Der Jesus der Gnosis

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sven23
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#141 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von sven23 » Fr 3. Jun 2016, 20:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Gnosis bedeutet vom Wortstamm her "Wissen". Die Gnostiker des 3. und 4. Jahrhunderts meinten, sie hätten ein geheimes Wissen, was anderen Menschen nicht zugänglich war.
Das allein wäre kein Grund, um die Gnostiker der Häresie zu bezichtigen. Da muss es noch mehr als emotionale Gründe geben.
Stimmt. Wer den galiläischen Wanderprediger nicht als Gottessohn anerkennen wollte, mußte bekämpft werden.

"Daher gehen die Gnostiker davon aus, dass Jesus von Nazareth nicht der Sohn des Gottes der Juden ist, sondern – als eine Inkarnation des Christus – das Kind der vollkommenen Gottheit, also geistig verstanden, nicht etwa körperlich (Christologie)"
Quelle: Wikipedia

Bekämpft wurden auch diejenigen Evangelien, die Frauen eine stärkere Rolle zukommen ließen oder die sogar die Autorität der frühen Kirchenführer in Frage stellten.

"Dabei war Jesus alles andere als ein Asket. Offenbar konnte er sich freuen an den Dingen
des Lebens, an Essen und Trinken. Seine Gegner meinten ihn deshalb sogar als Fresser
und Weinsäufer (Mt 11,19) titulieren zu können. Gegenüber Frauen hatte er keine
Abgrenzungstendenzen, anders als die meisten späteren Kirchenväter. Sein Umgang mit
Sündern, Huren und Ehebrecherinnen ist ein Stück gelebter Mitmenschlichkeit. Einen
solch zwanglosen Umgang mit den Ausgegrenzten der Gesellschaft hat die spätere Kirche
nie erreicht, wiewohl sie ihn immer wieder verbal beschworen hat."

Quelle: Kubitza, Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#142 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Sa 4. Jun 2016, 01:51

sven23 hat geschrieben:Wer den galiläischen Wanderprediger nicht als Gottessohn anerkennen wollte, mußte bekämpft werden.
Inner-christlich geht das ja auch nicht. - Man kann nicht den Grund für das Christentum (Jesus ist "Gottessohn") INNERHALB des Christentums in Frage stellen - von außerhalb kann man es selbstverständlich. - Aber war DAS der Grund (ich weiss es nicht).

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Savonlinna
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#143 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Sa 4. Jun 2016, 02:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer den galiläischen Wanderprediger nicht als Gottessohn anerkennen wollte, mußte bekämpft werden.
Inner-christlich geht das ja auch nicht. - Man kann nicht den Grund für das Christentum (Jesus ist "Gottessohn") INNERHALB des Christentums in Frage stellen
Doch! Das ging und das geht.

Es muss sogar innerchristlich eine immer wieder erneuerte Debatte geben, die diese Fragen neu stellt und neu beantwortet.
"Der Grund des Christentums" ist doch immer in Entwicklung.
Komisch, dass Du meinst, man dürfe innerchristlich nicht frei denken.

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sven23
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#144 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von sven23 » Sa 4. Jun 2016, 07:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer den galiläischen Wanderprediger nicht als Gottessohn anerkennen wollte, mußte bekämpft werden.
Inner-christlich geht das ja auch nicht. - Man kann nicht den Grund für das Christentum (Jesus ist "Gottessohn") INNERHALB des Christentums in Frage stellen - von außerhalb kann man es selbstverständlich. - Aber war DAS der Grund (ich weiss es nicht).
Einer Religion, die auf der Gottesohnschaft von Jesus Christus aufbaut, wäre damit die Basis entzogen. Ein mythologischer Jesus ist auch einem Ratzinger zu wenig, weshalb die Kirche bis heute am Glaubensbekenntnis und den Dogmen festhält.
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closs
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#145 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Sa 4. Jun 2016, 10:23

