unserer Gesellschaft widerspricht."

Kubitza, Der Jesuswahn

Wenn also Politiker immer von den "christlichen Werten" des Abendlandes sprechen, dann meinen sie eigentlich die Errungenschaften der Aufklärung, die gegen Kirche und Christentum durchgesetzt werden mußten, so meint auch Richard David Precht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#113 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 21. Dez 2016, 08:40

Münek hat geschrieben:Es steht Dir frei, diese Feststellung "geistig" zu falsifizieren. Gib mir Bescheid, wenn Du es geschafft hast.
Längst passiert - logisch absolut einfach und klar. - Aber das müssen wir nicht noch mal aufrollen.

Münek hat geschrieben:Dein Vorwurf, es werden historisch-kritische Ergebnisse von der universitären Exegese zu Fakten erhoben, ist schlicht die Unwahrheit.
Das ist die alte Leier:
* Man setzt per Methode, sagt aber formell, man habe keine Setzungen.
* Man behandelt eigene Aussagen als Fakten, sagt aber formell, man tue es nicht.
Feigenblätter, die man anderen und wahrscheinlich sogar sich selbst vor die Augen hält.

Münek hat geschrieben:Nach dem Katholischen Katechismus hat Gott die von ihm erwählten Verfasser der biblischen Schriften im Wege geistiger Inspiration veranlasst
Richtig.

Münek hat geschrieben:ausschließlich die Worte niederzuschreiben, die er ausdrücklich wollte.
Falsch.

Münek hat geschrieben:Es gehört keinesfalls zum Aufgabenbereich der systematischen Theologie (Dogmatik, Fundamentaltheologie), biblische Texte auszulegen. Dies obliegt ausschließlich dem Fachbereich "EXEGESE".
Die Systematische Theologie macht natürlich keine Text-Exegese im engeren Sinnen, aber sie baut ihre Deutung auf derselben auf. - Da Rohstoff, hier geistige Deutung und SChlussfolgerungen daraus.

Münek hat geschrieben:Diese Exegeten gibt es vielleicht in Deiner Fantasie, aber nicht an den theologischen Fakultäten (Stichwort: Wissenschaft).
Das ist falsch - es gibt sehr wohl auch Christen, die wissenschaftlich Exegese betreiben. - Technisch-wissenschaftlich gehen sie genauso vor wie ihre säkularen Kollegen - aber sie interpretieren anders.

Münek hat geschrieben:Diese haben sie ganz sicher. Sonst wären sie keine Theologieprofessoren.
Diese Begründung ist falsch. - Man muss kein geistiger Mensch sein, um Professor zu werden.

Münek hat geschrieben: Die persönliche Glaubensvorstellung ist vollkommen unwichtig und hat in einer wissenschaftlichen Diziplin unbedingt außen vor zu bleiben.
Bei reinen Sachbeobachtungen stimmt das ja, aber eben nicht bei Interpretationen. - Da kommen auf Basis der Sachbeobachtungen ganz unterschiedliche Interpretationen, je nach dem, ob jemand christlich oder säkular formatiert ist.

Münek hat geschrieben:Was Du unter Aufklärung verstehst ist das genaue Gegenteil von Aufklärung.
Das sieht man umgekehrt genauso - ein Ratzinger empfindet sich um Längen aufgeklärter als ein Metzinger - und umgekehrt.

Münek hat geschrieben: Gerade Kubitza klärt die Menschen auf, indem er ihnen in verständlicher Form die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung nahebringt
Das glaubt er - und Du glaubst es auch.

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#114 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 21. Dez 2016, 08:54

sven23 hat geschrieben:Vor allem ist es eine Sache der Naturwissenschaften
Diese Frage ist genau NICHT eine Frage der Naturwissenschaften - diese kommt erst auf den Plan, NACHDEM man diese Frage weltanschaulich gelöst hat.

sven23 hat geschrieben:Eben, bereits Paulus bedeutet Veränderung/Verfälschung. Deshalb auch sein auffallendes Desinteresse am "fleischlichen" Jesus.
Richtig - ihn interessiert, was Jesus in seiner geistigen Bedeutung (in der Geschichte) ist.

