War der Sündenfall von Gott geplant?

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
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Savonlinna
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#371 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Savonlinna » Mo 1. Feb 2016, 21:15

Ich verstehe die Bibel nicht kanonisch. Und ich verstehe sie nicht historisch. Die Evangelien sind Glaubensaussagen, sie beinhalten Theologien. UNd sie beinhalten unterschiedliche Theologien.

Darum ist für mich kein Weg zu einer eindeutigen und unisono-Aussage. Ich finde eine solche auch nicht bei den Theologen.

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Thaddäus
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#372 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Mo 1. Feb 2016, 21:52

Novalis hat geschrieben: Gerade Meister Eckhart nennt das Fünklein der Vernunft das Haupt der Seele. Im Zentrum seiner „Deutschen Predigten und Traktate“ steht die Idee des neuen Menschen, den gerade die Kraft der schöpferischen Vernunft zum „Sohn Gottes“ mache. Deshalb nennt er den Menschen ein Bild Gottes. Es ist verfehlt, wenn man ihn nur als einen religiösen Mystiker betrachtet, denn er ist auch ein Philosophischer Praktiker.
[...]
Ja, ich gebe dir recht, zumal mir einfällt, dass sich auch Kurt Flasch, der kenntnisreiche deutsche Mittelalter-Spezialist, wie du sehr dagegen verwahrt, in Meister Eckhart nur eine Art irrationalen Mystiker zu sehen. Auch er betont Meister Eckahrt als einen Philosophen, der etwas Tiefes zu sagen hat, welches sich eben nicht bloß auf eine gewisse Irrationalität gründet. Ich denke, dass ihr beide recht habt. Ich kann dem Geist deiner Worte in deiner Antwort auch gut folgen und denke, ich verstehe, was du sagen möchtest. Meine eigene Spiritualität ist sicherlich noch einmal anders, - aber ich verstehe, worüber du schreibst, wenn du diese Worte über Meister Eckhart schreibst.

Novalis hat geschrieben: Vielleicht ist der Tod gar kein Tod, vielleicht ist die Liebe stärker als die Begrenzung unseres irdischen Lebens. Vielleicht gibt es eine Gemeinsamkeit, die vom Tode nicht zerstört wird. Das alles sind Andeutungen, die wir im Traum uns nahelegen, die in den Mythen beschworen werden, die den Inhalt der Religion darstellen und in sich selber vom privatesten Erleben bis zur kollektiven Daseinsdeutung ganzer Kulturen Einfluss auf die Art, wie wir selber uns verstehen, haben.[/i]
Angesichts dessen, was ich hier so alles schreibe, mag es seltsam klingen, aber diese Gedanken sind mir durchaus gewohnt und nahe.

Novalis hat geschrieben: Die Art, wie wir die Bilder der Religion interpretieren, entscheidet darüber, was wir für Menschen sind und welchen Zugang wir zu Gott bekommen, statt immer wieder nur einer Kirchenbehörde zu begegnen, die vorgibt, Gott zu verwalten.[/i]
Die Religionen sind sogar viel zu wichtig, als dass wir sie durch Behörden (oder Durchgeknallte) verwalten lassen sollten. In den Mythen der Welt und in den Religionen offenbaren sich so tiefe Erfahrungen des Menschen mit der Welt und den Menschen über die Jahrhunderttausende seiner Existenz, dass wir sie wie den kostbarsten Schatz behandeln sollten! Wir können undendlich viel aus ihnen lernen ...

closs
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#373 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Mo 1. Feb 2016, 22:09

Thaddäus hat geschrieben:Du nimmst an, dass der menschliche Geist eben nicht aus der materiellen und neuronalen Struktur des Gehirns letztlich erklärlich ist
Betonung auf "letztlich" - physiologisch natürlich schon.

Thaddäus hat geschrieben:so dass der Mensch sich zu dem entwickeln muss, was er ist: nämlich einen geistigen Menschen mit bestimmten mentalen Zuständen.
Dass es auf diesem Weg äußere Einflüsse gibt, die erfolgreich einwirken, setzen ich bei Deinen Worten voraus - dann JA.

