Alles Teufelszeug?

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sven23
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#1381 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » So 28. Feb 2016, 09:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche Prämissen werden denn benötigt, um sich die Glaubenswelt des galiläischen Wanderpredigers zu erschließen?
Voraussetzung ist, dass man überhaupt Gott im christlichen Sinne für möglich hält - damit einhergehend muss man eine spirituelle Welt für möglich halten. - Ansonsten geht man mit Theologie um, wie ein Bagger mit einem Frauenbusen.
Das siehst du definitiv falsch. Es bedarf für wissenschaftliches Arbeiten keiner Glaubensprämissen. Ich würde sogar sagen, dass sie in mancher Hinsicht hinderlich sein könnten, wenn es um Ergebnisoffenheit geht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dass er überhaupt als historische Person gelebt hat?
Das ist nebenbei auch relevant, aber nicht das eigentliche Problem.
Eigentlich schon. Denn wenn man wie die Radikalkritik von einem nicht historischen, also rein mythologischen Jesus ausgeht, dann befindet sich Jesus auf der gleichen Ebene wie ein Dionysos.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jetzt verlangst du von der Wissenschaft, sie solle sich mit nicht Falsifizierbarem beschäftigen.
Man kann Geisteswissenschaft/Theologie nur betreiben, wenn man den Gegenstand des zu Behandelnden für möglich hält. -
Du machst immer wieder den gleichen Fehler. Wenn man Priester werden will, gebe ich dir Recht. Will man in der Leben-Jesu Forschung arbeiten, dann ist der Glaube für wissenschaftliches Arbeiten irrelevant, weil die Methodik nicht auf Glaubenprämissen angewiesen ist. Und nicht vergessen: die Forschung wird doch von Theologen betrieben. Übrigens auch ein Kritikpunkt, weil die Unabhängigkeit der Forschung nicht gewährleistet ist. Trotzdem sind die Ergebnisse, wie sie nun mal sind.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und in der Logik von closs kann die Wissenschaft keine Aussage über den Gauben an die Auferstehung von Toten machen, weil sie die Auferstehung von den Toten nicht für möglich hält.
Nicht innerhalb der Theologie - etwas anderes wäre es, wenn man kulturgeschichtlich arbeiten würde: "Welche Kulte hatte man im alten Indien, in Neu Guinea, im Europa des Mittelalters, etc.
Genau das macht die Forschung: Rekonstruktion der zeitgenössischen Glaubenswelt Jesu. Man muß doch nicht die Glaubensinhalte teilen, um sie beschreiben zu könnnen. Hat man dir das etwa im Theologiestudium erzählt?


closs hat geschrieben: Geistiges ist hoch-universal und kulturen-übergreifend.
Erzähl das mal Yahwe. :lol:
Gerade die monotheistischen Religionen vertreten doch einen absoluten Wahrheitsanspruch, der sie von anderen unterscheidet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Evangelisten waren keine Historiker, sie wollten von vornherein keine Biographie schreiben, sondern sie waren Exponenten der Gemeinden, für die sie schrieben. Sie waren selbst gläubig und wollten Glauben wecken
Stimmt.
Und warum fällt das einem Ratzinger so schwer, das zu begreifen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:sie taten dies u. a. auch dadurch, dass sie Worte und Taten Jesu einfach hinzuerfanden.
Kann man nicht ausschließen. - Ich sehe eher im Mittelpunkt, dass man durch "stille Post" und eigenes Missverständnis teilweise Mist geschrieben hat.
Das "Hinzuerfinden" halte ich eher bei der frühen Kirche für angebracht - da wurde sicherlich einiges manipuliert. - Deshalb ist es doch so wichtig, dass man ein EIGENES geistiges Verständnis hat, um Töpchen von Kröpchen unterscheiden zu können.
Was authentisch sein könnte und was nicht, kann sich der Laie nur bedingt selber "geistig" erschließen. Dazu bedarf es der Vorarbeit der Forschung. Und zu einem ehrlichen Umgang mit den Schriften gehört auch, dass man die Ergebnisse der Forschung publik macht. Das ist aber bei der RKK weitgehend Brachland, nach dem Motto: bloss keine schlafenden Hunde wecken.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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lovetrail
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#1382 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von lovetrail » So 28. Feb 2016, 09:30

