Alles Teufelszeug? IV

closs
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#181 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Di 13. Sep 2016, 15:32

sven23 hat geschrieben:Das ist mit Sicherheit so seit der Aufklärung.
Was die Frage nahelegt, was "Aufklärung" eigentlich ist. Der dazugehörige Thread ging erwartungsgemäß vollkommen in die Hose. - Was Du (stellvertretend) als "Aufklärung" bezeichnest ist ein anderes Wort für "Anthropozentrismus".

Halman hat geschrieben:Die kanonische Dialogizität und Auszüge aus der Einleitung in das Alte Testament mögen vielleicht einigne hier interessieren.
Puuh - ich guck mal rein.

...

Habe jetzt wirklich ziemlich viel daraus gelesen. - Erstens: Es ist mir in vielem einfach zu hoch und zu speziell. - Zweitens: Es wird ersichtlich, dass man AT und NT als spirituelles und nicht als historisches Werk versteht - also nach geistiger Realität sucht und nicht danach, was davon wann tatsächlich historisch nachweisbar passiert ist.

Persönlich gefällt mir da einiges NICHT - aber das wäre eine innere Diskussion (der ich vermutlich nicht gewachsten wäre). - Hier bei uns geht es aber erst mal um eine äußere Diskussion: Kann Geistiges überhaupt Gegenstand von "Wissenschaft" sein?

Dazu gibt es zwei Antworten (die dann auch für HKM und kanonisches Exegese gelten):
1) Nein - was Wissenschaft dann zu einem bedeutungs-armen Schräubchen innerhalb der Theologie macht.
2) Ja - was wissenschafts-theoretisch bedeutet, dass Wissenschaft nicht nur intersubjektiv darstellbare Objekte vornimmt. Dann ist Wissenschaft eine echte Größe innerhalb der Theologie.

Die Karawane ist aus meiner Sicht längst in Richtung 2) weitergezogen.

Anton B.
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#182 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Anton B. » Di 13. Sep 2016, 20:11

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Nicht die HKM ist Dein Problem, es sind Wissen und Wissenschaft an sich.
Wieso "mein" Problem? Ich werde nicht erneut ausführen, warum "Wissen" immer nur methodisches (System-) Wissen sein kann - das gilt sowohl für Naturwissenschaftler als auch für kanonische Exegeten (bei allen Unterschieden, die es trotzdem gibt).
"Wissen" ist System-Wissen, weil es sich auf die Definition von "Wissen" bezieht und basierend auf dieser Definition seine Methoden und seine Erkenntnisse aufspannt.

closs hat geschrieben:Es ist also "mein" Problem, dass Wissenschaft sehr schnell (vor allem gegenüber der Öffentlichkeit, wohl aber auch gegenüber sich selbst) dogmatisiert wird, weil man - inzwischen routiniert - vergisst, dass die Setzungen dazu nie falsifizierbar sind. Mein Anliegen müsste doch eigentlich in Deinem Sinn sein ...
Aufgrund Deiner Unterstellung der vielen Setzungen ist es gewiss nicht in meinem Sinn. Eine Setzung kannst Du von mir aus gerne in der Definition des Wissensbegriffes sehen, wenn es hilft. Ansonsten waren alle Deine "Setzungsvorwürfe" Vorwürfe, die zumeist falsch adressiert waren: Wenn die HKM z.B. durch die Definition von Wissen begründet ist, wo soll dann die spezifische HKM-Setzung sein? Wenn "übernatürliches Wirken" innerhalb der empirischen Wissenschaften nicht vernünftig begründet werden kann, der Anspruch an vernünftige Begründungen aber aus dem Wissensbegriff selber erhoben wird, dann kann nichts als naturwissenschaftliches Wissen bezeichnet werden, was den Wissensbegriff selber verletzt.