Savonlinna hat geschrieben:Komisch, dass Du meinst, man dürfe innerchristlich nicht frei denken.
Inner-christlich kann und soll man schon frei denken - aber man kann doch nicht inner-christlich das Christentum aufheben. Es sei denn, man bezeichnet alles als "christlich", was Jesus zum Gegenstand hat - in diesem Fall hast Du recht.

sven23 hat geschrieben:Einer Religion, die auf der Gottesohnschaft von Jesus Christus aufbaut, wäre damit die Basis entzogen.
Das kann man ja meinen oder wollen. Aber man sollte vielleicht Begriffs-Klarheit schaffen, indem man nicht für Teil und Gegenteil die selbe Bezeichnung wählt.

Hältst Du es für sinnvoll, wenn diejenigen, die sagen "Jesus=Gott" dasselbe Wort für ihre Auffassung benutzen wie diejenigen, die sagen "Jesus = NICHT Gott"? Am Ende läuft es auf Schlumpf-Sprache raus. - Meinen soll jeder, was er will - aber muss man dann unbedingt dieselben Worte benutzen (gilt übrigens auch für Begriffe wie "Geist"/"Bewusstsein"/"Schuld"/ etc.)?

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#146 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Pluto » Sa 4. Jun 2016, 11:34

closs hat geschrieben:Inner-christlich kann und soll man schon frei denken - aber man kann doch nicht inner-christlich das Christentum aufheben. Es sei denn, man bezeichnet alles als "christlich", was Jesus zum Gegenstand hat - in diesem Fall hast Du recht.
Verstehe ich nicht. Ich halte jede Hinterfragung für sinnvoll.

Warum sollte man nicht das eigene Glaubensbekenntnis in Frage stellen?
Wenn sich das Christentum nach eingehender Betrachtung als nichtig herausstellen sollte, wäre das dann so schlimm?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#147 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Sa 4. Jun 2016, 11:51

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Komisch, dass Du meinst, man dürfe innerchristlich nicht frei denken.
Inner-christlich kann und soll man schon frei denken - aber man kann doch nicht inner-christlich das Christentum aufheben.
Wieso ist das jetzt ein Gegenaargument, wenn ich sagte, dass das, was das "Christentum" ist, immer wieder neu ausgehandelt werden muss und auch wird?

closs hat geschrieben: Es sei denn, man bezeichnet alles als "christlich", was Jesus zum Gegenstand hat - in diesem Fall hast Du recht.
Das obliegt weder Dir noch mir, da Vorschriften zu machen und Abweichler der eigenen Meinung als Häretiker zu bezeichnen.

Darum, wie ich immer sage, ist Deine Sicht - mene natürlich auch - einfach nur eine Charakterfrage.

Aber, um die Sache von einer anderen Seite anzugehen:

Wenn ich Christ wäre - oder wenn ich das Christentum so transparent machen wollen würde, dass es zu einer anthropologischen Wahrheit wird -, dann würde ich ebenfalls Jesus als Gottessohn ansehen.
Das ist doch der entscheidende Funke dabei.

Zwar bezeichnet Jesus sich selber als "Menschensohn". Was schon darauf hinweisen könnte, dass "Gottessohn" und "Menschensohn" Synonyme sein könnten.

Oder ganz scharf ausgedrückt: Jesus als "Gottessohn" vermittelt eine anthropologische Wahrheit, Hoffnung, Vision.

Dabei ist auch mir der Begriff "Transzendenz" ganz entscheidend.
Wie kann der Menschensohn - also der "wahre Mensch" - das Transzendente leben?
Wie kann er im realen Leben die Schallmauer durchbrechen und gleichzeitig im Transzendenten sein?
Das Christentum kann - je nach Auslegung - dafür Hinweise geben.

Wie auch immer ich als "Christ" das sehen wollen würde:
es wäre eine Stimme im Konzert. Und diese eine Stimme darf sich nie nie nie aufschwingen zu der einen wahren Stimme und alle anderen Instrumentalstimmen aus dem Konzert schmeißen.

