Thaddäus hat geschrieben: Dein Dechiffrierschlüssel setzt also die Korrektheit und Wahrheit dessen voraus, was als korrekt und wahr erst erwiesen werden soll.
Richtig - es setzt die Entität/"Idee" Gottes voraus. - Ansonsten wäre jegliche Hermeneutik Stuss. - Und jetzt guckt man, wie man sich hermeneutisch-methodisch "hoch-zirkeln" kann in immer neue Erkenntnisse zu dem, was man als Idee setzt/glaubt.
Natürlich ist das etwas anderes als HKM, die Jesus genauso gültig historisch beschreiben kann, ob er Gott ist oder ein Ballen Stroh. - Allerdings sollte nach meinem Verständnis die HKM sich in der Lage fühlen dürfen, ihre Beobachtungen zu messen an
a) Jesus ist Gott
b) Jesus ist ein Ballen Stroh.
Denn: Auch objektive Beobachtungen ("Jesus (egal oder als Gott oder als Ballen Stroh) war im Sommer des Jahres 29 in Jerusalem") laden zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen ein, abhängig davon, ob Jesus hier als Gott oder als Ballen Stroh zu verstehen ist. - Wenn Jesus als Gott zu verstehen ist, war er vielleicht dort, weil er eine Predigt halten wollte - wenn er ein Ballen Stroh war, dann vielleicht deshalb, weil er sich einem Pferd als Futter zur Verfügung stellen wollte.
In anderen Worten: Es muss doch der HKM möglich sein, dass sie ihre neutralen Beobachtungen in unterschiedliche Bezugsfelder bringt, ohne sich deshalb der Unwissenschaftlichkeit zeihen lassen zu müssen. - Allerdings: Dann muss es auch als wissenschaftlich gelten dürfen, was "Gott" eigentlich geistig bedeutet - das qualitifizierte (!) Wissen darüber muss ja keine Glaube sein. - Ein "Ich kapiere wirklich" ist doch nicht anstößig.
Thaddäus hat geschrieben:Welcher Dechiffrierschlüssel ist also der korrekte und wahre?
Das hängt vom eigenen heilsgeschichtlichen Status ab - mit anderen Worten: Da kann mancher Griff ins Klo dabei sein.
Insofern ist die Wissenschat wirklich sicherer - aber sie kann sich halt nicht mit allem beschäftigen, was Realität sein kann. - Wenn man von Universalitäts-Gedanken der Wissenschaft realistischerweise abrücken würde und sich auch in der HKM dran halten würde, indem man sich jedesmal fragt: "Überdehnt folgende Schlussfolgerungen aus meinen Beobachtungen mein methodisch mögliches Mandat?", bräuchten wir uns hier nicht zu streiten.
Thaddäus hat geschrieben:Eine universale Exegese kann es also gar nicht geben.
Prinzipiell schon, aber es ist Utopie. - Es wäre die Exegese, das um das weiss, wohin exegiert wird. - Das wäre der ontologische und somit immer utopische Ansatz - aber es gibt ihn.
Thaddäus hat geschrieben:Worin sollte ein solches universales tieferes geistliches Verständnis bestehen, welches die Bibel korrekter und tiefer verstehen kann, als die historisch-kritische Methode?
"Wenn Ihr's nicht spürt, Ihr werdet's nicht erjagen", würde Goethe auf diese Frage antworten.
Also eine nwissenschaftliche Antwort.
Einwenden könnte man, dass man mit Hegels Dialektik, wenn man nach der Aufhebung der Dialektik selbst fragt, aus meiner Sicht sehr nahe an das christliche Verständnis kommen kann. - Ob das "wissenschaftlich" ist, weiss ich nicht (ist auch belanglos). - Jedenfalls ist Hegels Satz (der Spur nach zitiert) "Erkenntnis ist die Vollendung des Vollkomnenen" oder "Freiheit ist die Einsicht ins Notwendige" ungeheuer nah dran an den Grundaussagen des gesamten Christentums - oder, wie ich meine, an einer universalen Metaphysik. - Auch das keine Wissenschaft, sondern prospektive und nicht nur retrospektive Philosophie (Philosophie sollte aus meiner Sicht Erweiterung schlauer Sätze der Vergangenheit in das Jetzt und die Zukunft sein und nicht wissenschaftliche Verwaltung in Retrospektive).
Jedenfalls kann die HKM "satzungsgemäß" NICHT die Instanz sein, um die geistige Substanz der Bibel zu verstehen - genauso, wie ein Automechaniker kein Rennfahrer ist. - Der Automechaniker ist unverzichtbar dafür, dass die Karre läuft, hat aber am Lenkrad nichts zu suchen.
Thaddäus hat geschrieben:Offensichtlich könnte das nur ein "glaubender Blick" auf die Kanonik sein
Das wäre zu eng. - Der kanonische Ansatz ist aus meiner Sicht der an sich notwendige Versuch, "Automechaniker" und "Rennfahrer" zu entflechten - ansonsten ist er EIN Versuch, das Universale mit hier christlichem Anstrich zu thematisieren. - Eine buddhistische kanonische Exegese wäre ganz anders UND gleichzeitig der christlichen kanonischen Exegese sehr ähnlich - tema con variazione. - Die HKM ist KEINE Variation in diesem Reigen - per Selbst-Definition (zumindest nach heute vorherrschender Meinung).