Allversöhnung

Hemul
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#1231 Re: Allversöhnung

Beitrag von Hemul » Di 8. Mär 2016, 17:19

http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 20#p191060
Hemul hat geschrieben: Ist er dann nicht auch für das Böse verantwortlich? Bitte-bitte nicht wie gewohnt wieder Herumeiern sondern hier an Jesu klare Worte in Matthäus 5:37 denken:
37 Sagt einfach Ja oder Nein; jedes weitere Wort stammt vom Teufel.«

closs hat geschrieben:Siehe oben meine Antwort an Salome - aber man muss diese Antwort auch verstehen, sonst wird sie ewig "Eierei" bleiben.
Könntest Du bitte einen Link setzen, dass ich Deine Antwort an Salome einsehen kann? Dank Dir im Voraus dafür. :wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#1232 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 17:31

Savonlinna hat geschrieben:"Soll" ist eine moralische Forderung. Daran kannst Du nichts ändern.
Ich verstehe es als Idealwert. - Für einen LKW-Fahrer ist der Alkohol-Soll-Wert 0.0 Promille. - Hier wäre das Soll das Eins-Sein in Gott - das hat in meinem Verständnis nichts mit "Forderung" zu tun - man kann es ja sein lassen.

Savonlinna hat geschrieben:Aber da das nicht der Fall ist, kann Gott nur im Wachsenden liegen.
Aus meiner Sicht ist Gott ÜBERALL. - Aber beantwortet das die Frage, WARUM es Leid gibt.

Savonlinna hat geschrieben:"Ich-Orientierung" gibt es gar nicht. Das ist meines Erachtens ein Fehl-Urteil. Der Mensch lebt nie, keine Sekunde, nur im Ich.
Das behaupte ich auch nicht - ganz im Gegenteil.

Savonlinna hat geschrieben:Jede menschliche Handlung ist eine - in Deiner Sprache - zu Gott hin. Jede, absolut jede.
Das stimmt auf entsprechender Ebene ja auch - siehe Novalis: "Alle Wege führen nach Hause". - Aber damit ist doch gemeint, dass auch das Böse "nach Hause" führt. - Aber das heisst doch nicht, dass deshalb das Böse gut ist.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn Du so denkst, wie Du denkst, dann wird der Mensch verfehlt. Und damit auch Gott verfehlt.
Verstehe nicht ganz. - Meinst Du damit, dass der Mensch NICHT phänomenologisch, sondern individuell-wertend denken soll? - Bei privaten Dingen tue ich das auch "Die gefällt mir, die nicht"), aber bei Grundsatz-Fragen der Philosophie/Theologie?

Savonlinna hat geschrieben:Mir ist nicht unwichtig zu verstehen, warum mir das Christentum in gewissen Facetten so neben der Spur ist - vorbei am Menschen. Und damit auch vorbei an Gott.
Interessante Frage.

Meine Antwort wäre:
Weil auch das Christentum dazu neigt, Menschenmaß über Gottesmaß zu stellen. - Andererseits: Der Mensch hat nichts anderes als sein eigenes Maß. - Deshalb immer wieder mein Hinweis, dass der Mensch erkennen muss, dass er letztlich nichts weiss. - Gleichzeitig kann dies aber nicht heißen, dass diese Erkenntnis über eine schwammige Philosophie/Theologie erreicht werden kann.

Eigentlich kann sie nur durch KEINE Theologie/Philosophie erreicht werden - "Werdet wie die Kinder". - Erkenntnis-Fähigkeit ist Voraussetzung für bewusste Gott-Erkennung und gleichzeitig der Fluch, es nicht tun zu können. - Deshalb komme ich doch immer mit meinem "Aufhebung des Ichs in Gott" - "bewusstes Loslassen des Ichs als Erkenntnisakt, um erst nach dem Loslassen erkennen zu können". - Wobei wir übrigens bei unserer Ödipus-Interpretation in einem anderen Thread wären.

