Alles Teufelszeug? IV

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Münek
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#241 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 20:23

closs hat geschrieben:b
Münek hat geschrieben:Was ist denn an Jesu zentraler Botschaft, die er und seine von ihm beauftragten Jünger dem Volk landauf landab verkündigten, falsch zu verstehen?
Dass man diese Botschaft im Sinne einer apolkalyptischen Naherwartung interpretiert, ist ein Fehl-Verständnis.
Tja - Du und Deine Bibelkenntnisse. :roll: Lies beispielsweise mal Lk. 21,25 ff. (oder die parallelen Texte in den anderen Evangelien). Kurz vor seinem Tod warnte Jesus einige seiner Jünger in seiner Endzeitrede vor apokalyptische Katastrophen, die sie selbst noch erleben werden:

"Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Donnern und Toben des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen. Wenn all das beginnt, dann richtet EUCH auf, und erhebt EURE Häupter; denn EURE Erlösung ist nahe. Und er gebrauchte einen Vergleich und sagte: Seht euch den Feigenbaum an und die anderen Bäume. Sobald ihr merkt, dass sie Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.

Genauso sollt IHR erkennen, wenn IHR all das geschehen seht, dass das Reich Gottes NAHE ist. Amen, ich sage EUCH: Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles eintrifft..."

PS:

Übrigens - auch dieser Text beweist schlagend, dass Jesus weder ein "inneres" Reich Gottes verkündigte noch sich selbst mit dem Reich Gottes identifizierte (Ratzinger) und dass er den Anbruch der Gottesherrschaft auf Erden innerhalb seiner Generation erwartete (Theißen).

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Münek
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#242 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 20:46

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sind die Fragen, die sich daraus ergeben denn nicht groß genug?
In Bezug auf die naturalistische Welt sind sie groß genug - für alle geistigen Fragestellungen ist es eine Sackgasse.
Warum sollte sich die "Liebe zur Weisheit" auf Religion und den Glauben an Götter und Dämonen beschränken? Das wäre eine unnötige Begrenzung und würde in der Tat in der Glaubenssackgasse enden. Das hat Philosophie nicht verdient.
Sehr richtig. Das hat sie in der Tat nicht verdient. Die Zeiten, in denen die Philosophie als dienende Magd der Theologie herhalten musste, sind unwiderruflich vorbei.

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#243 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von 2Lena » Fr 16. Sep 2016, 20:54

Müneki, du irrst - schon wieder mal.
Als die "Weltanschauung" (Bibel) noch vollständig *gelesen werden konnte und alle philosophischen Werke in Alexandria im "Wettbewerb" miteinander waren, gingen diese Werke als großer Sieger.

Münek hat geschrieben:Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles eintrifft..."
Weißt du denn was "dor" (Generation) alles heißt?
Dir macht es den Eindruck von ein paar Jahren.

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#244 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » Fr 16. Sep 2016, 21:20

2Lena hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles eintrifft..."
Weißt du denn was "dor" (Generation) alles heißt?
Warum ist das wichtig?
Es kommt doch darauf an, wie die Mehrheit der Menschen es in den Übersetzungen versteht!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#245 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 21:23

2Lena hat geschrieben:Müneki, du irrst - schon wieder mal.
Nö - ich irre mich nicht. Die endzeitliche Voraussage Jesu an seine Jünger ist glasklar und eindeutig. Daran gibt es nichts zu rütteln.

2Lena hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles eintrifft..."
Weißt du denn was "dor" (Generation) alles heißt? Dir macht es den Eindruck von ein paar Jahren.
Die Endzeitereignisse sollten nach Jesu Überzeugung noch zu Lebzeiten der Jünger, also innerhalb seiner jetzt lebenden Generation stattfinden.

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#246 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 21:45

NIS hat geschrieben:Die Naherwartung Christi bezieht sich auf die kommenden Tausend Jahre auf der Erde,
im Vergleich dazu ist das Weltall Milliarden von Jahren alt!
Jesus Christus ist der Teufel, die Frau Gottes.
Amen
Wenn der Satan nach Hiob einer der Söhne Gottes ist, dann ist Jesus sein Bruder. So ähn-
lich wie die Blutsbrüder Loki und Thor. Jahwes Gemahlin dagegen war die Göttin Aschera.