sven23 hat geschrieben: Die Forschung versucht nun, authentisches Material von nicht authentischem zu trennen. Kanoniker und Glaubensdogmatiker versuchen das erst gar nicht.
Letztere versuchen, geistig anthentisch von geistig unauthentisch zu trennen - was entspricht der Intention des historischen Jesus, was nicht.

sven23 hat geschrieben:Dann ist es nur ein Lippenbekenntnis, um den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu wahren.
Nein - man nutzt es gerne. - Für Deine Gedanken hat man überhaupt keine Zeit und keinen Sinn.

sven23 hat geschrieben:Gebt dem Kaiser... und Man kann nicht 2 Herren dienen[/i...sind fundamental unterschiedliche Ansätze.
Habe ich nie so verstanden, sondern im Sinne von: Diene EINEM Herren und schmeiße denen Brocken hin, die das irdische Recht darauf haben.

sven23 hat geschrieben:Nur weil du substantiell mit dran glauben geichsetzt.
Nee - eigentlich nicht. - Denn auch ein geistig gut besetzter Rabbi oder Imam kann das - aber ein Materialist kann es nicht, wenn er seinen Materialismus ernst nimmt. (Natürlich kann es den Fall geben, dass einer meint, er sei Materialisti, ist es aber nicht - solche Fälle meine ich nicht)

sven23 hat geschrieben:Welche unterschiedlichen Charismen? Die biologischen?
Gibt es biologische Charismen?

sven23 hat geschrieben:Thoraverschärfung bedeutet auch immer eine Art von Radikalisierung.
Stimmt - so war es auch gemeint. - Aber es war als friedliche Radikalisierung gemeint - Martin Luther King steht dafür.

sven23 hat geschrieben:Natürlich, er klärt ja auch im besten Sinne auf
Aus meiner Sicht wird man damit dem ernsthaften Sinn des Wortes "Aufklärung" NICHT gerecht. - Aber: Wahrscheinlich hast Du in Bezug auf den heutigen Lauf der Dinge recht - man versteht es so, wie Du es meinst.

sven23 hat geschrieben:Wenn also Politiker immer von den "christlichen Werten" des Abendlandes sprechen, dann meinen sie eigentlich die Errungenschaften der Aufklärung, die gegen Kirche und Christentum durchgesetzt werden mußten, so meint auch Richard David Precht.
Das stimmt auf einer bestimmten Ebene, ist aber in der Substanz wirklich ein Irrtum. - Man müsste sehr aufgeklärt sein, um das auseinander-zu-differnezieren. :D

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#115 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 21. Dez 2016, 10:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nach dem Katholischen Katechismus hat Gott die von ihm erwählten Verfasser der biblischen Schriften im Wege geistiger Inspiration veranlasst
Richtig.

Münek hat geschrieben:ausschließlich die Worte niederzuschreiben, die er ausdrücklich wollte.
Falsch.
Katholischer Katechismus Nr. 106:

"Zur Abfassung der Heiligen Schriften hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und
Kräfte dazu dienen sollten, all das und NUR das, was er selbst wollte, als wahre Verfasser (Autoren) schriftlich zu überliefern."

