Allversöhnung

Novas
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#1701 Re: Allversöhnung

Beitrag von Novas » Sa 19. Mär 2016, 20:40

Pluto hat geschrieben:
erbreich hat geschrieben:Der gedankenfreie Zustand kann entstehen durch konzentrative Meditationsformen, das nennt sich dann Jhana In Pali, d.h. "Vertiefung" und kann verglichen werden mit der "Unio Mystica" theistischer Kontemplativer. Im Buddhismus heisst die Praxis "samatha" (Meditation der Geistes- oder Gemütsruhe, auch "Herzenseinigung"). In christlichen Praxis eben Kontemplation (contemplatio: kontemplative Gemeinschaft mit Gott; ebenfalls frei von Gedanken).
Eine Frage, erbreich:

Verstehst du unter "Gedankenfreiheit", die Abwesenheit von Gedanken?
Was bedeutet dann in diesem Zusammenhang die Kontemplation (Gemeinschaft mit Gott)? Ist das nicht bereits ein überflüssiger Gedanke?

Gemeinschaft mit Gott bedeutet, dass Du mit ihm in Berührung bist. Nicht im Sinne einer knochentrockenen Schreibtischfrömmigkeit, sondern mit deinem ganzen Wesen. Das ist eher ein fühlendes Gewahrsein. Stelle Dir eine individuelle Welle vor, die den Grund ihrer Existenz berührt, die das Meer berührt. Genau so kann der Mensch den Grund seiner Existenz berühren: und zwar mit Leib und Seele.
Es gibt gläubige Menschen, die ihr ganzes Leben nur den Begriffen der Theologie begegneten, aber ohne jemals wirklich Gott zu berühren. Solchen ergeht es dann wie Ijob: "Vom Hörensagen nur hatte ich von Dir vernommen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut. Darum widerrufe ich und atme auf, in Staub und Asche"

@ erbreich: Drei Aspekte sind wichtig: Wort, Verstehen und Schweigen. In diesem Kreislauf bewege ich mich. Wenn einer dieser Aspekte fehlt, dann fehlt für mich auch ein wesentlicher Bereich des Glaubens. Wenn etwas Sinn macht, dann kann man sagen: das spricht mich an. Dann ist das ein Wort. Im Christentum, Judentum und Islam steht das Wort im Zentrum, denn der Schöpfer wird als anrufend und aufrufend verstanden. So kann im Grunde alles zum Wort Gottes werden, wenn wir die Dinge tief berühren, sie auf uns wirken und zu uns sprechen lassen. Wenn Gott die Quelle allen Seins ist, dann ist alles in seinem innersten Wesen ein solch schöpferisches Wort.

Ein und dasselbe erschaffende und befreiende Wort Gottes wird uns durch alles Seiende auf immer neue Weise entschlüsselt und erschlossen (David Steindl-Rast )

Der Buddhismus rückt eher das Schweigen ins Zentrum. Bekannt ist die wortlose Predigt des Buddha, der einfach schweigend eine Blume hoch hielt. Das ist für Christen ein bisserl gewöhnungsbedürftig: wie kann man ohne Worte predigen? ;) es heißt, nur ein einziger Schüler - Mahakashyapa - habe ihn verstanden. Er lächelte und der Buddha lächelte nur zurück. Seither, so sagt man, wird die buddhistische Lehre schweigend weiter gegeben. Im Christentum ist Stille und Schweigen wichtig, aber immer mit besonderem Fokus auf dem Wort, während im Buddhismus Worte wichtig sind, aber mit besonderem Fokus auf dem Schweigen. Da gibt es einen wesentlichen Unterschied.

Pluto
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#1702 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Sa 19. Mär 2016, 23:53

Novalis hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Verstehst du unter "Gedankenfreiheit", die Abwesenheit von Gedanken?
Was bedeutet dann in diesem Zusammenhang die Kontemplation (Gemeinschaft mit Gott)? Ist das nicht bereits ein überflüssiger Gedanke?
Gemeinschaft mit Gott bedeutet, dass Du mit ihm in Berührung bist.
Mag sein... aber das war nicht die Frage.
Wenn man sich von Gedanken befreien will, was soll der Gedanke an eine Berührung mit Gott?

Novalis hat geschrieben:Der Buddhismus rückt eher das Schweigen ins Zentrum.
Hmm...
Ich dachte es ginge darum die Gedanken zu verdrängen um Freiheit im Geist zu erlangen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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lovetrail
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#1703 Re: Allversöhnung

Beitrag von lovetrail » So 20. Mär 2016, 00:20

Pluto hat geschrieben: Wenn man sich von Gedanken befreien will, was soll der Gedanke an eine Berührung mit Gott?
Die Frage halte ich für berechtigt.

LG
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#1704 Re: Allversöhnung

Beitrag von Novas » So 20. Mär 2016, 05:54

Darum geht es


Der Mensch soll sich nicht genügen lassen an einem gedachten Gott; denn wenn der Gedanke vergeht, so vergeht auch der Gott. Man soll vielmehr einen wesenhaften Gott haben, der weit erhaben ist über die Gedanken des Menschen und aller Kreatur.
~Meister Eckhart


Pluto.... Du kennst sicher den Unterschied zwischen einer nur gedachten und einer wirklichen Geliebten, einem nur gedachten oder wirklichen saftigen Apfel, einem nur gedachten oder wirklichen Porsche in der Garage? :) das Denken ist nichts, was man verdrängen muss, aber man sollte ihm auch nicht zwanghaft verhaftet sein.
Auf den Kontakt mit der Wirklichkeit kommt es an. Die puritas cordis (Reinheit des Herzens) wird als ein Zustand beschrieben, in dem der Mensch ganz und gar durchlässig geworden ist für den Geist Gottes. Das wird im Grunde erstrebt.

