closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:"Ist" und "Soll" klingt mir zu moralisch, mal wieder zu diktatorisch.
Für mich ist es ein Phänomen ohne Wertung.
"Soll" ist eine moralische Forderung. Daran kannst Du nichts ändern.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Und die Schwierigkeiten des Wachstums - man hängt noch an der Vorstufe und muss gleichzeitig die nächste Stufe bewältigen - verursachen oft die Reaktionen, die Unverständige als "böse" bezeichnen.
Moment: Aber warum IST es so, dass es überhaupt Leid gibt? - Das ist für mich die Frage dahinter. - Der Mensch könnte auch so geschaffen sein, dass er wächst und nie leiden muss.
Das stimmt. In der Theorie zumindest.
Aber da das nicht der Fall ist, kann Gott nur im Wachsenden liegen.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:"Ich-Orientierung" gibt es gar nicht. Das ist meines Erachtens ein Fehl-Urteil. Der Mensch lebt nie, keine Sekunde, nur im Ich.
Das behaupte ich auch nicht - ganz im Gegenteil.
Auch hier sehe ich das Phänomen und nicht die Gewichtung:
Es gibt "Gott" (setzen wir es einmal), aus dem der Mensch kommt (und nicht nur aus sich selbst/der Evolution heraus) - und es gibt das "Ich". - Der Mensch hat also zwei Möglichkeiten der Orientierung: Zu Gott hin (zum Ursprung) und zum Ich hin (dem Hier). - Wenn ich von "Ich-Orientierung" schreibe, dann von dem Anteil, der zum "Hier" hin orientiert ist. - Das hat nichts mit Ausschließlichkeit zu tun - das wäre schon wieder Bewertung.
Überzeugen kann ich Dich sowieso nicht. Ich möchte nur abgleichen.
Ich sehe es anders als Du. Es gibt keinen Anteil, der nur zum "Hier" hin - in Deiner Sprache, ich verstehe "hier" ja anders - orientiert ist.
Jede menschliche Handlung ist eine - in Deiner Sprache - zu Gott hin. Jede, absolut jede.
closs hat geschrieben:Ich frage mich manchmal, was an meiner Sprache zu unklar ist - vielleicht bin ich da zu Buber-verseucht, von dem ich gelernt habe, dass Feststellungen keine Wertungen sind, sondern ganz einfach die Bezeichnung von Phänomenen.
Ich werte ja gar nicht. Gerade ich habe gelenrt, Beschreibungen der Phänomene von Werturteilen zu unterscheiden.
In wissenschaftlichen Arbeiten ist es doch gar nicht anders möglich.
Darum beschreibe ich auch Deine Haltung nur als Phänomen und nicht als Bewertung. Ich kann höchstens die Konsequenzen einer solchen Haltung aufzeigen. Auch in dem Sinne von "Wenn es regnet, wird es nass".
Wenn Du so denkst, wie Du denkst, dann wird der Mensch verfehlt. Und damit auch Gott verfehlt.
Aber, noch einmal betont: mir geht es nur um Abgleichung.
Mir ist nicht unwichtig zu verstehen, warum mir das Christentum in gewissen Facetten so neben der Spur ist - vorbei am Menschen.
Und damit auch vorbei an Gott.
closs hat geschrieben:Ein Beispiel, das so gar ins Umfeld des Threads hier passt:
Wenn "Gott" sagt "Es gibt zwei Möglichkeiten - zum Guten und zum Bösen - wenn Ihr dahin geht, passiert dieses, und wenn ihr dorthin geht, passiert jenes", dann ist dies aus dem Gesamt-Duktus der Buber-Übersetzung ein nüchternes Phänomen ("Wenn's regnet, wird's nass").
Ich wüsste jetzt nicht, was ich daran falsch verstanden hätte.
Ich lehne das nur als weltfremd und menschenfremd - und damit auch als "gottfern" - ab.
Meine Position ist anders, und ich habe sie erläutert.
closs hat geschrieben:Insofern fühle ich mich (in Anlehnung an diesem buberschen Verständnis) ziemlich missverstanden, wenn man mir "Dikatatur" oder Wertung unterstellt - genau das möchte ich vermeiden.
Falls Du Dein Weltbild - das, das Du eben umrissen hast - als "universal" verstündest und dieses als verbindlich für alle erkläen würdestt, dann wäre es ein diktatorisches Begehren.
Was Du als "Phänomen" bezeichnest, ist eine verschleierte moralische Setzung, die andere Weltbilder ausschließen will.
Da verstehe ich nicht miss, und ich werte auch nicht. Ich stelle nüchtern fest, dass Du selber wertest, indem Du auf den Begriffen "gut" und "böse" beharrst - denn diese sind per se Werturteile.