closs hat geschrieben:Voraussetzung ist, dass man überhaupt Gott im christlichen Sinne für möglich hält - damit einhergehend muss man eine spirituelle Welt für möglich halten. - Ansonsten geht man mit Theologie um, wie ein Bagger mit einem Frauenbusen.
Ja, voll auf den Punkt gebracht.

Und das heisst nicht, dass man mit dem Historisch-Kritischen Bagger nicht auch manche Grubenarbeit durchführen könnte. Es bleibt aber ein grobes Gerät, insbesondere wenn es um Zartheiten geht.

LG lovetrail
Zuletzt geändert von lovetrail am So 28. Feb 2016, 09:46, insgesamt 1-mal geändert.
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lovetrail
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#1383 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von lovetrail » So 28. Feb 2016, 09:39

sven23 hat geschrieben: Das siehst du definitiv falsch. Es bedarf für wissenschaftliches Arbeiten keiner Glaubensprämissen. Ich würde sogar sagen, dass sie in mancher Hinsicht hinderlich sein könnten, wenn es um Ergebnisoffenheit geht.
Mit Verlaub, das ist sehr naiv gedacht, sven23. Jeder Wissenschaftler bringt einen gewissen Horizont mit, in welchem jeweils nur bestimmte Dinge erscheinen können. Das wird natürlich nicht immer eigens thematisiert, vor allem wenn es um epochale Horizonte geht. (zB Naturalismus)

Genau das macht die Forschung: Rekonstruktion der zeitgenössischen Glaubenswelt Jesu. Man muß doch nicht die Glaubensinhalte teilen, um sie beschreiben zu könnnen. Hat man dir das etwa im Theologiestudium erzählt?
Man kann nicht ins Wasser springen ohne nass zu werden. Wie sollte ich zB adäquat über's Singen und Tanzen reden können, wenn ich weder jemals ins Singen noch ins Tanzen hineingekommen bin? Ich könnte das höchstens von aussen beobachten und beschreiben, was aber in der Sache nicht ausreicht.
Mein Reden über das Singen muss also vom Geist des Gesangs durchtränkt sein, es sollte eine gesangliche Struktur und Neigung aufweisen.


LG lovetrail
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Thaddäus
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#1384 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » So 28. Feb 2016, 09:58

@ Savonlinna
@ closs

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:...
Ist dir eigentlich klar, was es bedeutet, wenn Ratzinger bezüglich der HKM vom Antichristen spricht?
Das tut er ja nicht!!!!
Münek setzte diese Ente in das Forum, ich tippte anschließend das wörtliche Zitat ab, (...).
Das habe ich als das Markenzeichen der Neo-Atheisten erkannt. Einer gibt die - unwahren - Parolen durch, die anderen sagen sie dann nach.

Warum machst Du da mit, Thaddäus?
Weil ich Ratzingers Buch nicht zur Hand habe und die Stelle nicht selbst überprüfen kann. Offensichtlich scheinen Münek und du euch aber auch dann nicht darauf einigen zu können, was Ratzinger eigentlich sagen will, obwohl ihr beide den 1. Band seines Jesus-Buches vorliegen habt. ;)

Im Grunde ist das aber gar nicht so wichtig, denn closs stellt mit seinen Bemerkungen jeden Ratzinger in den Schatten.

