Alles Teufelszeug? III

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Münek
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#641 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Mi 20. Jul 2016, 00:18

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Unter wissenschaftlich-historischen Gesichtspunkten geht es nun mal nicht anders.
Eben - als methodisches Konstrukt ist es ja auch gut durchdacht UND hat sicherlich in vielen Dingen gute Chancen, authentisch zu Wirklichkeit zu stehen.
Dann verstehe ich nicht, wieso Du immer wieder gebetsmühlenartig Deine ungerechtfertigte Kritik an der methodischen Arbeit der neutestamentlichen Wissenschaftler wiederholst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der einfache, unverbildete Christ würde niemals von "geistig komplexen Zusammenhängen" sprechen, wenn er seinen Glauben meint.
Wir sprechen hier DARÜBER. - Innerhalb des Christentums gibt es solche Diskussionen nicht - da lebt und erlebt man.
Wenn die "komplexen geistigen Zusammenhänge" im Christentum kein Thema sind, wieso behauptest Du dann, es gäbe diese?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Ergebnisoffenheit der Wirklichkeit" ? Was in Dreiteufelsnamen soll das denn nun wieder sein?
Der Wirklichkeit gegenüber. - Man sollte methodisch sicher stellen, dass man dem tatsächlich Geschehenen gerecht werden kann und sollte deshalb nichts dogmatisch ausschließen.
Es gibt keine "Ergebnisoffenheit der Wirklichkeit", sondern nur eine Ergebnisoffenheit innerhalb der wissenschaftlichen Forschung. Für diese ist es selbstverständlich, die Ergebnisse ihrer Arbeit unentwegt kritisch in Frage zu stellen und bei Bedarf zu modifizieren oder zu korrigieren.

Wieso ist die kirchliche Dogmatik dazu nicht willens oder in der Lage? Hast Du darauf eine Antwort?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die langen Monologe und sonstigen Aussprüche Jesu im Johannesevangelium gelten als Eigenkompositionen eines unbekannten, gnostisch angehauchten Schreibers gegen Ende des 1. Jahrhunderts.
Gut möglich. - Wenn dies tatsächlich so ist, ist es nicht historisch. - Entscheidend wäre aber, ob diese Eigenkomposition zu dem, was Jesus wirklich gesagt und gemeint hat, authentisch ist - diese Frage ist historisch-kritisch nicht beantwortbar.
Es genügt festzustellen, dass der Verfasser der Johannesevangeliums Jesus Worte in den Mund gelegt hat, die dieser nie gesprochen hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die HKM braucht nicht aufgewertet zu werden, da sie bereits als DIE Standardmethode der biblischen Textauslegung an den Universitäten etabliert ist. Und natürlich sind die Neutestamentler als professionelle Experten höchst befähigt, Bibeltexte sachgerecht zu interpretieren.
Sie können sprachwissenschaftlich, etc. interpretieren, aber nicht substantiell-inhaltlich:
Ich denke, darauf hast Du mittlerweile genügend Anworten bekommen. Irgendwann vergeht mir die Lust, mich ständig zu wiederholen.

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Münek
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#642 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Mi 20. Jul 2016, 00:52

Münek hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Da wäre ich mir aber nicht so sicher, lieber Münek. Da unterschätzt Du meiner Meinung nach die Anthropologisierung der Exegese.
Worüber genau wärest Du Dir nicht so sicher? Was verstehst Du unter "Anthropologisierung der Exegese"?
Halman hat geschrieben:Dass man die "biblisch überlieferten Gottes-, Teufels-, Engel- und sonstigen Wundergeschichten" vom Menschen her erklärt und nicht von Gott her
.
Von Gott her können wir gar nichts erklären. Wie sollte das gehen?

Im Übrigen habe ich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die neutestamentlichen Exegeten zu Gottes-, Dämonen-, Engels-, Teufels- und sonstigen überlieferten Wundergeschichten als Wissenschaftler überhaupt nicht äußern. Von "Anthropologisierung der Exegese" kann demnach keine Rede sein.

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#643 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Mi 20. Jul 2016, 01:47

Halman hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So wie ich ihn in seinem Buch "Die Bibelfälscher" und seinen Interviews verstehe, wird in der "Exegese" sehr wohl etwas über die "biblisch überlieferten Gottes-, Teufels-, Engel- und sonstigen Wundergeschichten ausgesagt und zwar in der Form, dass diese nie stattfanden und somit anthropologisch und tiefenpsychologisch zu erklären sind.
Nichts gegen Dein Verständnis. Aber warum zitierst Du dann nicht die entsprechenden (angeblichen) Aussagen aus Bergers Buch "Die Bibelfälscher", damit ich mir ein Bild machen kann ?