Deshalb bleibe ich dabei: Dein Problem ist nicht die Naturwissenschaft an sich, es ist nicht die HKM und es sind auch keine historischen Wissenschaften und keine Geisteswissenschaften, es ist das "Wissen" an sich als Erkenntnis im Sinne der Definition von Wissen. Weil die nicht beliebig ist und außer dem Genügen ihrer Kategorie eben keine beliebigen Setzungen benötigt.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#183 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Di 13. Sep 2016, 21:51

Anton B. hat geschrieben:"Wissen" ist System-Wissen, weil es sich auf die Definition von "Wissen" bezieht und basierend auf dieser Definition seine Methoden und seine Erkenntnisse aufspannt.
Umgekehrt: Das, was man auf methodischen Grundlage des Kritischen Rationalismus an Ergebnis bekommt, definiert man als "Wissen". Das ist durchaus nicht ehrenrührig, aber eben umgekehrt.

Wolltest Du fragen, was dieses "Wissen" philosophisch ist, käme in etwa heraus, dass es eine anthropologische Größe ist zur Einordnung der Bewertung von Phänomenen. Durchaus utilitaristisch unterlegt - auch dies ist nicht ehrenrührig.

Das eigentliche Problem besteht aus meiner Sicht, dass "Wissen" im allgemeinen Sprachgebrauch so verwendet wird, als seien damit automatisch Fakten "dessen, was der Fall ist" adäquat eingelöst - im Sinne von: "Methodisches Wissen = ontologisches Faktenwissen". Das mag in der Naturwissenschaft in im Großen und Ganzen gehen - in den Geisteswissenschaften geht es im Großen und Ganzen NICHT bzw. nur periphär.

Conclusio:
Nach dieser Definition von "Wissen" gäbe es keine Geisteswissenschaften - auch die HKM müsste dann sagen: "Wir sind keine Geisteswissenschaft, sondern eine rein beobachtende und nie wertende Disziplin ("Wir sehen, dass diese Quelle im Jahr 80 n.Chr. geschrieben wurde und die dort verwendeten Worte damals in folgendem Kontext verwendet wurden. Über die Inhalte der Quelle können wir über diese mechanistische Feststellung hinaus nichts sagen". - Meinst Du, dass dies "Wissenschaft" sein soll?

Anton B. hat geschrieben:Wenn die HKM z.B. durch die Definition von Wissen begründet ist, wo soll dann die spezifische HKM-Setzung sein?
Dass sie methodisch so gepolt ist, dass sie mögliche historische Szenarien nicht untersuchen kann - sie also gegenüber möglichen historischen Fakten nicht ergebnisoffen sein kann.

Allgemein:
Der kritische Rationalismus (also das, was die Definition "Wissen" überhaupt erst begründet) kann aus methodischen Gründen nur eine Teil historischer Realität "wissen" - noch mehr: "Wissen" in diesem Sinne kann methodisch sogar Irrtümer als Fakten "wissen", weil es methodisch so gesetzt ist. Das kann doch nicht ergebnisoffen sein, oder?

Konkret:
Wenn Jesus mit seiner Botschaft des nahen Gottesreichs das gemeint hat, was die kirchliche Theologie im Großen und Ganzen aus guten Gründen meint, wird ein Vertreter "Deiner" Wissens-Definition sagen können: "Mein Irrtum war aber wenigstens methodisch als 'Wahrheit' gewusst" - das ist doch absurd.

Historische Realität als abhängige Größe von Methodik? - "Hey, Jesus: Was Du gemeint hast, ist aus methodischen Gründen nicht vorgesehen. Hast Du sie nicht alle?". - Hä?

Anton B. hat geschrieben: Dein Problem ist nicht die Naturwissenschaft an sich, es ist nicht die HKM und es sind auch keine historischen Wissenschaften und keine Geisteswissenschaften, es ist das "Wissen" an sich als Erkenntnis im Sinne der Definition von Wissen.
Ich stimme Dir zu, dass das Problem nicht in den Wissenschaften (in Deiner Definition) liegt, WENN Wissenschaft lediglich beobachtet, Beobachtetes beschreibt und ausschließlich im methodischen Rahmen der Wissenschaft interpretiert.