AMEN.
:angel:

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Halman
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#247 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Halman » Fr 16. Sep 2016, 22:11

Pluto hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles eintrifft..."
Weißt du denn was "dor" (Generation) alles heißt?
Warum ist das wichtig?
Es kommt doch darauf an, wie die Mehrheit der Menschen es in den Übersetzungen versteht!
Nein, es kommt darauf an, was es wirklich bedeutet.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#248 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 16. Sep 2016, 22:56

sven23 hat geschrieben:Philosophie kann sich ja auch weiter entwickeln.
Trump kommt evt. auch nach Obama - nennst Du das auch "Weiterentwicklung"? :lol:

sven23 hat geschrieben:Da muss man gar nicht mal viel interpretieren, weil die Aussagen ziemlich eindeutig sind.
Sind sie in der Tat - aber je nach weltanschaulicher Setzung sind sie nur JEWEILS eindeutig und im Vergleich grundverschieden.

Münek hat geschrieben:Tja - Du und Deine Bibelkenntnisse. :roll: Lies beispielsweise mal Lk. 21,25 ff. (oder die parallelen Texte in den anderen Evangelien).
Meinst Du wirklich, dass das Gros der kirchlichen Theologen die Bibel nicht kennt?

Münek hat geschrieben:"Diese Generation wird nicht vergehen"
"Dieses GESCHLECHT/Volk wird nicht vergehen", ist die andere übliche Übersetzung. - Es ist doch nachvollziehbar, dass man aus der Bibel eine Naherwartung in Deinem Sinne herauslesen KANN - so wie die Urchristen es auch getan haben. - Aber es entspricht nicht dem allgemeinen theologischen Bibelverständnis, weil es genauso nachvollziehbar ist, dass man es ganz anders interpretiert.

Warum muss man das eigentlich jahrelang vor Augen halten? Begründet wurde es bis zum Überlaufen. - Der entscheidende Punkt ist der Ausgangspunkt/die Perspektive/Setzung des Interpretierenden, in dessen Augen dieselben Texte im Kontext zu unterschiedlichen Interpretationen führen.

Münek hat geschrieben:Daran gibt es nichts zu rütteln.
Diese Glaubensentscheidung sei Dir zugestanden.

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#249 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 16. Sep 2016, 23:45

Anton B. hat geschrieben:Wer ist "man"?
Die Weltanschauler, die sich um die Wissenschaft rum gebildet haben und mit Verweis auf Wissenschaft dominierenden Einfluss auf die Gesellschafts-Bildung haben.

Anton B. hat geschrieben:Es reicht, wenn die Aussagen im wissenschaftlichen Kontext stehen, und ausgehend davon ("Wissensbegriff") die Methoden und Ergebnisse begründet werden.
Meinetwegen - aber wie soll dies sprachlich aussehen? Wie würdest Du die Glaubensaussage "Jesus hatte eine Naherwartung", die gleichzeitig bei entsprechender Methodik gut begründbar ist, so formulieren, dass sie einerseits nicht als Faktum und andererseits wissenschaftlich klingt?

Anton B. hat geschrieben:Vieles von dem, was Du monierst, findet ja außerhalb der wissenschaftlichen Praxis statt.
Das wäre die beste aller möglichen ERklärungen - allerdings entstehen die zu monierenden Dinge aufgrund von wissenschaftlichen Zitaten. - Der Durchschnittsleser hat NICHT Deine Möglichkeiten, Wissenschaften so differenziert und relativierend zu sehen.

Anton B. hat geschrieben:kannst sie aber vermutlich nicht so vernünftig begründen, dass sie in einer überragenden Breite unter dem "vernünftigen" Gesichtspunkt zum intersubjektiven Allgemeingut wird.
Nein - ganz einfach deshalb, weil es Irrtum ist, vernünftige Begründungen seien intersubjektiv allgemeingut-fähig.

Die philosophischen und theologischen Begründungen sind extrem vernüftig, aber auch halt ein bißchen umfassend (ich habe selber Jahrzehnte - allerdings nicht im Fulltime-Job ;) - dafür gebraucht). - Die Philosophie selber hat sich über Generationen hermeneutisch zu einem solchen ERgebnis aufgebaut - mit großartigstens Ausführungen dazu. Bis der Materialismus Tabula Rasa gemacht hat und den Menschen zum Maßstab des Seins gemacht hat.

Anton B. hat geschrieben:Zum wiederholten Male
Ebenfalls zum wiederholten Male: Deine differenzierte und relativierende Beschreibung von "Wissen (schaft)" trifft auf meine Zustimmung. - Mein Problem: Würde ich ab sofort "Wissen (schaft)" in Deinem Sinne verwenden, würden mich 99,9% der Mensch komplett falsch verstehen, weil sie "Wissen (schaft)" als ontologische Größe verstehen (ohne dass sie diesen Ausdruck verwenden würden).

Mit anderen Worten: Der Deutsche Michel zwischen Bierkrug und Mobilephone sagt/denkt/meint:
"Wenn etwas wissenschaftlich nachgewiesen ist, dann heisst das, dass es wahr/real/wirklich ist und alles andere Quatsch ist". - Nur so ist zu erklären, dass auch hier im Forum vereinzelt der Eindruck erweckt wird, eine "wissenschaftliche" Exegese sei wirklichkeits-näher orientiert als eine systematische Exegese (die natürlich ebenfalls wissenschaftlich ist, aber als solches nicht anerkannt wird).

