Alles Teufelszeug? II

closs
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#571 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 27. Mär 2016, 17:34

Münek hat geschrieben:Dass es neben der REALITÄT noch eine weitere, "jenseitige" Realität geben soll, ist doch nur eine unbewiesene Annahme.
Es ist sogar eine unbewiesene Annahme, dass Deine "Realität" eine solche ist. :lol:

Münek hat geschrieben:Die Wissenschaft - besser der Naturalismus lässt keinerlei Raum für übernatürliche Wesenheiten
Deswegen heisst der Naturalismus so. - Aber "Wissenschaft" mit "Naturalismus" gleichzusetzen, ist ein Stockfehler erster Güte. - Wie willst Du Geistes-Wissenschaften naturalistisch verstehen, wenn Du dort über die Funktion eines Türstehers hinaus willst? - "Türsteher" ist der Preis, den Wissenschaft in "Deiner" Definition zahlen muss.

closs
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#572 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 27. Mär 2016, 17:37

Münek hat geschrieben:Das sehen die "Spitzenwissenschaftler" und Theologen Klaus Berger und Joseph Ratzinger aber VÖLLIG anders.
Sie sehen, dass dies in manchen Wissenschafts-Schulen so ist. - Aber damit wird doch nicht Jesus tatsächlich demontiert, sondern eben nur in diesen Wissenschafts-Schulen.

Was demontiert werden kann und was wirklich bedenklich ist, dass dieses untheologische Bild wie ein trojanisches Pferd in der Theologie Platz greift - aber auch das ist nur eine Zeiterscheinung. - Insofern sehe ich hier sehr viel Irrniss, aber wenig Bedrohung.

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Münek
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#573 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » So 27. Mär 2016, 17:57

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ratzinger ist von Haus aus Systematiker und Dogmatiker, aber kein Exeget. Berger ist - wie er selbst einräumt - ein (frommer) Außenseiter innerhalb des wissenschaftlichen Lagers.
Ratzi blickt auch Exegese und Berger hat ein Standardwerk zur Exegese geschrieben:

Mir ist jetzt einfach mal danach zu behaupten:
Einstein ist ein Außenseiter innerhalb des naturwissenschaftlichen Lagers. 8-)

Was der Satz bedeuten soll, "Ratzi BLICKT auch Exegese", erschließt sich mir nicht - und Berger hat ganz be-
stimmt kein STANDARDWERK zur Exegese geschrieben.


Standardwerke zeichnen sich dadurch aus, dass über deren Inhalte ein breiter fachinterner Konsens besteht. Ber-
gers Außenseiterposition im exegetischen Bereich schließt genau das aus.

Dass Einstein innerhalb des naturwissenschaftlichen Lagers ein Außenseiter sein soll, ist ein schöner Osterwitz.

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#574 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » So 27. Mär 2016, 18:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass es neben der REALITÄT noch eine weitere, "jenseitige" Realität geben soll, ist doch nur eine unbewiesene Annahme.
Es ist sogar eine unbewiesene Annahme, dass Deine "Realität" eine solche ist. :lol:

Es gibt zu der Annahme der Realität der von uns erlebten Welt KEINE ALTERNATIVE. Das genügt.

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#575 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 27. Mär 2016, 18:13

Münek hat geschrieben:Dass Einstein innerhalb des naturwissenschaftlichen Lagers ein Außenseiter sein soll, ist ein schöner Osterwitz.
Dann sind wir uns wenigstens in diesem Punkt einig.

Münek hat geschrieben:Standardwerke zeichnen sich dadurch aus, dass über deren Inhalte ein breiter fachinterner Konsens besteht.
Der Konsens vor der Relativitäts-Theorie war auch ein anderer - man kann die Qualität einer Aussage nicht demokratisch abstimmen.

