Thaddäus hat geschrieben:Offensichtlich ist closs unfähig zu begreifen, dass historisch-kritische Forschung (wie jede wissenschaftliche Forschung) nicht als Prämisse voraussetzen darf, was sie gerade untersuchen und prüfen will, weil das eine petitio principii darstellt.
]Formal richtig - aber überhaupt nicht das Thema - denn: Die HKM KANN gar nicht das untersuchen und überprüfen, was die Voraussetzung vernünftiger Untersuchung und Überprüfung ist.
Du hast geschickt das Thema gewechselt, als ob es darum ginge, Falsifizierbares vorab dogmatisch festzuklopfen, nur dass es ja nicht falsifiziert wird, was möglich wäre. - Dies ist vollkommen daneben.
Was ich meine (und möglicherweise Ratzinger auch - weiss ich aber nicht genau): Es bedarf gewisser nicht-falsifizierbarer Voraussetzungen (geistig-spirituelles Verständnis), um überhaupt die Bibel adäquat bearbeiten zu können - Betonung auf "adäquat". - Will man allerdings nur nachprüfen, ob die Quellen dieser Texte - wie hieß es noch? Achja: Bibel - aus dem Jahr 80 oder 120 n.Chr. ist, ist es wirklich wurscht, mit welchem Verständnis man über das Intellektuell-Handwerkliche hinaus man in die Arbeit geht.
Wenn ein gläubiger Theologe historisch-kritisch fragt, wann dieser Text entstanden oder wo jener Textverfasser in welchen gesellschaftlichen Bedingungen gelebt hat, geht er genauso ergebnisoffen vor wie jeder andere Wissenschaftler auch. - Wenn es um spirituell-geistige Fragestellungen geht, kann HKM nicht mitreden, es sei denn sie erweitert ihre Interpretions-Optionen. - Und wenn sie es nicht macht, ist sie halt raus aus dem Spiel.
Thaddäus hat geschrieben:Sowohl closs als auch Ratzinger versuchen sich vor diesen unbequemen Forschungsergebnissen durch die Einführung eines hermeneutischen Dogmas zu immunisieren
Wie Sven bist Du in einem potemkinschen Dorf unterwegs. - Weder sind rein sachliche Forschungsergebnisse unbequem, noch besteht irgendein Anlass, Dogmen aufzustellen und sich zu immunisieren.
Denn die wirklich entscheidenden Sachen sind (in Deinem Sinne) wissenschaftlich eh nicht zu erreichen. - Was wollte ("Deine") HKM, außer Wichtigem, aber Periphärem, beitragen zu Nicht-Falsifizierbarem wie:
* Auferstehung
* Gottessohnschaft
* Himmelfahrt (von wem auch immer)
* Erlösung
___????____ - Würde die HKM dies versuchen, würde sie unmittelbar gegen eigene Prinzipien verstoßen - was soll das?
Thaddäus hat geschrieben:Dass dies jede objektive und ernsthafte wissenschaftliche Forschung ad absurdum führt liegt auf der Hand.
Wenn es so wäre, hättest Du recht.
Thaddäus hat geschrieben: Schlimmer noch sind solche ideologisch motivierten Immunisierungsstrategien ein typisches Kennzeichen autoritärer und dogmatisch erstarrter Institutionen (religiöser wie politischer).
Du scheinst vollkommen zu verkennen, dass dieser Vorwurf auf manche Handlungsweise einer gewissen Ausprägung von HKM mehr zutrifft als auf die kirchliche Theologie. - Und zwar dann, wenn die HKM über rein Historisch-Beobachtendes in Spirituelles hineingeht und etwa es als "nachgewiesen" bezeichnet, dass Jesus eine "äußere" Naherwartung hatte.
Die Frage, ob Jesus diese Art der Naherwartung hatte, hängt allein davon ab, ob er
a) irgendein beliebiger Wanderprediger war, oder
b) der war, für den ihn das Christentum hält.
Bei a) ist die HKM-Aussage wahrscheinlich korrekt - bei b) ist sie wahrscheinlich NICHT korrekt. - b) lässt sich nur fundamental-theologisch mit einem geringen Rest-Zweifel klären, aber nicht historisch-kritisch. - Wenn sich also die HKM hier einmischt, kann sie allenfalls sagen: "Unter Prämisse a) hatte Jesus eine derartige Naherwartung". - Warum tut sie es nicht?
Thaddäus hat geschrieben:Dennoch kommen diese gläubigen Theologen bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu genau den Ergbnissen, zu denen sie kommen
Das scheint mir ein wissenschafts-geschichtliche Angelegenheit zu sein. - Es gab diesen HKM-Hype innerhalb der Theologie, bei dem auch christliche Theologen so getan haben, als sei Jesus als Typ a"a) irgendein beliebiger Wanderprediger und sonst nichts" zu verstehen. - Diese HKM-Euphorie ist längst abgeklungen.
Dass ein christlicher Theologe unter der Prämisse a) zu diesem Ergebnis kommt, halte ich im übrigen für naheliegend - daran liegt es nicht. - Wie es überhaupt eh nicht an der wissenschaftlichen Arbeit liegt (keiner behauptet, dass hier geschlampt werden würde), sondern an der präjudizierenden Annahme a).
Thaddäus hat geschrieben: Während die allermeisten historisch-kritisch arbeitenden Theologen ihren evangelischen und katholischen Glauben durchaus behalten, indem sie ihr Jesusbild an ihre Ergebnisse anpassen, welches dann aber nicht mehr dem dogmatisierten Jesusbild der kathlischen Kirche und christlicher Fundamentalisten entspricht, versuchen Ratzinger und closs eben ihr dogmatisiertes und verklärtes Jesus- und Gottesbild mit aller Macht aufrecht zu erhalten und gegen jede Kritik abzuschirmen.
Kategorie-Fehler.
Es ist Quatsch, Jesus unter a) zu untersuchen und in Hinblick auf b) anzpassen - es ist hanebüchener Quatsch. - Im übrigen verstehe ich nach wie vor nicht, warum die HKM fürchten sollte, ihren Wissenschaftsstatus zu beschädigen, wenn sie sagt:
"Wir haben folgende falsifizierbaren wissenschaftlichen Ergebnisse aus unseren Beobachtungen - zur Interpretation legen wir zwei nicht-falsifizierbare Annahmen zu Grunde: Jesus war
a) irgendein beliebiger Wanderprediger, oder
b) der, für den ihn das Christentum hält.
Meinst Du ernsthaft, die HKM würde bei a) und b) dieselben Schlussfolgerungen aus ihren Beobachtungen ziehen?