Anton B. hat geschrieben:Du kritisierst auf jedem Fall den Wissenschaftsbetrieb an sich.
Nee - eigentlich wirklich nicht. "Wissenschaftsbetrieb an sich" würde ich definieren als "hier ist eine Fragestellung - hier ist unsere Methodik - schaun wir mal, was wir damit rauskriegen - legen wir los".

Das kritisiere ich nicht - das ist ganz normale und anspruchsvolle Arbeit - vollkommen frei von Weltanschauung. - Wobei hier wieder hinzuzufügen ist: Bei Naturwissenschaft ist die Gemengelage hier immer ganz anders als in philologischen Wissenschaften (zu denen auch die historischen Wissenschaften gehören).

Anton B. hat geschrieben:Hört sich an, wie: Der Wissenschaftsbetrieb ok, und nur "außen" funzt es nicht!
Korrekt: Wissenschaft wird in die Gesellschaft hinein GANZ anders kommuniziert als Du sie definierst. Sie wird weltanschaulich kommuniziert mit dem Anspruch, dass Wissenschaft der einzige Vertreter dessen sei, "was der Fall/wirklich/faktisch ist".

Anton B. hat geschrieben:Aber nein, das kann auch nicht sein, denn eben hattest Du noch die zeitgenössische Philosophie als "Magd des Materialismus" kritisiert.
Stimmt - das ist genau das Pferd, auf das das Gros heutiger Philosophie aufspringt. - Aber warum ist das ein "Aber nein", wenn es doch gerade gut dazu passt?

Anton B. hat geschrieben:ob der Vorwurf überhaupt zutrifft, also die Philosophen Mägde des Materialismus sind, ist für mich auch noch nicht überzeugend ausgearbeitet.
Das haben ganz sicher andere viel tiefgreifender gemacht als ich - trotzdem eine kurze, unvollständige Begründung:

* Der Kritische Rationalismus sagt, dass ihn aus METHODISCHEN (!!!!!!!!!!!!!!!!!!) Gründen nicht interessiert, was nicht intersubjektiv darstellbar/falsifizierbar ist. - Mit anderen Worten: Er beschränkt sich auf das, was falsifizierbar ist.
Bewertung:
Dies kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, weil dies nicht als Aussage über Sein und Nicht-Sein ist, sondern eben eine Aussage im Sinne von: "Hier wird nur über das gesprochen, was falsifizierbar ist" (NB: Popper hat sich als METHODIKER verstanden)

* Der Materialismus sagt: "Passt mir gut in meine Weltanschauung. Denn aus meiner Sicht ist auch Geist nichts anderes als Materie - und Materie ist bekannterweise intersubjektiv nachweisbar (lassen wir mal die QM weg)". - Weiterhin entwickeln sich daraus Philosophien, die den Kritischen Rationalismus in eine philosophische Größe transponieren, also:
"Wir BESCHRÄNKEN uns nicht auf das, was falsifizierbar ist, sondern es GIBT nicht anderes als Falsifizierbares". - Daraus entwickeln sich dann Philosophien wie etwa die Analytische Philosophie.
Bewertung:
Durch die Transponierung einer methodischen Aussage des KR in eine philosophische Aussage, wird die Methodik zur ontologischen Größe - genau das, was in DEINER Definition von Wissenschaft (zu Recht) vehement abgelehnt wird. - Und schon haben wir den Salat.

* Wer ist nun Magd von wem? - Wahrscheinlich habe ich mich falsch ausgedrückt und es müsste heißen: Materialistische Philosophie macht die unschuldige Wissenschaft zu ihrer Prostituierten. - Und da die materialistische Philosophie heute derart dominant ist, dass auch Menschen, die wissenschaftlich arbeiten, davon erfasst sind, verschwimmen die Grenzen zwischen Jungfrau und Prostituierte vollkommen - zumal der Markt des Zeitgeistes eine hohe Nachfrage nach dieser Art der Liaison hat.

* DIE Wissenschaft ist wirklich unschuldig - aber alles danach (incl dessen, was im Namen der Wissenschaft gesagt wird) ist von dieser anthropozentristischen Liaison geprägt. - Folge davon ist unter anderem, dass man in der (schein-!!) intellektuellen öffentlichen Wahrnehmung nur noch objektivierbare WAHRNEHMUNG zum Maßstab macht für "das, was der Fall ist".

Frage:
Wenn Du etwas persönlich wahrnimmst: Willst Du diese Wahrnehmung primär objektivieren oder hoffst Du, damit etwas, was der Fall ist, entdeckt zu haben?