Das geschieht aber in den Geisteswissenschaften geradezu routinemäßig NICHT - unser Beispiel "Naherwartung" ist hier treffend (und nur deshalb wird es hier so lange diskutiert). - Denn die HKM dürfte nicht mehr sagen als:
"Wir datieren einen Text, untersuchen die Worte darin, vergleichen sie mit anderer Literatur der Zeit und stellen fest, dass es folgende Übereinstimmungen oder Unterschiede gibt. - Unterm Strich stellen wir fest, dass Paulus für eine bestimmte Zeit glaubte, dass Jesus sein zeit-nahes apokalyptisches Erscheinen verkündet hatte. - Punkt."

Sie darf NICHT sagen:
"Jesus hatte oder hatte wahrscheinlich eine zeitnahe apokalyptische Naherwartung". - Denn die HKM kann auf Basis ihrer Methodik gar nicht beurteilen, was ein GEISTIGER Paradigmen-Wechsel ist und was heilsgeschichtliche Entwicklung bedeutet - weil es nicht ihr Fach ist.

Nun mögen dies einzelne HKM-ler beurteilen können - aber sie scheinen oft nicht zu unterscheiden, was historisch-kritische Beurteilung/Interpretation ist (das wäre "Unterm Strich stellen wir fest, dass Paulus für eine bestimmte Zeit glaubte, dass Jesus sein zeit-nahes apokalyptisches Erscheinen verkündet hatte. - Punkt.") und eigene weltanschauliche Beurteilung ist ("Aus bewussten oder unbewussten weltanschaulichen Gründen interpretiere ich daraus, dass ...").

Diejenigen, die es unterscheiden können - und davon kenne ich welche - sagen:
"Als HKM-ler komme ich zum Schluss, dass nach HKM-Methodik eine Naherwartung Jesu naheliegend ist. Aber selbstverständlich weiss ich aus übergeordneten "kanonischen" Gründen, dass das Quark ist". - Methodisches Wissen der HKM und der systematischen Theologie stehen somit gegenüber - beides disziplin-intern gut begründbar.

Wie passt das in Deine Definitions von "Wissen"? - Und welche Rolle spiel dabei eigentlich noch das, was WIRKLICH damals geschehen ist?

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#184 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Di 13. Sep 2016, 22:02

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gerade die katholische Kirche ist AUSSCHLIESSLICH "rezeptions-orientiert".
Nein - sie lässt nichts über die Bibel kommen, interpretiert aber nicht aus der Bibel, sondern aus dem "Solus Spiritus".
Die kirchlichen Dogmen haben ihren Ursprung ausschließlich in Glaubensaussagen der Bibel. Nach christlichem Verständnis offenbart
sich Gott in der "Heiligen Schrift". Er ist der "eigentliche Autor". Deshalb werden die heiligen Schriften auch "Wort Gottes" genannt.


Der sog. "Heilige Geist" fungierte in der Urchristenheit lediglich für die Jünger und Apostel als Tröster, Inspirator und Beistand. Der haust nicht beim "Heiligen Vater" allzeit bereit im vatikanischen Gästezimmer, um da zu sein, wenns bei der päpstlichen Inspiration klemmt. :lol:

closs hat geschrieben:Das ausschließlich Rezeptions-Orientierte ist Spezialität der HKM - als Wissenschaft ist es ihre Pflicht.
In der Tat fällt es den Theologieprofessoren schwer, den "Heiligen Geist" auszulegen. Der äußert sich ja nicht! :) Nö - die Bibel als "Heilige Schrift" ist für die Christenheit ohne Abstriche grundlegend für ihren Glauben - weil sie "Gottes inspiriertes Wort" ist.

Für die historisch-wissenschaftliche Textauslegung gilt das nicht. Evangelienberichte werden z.B. als Legenden entlarvt, viele angebliche Aussprüche Jesu als unecht, als Erfindungen der urchristlichen Gemeinden erwiesen.