Münek hat geschrieben:Bergers Außenseiterposition im exegetischen Bereich schließt genau das aus.
Ich vermute, dass sich entweder in den nächsten Jahrzehnten zwei unterschiedliche Theologie-Wissenschaften entwickeln oder Berger/Ratzi sich durchsetzen. - Die Ratzinger-Exegese ist ja gerade der Versuch, geistig-substantielle und historisch-kritische Exegese zu vereinigen:
"Die Kanonische Exegese (Kanonische Bibelexegese oder Kanonische Schriftauslegung) ist ein hermeneutischer Zugang zur Bibel, der die einzelnen Bibeltexte primär im Kontext des gesamten Bibelkanons interpretiert. Sie ist eine christlich-theologische Bibelexegese, die in Jesus Christus den Schlüssel der ganzen Bibel sieht und von ihm her den Bibelkanon in seiner geschichtlich-kirchlich gewordenen Gestalt als Einheit betrachtet. Dementsprechend interessiert sie sich weniger für die Entstehungsgeschichte der einzelnen Bibeltexte und das historische Umfeld, in dem sie geschrieben wurden, somit ist sie ein synchroner Bibelzugang. Die kanonische Exegese kann dennoch die Ergebnisse der diachronen historisch-kritischen Bibelexegese einbeziehen, deren eigentliche Methode gegenüber theologischen Bibelauslegungen nicht streng abgegrenzt ist. Durch die organische Verbindung beider Exegesen gründete Papst Benedikt XVI. eine neue Auslegungsrichtung (siehe „Ratzinger-Exegese“), die als eine diachrone Variante der kanonischen Exegese betrachtet werden kann." (wik)

Entweder diese Verbindung gelingt (oder ein ähnlicher Versuch) oder es wird demnächst ein Wissenschafts-Schisma geben - nur dass dann die RKK zu den "Protestanten" gehören werden. ;) - Dies ist eine vollkommen wertungs-freie nüchterne Prognose.

Münek hat geschrieben:Es gibt zu der Annahme der Realität der von uns erlebten Welt KEINE ALTERNATIVE. Das genügt.
Je nach Weltbild genügt es oder nicht - nicht falsifizierbar.

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#576 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Halman » So 27. Mär 2016, 18:19

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ratzinger ist von Haus aus Systematiker und Dogmatiker, aber kein Exeget. Berger ist - wie er selbst einräumt - ein (frommer) Außenseiter innerhalb des wissenschaftlichen Lagers.
Ratzi blickt auch Exegese und Berger hat ein Standardwerk zur Exegese geschrieben:

"Die grundlegende Neuorientierung der Exegese, die er in seinem Buch „Exegese des Neuen Testaments“ einforderte, lässt sich von neueren Erkenntnissen der Sprachwissenschaft leiten. Die vergleichende Untersuchung von Wortfeldern bekommt einen hohen Rang innerhalb der Textinterpretation zugewiesen. Berger entwickelt Grundlagen einer Exegese, die den Aussagen der Texte mit einer Vielzahl von Methoden kontrolliert nahezukommen sucht". (wik)

Mir ist jetzt einfach mal danach zu behaupten:
Einstein ist ein Außenseiter innerhalb des naturwissenschaftlichen Lagers. 8-)
Da stimme ich Münek zu, es ist ein schöner Osterwitz. Allerdings begann Einstein als "Außenseiter" insofern, dass er die Physik revolutionierte. Später wurde er zum Außenseiter, weil er größte Schwierigkeiten mit den Interndeterminismus hatte, welche die Quantenmechanik forderte.

