Alles Teufelszeug?

Anton B.
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#1271 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Anton B. » Sa 27. Feb 2016, 15:44

closs hat geschrieben:Zitate ohne GROSSEN Kontext betrachte ich inzwischen maximal als Anregung, aber nicht mehr als Fakt.
"... maximal als Anregung ..." ist zwar untertrieben, aber trifft die Sache so einigermaßen.

Und sich selber fundiert einen Überblick verschaffen ("Was schreibt xyz eigentlich?") wird auch völlig überbewertet, zumal, wenn das Ei des clossumbus schon gefunden ist.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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lovetrail
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#1272 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von lovetrail » Sa 27. Feb 2016, 15:49

Salome23 hat geschrieben:@lovetrail

Was genau willst du mit dem Zitat andeuten?
Salome, mir sind diese Zeilen eingefallen, da hier die Rede davon war, der "Sohn Gottes" sei Produkt einer Legendenbildung.
Wer so denkt, der redet laut Johannes im Geist der Welt bzw des Irrtums und ist nicht aus Gott.

LG lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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Savonlinna
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#1273 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 27. Feb 2016, 15:58

lovetrail hat geschrieben: Salome, mir sind diese Zeilen eingefallen, da hier die Rede davon war, der "Sohn Gottes" sei Produkt einer Legendenbildung.
Wer so denkt, der redet laut Johannes im Geist der Welt bzw des Irrtums und ist nicht aus Gott.
Wieso unterstellst Du dem Verfasser des Ersten Johannesbriefes, dass er "Legende" nicht als hohe Kunst der Gottesdarstellung verstand?
Vielleicht bist Du derjenige, der im Geist der Welt und des Irrtums lebt und nicht aus Gott ist?

Denn Du verstehst offenbar Texte platt wie ungeistige Erzeugnisse.

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sven23
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#1274 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Sa 27. Feb 2016, 15:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaft kann sich gar nicht mit der Frage nach Gott oder dessen unehelichen Söhnen beschäftigen.
E-ben. - Deshalb kann man es auch nicht negieren oder für unwahrscheinlich halten.
Es ist genau so wahrscheinlich oder unwahrscheinlich, dass Dionysos der leibliche Sohn von Zeus ist oder dutzende andere Gottessöhne. Beläßt man es bei der Mythologie, ist doch alles ok. Will man daraus historische Ereignisse konstruieren, die dann auch noch in Dogmen verpackt werden, wirds problematisch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es hat aber auch schon eine enorme Aussagekraft, wenn man die behauptete Gottessohnschaft als Produkt literatischer Legendenbildung enttarnt.
Genau das KANN man nicht - wie will man etwas enttarnen, was man gar nicht zum Gegenstand seiner Disziplin machen machen kann?
Es reicht, wenn man Legenden als solche erkannt hat, die eigens dazu kreirt wurden, um Historisches vorzugaukeln. Welcher wahrheitsliebende Gott hätte das nötig?


closs hat geschrieben: Die Frage, ob Jesus selbst eine "äußere" Naherwartung hatte, kann hkm-mäßig weder als "wahrscheinlich" noch als "unwahrscheinlich" bewertet werden, weil die hkm außen vor lassen muss, welche metaphyischen/spirituellen/geistigen Gründe dafür oder dagegen sprechen - sie MUSS sie außen vorlassen, weil sie Metaphysik/Spiritualität/Geist (im Sinne von "Gott ist Geist") gar nicht beachten darf.
Hier irrst du dich gewaltig. Es geht ja nicht um eine inhaltliche Überprüfung, ob es dieses Gottesreich gibt und wie es aussieht. Es ist reine Beschreibung der Glaubenswelt des galiläischen Wanderpredigers. Wenn HKM eine Aussage machen kann, dann darüber. Deshalb gibt es in diesem Punkt in der Forschung keinen nennenswerten Dissenz.

"Die synoptische Tradition ist sich darin einig, dass im Zentrum der Verkündigung Jesu die "Königsherrschaft Gottes" (βασιλεὶα τοῦ θεοῦ/ basileia tou theou) stand (vgl. auch Joh 3,3.5). Er knüpfte dabei an die in der frühjüdischen Tradition verbreitete Vorstellung an, dass Gott gegenwärtig verborgen als König über die Welt herrscht und diese Herrschaft dereinst am Ende der Zeit offenbar werden wird. Im Gegensatz zur Tradition sah Jesus aber bereits seine Gegenwart durch die in seiner Wirksamkeit hereinbrechende Gottesherrschaft geprägt (Lk 11,20; vgl. 10,18). Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor (vgl. Mk 1,15f.; Mt 5,3f.par)"
Quelle: bibelwissenschaft.de
farbliche Hervorhebung von mir

