Von einer Jungfrau geboren?

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Thaddäus
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#491 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Jan 2016, 08:07

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es ist also die Antwort auf die Frage: Was ist diese Sache?
Wird dieses "ist" ausschließlich aus Sicht des Menschen verstanden ...
Es existiert kein anderes Wesen auf der Welt, welches danach fragt, was eine Sache ist. Insofern wird dieses "ist" natürlich immer aus der Sicht eines Menschen verstanden. Außer welcher Sicht denn sonst?

closs hat geschrieben: oder meint man damit auch eine geistige Entität? - Wie ich Dich verstehe, nein.
Man kann die Essenz (vgl. Substanz) verstehen als eine metaphysische Entität (Essentialismus), der wie bei Platons Ideen eigentliche Realität zukommt, weshalb in der Scholastik jene, die das annehmen, Realisten genannt werden (während Realismus heute die Position einer subjekt-unabhängigen, physischen Außenwelt bezeichnet, wobei unterschiedliche Arten des Realismus zu unterscheiden sind!).
["Die Einheit der Art wird dabei nicht nur als eine Leistung des Denkens, sondern als etwas in gewisser Weise Reales betrachtet. Es ist das bestimmende Prinzip, die „Form“ des Seienden, durch die dieses das ist, was es ist. Von diesem Ansatz her wird die Wesensform so sehr eine Realität, dass die Individualität einer eigenen Erklärung bedarf"; Wiki]

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Essenz eines Tisches z.B. besteht also nicht darin, aus was er besteht (das Material) und welche genaue Form oder Farbe er hat (das sind sekundäre Eigenschaften, in klassischer Terminologie so genannte Akzidentien). Ein Tisch wird zum Tisch durch ganz bestimmte Eigenschaften, die man ihm nicht absprechen kann, ohne das er aufhört ein Tisch zu sein.
Das ist nachvollziehbar, klingt aber immer noch wahrnehmungs-bezogen.
"Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus, ..." ("Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war ..."), aber, wie Leibniz diese schon in der Antike gewonnene Einsicht (der Stoa) ergänzte ...
... "excipe: nisi intellectus ipse" ("... außer der Verstand selbst").
Das bedeutet - wie es nun wiederum Kant zu Beginn seiner Kritik der reinen Vernunft formuliert: alle unsere Erkenntnis fängt mit der Erfahrung an, aber nicht jede Erkenntnis entspringt darum der Erfahrung.

closs hat geschrieben:Ich verstehe daraus, dass diese "alle möglichen Welten" undefiniert bleiben, außer dass sie möglich sind, egal ob wir es checken oder nicht - richtig?
Um eine mögliche Welt logisch konstruieren zu können, müssen wir sie "checken" können. Denn wir können uns keine mögliche Welt vorstellen, die wir uns nicht vorstellen können ... ;)
Mögliche Welt ist definiert als "eine die Logik achtende Vorstellung, wie die Realität beschaffen sein könnte". (Wiki)
Eine mögliche Welt, in der Gott existiert, können wir uns vorstellen. Wir können uns aber auch eine mögliche Welt vorstellen, in der Zwerge und Drachen existieren. Aussagen über mögliche Welten sind nur dann mit Notwendigkeit wahr, wenn sie in allen möglichen Welten wahr sind. Z.B. die Aussage, dass alle Kreise rund sind. Es ist keine mögliche Welt logisch konstruierbar, in der das nicht der Fall ist, egal ob darin Götter oder Zwerge und Drachen herumlaufen oder nicht.
Eine mögliche Welt konstruieren zu können heißt aber natürlich nicht, dass sie deshalb schon wirklich wäre.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 23. Jan 2016, 10:57, insgesamt 5-mal geändert.

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Savonlinna
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#492 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Savonlinna » Sa 23. Jan 2016, 09:43

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Essenz eines Tisches z.B. besteht also nicht darin, aus was er besteht (das Material) und welche genaue Form oder Farbe er hat (das sind sekundäre Eigenschaften, in klassischer Terminologie so genannte Akzidentien). Ein Tisch wird zum Tisch durch ganz bestimmte Eigenschaften, die man ihm nicht absprechen kann, ohne das er aufhört ein Tisch zu sein.
Das ist nachvollziehbar, klingt aber immer noch wahrnehmungs-bezogen.
Was heißt "immer noch"? Manche behaupten, die Wahrnehmung hört mit dem Tod auf. Also können nur Tote Gott sehen, weil erst die Wahrnehmung tot sein muss? Dann kannst Du einem Menschen gleich vorwerfen, dass er Gott erkennt, obwohl der Mensch noch lebt.