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#185 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Di 13. Sep 2016, 22:53

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wenn die HKM z.B. durch die Definition von Wissen begründet ist, wo soll dann die spezifische HKM-Setzung sein?
Dass sie methodisch so gepolt ist, dass sie mögliche historische Szenarien nicht untersuchen kann - sie also gegenüber möglichen historischen Fakten nicht ergebnisoffen sein kann.
Selbst wenn Jesus ein präexistentes Wesen (nach Meinung des Evangelisten Johannes und des apostels Paulus) gewesen wäre, hätte er sich nach den neutestamentlichen Quellen in seinen Voraussagen dennoch grundlegend geirrt.

Ob Du nun einen jüdischen Wanderprediger aus Nazareth oder einen "Sohn Gottes" setzt, am Irrtum Jesu ändert sich deshalb nichts.

Gott hat bekanntlich seine Königsherrschaft nicht auf Erden angetreten. Jahwe hatte anscheinend keinen Bock, den sehnsüchti-
gen Wunsch des Nazareners zu erfüllen. Gerade weil Jesu Prophezeiungen nicht eintrafen, müssen auch nach 2000 Jahren Chris-
ten immer noch beten: "Dein Reich komme..."

War wohl nix mit naher Gottesherrschaft. Mit: "Die Zeit ist erfüllt. Tut Buße und glaubt dem Evangelium. Das Reich Got-
tes ist nahe herbeigekommen." Ein totaler Fehlschlag.

Jesu Irrtum ist keine Behauptung von Atheisten, sondern von THEOLOGEN.
Zuletzt geändert von Münek am Di 13. Sep 2016, 23:24, insgesamt 2-mal geändert.

Anton B.
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#186 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Anton B. » Di 13. Sep 2016, 23:09

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:"Wissen" ist System-Wissen, weil es sich auf die Definition von "Wissen" bezieht und basierend auf dieser Definition seine Methoden und seine Erkenntnisse aufspannt.
Umgekehrt: Das, was man auf methodischen Grundlage des Kritischen Rationalismus an Ergebnis bekommt, definiert man als "Wissen". Das ist durchaus nicht ehrenrührig, aber eben umgekehrt.

[...]

Der kritische Rationalismus (also das, was die Definition "Wissen" überhaupt erst begründet) [...]
Völlig daneben!

"Wissen" ist durch eine Definition begründet und der KR ist eine aus der Definition abgeleitete, der Definition genügende Metamethodik für bestimmte Untersuchungsgegenstände. Wenn ich Deine Verdrehung so lese, wird mir auch klar, wie es zu dem immer wieder hier gezeigten verqueren Verständnis bei Dir gekommen ist.

closs hat geschrieben:[...] kann aus methodischen Gründen nur eine Teil historischer Realität "wissen" - noch mehr: "Wissen" in diesem Sinne kann methodisch sogar Irrtümer als Fakten "wissen", weil es methodisch so gesetzt ist. Das kann doch nicht ergebnisoffen sein, oder?
"Wissen" nennen wir aus seiner Definition heraus vernünftig begründete Erkenntnisse. Nicht aus einer Setzung heraus, sondern durch vernünftige Untersuchungen und Ableitungen aus der Definition von "Wissen" wurde für empirisch fassbare Untersuchungsgegenstände der KR als Metamethode begründet. Daraus ergeben sich für diese empirisch zugänglichen Untersuchungsgegenstände Erkenntnisse, die nach unserem jetzigen Stand am vernünftigsten im Einklang mit Beobachtungen stehen.

Diese Erkenntnisse, was Wunder, weil sie ja der Definition von Wissen genügen, nennen wir dann auch Wissen. Über eine "wahre" Realität wird keine Aussage gemacht. Es kann sich jederzeit aus ganz verschiedenen Gründes alles als irrtümlich und falsch erweisen.

"Wissen" ist selbstverständlich nur im Rahmen seiner Definition ergebnisoffen, aber nicht darüber hinaus.