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#644 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Mi 20. Jul 2016, 02:37

closs hat geschrieben:Zur Ehrenrettung Heideggers:
Seine Anthropologie meint nach meinem Verständnis: Der Mensch hat nichts als seine Wahrnehmung - er muss "Sein" per Wahrnehmung thematisieren, um dessen überhaupt bewusst werden zu können - da würde auch Berger nicht widersprechen. - Instrumentalisiert wird Heidegger durch die Interpretation: Da wir nur unsere Wahrnehmung haben, ist Wahrnehmung Maßstab fürs "Sein" - genau das meint Heidegger NICHT. - Er will vielmehr darauf hinweisen, dass Wahrnehmung immer NUR Wahrnehmung ist - auch wenn sie intersubjektiv darstellbar ist.
So ist es. Wenn ein gläubiger Mensch meint, "spirituell" eine übernatürliche Allmacht wie "Gott" WAHRZUNEHMEN, sollte er sich immer dessen ganz klar bewusst sein, dass seine persönliche WAHRNEHMUNG eben NICHT der Maßstab für das "Sein" ist. 8-)

Das sollten sich Gläubige, aber vor allem die kirchlichen Dogmatiker mal dick hinter die Ohren schreiben. :)

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sven23
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#645 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mi 20. Jul 2016, 06:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber was hat das mit seriöser historisch-kritischer Leben-Jesu-Forschung zu tun? Nichts.
Und somit kann es ONTOLOGISCH nicht sein, dass Jesus säkular-begründbar eine Naherwartung hatte und geistig-begründbar das Gegenteil der Fall ist - denn entweder hatte er in seiner Wirklichkeit eine oder nicht - er hatte sicherlich nicht beides gleichzeitig, nur weil unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen methodisch bedingt zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen..
Beides gleichzeitig geht nicht, deshalb hält man sich ja auch an die Quellen. Der Kindermord des Herodes fand nicht statt, egal aus welcher Perspektive. Die Naherwartung gilt auf Grund der Quellenlage als die wahrscheinlichste.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, deshalb gilt das Johannesevangelium als das historisch unzuverlässigste in Bezug auf Jesus.
Wir verstehen unter "Jesus" Unterschiedliches: Du meinst damit "historisch-kritisch", ich meine damit "was wirklich war" (auch unbekannterweise)..
Was "unbekannterweise" war, weiß niemand. Es geht um die Auswertung der Quellen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Für Juden und Moslems gibt es Gott und trotzdem ist Jesus nur ein Prophet in ihren Augen.
Das ist korrekt - ein Jude/MOslem müsste erklären, wie sich ein göttlicher Prophet so irren kann - auch das wäre ein Problem...
Witzbold. In diese Erklärungsnot kommen doch nur diejenigen, die an die Vergottung des Wanderpredigers glauben. Juden und Moslems tun dies eben nicht. Dass Menschen sich irren können, ist bekannt. Und Propheten sind nun mal auch nur Menschen.

closs hat geschrieben: Mir geht es um Grundlegenderes, das auch Juden und Moslems betrifft:
Kann man geistiger Realität, die historisch stattfindet, historisch-kritisch gerecht werden? Nach dem, was ich hier seit längerem höre, ist es ausgeschlossen. - Also ist die HKM eine Disziplin, die diesbezügliche äußere Umstände beobachten und beschreiben kann, nicht aber sachgerecht interpretieren kann. - Und hier sind wir wieder bei Ratzinger: Ich verstehe ihn immer mehr so, dass er dies ändern wollte, damit die HKM aufgewertet wird.
Wenn "historische geistige Realität" der Vergottungsprozeß des Wanderpredigers ist, incl. der Entstehung einer neuen religiösen Sekte, dann wird dieser Prozess doch sehr gut von der Forschung nachgezeichnet. Mehr kann die Forschung auch nicht leisten.
Was du willst, nämlich die Identifikation mit Glaubensinhalten, ist eine andere Baustelle. Das sollte man nicht immer miteinander vermischen.
Was Ratzinger wollte, wäre das Ende der historisch-kritischen Methode gewesen. Zum Glück hat er aber in der Forschung nichts zu melden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#646 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 20. Jul 2016, 08:37

Münek hat geschrieben:Dann verstehe ich nicht, wieso Du immer wieder gebetsmühlenartig Deine ungerechtfertigte Kritik an der methodischen Arbeit der neutestamentlichen Wissenschaftler wiederholst.
Die Methodik an sich ist es nicht, sondern die weltanschauliche Interpretation auf Basis dieser Methodik.