Das aber versuchst Du immer. Du willst immer nur eine Stimme im Konzert lassen - nämlich Deine Auffassung.
Die, wie ich sagte, eng verwoben ist mit Deiner persönlichen Psyche.
Und daraus folgt, dass nur Deine persönliche Psyche das Recht haben soll, Christentum für alle als gültig vorzuschreiben.

Damit aber zerstörst Du die Frohe Botschaft und setzt an ihre Stelle das Ego.
Du willst Gott die Möglichkeit rauben, im Konzert aller Stimmen sich zu äußern.
Merkst Du was?

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sven23
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#148 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von sven23 » Sa 4. Jun 2016, 12:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Einer Religion, die auf der Gottesohnschaft von Jesus Christus aufbaut, wäre damit die Basis entzogen.
Das kann man ja meinen oder wollen. Aber man sollte vielleicht Begriffs-Klarheit schaffen, indem man nicht für Teil und Gegenteil die selbe Bezeichnung wählt.
Begriffklarheit hat die Kirche doch geschaffen mit Glaubensbekenntnis und Dogmenapparat.
Nur im Gegensatz zu heute bedeutete Abweichung von diesen "Begriffsklarheiten" früher Gefahr für Leib und Leben.

"Die Gnosis war so etwas wie die antike Esoterik schlechthin. Hier wurde wild aus
allen anderen Denkrichtungen kopiert, und die Versatzstücke wurden dann zu
gnostischen Mythen neu zusammengebaut, jeder gnostische Mythos eine pure Phantasie,
die als Offenbarung daherkam und ihre Jünger fand. In den gnostischen Mythen fanden
sich oft auch Erlösergestalten, und es ist schon vielfach darüber spekuliert worden, ob
hier das Christentum die Gnosis oder die Gnosis das Christentum hervorgebracht oder
zumindest befruchtet hat. Gnosis und andere Zeitströmungen haben das Christentum
beeinflusst, so viel ist klar, nur der Umfang der Beeinflussung ist umstritten. Karlheinz
Deschner sieht es gar als vollständig von fremden Kulten und Traditionen beeinflusst und
will ihm gar keine eigenen originären Gedanken zugestehen. Er bringt hierfür gute
Argumente, seine These wird jedoch in dieser Radikalität heute kaum noch vertreten."

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#149 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Sa 4. Jun 2016, 12:07

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Inner-christlich kann und soll man schon frei denken - aber man kann doch nicht inner-christlich das Christentum aufheben. Es sei denn, man bezeichnet alles als "christlich", was Jesus zum Gegenstand hat - in diesem Fall hast Du recht.
Verstehe ich nicht. Ich halte jede Hinterfragung für sinnvoll. Warum sollte man nicht das eigene Glaubensbekenntnis in Frage stellen?

Da sind wir einer Meinung, lieber Pluto :thumbup: wie soll man das Glaubensbekenntnis verstehen, wenn man es nicht hinterfragt? Welchen Sinn hat es denn, wenn jemand bekennt „Jesus ist der Sohn Gottes“, aber gar nicht versteht, was das bedeuten soll? Der Mensch kann eigentlich nur das als wahr erkennen, bezeichnen und glaubwürdig vertreten, was er auch versteht und verständlich begründen kann.
Gerade fundamentalistische Gläubige wiederholen einfach nur stupide irgendwelche religiösen Aussagen, die angeblich wahr sind, ohne sie aber begründen zu können.

closs
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#150 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Sa 4. Jun 2016, 14:06

Pluto hat geschrieben: Ich halte jede Hinterfragung für sinnvoll.
Prinzipiell ist gegen diesen Satz nichts einzuwenden.

Savonlinna hat geschrieben:Wieso ist das jetzt ein Gegenaargument, wenn ich sagte, dass das, was das "Christentum" ist, immer wieder neu ausgehandelt werden muss und auch wird?
"Ausgehandelt" in Bezug auf was? Man braucht doch einen Kern, an dem man misst, was Christentum ist. - Was ist Dein Bezugspunkt?