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sven23
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#116 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mi 21. Dez 2016, 10:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Vor allem ist es eine Sache der Naturwissenschaften
Diese Frage ist genau NICHT eine Frage der Naturwissenschaften - diese kommt erst auf den Plan, NACHDEM man diese Frage weltanschaulich gelöst hat.
Wieso, die Frage ist doch längst gelöst. Das Universum ist knapp 14 Mrd. Jahre alt, die Erde ist knapp 5 Milliarden Jahre alt, der Mensch erschien erst vor 200.000 Jahren auf der Bildfläche. Was hat das mit Ideologie zu tun?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, bereits Paulus bedeutet Veränderung/Verfälschung. Deshalb auch sein auffallendes Desinteresse am "fleischlichen" Jesus.
Richtig - ihn interessiert, was Jesus in seiner geistigen Bedeutung (in der Geschichte) ist.
Der als "Fresser und Weinsäufer" bezeichnete und sich von Frauen aushalten lassende, nicht verheiratete Jesus war sicher eine Zumutung für traditionelle Juden, und vermutlich für den spröden Paulus ebenso, deshalb schwieg er lieber darüber.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Forschung versucht nun, authentisches Material von nicht authentischem zu trennen. Kanoniker und Glaubensdogmatiker versuchen das erst gar nicht.
Letztere versuchen, geistig anthentisch von geistig unauthentisch zu trennen - was entspricht der Intention des historischen Jesus, was nicht.
Natürlich untersucht sei "Geistiges", wenn es sich in den Texten niedergeschlagen hat. Die unterschiedlichen theologischen Ansätze sind aber vorhanden und werden von der Forschung aufgezeigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann ist es nur ein Lippenbekenntnis, um den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu wahren.
Nein - man nutzt es gerne. - Für Deine Gedanken hat man überhaupt keine Zeit und keinen Sinn.
Schon klar, weil man inzwischen weiß, dass man mit der historisch-kritischen Methode hinten runter fällt. Aber zum Trost: das ginge praktisch jeder Religion so. Es ist und bleibt fromme Lyrik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gebt dem Kaiser... und Man kann nicht 2 Herren dienen...sind fundamental unterschiedliche Ansätze.
Habe ich nie so verstanden, sondern im Sinne von: Diene EINEM Herren und schmeiße denen Brocken hin, die das irdische Recht darauf haben.
Du bist ja auch ein Laie, wie wir alle hier. Deshalb ist es ja so wertvoll, dass man auf die Forschungsergebnisse zurückgreifen kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur weil du substantiell mit dran glauben geichsetzt.
Nee - eigentlich nicht. - Denn auch ein geistig gut besetzter Rabbi oder Imam kann das - aber ein Materialist kann es nicht, wenn er seinen Materialismus ernst nimmt. (Natürlich kann es den Fall geben, dass einer meint, er sei Materialisti, ist es aber nicht - solche Fälle meine ich nicht)
Jede Religion findet "Substanz" in ihrer Religion. Oder meinst du, die Vertreter einer Religion würden zugeben, Anhänger einer substanzlosen Lehre zu sein. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche unterschiedlichen Charismen? Die biologischen?
Gibt es biologische Charismen?
Wenn man es so nennen will: der Mann zeugt, die Frau gebärt. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Thoraverschärfung bedeutet auch immer eine Art von Radikalisierung.
Stimmt - so war es auch gemeint. - Aber es war als friedliche Radikalisierung gemeint - Martin Luther King steht dafür.
Ganz so friedlich war er wohl doch nicht, sonst wäre er nicht hingerichtet worden. Bergpredigt und Johannesevangelium gelten als keine authentischen Jesusworte, sondern eher als fromme Lyrik der Verfasser. Ich bin gekommen, das Schwert zu bringen.... deuten auf einen radikaleren Jesus hin, als der Softie der Bergpredigt. "Ihr habt aus Jesus einen ganz anderen gemacht..." schreibt ein unbekanntes Mitglied der Urgemeinde.
Sein Auftritt im Jerusalemer Tempel hat ihm dann wohl das Genick gebrochen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich, er klärt ja auch im besten Sinne auf
Aus meiner Sicht wird man damit dem ernsthaften Sinn des Wortes "Aufklärung" NICHT gerecht. - Aber: Wahrscheinlich hast Du in Bezug auf den heutigen Lauf der Dinge recht - man versteht es so, wie Du es meinst.
Es ist Aufklärung in Kants Sinne. Bediene dich deines eigenen Verstandes und glaube nicht alles, was man dir vorsetzt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn also Politiker immer von den "christlichen Werten" des Abendlandes sprechen, dann meinen sie eigentlich die Errungenschaften der Aufklärung, die gegen Kirche und Christentum durchgesetzt werden mußten, so meint auch Richard David Precht.
Das stimmt auf einer bestimmten Ebene, ist aber in der Substanz wirklich ein Irrtum. - Man müsste sehr aufgeklärt sein, um das auseinander-zu-differnezieren. :D
Das ist ja gerade das Mißverständnis, dass hier Aufklärung und Christentum/Kirche verwechselt werden. Erst mit der Aufklärung wurde das Christentum verträglich. Es sind die Werte der Aufklärung, die aber dann irrtümlicherweise dem Christentum gut geschrieben werden, weil es sich mit der Aufklärung ändern mußte.
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#117 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 21. Dez 2016, 10:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was Du unter Aufklärung verstehst ist das genaue Gegenteil von Aufklärung.
Das sieht man umgekehrt genauso - ein Ratzinger empfindet sich um Längen aufgeklärter als ein Metzinger - und umgekehrt.
Ratzinger ist ein engstirniger orthodoxer Dogmatiker. Mich wundert es, dass er als Papst nicht wieder den "Antimodernisteneid" eingeführt hat, der erst im Jahre 1967 (!) abgeschafft wurde. Aber das hat er dann doch nicht gewagt. Die Blamage wäre zu groß gewesen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Gerade Kubitza klärt die Menschen auf, indem er ihnen in verständlicher Form die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung nahebringt
Das glaubt er - und Du glaubst es auch...
... und die überwiegende Mehrheit der Leser seiner aufklärenden Bücher. Dass er von orthodoxen Christen zutiefst abgelehnt wird, kann man verstehen. Wer möchte schon gern mit schmerzlichen Wahrheiten konfrontiert werden?