Der Begriff Gott ist von Lebenden geprägt worden. Das will irgendwie nicht in Deinen Schädel. Alles, was jemand Gott zusprechen könnte, ist immer von einem lebendigen Menschen zugesprochen worden. Da auch Geist für Dich zur Wahrnehmung gehört, ist auch alles Geistige nur existent durch die Wahrnehmung.
Für Dich ist der Tote offenbar der Maßstab. Da Du aber selber lebst, ist alles und jedes, was Du über Gott sagst, denkst, empfindest, Teil Deiner Lebendigkeit, also Teil Deiner Wahrnehmung.

Ich finde das fast neurotisch, ständig zu sagen: "klingt aber immer noch wahrnehmungs-bezogen". Als gäbe es irgendetwas anderes, solange jemand lebt, und als wäre das Tote, das nichts mehr wahrnehmen kann, für Dich das Ziel aller Träume.

Woher diese Sehnsucht nach dem Unlebendigen?
Steht nicht irgendwo in der Bibel, dass Gott ein Gott der Lebendigen ist und nicht der Toten?

Auch mir wirfst Du immer wieder vor, meine Äußerungen seien "noch wahrnehmungs-bezogen".
Sobald ein Mensch den Mund aufmacht, sobald er anfängt zu denken, ist er bezogen auf die Wahrnehmung.
Das ist für Dich aber ein Makel, von dem Du allerdings meinst, Du könnntest ihn überwinden, indem Du rein sprach-bezogen das Wort "nicht-wahrnehmungsbezogen" prägst.

Nun, wo das Wort geprägt sei, meinst Du, es gäbe auch Nicht-Wahrnehmungsbezogenes". Das ist Dein Fetisch.
Wir haben früher mal hier im Forum über ungedeckte Schecks gesprochen.
Man kann 100-Euro-Scheine drucken, Falschgeld also, die nicht gedeckt sind, sondern von Fälschern hergestellt sind.
Genauso kann man das Wort "nicht-wahrnehmungsbezogen" einfach aus Buchstaben zusammenstellen, ohne dass sie einen Wert haben. Es ist nur ein Sprachspiel wie "kaprola".

Du aber bringst solche Wörter wie "kaprola" in Umlauf und sagst: nur solche Wörter seien wahre Entitäten, da sie keinen Bezug zur Realität haben.
Solange sie gedeckt seien - also wirklich einen Wert haben - seien sie ja noch "echt".

So ist Dein "noch wahrnehmungs-bezogen" noch nicht einmal gedeckt von den "Realisten" der Scholastik.
Es ist allein Dein eigenes persönliches Sprach-Spiel.
Dass man den anderen Usern nun bescheinigt, sie würden ja "noch wahrnehmungs-bezogen" argumentieren, heißt auf Deutsch: 'Du hältst dich ja immer noch nicht an meine Sprach-Erfindung. Erst wenn du das tust, hast du eine nicht-menschliche Perspektive.'

Da wird dann Deine Person zum Maßstab gemacht, und Du willst das noch nicht mal erkennen.

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Savonlinna
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#493 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Savonlinna » Sa 23. Jan 2016, 10:01

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Völlige Zustimmung. Auch ich könnte keiner dieser Aussagen zustimmen. :thumbup:
Wenn man eine Frage stellt, die man mit Ja oder Nein oder Ichweissnicht antworten kann, könntest Du keiner dieser Antworten zustimmen. - Welche Antworten gibt es aus Deiner Sicht sonst noch?

Auf unsinnige Fragen kann man nur so reagieren, dass man sie als unsinnig entlarvt.
Deine Fragen haben in etwa folgende Struktur:

a. Ist der Mensch ein Tier?
b. Ist der Mensch ein Gott?
c. Ich weiß nicht

Diese Fragen entspringen einem genormten Denken.
Der Frager kann sich nichts anderes vorstellen, als dass diese Kategorien - "Tier", "Mensch", "Gott" - allgemeingültig sind.
Wenn jemand keine dieser Fragen beantworten kann, lächelt der Frager weise und meint, nun hätte er die anderen entlarvt.