Theologen wie Bultmann, Küng, Rahner, Theissen und viele anderen sehen das ganz genau so. Die Frage ist, ob dieser Jesus trotz verlorener Gottessohnschaft eine irgendwie geartete Rolle im Glaubenskonstrukt spielen kann. Laut Ratzinger geht das nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Salome23
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#1275 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Salome23 » Sa 27. Feb 2016, 16:09

Savonlinna hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben: Salome, mir sind diese Zeilen eingefallen, da hier die Rede davon war, der "Sohn Gottes" sei Produkt einer Legendenbildung.
Wer so denkt, der redet laut Johannes im Geist der Welt bzw des Irrtums und ist nicht aus Gott.
Wieso unterstellst Du dem Verfasser des Ersten Johannesbriefes.....
Hä? Wo hat lovetrail dem Verfasser des Johannesbriefes etwas unterstellt? :shock:

closs
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#1276 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 27. Feb 2016, 16:14

Anton B. hat geschrieben:Und sich selber fundiert einen Überblick verschaffen ("Was schreibt xyz eigentlich?") wird auch völlig überbewertet
Es wäre schön, wenn wir so weit sein könnten. - Es stellt sich einmal mehr heraus, dass es an der Nicht-Reflexion der eigenen Prämissen hängt.

sven23 hat geschrieben:Will man daraus historische Ereignisse konstruieren, die dann auch noch in Dogmen verpackt werden, wirds problematisch.
Die Frage, ob bspw. Maria WIRKLICH, also tatsächlich (ist das aus Deiner Sicht ein Synonym für "historisch"?), leiblich auferstanden ist, ist per HKM prinzipiell nicht lösbar. - Nicht dass ich Fan von dieser Geschichte wäre - aber es ist in sich ein Irrsinn, wenn man dazu unter dem HKM-Aspekt Stellung nehmen will.

sven23 hat geschrieben:Es reicht, wenn man Legenden als solche erkannt hat
Mit der HKM KANN man nicht erkennen, ob Jesus Gott ist - allein dieses Ansinnen ist Irrsinn. - Wenn Gott wirklich, tatsächlich, historisch in Jesus in den geschichtlichen Raum kam, ist dies per HKM nicht untersuchbar - prinzipiell. - Wie soll das gehen?

sven23 hat geschrieben: Es geht ja nicht um eine inhaltliche Überprüfung, ob es dieses Gottesreich gibt und wie es aussieht.
WENN es ein "Gottesreich" gibt, ist es ein Reich, das ohne Metaphysik nicht erklärbar ist. - Ist es aber ohne Metaphysik nicht erklärbar, KANN es nicht per HKM erklärbar sein, weil die HKM (in Eurer Definition) Metaphysik grundsätzlich nicht als potentielles Faktum zulässt.

Merkst Du nicht, dass die ganze Sache ständig an einem genauso einfachen wie schwerwiegenden logischen Fehler scheitert?

sven23 hat geschrieben:Die synoptische Tradition ist sich darin einig, dass im Zentrum der Verkündigung Jesu die "Königsherrschaft Gottes" (βασιλεὶα τοῦ θεοῦ/ basileia tou theou) stand
Korrekt - das meinen wir hier alle.

sven23 hat geschrieben: Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor
Auch hierin sind sich alle einig - aber es wird komplett unterschiedlich interpretiert.

sven23 hat geschrieben:trotz verlorener Gottessohnschaft
Wieso "verlorener Gottessohnschaft"? - Wer kann das beurteilen? - Sicher nicht die HKM in Eurer Defintion.

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Münek
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#1277 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Sa 27. Feb 2016, 16:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das hat die Forschung doch seit der Aufklärung getan.
Im Rahmen ihres Mandats hat sie dies getan und dort sehr erfolgreich und hilfreich.

Jaaa - und zwar so hilfreich, dass die neutestamentlichen Exegeten von dem frommen Theologen Klaus Berger in seinem Bestseller als "Bibelfälscher und Betrüger" bezeichnet werden und Ratzinger deren wissenschaftliche Auslegungstätigkeit mit dem Wirken des "Antichrist" in Beziehung setzt.

:lol: :lol: :lol:
Zuletzt geändert von Münek am Sa 27. Feb 2016, 16:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#1278 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 27. Feb 2016, 16:15

Salome23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben: Salome, mir sind diese Zeilen eingefallen, da hier die Rede davon war, der "Sohn Gottes" sei Produkt einer Legendenbildung.
Wer so denkt, der redet laut Johannes im Geist der Welt bzw des Irrtums und ist nicht aus Gott.
Wieso unterstellst Du dem Verfasser des Ersten Johannesbriefes.....
Hä? Wo hat lovetrail dem Verfasser des Johannesbriefes etwas unterstellt? :shock:
Das erklärt mein Text, wenn Du ihn vollständig liest.