Thaddäus hat geschrieben:Dein Ansatz setzt aber einfach nur den Geist als ursprünglich
"Einfach" klingt zu einfach - diese "einfache" Entscheidung ist natürlich argumentativ hinterlegt. - Aber auch hier: Du hast dies prinzipiell richtig interpretiert.

"Setzung" deshalb, weil es keine Lösung ohne Setzung geben kann. - Denn aus System-Ergebnissen kann man nur system-abhängige, also bedingte Schlussfolgerungen ziehen - muss also setzen, dass sie mehr als nur bedingt sind, wenn man beansprucht, das Phänomen "Geist" umfassend in seinem Wesen begriffen zu haben. - Setzt man es nicht, verbleibt man in seinem System-Ergebnissen, die eo ipso begrenzt sind, als das Phänomen "Geist" nicht umfassend in seinem Wesen begreifen können - also bleibt die Frage nach dem Wesen des Geistes offen und ist somit nicht beantwortet.

Thaddäus hat geschrieben:So wie du deinen objektiven Geist einfach als ursprünglich gegeben setzt, so könnte jeder Philosoph, der den Geist (des Menschen) aus den physikalischen und neuronalen Grundlagen des Gehirns erklären will, auch einfach setzen, dass so eben Geist aus den materiellen Grundgegebenheiten entsteht!
Genau das tun viele, indem sie alles negieren, was nicht falsifizierbar ist - somit bleibt nur das Falsifizierbare, also eine naturalistische Antwort übrig.

Thaddäus hat geschrieben:Damit sind sie aber deinem Ansatz letztlich überlegen ... denn du setzt ontologisch einfach, ohne weitere Begründung, warum du das setzen zu können glaubst!
Sie sind DANN überlegen, wenn sie in ihre akribische Arbeit auch eine transzendete Lösung als möglich halten. - Denn möglich wäre dies ja (wir können es doch nicht ausschließen). - Deshalb meine Frage zurück:

Auf welcher Verständnis-Basis arbeiten die Philosophy-of-Mind-Philosophen? - Rein diesseitig begründend oder auch die transzendente Möglichkeit mit einschließend?

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Thaddäus
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#374 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Mo 1. Feb 2016, 22:10

Novalis hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Er versucht nämlich ebenfalls, den Glauben vernünftig, beweisbar und philosophisch gesichert erscheinen zu lassen, obwohl der Glaube in seinem Kern überhaupt nicht auf vernünftige Gründe rekurriert[…]Ich bin keine Atheistin, ich bin ein Philosophin und das bedeutet, dass ich keinesfalls gleichzeitig gläubig sein kann, weil sich beides einander ausschließt, obwohl manche meinen, sie könnten christlich und gleichzeitig (gute) Philosophen sein, was eine tragische Fehleinschätzung für einen Philosophen ist. Ich halte das dezidiert für unmöglich. Denn, wenn ich gläubig bin, setze ich eine Prämisse, die mein ganzes Leben gläubig ausrichtet und es mir nicht mehr erlaubt, rein vernünftig zu philosophieren[...]

Besteht hier nicht die Gefahr einer Isolation der Vernunft vom Gefühl?
Ja, das besteht. Aber nicht bei mir ... :D
Aber ich weiß sehr gut, was du meinst!

Novalis hat geschrieben: Muss philosophisches Denken 'rein vernünftig' sein?
Na ja, - spätestens dann, wenn sie begründen muss, was sie behauptet. Sie muss sich ja auch von Theologie oder dem Glauben unterscheiden. So bestimmt sich die Philosophie nunmal.