Savonlinna hat geschrieben:Falls Du Dein Weltbild - das, das Du eben umrissen hast - als "universal" verstündest und dieses als verbindlich für alle erkläen würdestt, dann wäre es ein diktatorisches Begehren.
Da sind wir beim alten Thema, in dem wir uns schon gefetzt haben - hier in einem anderen Beispiel als Frage formuliert:
Ist das Bestehen auf Demokratie als Mittel gegen Diktatur selber Diktatur, weil es ein Bestehen gegen Diktatur ist?

Savonlinna hat geschrieben:Ich stelle nüchtern fest, dass Du selber wertest, indem Du auf den Begriffen "gut" und "böse" beharrst - denn diese sind per se Werturteile.
[/quote]Ich verstehe unter "gut" und "böse" einen Vektor (zu Gott hin oder weg von ihm) - so wie man sagt: Norwegen ist im Norden und Marokko ist im Süden. - "Gut" und "böse" sind in meinem Weltbild ausdrücklich KEINE moralischen Größen - "Moral" ist ein säkularer Ableger gesellschaftlicher Ordnungs-Systeme und trifft aus meiner Sicht die Problematik von "gut" und "böse" nicht.
Zuletzt geändert von closs am Di 8. Mär 2016, 18:16, insgesamt 4-mal geändert.

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#1233 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 17:36

erbreich hat geschrieben:Echte Befreiung vom Mangelerleben kann nichts Geschaffenes, nichts Vergängliches bieten.
Absolut einverstanden.

Die Frage lautet nun:
Wie kommt man zu dieser Erkenntnis? - Die biblische Antwort ist NICHT Intellektualität, sondern Leid - Du hast es ja auch erst gerafft, als Du Probleme hattest. - Insofern ist mir die Gnadenlehre näher als "aufgeklärte" Kopf-Lehren, die mit Begriffen wie "Wille" und "Selbstverwirklichung" den Weg vorgeben allein zu schaffen.

Wer ist verantwortlich dafür, dass man erkennt? - Ich kann NICHT erkennen, dass es der Mensch ist.

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#1234 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 17:41

Savonlinna hat geschrieben:Auch wenn ich hart daran knabbere, dass es die Lust gibt, andere zu quälen:
ich kann und kann es nicht als "Böses" bezeichnen, nicht als ein solches sehen.
Umgangssplachlich natürlich schon.
Aber dem philosophischen Blick hält es nicht stand.
Es hält dann dem philosophischen Blick stand, wenn man "gut" und "böse" befreit vom heutigen Verständnis - konkret:

Viele (die meisten?) Menschen, die man als "böse" bezeichnet, sind es nicht bewusst - Bsp. gerne bei Gelegenheit gefällig.

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#1235 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 17:45

erbreich hat geschrieben:Und genau aus diesem Grund ist es auch nicht Sache des Menschen, über Sündlosigkeit oder Sündhaftigkeit eines Menschen zu urteilen.
Ja - der Satz "Die Rache ist mein" soll nicht bedeuten "Ich haue noch brutaler rein als Ihr", sondern "Lasst die Finger von was weg, was Ihr nicht kapiert".



erbreich hat geschrieben:Wir kommen um unsere subjektive Bewertung nicht herum, wenn wir uns vorwärts bewegen und in Richtung des Guten (des Gottgewollten) entwickeln wollen. Und da kann ein jeder von uns mit jeder Bewertung und Entscheidung jederzeit auf der richtigen aber auch auf der falschen Spur sein.
Ja - je nach individuell-heilsgeschichtlicher Phase.

erbreich hat geschrieben:Und wenn wir eine falsche Spur als falsche Spur erkennen, dann kehren wir um (sofern die Bedingungen es uns ermöglichen).
Aus meiner Sicht WERDEN wir eher umgekehrt.