Wenn sich aus der Definition von "Wissen" Erkenntnisse ergeben, die nicht mehr als gequirlter Quark sind, dann -- mein lieber closs -- ist das immer noch "Wissen". Es wäre dann nämlich vernünftig begründeter, gequirlter Quark. Dagegen ist das, was Du als "wahre Wirklichkeit" zu bezeichnen pflegst, von mir aus "wahre Wirklichkeit", "echte Realität", "der Fakt hinter allem" und vieles mehr, aber solange die vernünftige Begründung fehlt, auf jedem Fall kein Wissen.


Hat es denn jetzt geschnackelt?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#187 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Mi 14. Sep 2016, 00:01

Anton B. hat geschrieben: Dagegen ist das, was Du als "wahre Wirklichkeit" zu bezeichnen pflegst, von mir aus "wahre Wirklichkeit", "echte Realität", "der Fakt hinter allem" und vieles mehr, aber solange die vernünftige Begründung fehlt, auf jedem Fall kein Wissen.
Unser lieber Kurt gebraucht für angeblich transzendente "Wirklichkeiten/Möglichkeiten" auch gern die Umschreibung "das, was der Fall ist". Eine für unsere Sinne (noch) nicht fassbare Realität, die jenseits unserer Wahrnehmung existieren "könnte".

Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv "könnte" (es könnte sein, es könnte aber auch nicht sein - ganz nach Belieben). :lol:

Nur - was haben solche Überlegungen mit dem "Gott der Bibel" zu tun? Der alte Jahwe weste ja nur ein paar Kilometer über der Erde oberhalb des von ihm erschaffenen Himmelsgewölbes, dessen Fenster er bei Bedarf (Sintflut, Feuer und Schwefel, Manna, Segen) von Engeln öffnen ließ. Jahwe hatte die Menschen von seiner nahen Warte aus voll im Blick... So weit weg war der Allmächtige nicht...


Und "Transzendenz" kannte der menschennahe Elohim mit Sicherheit nicht. Dieser Begriff ist eine Erfindung des Menschen und seinem Vorstellungsvermögen geschuldet.
Zuletzt geändert von Münek am Mi 14. Sep 2016, 00:18, insgesamt 1-mal geändert.

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#188 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Mi 14. Sep 2016, 00:11

Anton B. hat geschrieben:Völlig daneben! - "Wissen" ist durch eine Definition begründet. ... "Wissen" nennen wir aus seiner Definition heraus vernünftig begründete Erkenntnisse.
Aber das ist doch Irreführung, wenn man unter "Wissen" versteht, dass man eine fakten-orientierte Erkenntnis ("das, was der Fall ist") hat. - Mit Deinem Ansatz wäre Glaube ebenfalls Wissen, da fundamental-theologische Aussagen hoch-vernünftige Aussagen sind.

Wer definiert denn, was "vernünftig" ist? - Gut - man greift gerne auf Kant zurück - geht aber nicht einmal darauf ein, wie Kant selbst die Vernunft in Bezug auf "das, was der Fall ist" relativiert.

Natürlich kann man anthropozentrisch sagen "Wissen definieren wir nach dem, was wir unter 'Vernunft' verstehen wollen - aber wo ist die Gewähr, dass dies mit dem übereinstimmt, worauf man diese Vernunft ansetzt? - Welches Verhältnis besteht aus Deiner Sicht zwischen "Wissen" und "dem, was der Fall ist"?

Anton B. hat geschrieben: Über eine "wahre" Realität wird keine Aussage gemacht. Es kann sich jederzeit aus ganz verschiedenen Gründes alles als irrtümlich und falsch erweisen.
Aja - schon hast Du meine Frage beantwortet - gefällt mir. - Nur: Wer um Himmels Willen versteht es denn so? - Verstanden wird doch unter "Wissen" eine fakten-/realitäts-orientierte Bewertung.

Du verwendest das Wort "Wissen" so, als sei es ein Glaube, der aus definitorischen Gründen "Wissen" genannt wird. - Ist mir sympathisch, weil es genau so ist. - Aber meinst Du ernsthaft, da würde Dir (außer Experten) jemand folgen?