So fragt er mich allen Ernstes:

closs hat geschrieben:In diesem Zusammenhang hast Du noch nicht auf die Frage geantwortet, wie "Deine" HKM die Bibel interpretieren würde, FALLS Jesus der wäre, für den ihn das Christentum hält. - Denn dieser Fall ist genauso wenig falsifizierbar wie der Fall, dass er nichts als ein Wanderprediger ist, und müsste genauso berücksichtigt werden.
Offensichtlich ist closs unfähig zu begreifen, dass historisch-kritische Forschung (wie jede wissenschaftliche Forschung) nicht als Prämisse voraussetzen darf, was sie gerade untersuchen und prüfen will, weil das eine petitio principii darstellt. Er weigert sich schlicht, zur Kenntnis zu nehmen, dass es nicht eine Prämisse, sondern das Ergebnis historisch-kritischer Forschung ist, wenn sie am Ende und in großer Einheitlichkeit feststellt, dass das tradierte und historisch gewordene kirchliche und gläubige Jesus-Bild in vielen Punkten keine Grundlage in den Quellen des alten und neuen Testamentes hat.

Sowohl closs als auch Ratzinger versuchen sich vor diesen unbequemen Forschungsergebnissen durch die Einführung eines hermeneutischen Dogmas zu immunisieren, welches vorschreiben soll, dass die Exegeten die Wahrheit des heutigen katholischen(!) und katechetischen Jesusverständnisses vorausszusetzen hätten, bevor sie mit ihrer Forschungsarbeit überhaupt beginnen. Dass dies jede objektive und ernsthafte wissenschaftliche Forschung ad absurdum führt liegt auf der Hand. Schlimmer noch sind solche ideologisch motivierten Immunisierungsstrategien ein typisches Kennzeichen autoritärer und dogmatisch erstarrter Institutionen (religiöser wie politischer). Die Maxime solcher Immunisierungsversuche ist, dass nicht sein kann, was nicht sein darf!
Mit neuem oder altem Atheismus hat das nichts zu tun.

Closs wie auch Ratzinger ignorieren zudem, dass es zumeist gottgläubige Theologen sind, die die historisch-kritische Methode auf die biblischen Quellen anwenden, aber gerade keine Atheisten oder Neo-Atheisten. Das heißt, ihre Forderung, Theologie könne eigentlich nur von gläubigen Menschen, die den rechten glaubenden Geist mitbringen, anständig betrieben werden, ist prinzipiell sogar erfüllt. Dennoch kommen diese gläubigen Theologen bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu genau den Ergbnissen, zu denen sie kommen und die von Ratzinger und closs abgelehnt werden, weil sie ihnen nicht gefallen. Während die allermeisten historisch-kritisch arbeitenden Theologen ihren evangelischen und katholischen Glauben durchaus behalten, indem sie ihr Jesusbild an ihre Ergebnisse anpassen, welches dann aber nicht mehr dem dogmatisierten Jesusbild der kathlischen Kirche und christlicher Fundamentalisten entspricht, versuchen Ratzinger und closs eben ihr dogmatisiertes und verklärtes Jesus- und Gottesbild mit aller Macht aufrecht zu erhalten und gegen jede Kritik abzuschirmen.
Zuletzt geändert von Thaddäus am So 28. Feb 2016, 10:06, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#1385 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 28. Feb 2016, 10:03

Hemul hat geschrieben:Danke für Deine Antwort clösschen.
Diese Antwort habe ich unter der Bedingung gegeben, dass Du Uni-Leute nicht überschätzt. - Auch damals schon haben Volltrottel die Uni mit Abschluss verlassen. - Die wirklich wichtigen Kompetenzen des Lebens lernt man an der Uni NICHT - zumal die Uni heute weitgehend keine Bildungs-Einrichtung, sondern eine berufliche Ausbildungs-Einrichtung ist.