Novalis hat geschrieben:Ich zitiere noch mal den von mir sehr geschätzten Eugen Drewermann:
Die pflichtweise Zerstörung der Gefühle ebenso wie die mutwillige Zerstörung der Natur an unserer Seite bedingen einander wechselseitig und treiben sich immer rascher voran: Die verwüstete Welt verinnerlicht sich als Wüstenei der Seele und die Angst vor dem Hohlraum des eigenen Inneren rückentäußert sich als Vergleichgültigung, als "Neutralisierung" immer größerer Bereiche der Weltwirklichkeit.
Interessanterweise deckt sich das mit der Analyse Markus Gabriels vom augenblicklich vorherrschenden Zeitgeist. Da folge ich ihm auch und insofern folge ich also auch Drewermann in seiner Analyse. Ich finde beide Stellungnahmen zutreffend.

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Savonlinna
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#375 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Savonlinna » Mo 1. Feb 2016, 22:16

Thaddäus hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Gerade Meister Eckhart nennt das Fünklein der Vernunft das Haupt der Seele. Im Zentrum seiner „Deutschen Predigten und Traktate“ steht die Idee des neuen Menschen, den gerade die Kraft der schöpferischen Vernunft zum „Sohn Gottes“ mache. Deshalb nennt er den Menschen ein Bild Gottes. Es ist verfehlt, wenn man ihn nur als einen religiösen Mystiker betrachtet, denn er ist auch ein Philosophischer Praktiker.
[...]
Ja, ich gebe dir recht, zumal mir einfällt, dass sich auch Kurt Flasch, der kenntnisreiche deutsche Mittelalter-Spezialist, wie du sehr dagegen verwahrt, in Meister Eckhart nur eine Art irrationalen Mystiker zu sehen.
Ha, Du kennst Kurt Flasch! Ich wollte gestern Abend schon aus ihm in diesem Zusammenahng zitieren, war dann aber zu müde dazu.
Das hat sich dann ja erübrigt. :)

Ich freu mich wirklich, dass Du hier im Forum gelandet bist.

closs
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#376 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Mo 1. Feb 2016, 22:29

Thaddäus hat geschrieben:Woher weiß denn der Zellklumpen, welche Seele/welcher Geist ihm zugeordnet ist?
Woher weiss Dein T-Shirt, wer es anzieht?

Thaddäus hat geschrieben:Wo genau steckt denn der Geist in der Zelle oder im Klumpen?
Das ist eine schwierige Frage - bis auf eine Klärung verstehe ich es erstmal als "Blackbox". - Spekulativ vermute ich Zusammenhänge mit epigenetischen Bereich (rechne mal die Kombinations-Möglichkeiten durch, die die "Schalter" an der genetischen Hardware haben können) - unterm Strich würde derjenige den Nobelpreis sicher haben, der es naturwissenschaftlich erklären könnte. - Ich weiss es selbstverständlich nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Mit welchem Zellteil interagiert der Geist und worüber interagiert er so mit ihr, dass er fest mit ihr verbunden ist?
Ich denke, dass der Geist durch die individuellen einzigartigen "Schaltungen" (finde ein professionelleres Wort) repräsentiert ist - und zwar "gefügt" (ich weiss, allein das ist ein kritischer Begriff für viele).

Letztlich läuft es darauf raus, dass wir uns nicht einbilden dürfen, alles erklären zu können, und es für uns nicht ahnbare Möglichkeiten gibt, wie sich Geist in Materie abbildet. - Das soll nicht zur Faulheit einladen, aber auch etwas den Übermut kühlen.

Thaddäus hat geschrieben:Die Philosphie muss hier ins Detail gehen oder es bleibt letztlich unverständlich.
Wobei wir wieder bei der Frage, als was sich heute Philosophie eigentlich versteht: Als analytische Wissenschaft oder (auch) als Meta-Disziplin, die analytische Wissenschaften selber analysiert - letzteres wäre vor dem Hintergrund der "Sophia" unerläßlich.

Philosophie muss zum Ergebnis kommen können, dass man nicht nur etwas "noch nicht" erkennt, sondern "prinzipiell nicht" erkennen kann. - Auch hier: Nicht um akribisches Arbeiten zu desavouieren, sondern um dem Begriff "Sophia" gerecht zu werden.

