Alles Teufelszeug? IV

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sven23
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#231 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 16. Sep 2016, 14:58

closs hat geschrieben: - Denn wie will man "große Frage" stellen, wenn man davon ausgeht, dass Geist Folge von Materie ist? -
Sind die Fragen, die sich daraus ergeben denn nicht groß genug? Muss es deshalb unbedingt umgekehrt sein?


closs hat geschrieben: Die heutige Philosophie erscheint im Großen und Ganzen als Magd des Materialismus.
.
So wie sich viele Philosphen im hegelschen Sinn als Dienerin der Theologie anbiederten. Doch warum sollte das für alle Zeiten so bleiben?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#232 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 16. Sep 2016, 15:11

sven23 hat geschrieben:Sind die Fragen, die sich daraus ergeben denn nicht groß genug?
In Bezug auf die naturalistische Welt sind sie groß genug - für alle geistigen Fragestellungen ist es eine Sackgasse.

sven23 hat geschrieben:So wie sich viele Philosphen im hegelschen Sinn als Dienerin der Theologie anbiederten. Doch warum sollte das für alle Zeiten so bleiben?
Zunächst: Hegel wurde von den Kirchen überhaupt nicht gemocht - ansonsten:

Jede Epoche hat die Wahl - will man "Magd des Geistes" oder "Magd des Materialismus" sein - im letzten Fall fällt es mir persönlich schwer, überhaupt das Wort "Philosophie" in den Munde zu nehmen. - Aber sicherlich kann es auch hier zu semantischen Shifts kommen, die zu einer ganz anderen Bedeutung des Wortes "Philosophie" führen.

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Münek
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#233 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 16:27

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Philosoph Metzinger hält mit vollem Recht das Gebot der "intellektuellen Redlichkeit" für ein sehr hohes Gut.
Er vertritt diese Redlichkeit aber nicht.
Das ist mal wieder eine Deiner berühmten unbelegten closs`schen Unterstellungen. Behaupten: ja, belegen: nein. :thumbdown:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Theologe Kubitza stellte lediglich in verständlicher Sprache einer breiten Öffentlichkeit der Stand der aktuellen historisch-kritischen Bibelforschung vor.
Er bläst sein Halbwissen populistisch zu einem ideologischen Feldzug auf.
Das ist mal wieder eine Deiner berühmten unbelegten closs`schen Unterstellungen. Behaupten: ja, belegen: nein. :thumbdown:

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sven23
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#234 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 16. Sep 2016, 16:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sind die Fragen, die sich daraus ergeben denn nicht groß genug?
In Bezug auf die naturalistische Welt sind sie groß genug - für alle geistigen Fragestellungen ist es eine Sackgasse.
Warum sollte sich die "Liebe zur Weisheit" auf Religion und den Glauben an Götter und Dämonen beschränken? Das wäre eine unnötige Begrenzung und würde in der Tat in der Glaubenssackgasse enden. Das hat Philosophie nicht verdient.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#235 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 16:41

Ska'ara hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist das generelle Problem bei der Naherwartung und auch der Grund, warum die enttäuschte Naherwartung für Glaubensdogmatiker nach wie vor ein rotes Tuch ist. Zeigt sie doch symptomatisch, auf welch wackeligem Grund die nachträgliche Vergottung des galiläischen Wanderpredigers aufgebaut wurde.
Was ist daran dogmatisch? Wenn Jesus gelebt hat und Gottes Sohn war, dann ist die Naherwartung falsch verstanden worden. Irren ist leider nur menschlich.
Was ist denn an Jesu zentraler Botschaft, die er und seine von ihm beauftragten Jünger dem Volk landauf landab verkündigten, falsch zu verstehen?

"Die Zeit ist erfüllt! Die Königsherrschaft Gottes ist nahe herbei gekommen! Tut Buße/kehrt um - und glaubt an die frohe Botschaft!"

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#236 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Fr 16. Sep 2016, 16:56

Ska'ara hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Forschung "beobachtet" doch, indem sie Textquellen untersucht. Und nach diesen Quellen hatte Jesus eine Naherwartung. Diese stand sogar im Zentrum seiner Verkündigung. Selbst ein Kardinal Kaspar gesteht dies ein, indem er zugibt, dass Jesus mehr verheißen hat, als er halten konnte. (Verheißungsüberschuss). An diesem Punkt ist er ehrlich.
Ich würde eher sagen, an diesem Punkt versteht er nicht, weil er dem möglichen Sohn Gottes einen gravierenden Fehler unterstellt.
Es ist keine Unterstellung. Das "Reich Gottes" kam bekanntlich nicht. Deshalb beten Christen noch heute zu Gott: "Dein Reich komme."

