Novalis hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Er verwendet das Wort „Spirituality“, aber meint es gar nicht so? Das ist nun wieder eine Ausrede von Dir, weil Du um jeden Preis das Trennende betonen möchtest.
Nö, es ist ganz sicher keine Ausrede. Ich glaube, Sagan dachte so ähnlich wie Einstein über die Welt. Beide waren mit Herz und Seele Wissenschaftler. Sie hatten eine tiefe Verehrung der Natur im Sinne von Spinoza (
deus sive natura), aber sie glaubten nicht an Mystik oder einen Schöpfer, sondern an die Natur.
Ich verstehe das so, dass gerade die Naturwissenschaft den Menschen die Ehrfurcht vor dem Leben, das Staunen über die Natur und das überwältigende Wunder der Existenz lehren kann. Das alles gehört zu dem, was mit dem Wort „Spiritualität“ gemeint ist. Das ist etwas, was uns alle verbindet, weil wir menschliche Wesen sind; und das verbindet auch Naturwissenschaft und Religion, die aber als eigenständige Bereiche innerhalb des Spektrums des menschlichen Bewusstseins anzusehen sind, die miteinander in einem Austausch stehen, aber nicht aufeinander reduziert werden können.
Eigentlich müssten wir fragen, wie die wissenschaftliche und religiöse Sichtweise mit ihren Teilwahrheiten zusammengefasst werden können im Sinne eines integralen Paradigmas, sodass eine größere Wahrheit sichtbar wird. Die Wissenschaft nur im Gegensatz zur Religion zu sehen, ist kein sinnvoller und hilfreicher Ansatz. Warum hinterfragen so wenige Menschen dieses Konfliktmodell? Denn nichts anderes ist es: ein gedankliches Modell, welches einen künstlichen Konflikt generiert, den es ohne dieses Modell gar nicht gäbe. Wir könnten stattdessen auch ein anderes Modell bevorzugen, beispielsweise dieses hier:
Basis der integralen Theorie und des daraus hervorgegangenen AQAL-Modells ist die Integration aller Erkenntnisdisziplinen (wie Religion, Naturwissenschaft, Philosophie, Sozialwissenschaft usw.) innerhalb eines wissenschaftlich begründeten Gesamtzusammenhangs (integraler methodologischer Pluralismus). Abgeleitet aus dieser „integralen Theorie“ ergeben sich zahlreiche neue und „integralere“ praktische Anwendungen für alle Lebensbereiche: Politik, Wissenschaft, Religion, Kunst, Ökologie, Recht, Ethik, Spiritualität u.a., die vermutlich in den nächsten Jahren noch deutlich erweitert werden. (Quelle: http://www.integralesforum.org/)
Inhaltlich stimme ich übrigens mit vielem, was die Giordano Bruno Stiftung sagt durchaus überein, denn ich sehe mich als Humanist. Doch weshalb diese ideologische Frontstellung gegen die Religion, die einem m.E. vollkommen veralteten Konfliktmodell folgt? Ich habe eher den Eindruck, dass es Zeit ist für eine Versöhnung von Wissenschaft und Religion. In meinem eigenen Leben gibt es da keinen Konflikt. Meditation beispielsweise dient der Erkundung der Innenwelt, während Naturwissenschaft die Außenwelt erforscht. Wie soll es da zu einem Konflikt kommen? Wir können die äußeren Dinge erforschen, vom kindlichen Spielen mit Bauklötzen bis hin zu anspruchsvolleren Spielzeugen wie Radioteleskopen und Teilchenbeschleunigern (für erwachsene Kinder
), aber Menschen sind auch mit einer Innenwelt beseelt, die ebenso erforscht werden möchte.
Immer dann, wenn ein Mensch oder Wesen seine oder ihre Aufmerksamkeit nach innen richtet, dann ist das bereits eine meditative Haltung, die in den zurückliegenden Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte in vielen Praxiswegen vertieft und ausgearbeitet wurde. Meditation ist daher sowohl in ihren alltäglichen wie auch in ihren höchsten Formen das Eingangstor zur Innenwelt, nicht als ein Gegensatz zur Betrachtung der äußeren Welt, sondern als ihre notwendige Ergänzung. Ein empfinden des, sich seiner Innerlichkeit bewusstes Wesen betrachtet die Welt von innen und von außen. ~ Michael Habecker Quelle
Die Philosophie des „vedÄnta“ (Sanskrit: वेदानà¥à¤¤ ) worauf ich hingewiesen habe, ist ein spiritueller Weg, in dem Meditation eine zentrale Rolle spielt. Das heißt, die Idee, dass „alles Bewusstsein ist“, wird nicht einfach nur behauptet und geglaubt, sondern
meditativ ergründet. Das ist in diesem Falle die bevorzugte Erkenntnismethode, weil es zentral um Selbsterkenntnis geht. Denn ...
Erfahrung ist der einzige Lehrmeister, den wir besitzen. Wir können unser Leben lang reden und debattieren und werden trotzdem kein aus der Wahrheit gesprochenes Wort verstehen, solange wir sie nicht an uns erfahren.
Swami Vivekananda
Dazu ein Buch:
Vedanta: Der Ozean der Weisheit
closs hat geschrieben:Ein "echter" geistiger Mensch empfindet zwar genau wie jeder Mensch von sich aus ("anthropozentrisch"), gibt diesen Anthropoznetrismus aber ab, indem er ihn ausdrücklich NICHT als Maß der Dinge versteht (deshalb: theozentrisch). - Das ist beim Naturalismus/Materialismus genau andersrum (deshalb: anthropoznetrisch).
Das Problem ist: wir leben eben in einer sehr materialistischen, größtenteils auf das Äußere der Dinge ausgerichteten Zeit. Das führt dazu, dass die Innenwelt - das Bewusstsein und der Mensch als fühlendes, leidendes und liebendes Wesen, als
geistiges Wesen mit typischen dazu gehörenden Fragestellungen - aus dem Blick gerät. Selbst die
Bewusstseinsforschung ist größtenteils außenorientiert, ist primär materialistisch, obwohl Bewusstsein immateriell ist.