Vergleichen können wir die Meditation mit dem Eintauchen in das Meer: oben ist das Meer unruhig und wogendes Wellentreiben, aber je tiefer wir tauchen, umso ruhiger wird es, der Geist kommt zu Ruhe.
Ganz wichtig im christlichen Gebet ist natürlich: wir dürfen uns an den Urgrund des Seins, die Ursache der Schöpfung, als ein ansprechbares Du wenden. Es gibt Momente, in denen das genau richtig und stimmig sein kann.

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#1705 Re: Allversöhnung

Beitrag von Novas » So 20. Mär 2016, 06:32

lovetrail hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Wenn man sich von Gedanken befreien will, was soll der Gedanke an eine Berührung mit Gott?
Die Frage halte ich für berechtigt.

LG

Das ist doch nichts neues


Es ist die Urfrage des Menschen: wo und wie kann ich Gott begegnen. Der Prophet Elija (9.Jh. v. Chr) ging zum Gottesberg Horeb in eine Höhle um darin zu übernach­ten. Er erfuhr die Weisung des Herrn nicht im heftigen Sturm, im Erdbeben oder im Feuer. "Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle" (1 Kön 19, 9-13). Nachdem Elija zur Ruhe kam und er still wurde und es auch um ihn still wurde, konnte er die Stimme des Herrn vernehmen und neue Weisungen ver­nehmen (1 Kön 19, 13b -18).

Wenn wir die Weisungen des Herrn vernehmen wollen, muß der Mensch zur Ruhe kommen und still werden und auch um ihn muß es still werden


http://kirchensuchmaschine.diomira.de/b ... gegnen.htm

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#1706 Re: Allversöhnung

Beitrag von lovetrail » So 20. Mär 2016, 07:52

Novalis, ich schätze man wird in diesen Dingen keine klaren Antworten von dir bekommen, weil du selbst nicht in der Klarheit stehst.
Ja, du hältst diesen Nebel vermutlich für eine spirituelle Tugend, ein paradoxales Sprechen, ein Koan... whatever, you name it...


LG
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#1707 Re: Allversöhnung

Beitrag von Münek » So 20. Mär 2016, 09:21

Des Kaisers neue Kleider.

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#1708 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » So 20. Mär 2016, 09:30

Novalis hat geschrieben:Das ist doch nichts neues

Es ist die Urfrage des Menschen: wo und wie kann ich Gott begegnen.
Merkwürdige Ansichten...
Und ich dachte immer, die Urfragen seien: Wo kommen wir her, und wo gehen wir hin.

Die Naturwissenschaft hat aber beide Fragen zufriedenstellend und ganz ohne irgendwelchen Hokus-Pokus beantwortet:
Wir kommen aus den Urwäldern Afrikas, und gehen ... unter die Erde.
Letzteres steht sogar recht poetisch in der Bibel: "Staub zu Staub..."
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1709 Re: Allversöhnung

Beitrag von Novas » So 20. Mär 2016, 15:01

lovetrail hat geschrieben:Novalis, ich schätze man wird in diesen Dingen keine klaren Antworten von dir bekommen, weil du selbst nicht in der Klarheit stehst.
Ja, du hältst diesen Nebel vermutlich für eine spirituelle Tugend, ein paradoxales Sprechen, ein Koan... whatever, you name it...


LG

Lass mich überlegen. Spirituelle Tugenden sind für mich liebende Güte, Mitgefühl, Freude, Gleichmut, Barmherzigkeit, ein klarer und friedvoller Geist. Danach strebe ich. Dafür lebe ich und stehe ich ein. Benebelung gibt es bei mir nicht, da muss ich dein Vorurteil enttäuschen.

Pluto hat geschrieben:Die Naturwissenschaft hat aber beide Fragen zufriedenstellend und ganz ohne irgendwelchen Hokus-Pokus beantwortet

Eigentlich glaubst Du an Hokus Pokus, wenn Du die ganze Schöpfung dem Zufall in die Schuhe schiebst. ;)

Was den Staub angeht:

Wir kommen aus den Urwäldern Afrikas, und gehen ... unter die Erde.
Letzteres steht sogar recht poetisch in der Bibel: "Staub zu Staub...

„Und Gott bildete den Menschen als Staub von der Erde und blies oder hauchte in sein Antlitz den Geist des Lebens“

mit Sicherheit kehrt der Staub zum Staub zurück, aber was passiert mit dem Geist des Lebens?

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#1710 Re: Allversöhnung

Beitrag von sven23 » So 20. Mär 2016, 15:37

Novalis hat geschrieben: Eigentlich glaubst Du an Hokus Pokus, wenn Du die ganze Schöpfung dem Zufall in die Schuhe schiebst.
Der Zufall spielt sicher auch eine Rolle bei der Entstehung von Leben. Es müssen eben eine Reihe von günstigen Faktoren zusammenkommen. Hat sich das Leben mal etabliert, wird es durch den Mechanismus der Evolution zum Selbstläufer. Was wir heute vorfinden, ist das, was erfolgreich war.


Novalis hat geschrieben: „Und Gott bildete den Menschen als Staub von der Erde und blies oder hauchte in sein Antlitz den Geist des Lebens“
Genau genommen wäre das Hokus Pokus, denn wie du sicher weißt, handelt es sich hier um eine Metapher, von Menschen geschrieben, die noch nichts wußten von Evolution und Entstehung des Universums.
Was den "Geist" anbelangt: da dieser Geist/Psyche oder wie immer man es nennen will, untrennbar mit dem Gehirn verbunden ist, verschwindet mit dem Gehirn auch der Geist. Eigentlich die natürlichste Sache der Welt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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