Hältst Du es für möglich, dass man Christentum ohne Kreuz und ohne Erlösung durch Jesus aushandeln kann? Wie willst Du verhindern, dass irgendwann einer meint, dass die Ziehung der Lottozahlen neu ausgehandeltes Christentum ist?

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich Christ wäre - oder wenn ich das Christentum so transparent machen wollen würde, dass es zu einer anthropologischen Wahrheit wird -, dann würde ich ebenfalls Jesus als Gottessohn ansehen.
Wäre Jesus dann eine eigenständige Person oder lediglich eine anthropologische Chiffre?

Savonlinna hat geschrieben:Oder ganz scharf ausgedrückt: Jesus als "Gottessohn" vermittelt eine anthropologische Wahrheit, Hoffnung, Vision.
Ja - natürlich. - Die Wirkung soll ja bei uns ankommen.

Savonlinna hat geschrieben:Wie kann er im realen Leben die Schallmauer durchbrechen und gleichzeitig im Transzendenten sein? Das Christentum kann - je nach Auslegung - dafür Hinweise geben.
Ja - absolut einverstanden.

Savonlinna hat geschrieben:Das aber versuchst Du immer. Du willst immer nur eine Stimme im Konzert lassen - nämlich Deine Auffassung.
Vielleicht sollte ich Dir diesbezüglich mal deutlicher widersprechen:

Die anthropologische Umsetzung des Einzelnen ist immer exklusive zwischen Gott und Mensch - da hat weder ein Closs noch eine Savonlinna drin rumzupfuschen. Insofern wäre es ein krasses Missverständnis, wenn Du es mir unterstellen wolltest. - Mir geht es ausschließlich um die Definition der Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Christentum äußern kann (und das ist eben NICHT die Ziehung der Lottozahlen, selbst wenn jemand meinungs-mäßig darauf bestehen wollte).

Der Hintergrund meiner Festigkeit in diesem Punkt hat mit der fast willkürlichen Ausfransung des Christentums zu tun, die dessen Grundlagen teilweise komplett ausblendet. - Nun kann man ja gegen diese Grundlagen sein - diesbezüglich gibt es wirklich genug Argumente. Dann macht man halt etwas anderes. - Aber warum soll es denn sinnvoll sein, diesem Anderen auch noch den Namen "Christentum" zu geben? Diese Bezeichnung ist doch schon - ganz wertfrei gemeint - besetzt. Warum zur Hölle muss man denn ständig begrifflich am Christentum andocken und dann was anderes draus machen? Das verwirrt doch nur alle.

Savonlinna hat geschrieben:Damit aber zerstörst Du die Frohe Botschaft und setzt an ihre Stelle das Ego.
Jetzt drehst Du's aber so richtig um 180° auf den Kopf - das ist genau MEIN Anliegen.

Savonlinna hat geschrieben:Du willst Gott die Möglichkeit rauben, im Konzert aller Stimmen sich zu äußern. Merkst Du was?
Nein - merke ich nicht, weil es da nichts zu merken gibt. Denn mir ist eine nordkoreanische Bauersfrau, die ihren für uns uneinsehbaren Bezug zu Gott hat, genauso recht wie der Katholik oder Jude oder Atheist, der ebenfalls auf seine, für ihn selbst vielleicht unreflektierte Weise, Beziehung zu Gott hat.

Mit anderen Worten: Da stehe ich exakt auf der gegenüberliegenden Seite dessen, was Du mir vorwirfst. - Ich wehre mich gegen etwas anderes: Nämlich dass Nordkoreaner und Atheisten als Christen bezeichnet werden sollen, nur weil sie sich im "Konzert aller Stimmen" äußern - dass also das Christentum selbst bis zur Unkenntlichkeit verwässert wird, was die Verwendung des Wortes "Christentum" irgendwann völlig nichtssagend macht - Schlumpfsprache.

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