Prof. Klaus Berger sehe ich durchaus kritisch und ich teile auch nicht alle seine Ansichten. Beim Lesen seines Buches Die Bibelfälscher stimme ich zu gefühlten sechs Zenteln (plus-minus ein Zentel) mit ihm überein. Mir ist er als "Rebell" gegen die "Bultmann-Schule" sehr sympathisch, ich mag kantige Rebellen mit Profiel, welche den Mut aufbringen gegen Autoritäten anzutreten und Außenseiterpositionen in Kauf zu nehmen, um längst überfällige Kritik öffentlich zu äußern.
Mag sein, dass er manchmal über das Ziel hinauschieß und alten Schriften vielleicht zu viel vertraut, aber mangelnde Sachkenntnis kann man ihn Sicherlich nicht redlich vorwerfen.
Sein „Dritter Weg“ zwischen Liberalismus und Fundamentalismus zeigt mir, dass er keine extreme fundamentalistische Position bezieht und nicht den alten Streit um Dogmatik und Liberalität wider beleben will, dieses "Pferd" ist tot - das weiß Berger offensichtlich. Was hälst Du von seinem Vorschlag?
Berger macht einen Vorschlag, wie man sich eine Wirklichkeit vorstellen kann, die durch mehr als nur kausal orientierte Rationalität aufgebaut wird. Im Haus der einen Wirklichkeit könne man sich vier, untereinander verbundene Räume vorstellen: einen der Rationalität, einen der Emotionalität, einen der Kunst und Musik und schließlich einen der Religion. In jedem Raum gelten andere Spielregeln, alle sind aber gleich wirklich. Und alle vier Bereiche lassen sich rational beschreiben, wenngleich auch nicht auf einen rationalen Nenner bringen. Wunder stören demnach nicht unbedingt den Bereich des rational-logischen Denkens, wenn nur zugestanden wird, dass es Bereiche menschlicher Erfahrung gibt, die in ihrem Wesen nicht „vernünftig“ sind.
Seine Biografie offenbart umfassende Fachkenntisse, besonders im sprachlichen Bereich:
Nach dem Abitur am Gymnasium in Goslar studierte Berger ab 1960 in München, Berlin und Hamburg, insbesondere Theologie und Philosophie sowie mehrere christlich-orientalische Sprachen, darunter Aramäisch und Arabisch sowie Syrisch und Äthiopisch.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#577 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 27. Mär 2016, 18:33

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Viel ärgerlicher ist doch, dass die Demontage des biblischen Jesus aus dem eigenen Haus kam
Bis heute kann ich keine Demontage Jesu feststellen.

Das sehen die "Spitzenwissenschaftler" und Theologen Klaus Berger und Joseph Ratzinger aber VÖLLIG anders.

In einem Interview mit der Zeitung "Junge Freiheit" holt Berger die verbale Keule raus:

An den Universitäten werde "die Bibel in einer Art und Weise ZERLEGT, ja geradezu DEMOLIERT, dass beinahe nichts
mehr vom Glauben übrigbleiben
kann." Durch die Methode der historisch-kritischen Exegese werde die Bibel VER-
FÄLSCHT und das "Christentum bis zur Unkenntlichkeit ...DEFORMIERT
." :shock:

Auch Ratzinger teilt in seinem Jesusbuch kräftig gegen Vertreter der historisch-kritischen Methode aus (S. 64):

"Aus scheinbaren Ergebnissen der wissenschaftlichen Exegese sind die schlimmsten Bücher der ZERSTÖRUNG der
Gestalt Jesu, der DEMONTAGE des Glaubens
geflochten worden." :shock:

Die Demontage des biblischen Jesus ist doch gerade der Grund für die helle Aufregung von Berger, Ratzinger und Co.
Berger macht sogar die historisch-kritische Methode dafür verantwortlich. Ratzinger muß nichts weniger als den Antichristen aus dem Hut zaubern.
Dass aber beide auf wissenschaftlich-sachlicher Ebene nichts entgegnen können, spricht für sich.
Die Reaktionen auf Ratzinger reichen von "peinlicher Entgleisung" bis zur "Verabschiedung der historisch-kritische Schriftauslegung".
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#578 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 27. Mär 2016, 18:46

Savonlinna hat geschrieben: Also: eine Methode inkludiert die Prämisse. Du kannst sie Glaubensprämisse nennen oder einfach Prämisse, es spielt keine Rolle.
Solange noch Menschen forschen und keine Maschinen, werden von anständigen Wissenschaftlern diese Prämissen auf den Tisch gelegt.
Du willst uns aber wohl nicht erzählen, dass es für die Anwendung der historisch-kritischen Methode notwendig ist, gottgläubig zu sein? Closs scheint das zu meinen.