Aber folgen wir Dir in Deinem Ansatz im konkreten Fall:
Die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung ist Ausdruck eines "Wissens", das durch einen anthropozentrisch definierten Vernunft-Begriff als solches genannt werden darf, aber sich "aus ganz verschiedenen Gründes alles als irrtümlich und falsch erweisen" kann. - Ich will Dich nicht auf den Arm nehmen - ich finde diese Definition WIRKLICH gut. - Aber meinst Du es auch wirklich so?

Anton B. hat geschrieben:Dagegen ist das, was Du als "wahre Wirklichkeit" zu bezeichnen pflegst, von mir aus "wahre Wirklichkeit", "echte Realität", "der Fakt hinter allem" und vieles mehr, aber solange die vernünftige Begründung fehlt, auf jedem Fall kein Wissen.
Ich kann Dir folgen - dazu Fragen:

1) Wie bewertest Du die Aussage, dass Jesus eine Naherwartung hatte, weil dies eine "Wissens/wissenschaftliche Aussage" sei?
2) Wie würdest Du "Wissen" von "Erkenntnis" unterscheiden?

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#189 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Mi 14. Sep 2016, 00:21

Münek hat geschrieben:Evangelienberichte werden z.B. als Legenden entlarvt, viele angebliche Aussprüche Jesu als unecht, als Erfindungen der urchristlichen Gemeinden erwiesen.
Wo ist hier die Fragestellung, welche Aussage, egal wann sie getätigt wurde, der eigentlichen Botschaft Jesu entspricht? - Oder geht es nur um Quellen-Pingpong?

Münek hat geschrieben:Jesu Irrtum ist keine Behauptung von Atheisten, sondern von THEOLOGEN.
Aber doch nur, weil es inzwischen eine atheistische Theologie gibt.

Ja, es gab in der Hoch-Zeit der HKM den Versuch, Jesus historisch-kritische zu erklären - da waren also auch Theologen beteiligt. - Aber wer macht das heute noch? - Wenn es christliche Theologen tun, dann mit dem Vorbehalt, dass es rein methodische Aussagen sind, die faktisch wahr sein können, aber auch falsch sein können.

Wie erklärst Du Dir, dass mit verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen betraute Theologen sinngemäß sagen: "Historisch-kritisch gesehen hatte Jesus eine Naherwartung - faktisch schließe ich es aus, weil ...". - Das sind keine "Schizophrene", sondern Leute, die wissen, dass jede Methodik ihren charakteristischen Ergebnis-Korridor zur Verfügung hat.

Münek hat geschrieben:Unser lieber Kurt gebraucht für angeblich transzendente "Wirklichkeiten/Möglichkeiten" auch gern die Umschreibung "das, was der Fall ist".
Für alles. - Alles, was "ist", ob wir es bereits entdeckt haben oder nicht, "ist der Fall". - Das gilt für eine bisher nicht entdeckte Galaxie, falls es sie gibt, genauso, wie es für Gott gilt, falls es ihn gibt. - Das, was "ist", schert sich nicht darum, wie weit wir mit unserer Wahrnehmung sind.

Münek hat geschrieben:Der alte Jahwe weste ja nur ein paar Kilometer über der Erde oberhalb des von ihm erschaffenen Himmelsgewölbes
Oje - liest Du SO die Bibel?

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#190 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Ska'ara » Mi 14. Sep 2016, 00:26

Münek hat geschrieben: Jesu Irrtum ist keine Behauptung von Atheisten, sondern von THEOLOGEN.[/b]
Wenn dem nachweislich so ist, dann verstehe ich diese ganze Diskussion nicht. Ist doch alles klar dann. Lt. Theologen hat Gottes Sohn sich geirrt, und damit war er nicht Gottes Sohn, die Bibel ist falsch, und die Gläubigen irren ebenfalls und Gott kann es damit auch nicht geben. :roll: Oder wie?

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