Es kann durchaus sein, dass unsere Diskussion zum Ergebnis führt, dass Philosophie für klassische Frage wie "Woher kommt der Mensch?", "Was ist der Mensch?", "Wohin geht der Mensch?" nicht mehr zuständig ist. - Dann muss aber gleichzeitig eingeräumt werden, dass Philosophie nicht alle Fragen des Menschseins beantworten will. - Sollte man sich gut überlegen.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn das aber passieren kann, dann ist diese Verbindung zwischen Geist und Zelle oder Zellklumpen so fest also offenbar nicht!
WENN man vom Menschen als primär geistigen Entität ausgeht (was ja u.a. das Christentum tut), kann es aus irgendwelchen Gründen sein, dass diese Entität nicht ihre diesseitige materielle Heimat finden soll.

Thaddäus hat geschrieben: Wie ist das mit dem Geist? Ist der auch ein Fremdkörper in der Zelle, den man da irgendwie sehen oder nachweisen kann?
Nein. - Ein christlicher Neurowissenschaftler wird exakt dasselbe sehen wie ein agnostischer Wissenschaftler. - Es gibt keine naturwissenschaftlichen Unterscheidungs-Kriterien.

Thaddäus hat geschrieben:Fragen über Fragen ...
Klar. - Die wird es auch bei den Philosophie-of-Mind-Leuten auch geben. - Denn auch sie werden erklären müssen, wie Bach-Musik unter säkularen Bedingungen entstanden sein kann ... ;)

closs
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#377 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Mo 1. Feb 2016, 22:40

Thaddäus hat geschrieben:Dass dies genau so urprünglich gelehrt wurde, beweist doch Pauli Ansprache
Weil er es alttestamentarisch verstanden hat - also den NT-Paradigmen-Wechsel Jesu (noch) nicht gecheckt hatte.

Thaddäus hat geschrieben: Ich werfe es den Christen dieser Zeit gar nicht vor, diese Umdeutung vorgenommen zu haben: aber es bleibt eine Umdeutung dessen, woran Jesus (und auch noch Paulus) offenbar fest geglaubt haben, wenn man ihre Worte ernst nimmt.
Was Du "Umdeutung" nennst, was einerseits in der Tat eine Umdeutung - nämlich ihres eigenen vorherigen Verständnisses (und wohl auch das von Paulus - WENN die unter seinem Namen laufenden Schriften authentisch sind, was wir hier der Einfachheit einfach mal annehmen wollen).

Aber Jesus war doch derjenige, der sich entweder von den Jüngern abgewandt hat, wenn sie was nicht kapiert haben - oder wo im Text steht "Sie aber verstanden ihn nicht". - Mit anderen Worten: Das Privileg, "die Geheimnisse des Himmels" zu verstehen, ist bei den Jüngern erst nach und nach eingesickert.

Dominant in der Zeit selbst war in der Tat die ("körperliche") Naherwartung - aber aus (nicht) meiner Sicht war dies nie die Haltung Jesu. - Die Leute konnten in diesem Naherwartungs-Hype nicht verstehen, dass es ihm - gleichnishaft - um "die innere Beschneidung" ging (irgendwo steht, glaube ich: Vorhaut des Herzens). - Diese "Ich aber sage Euch" hatte aber eine längere Inkubationszeit.

Insofern greift hier die ansich bewährte Faustregel, dass ältere Quellen als die authentischeren anzusehen sind, NICHT - im Gegenteil: es geht hier aus den erläuterten Gründen reziprok. - Authentisch an den alten Quellen ist die Abbildung des Zeitgeistes/Naherwartungs-Hype, aber nicht der Paradigmenwechsel Jesu. - Das NT braucht Zeit, um sich geistig seinen Weg zu bahnen.