Münek hat geschrieben:Wenn die "komplexen geistigen Zusammenhänge" im Christentum kein Thema sind, wieso behauptest Du dann, es gäbe diese?
Man kann wissenschaftlich ohne geistigen Kontext rein sachlich arbeiten, so wie ein Tüftler ein super Röntgengerät entwickelt und eine Fachkraft super Röntgenbilder macht - aber man ist dann eben Fachkraft und nicht Arzt, der komplex deutet.

Münek hat geschrieben:Es gibt keine "Ergebnisoffenheit der Wirklichkeit"
Aber "gegenüber der Wirklichkeit" - so war es gemeint.

Münek hat geschrieben:, sondern nur eine Ergebnisoffenheit innerhalb der wissenschaftlichen Forschung
Und wenn ein methodischer Ansatz nicht ergebnisoffen gegenüber der Wirklichkeit ist, ist er es eben lediglich innerhalb des methodischen Ansatzes - genau meine Rede.

Münek hat geschrieben:Wieso ist die kirchliche Dogmatik dazu nicht willens oder in der Lage? Hast Du darauf eine Antwort?
O ja - weil ihre Methodik darauf basiert, dass es Gott gibt, . Während "Deine" Methodik darauf basiert, dass es Gott NICHT gibt. - Beide sind NICHT absolut ergebnisoffen, sondern nur innerhalb ihres Ansatzes.

Und weil das unter Profis bekannt ist, betrachtet man beides als komplementär.

Münek hat geschrieben:Es genügt festzustellen, dass der Verfasser der Johannesevangeliums Jesus Worte in den Mund gelegt hat, die dieser nie gesprochen hat.
Historisch-kritisch kann das sehr wohl die wahrscheinliche Lösung sein - damit ist die HKM-Arbeit getan.

Münek hat geschrieben:Ich denke, darauf hast Du mittlerweile genügend Anworten bekommen.
Die letztlich weltanschaulicher Natur sind. - Wenn man diszipliniert mit der eigenen wissenschaftlichen Disziplin umgeht, sind Auseinandersetzungen wie hier leicht umgehbar.

Münek hat geschrieben:Von Gott her können wir gar nichts erklären. Wie sollte das gehen?
Nur indirekt. - Man erkennt, dass man die geistige Welt nicht menschen-maßstäblich erklären kann, sondern nur vom Original aus, das man selbst nicht ist. - Also versucht man Modelle, die man "hochrechnet" aus dem an Geistigem, was uns zugänglich ist. - Stimmt ein solches Modell, ist man nah dran - aber man kann nie sicher sein, OB ein solches Modell stimmt - man kann es nur per geistiger Plausibilität glauben.

Münek hat geschrieben:Wenn ein gläubiger Mensch meint, "spirituell" eine übernatürliche Allmacht wie "Gott" WAHRZUNEHMEN, sollte er sich immer dessen ganz klar bewusst sein, dass seine persönliche WAHRNEHMUNG eben NICHT der Maßstab für das "Sein" ist.
Absolut korrekt - es gilt aber AUCH:

Wenn ein Wissenschaftler meint, die Natur wahrzunehmen, sollte er sich immer dessen ganz klar bewusst sein, dass seine persönliche WAHRNEHMUNG eben NICHT der Maßstab für die Natur ist - auch dann, wenn eine Methodik in sich schlüssig ist.

Münek hat geschrieben:Das sollten sich Gläubige, aber vor allem die kirchlichen Dogmatiker mal dick hinter die Ohren schreiben.
Das wissen sie doch - deshalb sprechen sie doch von "Glauben". - Viele Wissenschaftler wissen es nicht, weil sie die innere Schlüssigkeit der Methode verwechseln mit einem originalen Zugang zur "Realität".