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#118 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mi 21. Dez 2016, 11:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gehört keinesfalls zum Aufgabenbereich der systematischen Theologie (Dogmatik, Fundamentaltheologie), biblische Texte auszulegen. Dies obliegt ausschließlich dem Fachbereich "EXEGESE".
Die Systematische Theologie macht natürlich keine Text-Exegese im engeren Sinne...
... und auch nicht im weiteren Sinne. Sie betreibt überhaupt keine Bibelexegese.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Exegeten gibt es vielleicht in Deiner Fantasie, aber nicht an den theologischen Fakultäten (Stichwort: Wissenschaft).
Das ist falsch - es gibt sehr wohl auch Christen, die wissenschaftlich Exegese betreiben. - Technisch-wissenschaftlich gehen sie genauso vor wie ihre säkularen Kollegen - aber sie interpretieren anders.
Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Du solltest unbedingt Deine mangelhaften Kenntnisse im Bereich der praktizierten historisch-kritischen Textauslegung beheben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese haben sie ganz sicher. Sonst wären sie keine Theologieprofessoren.
Diese Begründung ist falsch. - Man muss kein geistiger Mensch sein, um Professor zu werden.
Jawoll - die Theologieprofessoren sind allesamt geistlose Hohlköpfe - und dazu noch vom Teufel besessen. :devil:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die persönliche Glaubensvorstellung ist vollkommen unwichtig und hat in einer wissenschaftlichen Diziplin unbedingt außen vor zu bleiben.
Bei reinen Sachbeobachtungen stimmt das ja, aber eben nicht bei Interpretationen.
Leider ist die Interpretation von Bibeltexten die ureigene Aufgabe der Exegeten.

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#119 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mi 21. Dez 2016, 13:00

Münek hat geschrieben:"Zur Abfassung der Heiligen Schriften hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und
Kräfte dazu dienen sollten, all das und NUR das, was er selbst wollte, als wahre Verfasser (Autoren) schriftlich zu überliefern."
Und WAS will er?

sven23 hat geschrieben:Wieso, die Frage ist doch längst gelöst.
Aus meiner Sicht ist sie genauso gelöst, wie Du meinst. - Aber mir ist bewusst, dass diesem "Wissen" eine Setzung vorausgeht.

sven23 hat geschrieben:Die unterschiedlichen theologischen Ansätze sind aber vorhanden und werden von der Forschung aufgezeigt.
Strukturell/beschreibend werden sie aufgezeigt - so wie man als Biologe aufzeigen kann, dass Lachse am Platz ihrer Geburt laichen. Aber sie sind keine Lachse, die es selber erleben.

sven23 hat geschrieben:Schon klar, weil man inzwischen weiß, dass man mit der historisch-kritischen Methode hinten runter fällt.
Du überschätzt komplett die Rolle der HKM in der Theologie. - Man fühlt sich dort weder bedroht noch "runtergefallen" - man versteht die HKM als wichtige und nützliche Disziplin, die innerhalb der Theologie verarbeitet wird.