Kardinal Kasper ist ja nicht der Einzige, der Jesu Irrtum klar erkannt und benannt hat. Theologische Schwergewichte wie Schweitzer, Bultmann, Rahner, Küng, Theißen und viele andere Theologen, die hier zitiert worden sind, vertreten mit Recht dieselbe Auffassung. In dieser Frage besteht in der neutestamentlichen Exegese nicht ohne Grund ein breiter Konsens.

Dieses Faktum sollte man redlicherweise aus apologetischen Glaubensgründen nicht einfach vom Tisch wischen (ausblenden, ignorieren, nicht wahrhaben wollen, sich in die Tasche lügen).
Zuletzt geändert von Münek am Fr 16. Sep 2016, 20:54, insgesamt 1-mal geändert.

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#237 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von NIS » Fr 16. Sep 2016, 17:13

Die Naherwartung Christi bezieht sich auf die kommenden Tausend Jahre auf der Erde,
im Vergleich dazu ist das Weltall Milliarden von Jahren alt!
Jesus Christus ist der Teufel, die Frau Gottes.
Amen
Der Heilige Geist (Hauke)

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#238 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 16. Sep 2016, 17:29

Münek hat geschrieben:Behaupten: ja, belegen: nein.
Alles tausendfach passiert.

sven23 hat geschrieben:Warum sollte sich die "Liebe zur Weisheit" auf Religion und den Glauben an Götter und Dämonen beschränken?
Das ist der falsche Zungenschlag - Philosophie heisst aus meiner Sicht, über das Anthropozentrische hinauszudenken.

Münek hat geschrieben:Was ist denn an Jesu zentraler Botschaft, die er und seine von ihm beauftragten Jünger dem Volk landauf landab verkündigten, falsch zu verstehen?
Dass man diese Botschaft im Sinne einer apolkalyptischen Naherwartung interpretiert, ist ein Fehl-Verständnis.

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sven23
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#239 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 16. Sep 2016, 18:54

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum sollte sich die "Liebe zur Weisheit" auf Religion und den Glauben an Götter und Dämonen beschränken?
Das ist der falsche Zungenschlag - Philosophie heisst aus meiner Sicht, über das Anthropozentrische hinauszudenken.
So war es früher mal, aber Philosophie kann sich ja auch weiter entwickeln.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was ist denn an Jesu zentraler Botschaft, die er und seine von ihm beauftragten Jünger dem Volk landauf landab verkündigten, falsch zu verstehen?
Dass man diese Botschaft im Sinne einer apolkalyptischen Naherwartung interpretiert, ist ein Fehl-Verständnis.
Da muss man gar nicht mal viel interpretieren, weil die Aussagen ziemlich eindeutig sind. Gerade deshalb herrscht ja so ein breiter Konsens in der Forschung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Anton B.
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#240 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Anton B. » Fr 16. Sep 2016, 19:31

closs hat geschrieben:Man versteht heute weitgehend zeit-zufällig gebildete Begriffe als universal, indem man exklusiv für sich beansprucht "MEIN wissenschaftlicher Begriff ist objektiv wirklichkeits-adäquat und DEINER nicht".
Wer ist "man"? Ich zumindest nicht, die Philosophen und Wissenschaftstheoretiker nicht, wer soll "man" sein?

closs hat geschrieben:Und um solche Missverständnisse erst gar nicht aufkommen zu lassen, müsste aus meiner Sicht ein HKM-ler sagen:
"Aus unserer methodischen Sicht ist 'Jesus hatte eine Naherwartung' die naheliegende Sicht - wir wissen aber, dass wir zu anderen Ergebnissen kämen, wenn wir eine andere Sicht einnehmen würden". - Und hinzugefügt werden müsste: "Selbstverständlich wissen wir NICHT, welche Perspektive am Ende dem am nächsten kommt, was damals WIRKLICH passiert ist, als 'der Fall war'". - Einverstanden?
Nö! Es reicht, wenn die Aussagen im wissenschaftlichen Kontext stehen, und ausgehend davon ("Wissensbegriff") die Methoden und Ergebnisse begründet werden. Das ist der Fall und kann jedermann nachlesen. Und dass eine wissenschaftliche Aussage im wissenschaftlichen Kontext stehen möchte, ist ja wohl gegeben.

closs hat geschrieben:Wichtig ist, dass Du hier zwei WAHRNEHMUNGS-Größen gegenüberstellst: Deine Theorie und Deine Beobachtung - Du diskriminierst also nicht das Objekt, lässt also offen, was WIRKLICH ist.