Der Frager kann nicht erkennen, dass seine eigene Normierung nicht allgemeingültig ist.
Offenbar kann er auch nicht erkennen, dass er de facto die anderen Menschen seiner eigenen Norm unterwerfen möchte.

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#494 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von SilverBullet » Sa 23. Jan 2016, 10:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Völlige Zustimmung. Auch ich könnte keiner dieser Aussagen zustimmen.
Wenn man eine Frage stellt, die man mit Ja oder Nein oder Ichweissnicht antworten kann, könntest Du keiner dieser Antworten zustimmen. - Welche Antworten gibt es aus Deiner Sicht sonst noch?
Jede Frage ist einer bestimmten Position innerhalb einer Zusammenhangesabfolge zugeordnet.
Die Position ergibt sich aus den, in der Frage, vorausgesetzten Zusammenhängen.

Eine Frage, die Zusammenhänge voraussetzt, die selbst noch in Frage stehen, kann noch nicht beantwortet werden.
Für Fragen gibt es also eine Sinnreihenfolge.

Wenn man nach einer Haltung zu „Gott“ gefragt wird, dann kann hierfür noch keine Antwort gegeben werden, denn „Gott“ ist nichts anderes, als die Wer-Könnte-Es-Sein- bzw. die Was-Soll-Das-Sein-Frage, aus dem „Anfangsverdacht einer Erschaffungshandlung“.

Es ist also erst einmal unklar, ob überhaupt eine Erschaffungshandlung durch ein „absichtlich handelndes Etwas“ vorliegt.
Danach ist unklar, auf Wen oder Was sich die obige Frage bezieht.

Erst wenn für diese beiden Fragen Inhalt geliefert wird, kann man sich eine Haltung in der Existenzfrage überlegen.

Menschen die sich vorschnell auf die Gott-Existenz-Frage einlassen, tappen entweder in eine Suggestionsfalle oder sind einfach viel zu ungeduldig und möchten die Suche nicht konsequent durchführen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Verhält man sich so, wenn man nur auf der Suche ist?
Du musst Botschaft und Boten unterscheiden. - Die Botschaft ist immer mehr oder weniger kontaminiert durch deren Botschafter.
Die „Botschaft“ liegt eigentlich durchgängig in Form von „religiösen Traditionen“ und „heiligen Schriften“ vor.
Bereits diese beiden Bereiche gehören zur Kategorie „Ergebnisfestlegung“ und nicht zur Kategorie „ergebnisoffene Suche“.

Von welcher Botschaft und von welchem Botschafter, der wie kontaminiert ist, sprichst du hier?

closs hat geschrieben:Bei mir war es ganz sicher umgekehrt - ich habe mich erst der Bibel gewidmet, NACHDEM ich geistig am Ende meiner Möglichkeiten war - und habe zu meiner Überraschung gemerkt, dass die Bibel auf dasselbe rausläuft.
Das ist wieder der „Hegel-Ablauf“, zu dem ich dir nachweisen konnte, dass hier ein direkter Absichtszusammenhang zur Religion besteht. Von „Überraschung“ kann keine Rede sein.

Woher wusstest du denn, dass die Bibel irgendwelche Informationen für dich enthält?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Woher kommt dein Wunsch?
Ein geistiger Instinkt (den potentiell jeder Mensch hat), der nach einem Ergebnis sucht - und sogar findet, wenn man entsprechende Schriften studiert.
Da du nicht weisst, ob die materielle Welt absichtlich erschaffen wurde und was „Gott“ sein soll, unterliegst du einer Selbsttäuschung, wenn du die „Schriften“ als eine Ergebnisquelle für deine „Suche“ angibst.

Du führst lediglich Denkstrategien durch, mit denen du dir deinen eigenen, sehr berechtigten Zweifel am Ergebnisstatus zu verschleiern versuchst.

Die Ursache hierfür, also das was du als „geistigen Instinkt“ bezeichnest, wurde dir von aussen suggeriert – ich vermute bereits von Kindheitstagen an.
Elternhaus, Schulunterricht, Medien, Freunde und Bekannte. Vielleicht warst du auch schon lange „schweigendes Mitglied“ in einer Religionsgemeinschaft.