sven23 hat geschrieben:Du bist ja auch ein Laie, wie wir alle hier. Deshalb ist es ja so wertvoll, dass man auf die Forschungsergebnisse zurückgreifen kann.
Überschätze die Wissenschaft nicht - sie arbeitet beschreibend/strukturell und nicht ungebedingt verstehend.

sven23 hat geschrieben:Jede Religion findet "Substanz" in ihrer Religion.
Wenn es eine Religion ist, die auf ihre Weise authentisch zu dem ist, was der Fall ist, ist das tatsächlich so. - Deswegen verstehen sich doch Theologen, Imame, Rabbis untereinander besser als "Geistige" und "Säkulare".

sven23 hat geschrieben: Ich bin gekommen, das Schwert zu bringen.... deuten auf einen radikaleren Jesus hin, als der Softie der Bergpredigt.
Das ist vereinbar - man kann radikal lieben. - Übrigens ein Grundmotiv des AT.

sven23 hat geschrieben:Es ist Aufklärung in Kants Sinne. Bediene dich deines eigenen Verstandes und glaube nicht alles, was man dir vorsetzt.
Das ist zu allgemein - darauf beruft sich jeder halbwegs gute Theologe genauso.

sven23 hat geschrieben: Erst mit der Aufklärung wurde das Christentum verträglich.
Da ist was dran - das Christentum wurde dadurch demokratisiert. - In diesem Sinne wäre Luther ein "Aufklärer" - allerdings mit dem Schönheitsfehler, dass er sich dagegen verwahrt hat, aufklärerisch genannt zu werden (siehe seinen Briefwechsel mit Erasmus). - Und Luther bringt dafür weitsichtige Argumtente. - Wie gesagt: Das ist ein differenzierungs-bedürftiges Thema.

Münek hat geschrieben:Mich wundert es, dass er als Papst nicht wieder den "Antimodernisteneid" eingeführt hat
Ich habe selbigen mal durchgelesen: Er macht durchaus Sinn, passt aber nicht in unsere Zeit.

Münek hat geschrieben:... und auch nicht im weiteren Sinne. Sie betreibt überhaupt keine Bibelexegese.
Im inner-universitären Sinn hast Du recht.

Wenn man jedoch unter "Exegese" ganz allgemein "Auslegung" versteht, tut es jede theologische Sparte. - Natürlich basiert auch die Systematische Theologie auf einer Exegese, auf der sie aufbaut - Dogmen sind unmittelbare Folgen von Exegese.

Münek hat geschrieben:Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.
Du bist derart ideologisch auf atheistisch-säkulare Exegese festgeklopft, dass Du die christlichen Exegeten in den Universitäten glatt übersiehst - deren Ergebnisse wurden hier mehrfach zu verschiedenen Themen präsentiert. - Es gibt sie.

Münek hat geschrieben:Jawoll - die Theologieprofessoren sind allesamt geistlose Hohlköpfe
Gar nicht. - Man kann auf höchst professionelle Weise Strukturen beobachten und beschreiben, ohne etwas aus sich selber heraus zu verstehen - im Gegenteil: Dieses Verstehen wird sogar gelegentlich als unwissenschaftliche Parteilichkeit interpretiert.

Münek hat geschrieben:Leider ist die Interpretation von Bibeltexten die ureigene Aufgabe der Exegeten.
Ein säkularer Exeget kann die Bibel nur säkular interpretieren - das reicht nicht für eine substantielle Exegese.

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#120 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » Mi 21. Dez 2016, 13:06

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist Aufklärung in Kants Sinne. Bediene dich deines eigenen Verstandes und glaube nicht alles, was man dir vorsetzt.
Das ist zu allgemein - darauf beruft sich jeder halbwegs gute Theologe genauso.
Wieso zu allgemein?
Ich würde sagen, irgendwo machen jene Theologen etwas falsch... Sie kriegen die Kurve nicht, beim Einsatz ihres Verstands.

Das Konzept sapere aude bringt die Menschen dazu nachzudenken. Nicht umsonst ist der größte "Atheisten-Macher", ein Studium der Theologie.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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