So stelle ich mir HKM auch vor - und so läuft es auch diesseits der ideologischen Kämpfe. Die (christilichen) HKM-ler, die ich kenne, können sehr genau unterscheiden, was einerseits ihre methodischen Ergebnisse sind was sie andererseits faktisch für richtig glauben.
Genau! Im wissenschaftlichen Umfeld, für die diese Erkenntnisse generiert werden, sind nur die methodischen Ergebnisse wichtig, sofern sie sich in den Zusammenhang mit dem Wissensbegriff bringen lassen. Vieles von dem, was Du monierst, findet ja außerhalb der wissenschaftlichen Praxis statt.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Aber das Du machst innerhalb dieses Systems zusätzliche Setzungen, während anderes Wissen keine zusätzlichen Setzungen braucht. Das ist doch ein Unterschied.
Da bin ich nicht mal so sicher. - Aus meiner Sicht ist die einzige Setzung "Materie ist Folge von Geist". - Alles andere sind Schlussfolgerungen daraus und keine Setzungen (denn dadurch ist Gott automatisch "da").
Ja, aus Deiner Sicht. Und Du begründest diese Setzung irgendwie für Dich, kannst sie aber vermutlich nicht so vernünftig begründen, dass sie in einer überragenden Breite unter dem "vernünftigen" Gesichtspunkt zum intersubjektiven Allgemeingut wird.

closs hat geschrieben:"Ich prüfe etwas mit einer von mir ausgewählten Methode und halte die Ergebnisse daraus für wahr". - Warum sollte Wissenschaft KEIN Fürwahrhalten sein? Nur weil man es sprachlich "Wissen" nennt? - Das scheint mir eher eine Finte zu sein als ein substantieller Unterschied.
Zum wiederholten Male:

  • Wissen ist das, was an Erkenntnissen dem Wissenbegriff genügt.
  • Der Wissensbegriff ist "willkürlich" definiert.
  • Nichts aus der Definition des Wissensbegriffs, auch das explizite "vernünftig-begründet" nicht, garantiert Erkenntnisse, die für irgendwas und irgendwen nützlich wären.
  • Erst die Erfahrung der Nützlichkeit bzw. der Nicht-Nützlichkeit der mittels des konkreten Wissenbegriffs ermittelten Erkenntnisse führt zu einer Bewertung. In diesem Falle häufig so, dass auch der "einfache Mann" außerhalb der Wissenschaft da einiges "für Wahr hält"

closs hat geschrieben:Die heutige Philosophie erscheint im Großen und Ganzen als Magd des Materialismus.
Dass es Dir so erscheint, musste wohl nicht unbedingt nochmal erwähnt werden.

closs hat geschrieben:Nur ist Anton eine Ausnahme, was den öffentlichen Diskurs angeht. - Er ist keine Ausnahme, wenn man in den normalen theologischen Wissenschaftsbetrieb geht, in dem HKM-ler genauso denken - also höchst relativierend denken. - Oft mit dem Ergebnis, dass sie selbst aus ihnen übergeordneten Gründen etwas anderes für wahr halten, als die HKM für wahr hält.

Aber der öffentliche Diskurs ist halt das Laute, was vom Volk gehört wird. - Insofern mache ich Philosophen wie Metzinger und "Multiplikatoren fürs Volk" wie Kubitza große Vorwürfe.
Hört sich an, wie: Der Wissenschaftsbetrieb ok, und nur "außen" funzt es nicht! Aber nein, das kann auch nicht sein, denn eben hattest Du noch die zeitgenössische Philosophie als "Magd des Materialismus" kritisiert.

Du kritisierst auf jedem Fall den Wissenschaftsbetrieb an sich. Und ich glaube nicht, dass Du z.B. die Argumentationsstrukturen der Philosophen zum zeitgenössischen philosophischen Wissen wirklich nachvollziehen kannst. Also nicht, dass ich Dir die intellektuellen Fähigkeiten abspreche, aber wenn Du jemanden als Magd von irgendwas bezeichnest, solltest Du auch mit dem Finger auf die Stelle im Begründungsbaum zeigen können, wo es hakelt. Und ob der Vorwurf überhaupt zutrifft, also die Philosophen Mägde des Materialismus sind, ist für mich auch noch nicht überzeugend ausgearbeitet.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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