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lovetrail
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#1386 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von lovetrail » So 28. Feb 2016, 10:15

Thaddäus hat geschrieben: Während die allermeisten historisch-kritisch arbeitenden Theologen ihren evangelischen und katholischen Glauben durchaus behalten, indem sie ihr Jesusbild an ihre Ergebnisse anpassen, welches dann aber nicht mehr dem dogmatisierten Jesusbild der kathlischen Kirche und christlicher Fundamentalisten entspricht, versuchen Ratzinger und closs eben ihr dogmatisiertes und verklärtes Jesus- und Gottesbild mit aller Macht aufrecht zu erhalten und gegen jede Kritik abzuschirmen.
Thaddäus, kannst du das für mich als Laien präzisieren?
Welches ist das dogmatische Jesusbild der kath. Kirche und christlicher Fundamentalisten und welches wäre dann der Jesus der historisch-kritisch aufgeklärten Theologen? Ich bin mir nicht ganz im Klaren ob du hierbei eher einzelne Teile oder doch das Fundament im Blick hast.

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Savonlinna
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#1387 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » So 28. Feb 2016, 10:17

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche Prämissen werden denn benötigt, um sich die Glaubenswelt des galiläischen Wanderpredigers zu erschließen?
Voraussetzung ist, dass man überhaupt Gott im christlichen Sinne für möglich hält - damit einhergehend muss man eine spirituelle Welt für möglich halten. - Ansonsten geht man mit Theologie um, wie ein Bagger mit einem Frauenbusen.
Man muss sie zwar nicht für "möglich" halten - denn an closs müssen sich die Theologiestudenten nicht orientieren -, aber sie müssen sie verstehen können. Auch, wenn sie historisch-kritisch arbeiten.
Man kann auch Mathe nicht studieren, wenn man Mathe nicht versteht, und Literatur kann man auch nicht studieren, wenn man nicht erfasst, wie Literatur funktioniert. Und Kunst kann man nicht studieren, wenn man nicht weiß, wie ein künstlerisches Werk funktioniert.

Genauso wenig kann ein Theologe Theologie studieren bzw. historisch-kritisch forschen, wenn er spirituelle Welten nicht begreifen kann: denn die Evangelien handeln ja nun einmal davon.
closs sagt nur Selbstverständlichkeiten.

Aber "der Glaube an" - ein Konstrukt, das einige für wichtig halten - ist keine notwendige Voraussetzung für das Theologiestudium, weil dieser "Glaube an" bereits Glaubensverlust signalisiert.
Letzterer ist ein materialisierter Glaube, der Glaube an einen Lückenbüßergott - und der ist genauso fade wie der Gott der Kreationisten oder die Gottesvorstellung von Neo-Atheisten.

Die spirituelle Welt ist ja nun einmal da. Wenn ich Berichte über sie untersuche - also die Evangelien zum Beispiel -, dann muss ich nachvollziehen können, wie die Evangelisten das damals erlebten.

Ich kann also auch als Moslem oder Buddhist christliche Theologie studieren, denn diese erfassen die Themen aller Wahrscheinlichkeit nach.
Aber ein starrer Materialist wird damit so wenig anfangen können wie ein Unmusikalischer mit Morzart. Letzterer wird mehr oder weniger nur Geräusche hören, während ein Musistudent die Wirkung von Mozart an sich selber erfahren muss, bevor er Mozart analysieren kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jetzt verlangst du von der Wissenschaft, sie solle sich mit nicht Falsifizierbarem beschäftigen.
Man kann Geisteswissenschaft/Theologie nur betreiben, wenn man den Gegenstand des zu Behandelnden für möglich hält.
Noch einmal: das reine Für-möglich-Halten bringt gar nichts. Da geht alles über den Kopf, da wird geheuchelt, was das Zeuch hält.
Übrigens, sven: Natürlich beschäftigen sich Wissenschaften mit nicht Falsifierbarem. Die Märchenforschung ist ein Beispiel.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und in der Logik von closs kann die Wissenschaft keine Aussage über den Gauben an die Auferstehung von Toten machen, weil sie die Auferstehung von den Toten nicht für möglich hält.
Nicht innerhalb der Theologie - etwas anderes wäre es, wenn man kulturgeschichtlich arbeiten würde: "Welche Kulte hatte man im alten Indien, in Neu Guinea, im Europa des Mittelalters, etc.
Leute:
Es geht darum, wie "Auferstehung" von den Evangelisten verstanden wurde.
Keineswegs ist für ein Theologiestudium erforderlich, dass man sich die Auferstehung wie sven vorstellt.
sven stellt sie sich so vor, wie es sie nicht geben kann, closs möglicherweise auch.
Wörtlich-Lesen ist keine Voraussetzung für ein Theologiestudium.