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#647 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 20. Jul 2016, 09:03

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung gilt auf Grund der Quellenlage als die wahrscheinlichste.
Methodisch gesehen sehr gut möglich. - Trotzdem schadet es nicht, über den Tellerrand der eigenen Methodik hinauszuschauen.

sven23 hat geschrieben:Was "unbekannterweise" war, weiß niemand. Es geht um die Auswertung der Quellen.
Eben - und deshalb kann man bei entsprechendem weltanschaulichen interpretativen Umgang mit den Quellen mit Fug und Recht zu einem in sich geschlossenen Ergebnis kommen - aber es gilt AUCH: Jesus war ENTWEDER das eine ODER das andere - das bleibt über aller Methode und allem Glauben stehen.

sven23 hat geschrieben: Und Propheten sind nun mal auch nur Menschen.
So einfach ist es nicht - würde ein Mensch in seiner Eigenschaft als Prophet dummes Zeug reden oder glauben, wäre er kein Prophet mehr. - Da hätten die Juden und Moslems auch in ihrer Sicht ein Problem.

sven23 hat geschrieben:Mehr kann die Forschung auch nicht leisten.
Dann soll sie ihre Quellen-Interpretationen machen und gut ist - aber sie soll Jesus selbst aus dem Spiel lassen.

sven23 hat geschrieben:Was Ratzinger wollte, wäre das Ende der historisch-kritischen Methode gewesen. Zum Glück hat er aber in der Forschung nichts zu melden.
Was das bedeutet hätte, weiss ich auch nicht ganz genau. - Aber sicherlich hätte die HKM dann einen höheren Stellenwert in der Theologie bekommen können.

Auch mit dem Status Quo kann man leben - WENN die HKM diszipliniert mit ihrer Disziplin umgeht. - Tut sie es nicht, treffen die Vorwürfe von Ratzinger und Berger zu.

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Halman
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#648 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Halman » Mi 20. Jul 2016, 11:37

Münek hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Da wäre ich mir aber nicht so sicher, lieber Münek. Da unterschätzt Du meiner Meinung nach die Anthropologisierung der Exegese.
Worüber genau wärest Du Dir nicht so sicher? Was verstehst Du unter "Anthropologisierung der Exegese"?
Halman hat geschrieben:Dass man die "biblisch überlieferten Gottes-, Teufels-, Engel- und sonstigen Wundergeschichten" vom Menschen her erklärt und nicht von Gott her
.
Von Gott her können wir gar nichts erklären. Wie sollte das gehen?

Im Übrigen habe ich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die neutestamentlichen Exegeten zu Gottes-, Dämonen-, Engels-, Teufels- und sonstigen überlieferten Wundergeschichten als Wissenschaftler überhaupt nicht äußern. Von "Anthropologisierung der Exegese" kann demnach keine Rede sein.
Damit hast Du eine Behauptung aufgestellt, die ich anzweifle. Diese nochmals als Beweis anzuführen, führt mich wieder dazu, eben diese Behauptung anzuweifeln. Dass sich neutestamentlichen Exegeten dazu nicht äußern, ist eine Behauptung, die zu belegen wäre. Eine Widerholung der Behauptung ist keine hinreichende Argumentation.
Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass es äußerst schwierig sein dürfte, Nicht-Äußerungen zu belegen, da aber die Wundergeschichten im Neuen Testament von so großer innerbiblischer Bedeutung sind, gehe ich davon aus, dass sich Neutestamentler sehr wohl dazu geäußert haben, ob sie als Exegeten dazu stellung nehmen oder nicht.
Wer von uns hat gem. folgendem Zitat recht?
Zitat aus :
... Gerade die Schilderungen der "Naturwunder" sind also Produkte theologischer Reflexion, die aus dem Glauben an den Auferstandenen das Wesen Jesu Christi zur Sprache bringen will.

Literatur

G. Theißen, Urchristliche Wundergeschichten, StNT 8, Gütersloh 71998.
A. Weiser, Was die Bibel Wunder nennt. Sachbuch zu den Berichten der Evangelien, Stuttgart 1992.
Ergänzend verweise ich auf Heilung und Sündenvergebung. Exegetische und didaktische Überlegungen zu einer bekannten, aber schwierigen Wundererzählung (Mk 2,1-12 parr] von Thomas Breuer (20.07.2001). In seinem Artikel erörtet er, wie Wundererzählungen im Religionsunterricht zu behandeln sind. Darin heißt es u.a.:
3. Das Gesagte ist nicht dahingehend misszuverstehen, dass der Religionsunterricht in der Praxis einer voraufklärerischen Naivität frönen sollte. Keinesfalls sind die Wundergeschichten als historische Tatsachenberichte darzubieten. Dies gilt auch schon für die Grundschule! Natürlich ist von den Kindern kein 'theologisch korrektes' Verständnis im Sinne eines Erwachsenenglaubens (wie immer dieser auch aussehen mag) zu erwarten. Aber der Religionsunterricht macht sich unglaubwürdig, wenn er in späteren Jahren das revidieren muss, was er am Anfang gelehrt hat. Deshalb muss didaktisch-methodisch darauf abgezielt werden, ein erst in der Zukunft mögliches tieferes Verständnis nicht zu verbauen, sondern anfanghaft zu eröffnen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#649 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Halman » Mi 20. Jul 2016, 11:40

