closs hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Wurde die Bibel etwa nicht von Gottes Geist "gehaucht"?
Was nützt das, wenn dieser Hauch nicht auf den überspringt, der sie liest?
Der islamische Mystiker Rumi sagte es ganz passend: "
Die Liebe ist die Religion und das ganze Universum ist das Buch". Die ganze Schöpfung ist durchdrungen und durchhaucht von dem Wirken des einen göttlichen Geistes, der ganze Kosmos in seiner Fülle ist eine Manifestation seiner heiligen Namen und Eigenschaften.
Die Aussage der SchahÄda: "Es gibt keinen Gott außer Gott" bedeutet eigentlich: es gibt einzig und allein Ihn. Nichts existiert vollkommen aus sich selbst, unabhängig und losgelöst von dem einen Grund des Seins, den wir alle miteinander teilen. So gesehen wurde alles vom göttlichen Geist gehaucht, wie es dann eben auch das Johannes¬evangelium auslegt:
Alle Dinge sind durch das Wort Gottes gemacht.
Was die Bibel heilig macht: sie spricht darüber und ist ein wichtiges Glaubenszeugnis - aber der Geist Gottes lässt sich nicht auf ein Buch reduzieren. Nicht auf die Bibel, nicht auf den Koran und auch kein anderes Buch. Ich teile deshalb nicht die Auffassung, dass er in der Urgemeinde der Christen wirkte und heute nicht mehr. Oder nur im Christentum, während andere Religionen und Kulturen davon ausgeschlossen sind. Denn nichts könnte existieren ohne seinen "Hauch", der alles unentwegt erschafft und erhält.
Was die Trinitätslehre angeht: die ist entstanden, als man über die biblischen Texte nachgedacht hat und sich fragte, in welchem Verhältnis "Vater", "Sohn" und "Heiliger Geist" zueinander stehen. Ich verstehe die Trinität, als eine Meditation über das Geheimnis des Wesens Christi. Über dieses Geheimnis schreibt Thomas Merton:
Thomas Merton hat geschrieben:
DAS GEHEIMNIS CHRISTI
"So wie ein Vergrößerungsglas die Strahlen der Sonne auf einen kleinen Hitzepunkt konzentriert, der ein trockenes Blatt oder ein Stück Papier in Brand setzen kann, sammelt das Geheimnis Christi im Evangelium die Strahlen des Lichts und Feuers Gottes auf einen Punkt, der den Geist des Menschen entflammt. Zu diesem Zweck wurde Christus in die Welt geboren, lebte und starb darin, kehrte vom Tod wieder und stieg zu seinem Vater im Himmel auf: ut dum visibiliter Deum cognoscimus, per hunc in invisibilium amorem rapiamur: damit wir Gott in sichtbarer Gestalt erkennen und davon zur Liebe des Unsichtbaren hingerissen werden", wie es in der Präfation der Weihnachtsmesse heißt.
Durch das Brennglas seiner Inkarnation konzentriert er die Strahlen seiner göttlichen Wahrheit und Liebe derart, dass wir spüren, wie gewaltig sie brennt, und der Mensch Christus vermittelt den Menschen jegliche mystische Erfahrung. Denn in Christus wurde Gott Mensch. In ihm sind Gott und Mensch nicht mehr weit voneinander entfernt, sondern untrennbar eins, unvermischt und dennoch unzertrennbar.
Aus: CHRISTLICHE KONTEMPLATION: EIN RADIKALER WEG DER GOTTSUCHE, erschienen im Claudius-Verlag
Darum geht es
das ist die entscheidende Aussage des orthodoxen christlichen Glaubens. Das ist es, was die Trinitätslehre in theologisch-dogmatischer Sprache in Begriffe fasste. Ob das nun die Wahrheit ist, das ist eine andere Frage, aber das ist die zentrale Aussage des christlichen Glaubens.
Wer das leugnet, kann kein Christ sein.