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Thaddäus
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#1279 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Sa 27. Feb 2016, 16:17

Savonlinna hat geschrieben: Sie [die HKM, Thaddäus] ist sich dessen bewusst, dass sie immer nur ein Imaginäres untersucht: nämlich Überlieferungen, die man so oder auch anders deuten kann.
Insofern hat closs Recht - er wird durch das Selbstverständnis der historischen Wissenschaften bestätigt -, dass die HKM niemals das Wesen Jesu rekonstruieren kann. Sie kann immer nur Ansichten über Jesus rekonstruieren.
Es sind stets nur Ansichten über Jesus rekonstruierbar. Etwas anderes als Ansichten über Jesus gibt es nicht. Selbst, wenn Jesus eine Autobiographie hinterlassen hätte, wäre das nur seine Ansicht über sich selbst (und wie jeder weiß, können Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung sehr voneinander abweichen, und die Selbstwahrnehmung ist dabei längst nicht immer richtig). Was sollte denn die Alternative zu einer Ansicht über Jesus sein?

Savonlinna hat geschrieben: Andererseits ist die Ansicht von closs, dass es einen Jesus gibt, der unabhängig von menschlichen Deutungen existiert, eine Sichtweise, die zu äußerlich bleibt.
Das ist sehr moderat formuliert für etwas, das schlicht unmöglich ist: Was sollte denn Jesus unabhängig von menschlicher Deutung sein? Sobald jemand versuchte, einen Jesus unabhängig von menschlicher Deutung zu charakterisieren, wäre das doch schon wieder eine menschliche Deutung.
Am Ende kommt immer heraus, dass man Jesus immer schon deuten muss, will man überhaupt eine Aussage über ihn treffen.
Zu behaupten, Jesus habe eine Naherwartung gehabt, ist eine Deutung. Zu behaupten, er habe keine gehabt, ist ebenfalls eine Deutung. Die Frage ist allein, ob man gute Gründe findet, um entscheiden zu können, welche Deutung die wahrscheinlichere ist. Und da hat die HKM schlicht und ergreifend die weitaus besseren Gründe vorzubringen.
Was sich closs da als Immunsierungsstrategie zurechtgelegt hat, um sich seinen Jesus gegen den dekonstruierten der HKM irgendwie retten zu können, funktioniert vorne und hinten nicht.

Savonlinna hat geschrieben: Ernst Bloch hat mir die Augen darüber geöffnet, dass das jüdisch-christliche Verstehen sich gravierend vom griechischen Verstehen unterscheidet.
closs ist auf der Seite des griechischen Substanzdenkens - allerdings in seiner bereits erstarrten Form -, das Jüdisch-christliche ist ihm verschlossen.
"Ich bin, der ich sein werde" - das ist neu gegenüber der griechischen Philosophie.
closs übersetzt das ins griechische Denken: "Ich bin, der ich bin".
Das hebräische Denken ist in der Tat völlig anders, als das griechische, wie man ersehen kann, wenn man ihre Sprachen vergleicht. Die Hebräer denken geschichtlich, die Griechen denken statisch. Für einen antiken Griechen ist Gott das, was er eben ist, ein göttliches Wesen mit diesen und jenen göttlichen Eigenschaften. Für einen Hebräer ist ihr Gott YHWH der, als der er sich in der Vergangenheit in der Geschichte Israels erwiesen hat und der, als der er sich in der Geschichte Israels in Zukunft noch erweisen wird. Deshalb kann 2. Mose 3,14 (אהיה אשר אהיה) dreifach übersetzt werden: "Ich bin, der ich gewesen bin", "Ich bin, der ich bin" und "Ich werde sein, der ich sein werde". Alle drei Bestimmungen treffen im hebräischen Denken gleichzeitig auf den Gott Israels YHWH zu.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 27. Feb 2016, 16:31, insgesamt 2-mal geändert.

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Savonlinna
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#1280 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 27. Feb 2016, 16:21

closs hat geschrieben:WENN es ein "Gottesreich" gibt, ist es ein Reich, das ohne Metaphysik nicht erklärbar ist.
Hier tun sich zwei Fragen auf:
a. Was ist in Deinen Augen Metaphysik?
b. Wieso kann die Metaphysik ein Reich Gottes erklären, wo ja nicht mal die Physik die Menschenwelt erklären kann, ja nicht einmal die physikalische Welt erklären kann?

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