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#1236 Re: Allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Di 8. Mär 2016, 17:48

Wow, weiss nicht ob ich da jetzt noch mitkomme. Hab mir den Luxus geleistet und war 8 Stunden ohne Forum. 8-) (Meine Ausrede wäre "Arbeiten" ;-) )
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#1237 Re: Allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Di 8. Mär 2016, 17:55

Liebe Maria!
Lena hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben: Es gibt schon einen gewissen Konsensrahmen, innerhalb dessen verhandelt wird, was christlicher Glaube heisst und bedeutet. Wenn man natürlich Gottes Wort als Maßstab verabschiedet, dann kann man vieles vertreten.

Was muss innerhalb vom Rahmen, als Bild zu erkennen sein, lieber Lovetrail, dass es für Dich passend scheint?

Die Allversöhnung ist wohl für die meisten Christen unpassend. Oder denkst Du nicht?
Ja, daran hab ich auch schon gedacht, dass ich auch etwas unorthodox bin :angel: ;-)

Ich würde sagen, der Konsensrahmen betrifft die Person Jesus Christus, welcher als Sohn Gottes für unsere Sünden dahingegeben wurde und am dritten Tage auferstanden ist. Das wäre die Minimalversion aus meiner Sicht:

vgl:
Röm.10,8-13; Elberfelder hat geschrieben:8b Das ist das Wort des Glaubens, das wir predigen,
9 dass, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennen und in deinem Herzen glauben wirst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du gerettet werden wirst.
10 Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Mund wird bekannt zum Heil.
11 Denn die Schrift sagt: "Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden."
12 Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn er ist Herr über alle, und er ist reich für alle, die ihn anrufen;
13 "denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden".

LG lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#1238 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Di 8. Mär 2016, 18:04

Lena hat geschrieben:Wie ist das gemeint? Ist der Frage wert.

Erlöse uns von all dem, was Mangelhaft an uns ist.
Ja - das "Libera me" ("Befreie mich") - kommt übrigens aus der Liturgie der kirchlichen Begräbnisfeier. ;) - Erlösung vom Mangel und somit vom Bösen ist Befreiung.

Lena hat geschrieben:Erlöse uns, die wir vollkommen sind, von jenen die es nicht sind.
Das wäre die satanische Interpretation. :lol:

Hemul hat geschrieben:Könntest Du bitte einen Link setzen, dass ich Deine Antwort an Salome einsehen kann? Dank Dir im Voraus dafür.
Ich habe gesucht und gesucht: Meine Antwort ist einfach WEG.

Ich hatte in etwa geschrieben:
* Gott hätte so schaffen können, dass es kein Böses gibt.
* Dann hätte Gott aber Deppen geschaffen, die nie selber erkennen können.
* Da aber Gott will, dass der Mensch erkennt (siehe auch den Doppelsinn des hebräischen Wortes "jada" - im Sinne von "kapieren" (wie heute) aber auch "vereinigen" (also eins-werden - Adam erkannte Eva), schafft er keine Deppen.
* Weil dies so ist, sind das Böse und das Leid notwendiger Bestandteil des Daseins.
Zuletzt geändert von closs am Di 8. Mär 2016, 18:05, insgesamt 1-mal geändert.

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#1239 Re: Allversöhnung

Beitrag von lovetrail » Di 8. Mär 2016, 18:04

Savonlinna hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Es gibt schon einen gewissen Konsensrahmen, innerhalb dessen verhandelt wird, was christlicher Glaube heisst und bedeutet.
Nein, den gibt es nicht. Das ist ja der Punkt.