Novas
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#378 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Novas » Mo 1. Feb 2016, 23:22

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:"Alles Andere", wie du schreibst, ist doch aber dann der interpretatorische Versuch aus: "das Gottesreich ist nahe" ein "das Gottesreich ist nicht nahe zu machen ...
Nee - gar nicht. - Hier geht es darum, ob man interpretiert:
a) In den nächsten 20 - 30 Jahren kommt Gott/Jesus mit seinem Reich auf Erden und löst die säkularen Strukturen zugunsten seines Reichs auf.
b) Mit der Auferstehung Jesu ist das Reich Gottes dauerhaft da - ohne dass deshalb Jesus auf einer Wolke angedampft kommt und mit seinen Armeen die pöhsen Amis und Russen ausmerzt.

In anderen Worten:
Die Naherwartung ist im Fall b) mit der Auferstehung erfüllt - alles andere in Bezug auf Jesu Wiederkunft bezieht sich auf eine zeit-ferne Apokalypse.

Es geht also NICHT um "nah oder nicht nah", sondern um "auf welche Weise nah".
Hier sehe ich es wie closs.

Sowohl Theologen als auch die Bibelstellen sagen aus, dass das, was als "das Reich Gottes" verstanden wird, unterschiedlich interpretierbar ist und auch unterschiedlich interpretiert wird und wurde.
Ich habe sogar die Deutung gelesen - ich glaube, bei Conzelmann -, dass allein die Anwesenheit Jesu bereits die Nähe des Gottesreiches bedeute und von Jesus - dem Jesus einer der Evangelisten - so auch gemeint war.


Die theologische Sicht ist die, dass das Reich Gottes mit der neuen Lebensweise Jesu schon angebrochen ist (es ist demnach schon jetzt eine eschatologische Wirklichkeit), aber der Gebetsruf des Vaterunser - dein Reich komme - weist daraufhin, dass es noch nicht vollendet und noch im Werden ist. Andererseits wird dessen Anwesenheit im Hier und Jetzt bestätigt: „Das Reich Gottes ist mitten unter (und in) euch“ (Lukas 17,21)
Erhellend sind vielleicht diese Worte von Jörg Zink:

Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass in den Reden Jesu die Gegenwart und die Zukunft immer wieder ununterscheidbar ineinander fließen so, wie auch das Hier und das Drüben kaum zu trennen oder auch nur zu unterscheiden sind.

Das Reich Gottes mag man als eine Art »Gewebe« schildern, das die gröbere Struktur der Dinge dieser Welt durchzieht, eine geistige Feinstruktur, in der viel Nichtgeahntes geschehen kann, viel Unerwartetes begegnen, viel Undenkbares Wirklichkeit werden. So erwarten wir, wenn wir »Reich Gottes« sagen, beim einfachsten Ding, das wir in die Hand nehmen, dass es dem Auge eines behutsamen Menschen durchlässig werden kann für eine feinere, eine geistigere, jedenfalls andere Art von Wirklichkeit.
Wir erwarten, wenn wir Reich Gottes sagen, dass an den sozialen und politischen Verhältnissen in dieser Welt durchaus einiges sich ändern kann, wenn ein Mensch sich in den Dienst dieses Reiches stellt. Dass es durchaus sichtbar werden kann, wirksam und handgreiflich. Dass sich das Bild ändert, das wir uns vom anderen Menschen machen, von anderen Völkern, und etwas hin und her geht an Güte und Zutrauen, dass die Taschen aufgehen und auch das Brot von einem zum anderen geht, von dem die leiblich Hungrigen auf dieser Erde leben sollen.

Wir erwarten, wenn wir Reich Gottes sagen, aber auch, dass das Ende der Menschengeschichte nicht das Ende der von Gott geschaffenen Welt ist, sondern sich Gottes Zeit, Gottes Geschichte, Gottes Welt fortsetzt.