Das sind aber alles Spätprodukte materialistisch denkender Zeitgenossen - zu denen ich auch closs zähle, auch wenn er es so nicht sieht.
"Auferstehung" ist eine spannende Thematik.

closs hat geschrieben:Die HKM kann keine Instanz INNERHALB der Theologie sein, wenn ihr erklärtes Ziel ist, die Bibel geistig nicht verstehen zu DÜRFEN. - Irrsinn.
Die merkwürdigen Vorstellungen von sven und Münek sind aber nicht maßgebend. Sie erfinden sich, wie Theologie funktioniert.

MIch würde brennend interessieren, wie sie in einem theologischen Proseminar eine Hausarbeit anfertigen würden.
Die würde ich echt mal gerne lesen, und vor allem den Kommentar lesen, den der Professor darunter schreibt.

Pluto
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#1388 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Pluto » So 28. Feb 2016, 10:18

lovetrail hat geschrieben:Jeder Wissenschaftler bringt einen gewissen Horizont mit, in welchem jeweils nur bestimmte Dinge erscheinen können. Das wird natürlich nicht immer eigens thematisiert, vor allem wenn es um epochale Horizonte geht. (zB Naturalismus)
Nö. Gerade der Naturalismus weist solche Vorwürfe zurück. Wie der Naturalist die Welt erforscht ist klar definiert.
  • Der methodologische Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt existiert und was nicht. - Robert T. Pennock 1999
Folgt man der wissenschaftlichen Methodik ist gar kein Raum für Glaube.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1389 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » So 28. Feb 2016, 10:19

sven23 hat geschrieben:Es bedarf für wissenschaftliches Arbeiten keiner Glaubensprämissen.
Es IST eine Glaubens-Prämisse, wenn man davon ausgeht, dass es Gott nicht gibt - damit steuert man vorab seine Interpretationen, bevor man überhaupt angefangen hat.

sven23 hat geschrieben: Will man in der Leben-Jesu Forschung arbeiten, dann ist der Glaube für wissenschaftliches Arbeiten irrelevant, weil die Methodik nicht auf Glaubenprämissen angewiesen ist.
Dito.

sven23 hat geschrieben:Genau das macht die Forschung: Rekonstruktion der zeitgenössischen Glaubenswelt Jesu.
Das ist ok, sollte aber nicht unter "Theologie" gelistet sein, sondern unter "Kulturgeschichte".

Stell Dir mal vor, ein Marxist würde einen Lehrstuhl bei einer Uni des Arbeitgeber-Verbandes bekommen: "Ich, Marxist, erkläre Euch Kapitalisten mal ergebnisoffen :devil: , warum Kapitalismus Scheiße ist" - Ersetze "Marxist" durch "HKM-ler" (nach Eurem Verständnis) und "Arbeitgeber-Verband" durch "Kirche". - Hä?

sven23 hat geschrieben:Erzähl das mal Yahwe.
Kein Problem - der versteht das.

sven23 hat geschrieben:Gerade die monotheistischen Religionen vertreten doch einen absoluten Wahrheitsanspruch, der sie von anderen unterscheidet.
Ja - im Sinne EINER Wahrheit. - Aber das bezieht sich doch auf "das EINE" und nicht auf die Chiffrierungen dieses EINEN.

