Beide Definitionen sind "richtig".closs hat geschrieben:Bei aller grundsätzlichen Übereinstimmung: Die Einschränkung auf "vorsätzlich und bewußt" ist aus meiner Sicht mindestens für das AT NICHT zulässig, sondern eher ein Gewächs der Aufklärung, die nicht dulden will, dass der Mensch ohne eigenen Anteil sündig/schuldig ist - Beispiel: 1.Sam. 6,19 "Der Herr aber strafte die Leute von Bet-Schemesch".Magdalena61 hat geschrieben:Sünde (Übertretung, Straftat) ist, wenn jemand sich vorsätzlich und bewußt über geltendes Recht (z.B. die StVO) hinwegsetzt.
1.) Sünde ("Fehler", Unzulänglichkeit) sind Gedanken, Worte und Werke, die dem Standard Gottes (dem von Gott geforderten Standard) nicht genügen; die dem Willen Gottes entgegen stehen.
Hier muß nicht zwingend eigenes Verschulden vorliegen. Deswegen habe ich als Beschreibung "Fehler" und "Unzulänglichkeit" hinzugefügt, um darauf hinzuweisen, dass hier keine Absicht vorlag. Man könnte auch noch "Versagen" anführen oder das, was Jesus "Herzenshärtigkeit" nennt.
2.) Sünde (Übertretung, Straftat) ist, wenn jemand sich vorsätzlich und bewußt über geltendes Recht (z.B. die StVO) hinwegsetzt.
Hier handelt jemand wider besseres Wissen. Weil er es nicht einsieht, weil er die Situation unterschätzt... aus Leichtsinn, um sich einen Vorteil zu verschaffen, etc. Er könnte sich anders entscheiden, aber er WILL das nicht.
Dabei nimmt er es in Kauf, seinen Nächsten zu schädigen. Die Befriedigung der Wünsche oder Ideen seines Egos ist ihm wichtiger als das Wohlbefinden/ die Sicherheit/ das Glück seiner Mitmenschen.
Aber Jesus relativierte nicht die Sünde der Unwissenden! Denn sonst wäre die Bitte an den Vater, ihnen die Sünde nicht anzurechnen, überflüssig.Dies gilt auf etwas verschlungene Weise auch für das NT - denn wenn Jesus sagt "Denn sie wissen nicht, was sie tun", objektiviert er die Schuld ja auch, indem er dem Subjekt die Schuldfähigkeit abspricht.
"Sünde" ist ein Überbegriff für Verstöße gegen das Gebots der Gottes- und Nächstenliebe. Es ist allerdings nicht ganz unwesentlich, ob man es mit Nr. 1 oder mit Nr. 2 zu tun hat; ob derjenige, der mich verletzt/ schädigt das unwissentlich, also unabsichtlich tut, oder ob er ungehorsam/ eigensinnig/ egoistisch handelt und sich Freiheiten herausnimmt, die er anderen nicht zugesteht.
Nr. 1 und Nr. 2 erfordern von Seiten des Geschädigten/ der Gesellschaft unterschiedliche Reaktionen, und hier wurde bereits im AT unterschieden 4. Mose 35, 9-12.
Wenn jemand in Unwissenheit oder aus Dummheit, also nicht vorsätzlich/geplant… Fehler macht/ sich schriftwidrig verhält, dann sollte ich großzügig sein und den Bruder oder die Schwester in Liebe korrigieren. Er oder sie wird dann auch gesprächsbereit und einsichtig sein (sollte man meinen) und er wird um Wiedergutmachung des Schadens bemüht sein, sofern das möglich ist.
Wenn ein Täter sich jedoch weigert, die Verantwortung für seine Schuld zu übernehmen, dann kann ich bestenfalls anbieten, sich auszutauschen und das Gespräch suchen. Was mein Gegenüber damit anfängt kann ich nicht steuern und muß es auch nicht.
Wer ausschließlich mit Schweigen oder mit Schuldzuweisungen, Ablehnung und beleidigenden Worten reagiert zeigt jedenfalls, dass da bei ihm eine gehörige Diskrepanz besteht zwischen der Theorie und der Praxis seines Glaubens.
LG