Wir stehen in einer grundsätzlich offenen Welt. In einer Welt, die offen ist für das Geheimnis des göttlichen Wirkens in ihr. In einer Welt, die offen ist zu anderen Menschen hin und zu ihrem Schicksal. Eine Welt vor allem auch, in der nichts so zu bleiben braucht, wie es ist, in der wir Christen uns mit Lüge und Gewalt, Terror und Ausbeutung nicht abzufinden brauchen. Und wir stehen in einer Welt, die nach ihrer Zukunft hin offen ist, deren Ende nicht ein Abgrund des Untergangs, sondern neue Schöpfung ist.
(Jörg Zink, Eine Handvoll Hoffnung, Kreuz Verlag, Stuttgart 1979, 89-90)


Zeichen für dieses Reich sind überall dort wahrzunehmen, wo Menschen heil werden, wo sie einen Schritt in diese Richtung tun.
Zuletzt geändert von Novas am Mo 1. Feb 2016, 23:40, insgesamt 1-mal geändert.

JackSparrow
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#379 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von JackSparrow » Mo 1. Feb 2016, 23:40

Novalis hat geschrieben:Gerade Meister Eckhart nennt das Fünklein der Vernunft das Haupt der Seele.
Und die Vernunft ist dummerweise von körperlichen Faktoren abhängig. Ein Mensch, der seit drei Wochen hungert, oder ein Mensch, der sich gerade seine dritte Ladung Kokain applizierte, hält mit Sicherheit ganz andere andere Dinge für vernünftig als du.

Mit Kant teilt er das Interesse an einer Freiheit, die ein vernunftgeleitetes Leben möglich macht.
Und seine Ignoranz gegenüber der Realität. Unsere Hormone steuern unsere Vernunft. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/39282

Der Mensch soll sich nicht genügen lassen an einem gedachten Gott; denn wenn der Gedanke vergeht, so vergeht auch der Gott. Man soll vielmehr einen wesenhaften Gott haben, der weit erhaben ist über die Gedanken des Menschen und aller Kreatur
Diesen Gott, welcher über die Gedanken des Menschen und aller Kreatur so weit erhaben ist, dass er sich selbst niemals über irgendwas Gedanken zu machen braucht, bezeichnen wir als die sogenannte "Natur" (lateinisch natus = das Geborene), als die sogenannte "Physis" (griechisch physein = wachsen) oder auch als die sogenannte "Materie" (lateinisch matrix = Gebärmutter).

So gesehen ist Gott die intimste Wahrheit der menschlichen Seele.
Weil aber Philosophen, Theologen, Esoteriker und spirituelle Meister ungern arbeitslos werden möchten, müssen die sich immer wieder neue Lügen über ihn ausdenken, damit ihnen die Kundschaft nicht wegläuft.

Für mich ist der Gegenbegriff zum Glauben nicht der Unglaube oder gar die Vernunft, sondern die menschliche Angst. Im Laufe unsres Lebens werden wir wohl alle immer wieder mit dieser 'Nacht' konfrontiert
Vielleicht weil ein Mangel an Angst negativ mit der Lebenserwartung korreliert.

„Das Reich Gottes ist mitten unter (und in) euch“ (Lukas 17,21)
Auf das römische Reich mit seinem gottgleichen Kaiser traf das sogar komplett zu.

Hemul
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Registriert: So 21. Apr 2013, 11:57

#380 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Hemul » Di 2. Feb 2016, 00:23

Savonlinna hat geschrieben:Ich verstehe die Bibel nicht kanonisch. Und ich verstehe sie nicht historisch. Die Evangelien sind Glaubensaussagen, sie beinhalten Theologien. UNd sie beinhalten unterschiedliche Theologien.
Darum ist für mich kein Weg zu einer eindeutigen und unisono-Aussage.
Die Bibel ist für Dich also ein Buch mit sieben Siegel-gelle? Sei beruhigt-nicht nur für Dich. Schau wie hier sogenannte "Experten" ohne sich zu schämen hilflos herumeiern. Da stehen ja einem die Haare ungegelt steil nach oben. :Smiley popcorn:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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