Vielleicht mag es eine Schnittmenge geben zwischen allen, die sich als Christen verstehen.
Aber diese Schnittmenge ändert sich im Laufe der Jahrtausende, hat sich auch seit Beginn sehr geändert, schon innerhalb der ersten 1000 Jahre.
Dein Verstehen von "Wort Gottes" hätten die Evangelisten vielleicht schon überhaupt nicht mehr verstanden.
Deshalb betonen die Schreiber des NT immer wieder, dass man das festhalten soll, was am Anfang gelehrt wurde. Und was dies ist können wir aus der Bibel entnehmen. Das Verständnis mag sich verändern und auch erweitern, aber dieser Anfang ist nicht mehr aufhebbar.

lovetrail hat geschrieben:Es gibt Machtmissbrauch und es gibt verantwortungsvolle Autorität. Da muss man differenzieren.
Man muss noch sehr viel mehr differenzieren.
Unter "verantwortungsvoller Autorität" kann laufen: 'Ich, lovetrail, habe die Autorität, die Bibel so auszulegen, wie sie einzig richtig ist.
Im Namen meiner Autortität lehre ich euch, was der Teufel in euch anrichten kann.'

Und dann wird losgelehrt. Was ist das Ziel de facto? Seelische Macht über andere.
Du hast mich da in einer strengen Phase erwischt. Wenn antichristliche Lehren im Namen Jesu verbreitet werden, ist bei mir Schluss mit lustig.
Ansonsten lass ich eigentlich schon einen eher breiteren Auslegungsrahmen zu. Ich bin in meinem christlichen Umfeld auch immer wieder dabei Brücken zwischen den verschiedenen Lehrmeinungen (und Kirchen) zu bauen.


Das ist es doch: eine bestimmte Art von Christen ist von sich überzeugt, die anderen retten zu wollen.
Aber allein das ist eben übergriffig und das Wesen des Fanatismus: 'An meinem Wesen soll die Welt genesen'.
Tut mir Leid, ich kann es nicht anders sehen.
Liebe und Verantwortung greifen immer über auf den anderen. Nur Gleichgültigkeit genügt sich im Eigenen.

LG lovetrail
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#1240 Re: Allversöhnung

Beitrag von erbreich » Di 8. Mär 2016, 18:12

closs hat geschrieben:
erbreich hat geschrieben:Echte Befreiung vom Mangelerleben kann nichts Geschaffenes, nichts Vergängliches bieten.
Absolut einverstanden.

Die Frage lautet nun:
Wie kommt man zu dieser Erkenntnis? - Die biblische Antwort ist NICHT Intellektualität, sondern Leid -
Ja. Die fortgesetzte Mangelerfahrung kann zur Erkenntnis des Mangels (des Leidens) als Daseinswirklichkeit führen. Deshalb definierte der Buddha als erste seiner vier edlen Wahrheiten die Wahrheit von der Leidunterworfenheit des Seins. Diese Einsicht allein kann schon sehr befreiend wirken, weil sie vom Kampf gegen diesen Aspekt der Seinsrealität befreit: Der so Erkennende nimmt sein Kreuz (die Leidenswirklichkeit) täglich auf sich (wie es Jesus nebst der Selbstverleugnung für die Nachfolge forderte) - er übt sich also darin, das Leiden als dem Leben zugehörig anzunehmen.

Wer ist verantwortlich dafür, dass man erkennt? - Ich kann NICHT erkennen, dass es der Mensch ist.
Nein, der Mensch ist es nicht. Dafür müsste er einen unbedingten freien Willen haben. Oder anders gesagt: Das "Ich" ist es nicht (deshalb Jesu Forderung nach "Selbstverleugnung" und Buddha's Lehre vom Aufgeben der "Ich-Ansicht").

Die buddhistische Antwort ist auch hier: Erkenntnis entsteht prozesshaft und durch vielerlei Ursachen bedingt. Ein absoluter erster Anfang des Erkenntnisprozesses ist nicht erkennbar und kann daher auch nicht definiert werden. Kein "Ich" oder "Selbst" kann sich die Erkenntnis zugute halten. Wer Erkenntnis oder gar Erlösung sich selber, seinem Selbst, zuschreibt, der hat die Selbstverleugnung nicht vollzogen, unterliegt noch der Ich-Ansicht.

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