Savonlinna hat geschrieben: Gerade Theißen hat das eben getan. Ich habe das in diesem Forum mehrfach zitiert.
Ich auch.

Savonlinna hat geschrieben: Im Übrigen: Was Du "bekannte Ergebnisse" nennst, sind ja nicht die, die Du unentwegt wiederholst.
Theißen ist sehr viel differenzierter als Du. Ist ja auch kein Wunder, er versteht sein Handwerk.
Deswegen zitiere ich Theissen ja auch so gerne:
„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
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#579 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 27. Mär 2016, 18:50

closs hat geschrieben: - Die Ratzinger-Exegese ist ja gerade der Versuch, geistig-substantielle und historisch-kritische Exegese zu vereinigen:
Die Betonung liegt auf "Versuch".
Dieser Versuch muß aber als gescheitert angesehen werden. Entweder arbeitet man nach wissenschaftlichen Kritierien oder läßt es bleiben.
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#580 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 27. Mär 2016, 19:02

closs hat geschrieben: Denk doch mal:
Die HKM kann - nach Ansicht einiger besonders "Aufgeklärter" :angel: - die Bibel nicht unter dem Aspekt interpretieren, dass Jesus wesensgleich mit Gott ist:
Für diese Glaubensprämisse gibt es die kanonische Exegese. Mit dieser läßt sich "beweisen", was man vorher vorausgesetzt hat. Das ist aber nicht das Spielfeld der historisch-kritischen Methode in der Leben-Jesu-Forschung. Sie untersucht Texte und macht keine Aussagen über den "Wahrheitsgehalt" von Glaubensaussagen, die sich in den Texten finden. Wie sollte sie auch?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theissen und viele andere Theologen sind gläubig und kommen trotzdem zu den bekannten Ergebnissen. Gibt dir das nicht zu denken?
Das sagt zunächst nichts aus über die Qualität der wissenschaftlichen Leistung - sie kann also tadellos sein. - Aber vielleicht sagt Dir folgender Zitat-Ausschnitt etwas, was ich einem Link entnehme, den Magdalena eingestellt hat (Prof. F. Jung. Texas/Bonn):

"Seit Beginn der Neuzeit und vor allem im 19. und 20. Jahrhundert hat es eine ganze Reihe von Zweiflern, besonders im Raum der evangelischen Kirche, gegeben. Der Professor für Neues Testament an der Universität Marburg, Rudolf Bultmann (1884-1976), sagte sehr freimütig: Eine Auferstehung von den Toten als historische Tatsache ist völlig unvorstellbar.1 Die Bultmann-Schule, Theologen also, die von Bultmann stark beeinflusst worden sind, lehnt bis heute die Auferstehung als geschichtliche Tatsache ab. Die Schüler Bultmanns übernahmen seit den 50er Jahren des 20. Jh. mehr und mehr theologische Lehrstühle an den evangelisch-theologischen Fakultäten und haben die Pastorenschaft entscheidend geprägt. Gegenwärtig haben die „Ur-Enkel“ Bultmanns das Sagen. Gerd Lüdemann, früher Professor für Neues Testament an der Universität Göttingen, zählt zu dieser Enkelgeneration. Seine Thesen, die er seit einigen Jahren sehr medienwirksam verbreitet, sind im Grunde nichts Neues. Er formuliert nur sehr offen, was Hunderte von Professoren und Pastoren längst glauben. "
Genau da liegt das Problem. Die Glaubensdogmatiker bestehen auf bei der Auferstehung auf einem historischen Ereignis.
Eigentlich ist es ja auch konsequent, wenn man sie vorher in ein nicht hinterfragbares Dogma gepackt hat.
Zuletzt geändert von sven23 am So 27. Mär 2016, 19:04, insgesamt 1-mal geändert.
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