Dass unsere Heilsgeschichte noch nicht so weit ist, dies zu kapieren, ist auch klar. - Außerdem ist das Motiv "Gott als Überbrücker von Mensch und Gott per Inkarnation = Jesus" ziemlich einzigartig UND bedeutend. - Insofern hast Du schon zum Teil recht.

Aber: Was glaubst Du, warum sich die letzten Päpste mit islamischen, jüdischen und jetzt orthodoxen Oberhäuptern getroffen haben? - Richtig - weil sie wissen, dass sie am selben Strang ziehen. - Man ist am selben dran und steht damit auf einer anderen Seite als die säkulare Glaubens-Welt.

sven23 hat geschrieben:Und warum fällt das einem Ratzinger so schwer, das zu begreifen?
Ich denke schon, dass er das begriffen hat. - Ihm geht es um die prinzipielle Historizität, wie ich denke. - Dass er darüber hinaus Historizität unnötig auf Kleinkram ausweitet, mag sein - aber das ist nicht entscheidend.

sven23 hat geschrieben:Was authentisch sein könnte und was nicht, kann sich der Laie nur bedingt selber "geistig" erschließen. Dazu bedarf es der Vorarbeit der Forschung.
Nein - was geistig, also substantiell authentisch ist, kann Forschung NICHT erschließen. - Und zwar genau aus dem Grund, den Du ständig betonst: Keine geistige Bindung der Forschung an spirituelle Erkenntnis.

sven23 hat geschrieben: Das ist aber bei der RKK weitgehend Brachland, nach dem Motto: bloss keine schlafenden Hunde wecken.
Da bist Du nachhaltig auf dem falschen Dampfer. - Die Musik spielt wo ganz woanders - Dein Thema ist irrelevant und auch vollkommen unbedrohlich für die Kirchen. - Ein potemkinsches Dorf.

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Savonlinna
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#1390 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » So 28. Feb 2016, 10:49

Thaddäus hat geschrieben:@ Savonlinna
Offensichtlich scheinen Münek und du euch aber auch dann nicht darauf einigen zu können, was Ratzinger eigentlich sagen will, obwohl ihr beide den 1. Band seines Jesus-Buches vorliegen habt. ;)
Für einen wissenschaftlich Geschulten ist es null problemo, einen Sachtext zu verstehen.

Ich habe haufenweise damit zu tun, dass Schüler da was reinlesen, was nicht drin steht.
Sowohl in der Schuler als auch im Nachhilfeunterricht wird das auf der Basis der Vernunft korrigiert.

Wenn jemand argumentiert, dass jede Lesart gleichberechtigt ist, egal, wie tendenziös sie ist - oder dass es nicht entscheidbar ist, welche stimmt -, dann ist das eine Bankrotterklärung der Vernunft.


Thaddäus hat geschrieben:Im Grunde ist das aber gar nicht so wichtig, denn closs stellt mit seinen Bemerkungen jeden Ratzinger in den Schatten.
Ich halte ebenfalls mehr davon, dass man nur das kommentiert, was man genau kennt.
closs ist nicht typisch für das Christentum, auch nicht typisch für den Katholizismus. Er beruft sich auf sie, aber die Vernunft ist in der Lage, das zu sortieren.

Wenn ich das aufgebe, Thaddäus, die Vernunft einzusetzen, um den Irrsinn, der hier täglich produziert wird, vom Sachgemäßen zu unterscheiden, dann wird man zum Handlanger des Irrsinns, und er wird eines Tages die Welt regieren.

Im "Wahrheitsministerium", Orwell, 1984, wird, meiner Erinnerung nach, die Wahrheit systematisch gefälscht.
Wenn man als vernunftbegabter Mensch kein Kriterium mehr ausmachen kann, um diese Verfälschung als Verfälschung nachzuweisen, dann wird es tappenduster in der Welt.

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