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sven23
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#250 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 17. Sep 2016, 07:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Philosophie kann sich ja auch weiter entwickeln.
Trump kommt evt. auch nach Obama - nennst Du das auch "Weiterentwicklung"? :lol:
Wenn Trump deinen Ansprüchen an einen Philosophen genügt, meinetwegen. :lol:
Trump ist ein interessantes Thema. Ein Milliardär als Heilsbringer für eine weiße, unterpriviligierte Schicht. Er könnte sich aber als Unheilsbringer entpuppen, ähnlich wie Jesus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da muss man gar nicht mal viel interpretieren, weil die Aussagen ziemlich eindeutig sind.
Sind sie in der Tat - aber je nach weltanschaulicher Setzung sind sie nur JEWEILS eindeutig und im Vergleich grundverschieden.
Du willst Historie immer als Folge von Setzung, Perspektive oder Methodik darstellen.
Von Hitler ist folgendes Zitat überliefert:

"Wenn ich einmal wirklich an der Macht bin, dann wird die Vernichtung der Juden meine erste und wichtigste Aufgabe sein. Sobald ich die Macht dazu habe, werde ich zum Beispiel in München auf dem Marienplatz Galgen neben Galgen aufstellen lassen. Dann werden die Juden gehängt, einer wie der andere, und sie bleiben hängen, bis sie stinken. So lange bleiben sie hängen, wie es nach den Gesetzen der Hygiene möglich ist, sobald man sie abgeknüpft hat, kommen die nächsten dran, und das geschieht so lange, bis der letzte Jude in München ausgetilgt ist. Genauso wird in anderen Städten verfahren, bis Deutschland vom letzten Juden gereinigt ist."

Dann kommt ein closs daher und meint, dass Hitler ein Judenhasser ist, sei nur eine Folge der Perspektive oder der methodischen Untersuchung der Texte. Bei anderer Perspektive käme das Gegenteil raus, nämlich dass Hitler in Wahrheit eine Judenfreund sei.
Eine ähnliche Situation haben wir bei der Naherwartung, die kurzerhand in eine Fernerwartung umgmünzt wird.


"Im zweiten Hauptteil analysiert der Göttinger Theologe sodann die "gröbste Fälschung im Neuen Testaments" (p. 51): den 2. Brief an die Thessalonicher (um 100). Der unbekannte Verfasser, der sich als Paulus ausgibt, suchte damit, so Lüdemann, den 1. Brief an diese Gemeinde zu ersetzen, indem er diesen als Fälschung diffamierte (2.Thess. 2,2). Vermutlich um 50 als frühestes Dokument des Neuen Testaments entstanden, stammt letztgenanntes Schreiben jedoch tatsächlich von Paulus von Tarsus, dem eigentlichen Gründer des Christentums. Apokalyptisch motiviert, glaubte er fest daran, dass noch zu seinen Lebzeiten das Reich Gottes anbrechen und Jesus Christus als Richter der Menschen wiederkommen werde (vgl. bes. 1. Thess., 4,13- 5,11: "Wir, die Lebenden, [...] [werden] entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen" [4,17]).

Doch es kam bekanntlich anders. Der "Heidenapostel" verstarb; seine Erwartung hatte sich als Illusion erwiesen. So verlor auch die christliche Glaubensbewegung an Schwung. Es musste ein anderes Bild der Zukunft an die Stelle der Naherwartung treten: Die vielbeschworene Wiederkunft Christi wurde nunmehr besonders vom 2. Thess. in eine unbestimmte, fernere Zukunft verschoben (vgl. 2. Thess. 2,2f.: "Lasst euch nicht gleich erschüttern [...], dass der Tag des Herrn da [nahe] sei [...]. Denn [er wird nicht kommen], es sei denn, dass zuerst der Abfall gekommen und der Mensch der Gesetzlosigkeit [i.e. der "Antichrist"] offenbart worden ist."

Auf diese Weise wurde ein fundamentaler Irrtum aufgelöst und in den theologischen Begriff "Parusieverzögerung" [gr. Parousia: Gegenwart, Erscheinung] verkleidet Ð womit man abermals Menschen in die Irre führte (p. 88). Mit diesem "Zurechtrücken" der Gegebenheit war auch der Weg zur Amtskirche vorgezeichnet, die sich in der Welt mehr und mehr einrichtete. Wer an dieser Anweisung zweifelt, so der 2. Thess., gilt als Abtrünniger, wie ja überhaupt alle Menschen, die "dem Evangelium [...] nicht gehorchen" als Strafe "ewiges Verderben" erfahren werden (1,8f.)."

Gerd Lüdemann
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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