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Mit dem anspruchsvollen Wort „Entmythologisierung“ meint man die Befreiung der Texte von mythologischen Vorstellungen der Antike, um dann den Kern eines Textes ungehindert mit philosophischer Anthropologie füllen zu können.
Super Satz, den da Berger sagt - das ist exakt das, was ich mit "Anthropozentrismus der sog. Aufklärung" mehrfach zu erklären versucht habe.
Freut mich, dass Dir der Satz von Berger gefällt. ;)

closs hat geschrieben:Zur Ehrenrettung Heideggers:
Seine Anthropologie meint nach meinem Verständnis: Der Mensch hat nichts als seine Wahrnehmung - er muss "Sein" per Wahrnehmung thematisieren, um dessen überhaupt bewusst werden zu können - da würde auch Berger nicht widersprechen. - Instrumentalisiert wird Heidegger durch die Interpretation: Da wir nur unsere Wahrnehmung haben, ist Wahrnehmung Maßstab fürs "Sein" - genau das meint Heidegger NICHT. - Er will vielmehr darauf hinweisen, dass Wahrnehmung immer NUR Wahrnehmung ist - auch wenn sie intersubjektiv darstellbar ist.
Vielen Dank für diese Hintergrundinformationen zu Heidegger.

closs hat geschrieben:Aber, lieber Halman, Du hast mit Deinem Zitat (wieder mal) exakt das belegt, was ich seit Jahren ziemlich erfolglos versuche zu vermitteln.
Ganz ehrlich: In diesem Forum begegne ich z.T. einer Stuhrheit, bei der ich immer öfter an Altersstarrsinn denken muss. Ich bin zu jung für sowas.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#650 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Mi 20. Jul 2016, 11:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung gilt auf Grund der Quellenlage als die wahrscheinlichste.
Methodisch gesehen sehr gut möglich. - Trotzdem schadet es nicht, über den Tellerrand der eigenen Methodik hinauszuschauen.
Du kannst davon ausgehen, dass die Bibelexegeten bestens über die kirchlichen Dogmen informiert sind. Für ihre wissenschaftliche Tätigkeit sind solche angeblichen ewiggültigen Glaubenswahrheiten allerdings völlig ohne Belang.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was "unbekannterweise" war, weiß niemand. Es geht um die Auswertung der Quellen.
Eben - und deshalb kann man bei entsprechendem weltanschaulichen interpretativen Umgang mit den Quellen mit Fug und Recht zu einem in sich geschlossenen Ergebnis kommen - aber es gilt AUCH: Jesus war ENTWEDER das eine ODER das andere - das bleibt über aller Methode und allem Glauben stehen.
Nach den biblischen Quellen, d.h. gemessen an seinen eigenen Äußerungen hat Jesus sich eklatant geirrt. Die als nahe bevorstehend angekündigte Gottesherrschaft auf Erden kam nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mehr kann die Forschung auch nicht leisten.
Dann soll sie ihre Quellen-Interpretationen machen und gut ist - aber sie soll Jesus selbst aus dem Spiel lassen.
Die "Leben-Jesus-Forschung" soll Jesus aus dem Spiel lassen? :shock:

Jetzt wirds aber zappenduster. :lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was Ratzinger wollte, wäre das Ende der historisch-kritischen Methode gewesen. Zum Glück hat er aber in der Forschung nichts zu melden.
Was das bedeutet hätte, weiss ich auch nicht ganz genau. - Aber sicherlich hätte die HKM dann einen höheren Stellenwert in der Theologie bekommen können.
Sven hat recht. Dieser Misch-Masch wäre das Ende der historisch-kritischen Auslegungsmethode als Wissenschaftsdiziplin.

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