Um glaubhaft vertreten zu können, dass du vollständig unabhängig von religiöser Suggestion aufwachsen konntest, müsstest du alleine im Dschungel gelebt haben.

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#495 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 10:28

Thaddäus hat geschrieben:Es existiert kein anderes Wesen auf der Welt, welches danach fragt, was eine Sache ist. Insofern wird dieses "ist" natürlich immer aus der Sicht eines Menschen verstanden.
Dann sollte man Ontologie abschaffen. - Willst Du ernsthaft sagen, dass die Philosophie heute nicht mehr die Frage stellt, wie eine von uns NICHT beherrschbare Sichtweise aussehen könnte?

Konkretes Beispiel: WENN es Gott gibt, würde er mit seinen Eigenschaften uns bekannte Phänomene auf uns unbekannte Weise ganz anders sehen - als Stichworte seien hier nur "Fügung" und "Überzeitlichkeit" genannt. - Meinst Du wirklich, dass man Gott aus menschlicher Sicht ermessen kann? - Würdest Du die menschliche Sichtweise über göttliche Sichtweise stellen, weil wir keine göttliche Sichtweise stellen? - Hätte sich Philosophie aus heutiger Sicht damit erschöpft?

Thaddäus hat geschrieben:Man kann die Essenz (vgl. Substanz) verstehen als eine metaphysische Entität (Essentialismus), der wie bei Platons Ideen eigentliche Realität zukommt, weshalb in der Scholastik jene, die das annehmen, Realisten genannt werden
So ist es. - Meinst Du, dass der dahinter stehende Universalienstreit heute damit gelöst werden kann, dass man beschließt, menschliche Sicht sei der Maßstab - und basta?

Thaddäus hat geschrieben: alles unsere Erkenntnis fängt mit der Erfahrung an, aber nicht jede Erkenntnis entspringt darum der Erfahrung.
Das ist gut - WENN man unter "Erfahrung" auch geistige Erfahrung versteht - etwa die Erkenntnis, dass göttliche Sicht über unserer Sicht ist und von uns nicht ermessen werden kann. - Meinst Du es so?

Thaddäus hat geschrieben:Um eine mögliche Welt logisch konstruieren zu können, müssen wir sie "checken" können. Denn wir können uns keine mögliche Welt vorstellen, die wir uns nicht vorstellen können ...
Also definiert man "mögliche Welten" als "menschlich vorstellbare Welten" - der übliche Defekt. - Wie würde man heute philosophisch damit umgehen, dass eine "mögliche Welt" eine Welt sein könnte, die zwar möglich, aber von uns nicht checkbar ist?

Begreift man heute "die Summe aller möglichen Welten" als vollständige Summe, zu der nichts mehr dazukommen kann?

Thaddäus hat geschrieben:Aussagen über mögliche Welten sind nur dann mit Notwendigkeit wahr, wenn sie in allen möglichen Welten wahr sind.
Das wäre bei einer Welt aus göttlicher Sicht sicherlich der Fall - wenn es Gott gibt.

Thaddäus hat geschrieben:Eine mögliche Welt konstruieren zu können heißt aber natürlich nicht, dass sie deshalb schon wirklich wäre.
Korrekt.

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Savonlinna
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#496 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Savonlinna » Sa 23. Jan 2016, 10:57

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Darum habe ich es ja ausführlich erläutert.
Bei Dir habe ich verstanden, dass Du "Geist" als Wahrnehmungs-Größe verstehst. - Dies ist nachvollziehbar, weil wir nur so "Geist" zur Kenntnis nehmen können. - Meine Frage ging darüber hinaus (ich wiederhole es jetzt nicht erneut).
Meine Antwort ging auch darüber hinaus.

Du qualifizierst meine Antwort ab, indem Du sie als "Wahrnehmungs-Größe" beurteilst.
In Deiner eigenen Normierung ist das ein Makel, darum veränderst Du meine Aussage so, dass sie in Deinen Augen ein Makel ist.
Das ist die berühmte Selbst-Immunisierung. Meine Antwort, die nicht innerhalb Deiner persönlichen Normierung liegt, kannst Du nicht erfassen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Weil Deine Begriffe schwammig sind.
Widerspruch. - Die Frage: Ist aus Deiner Sicht "Geist" etwas auch über die menschliche Wahrnehmung hinaus, ist nicht schwammig. - Ich frage nicht mal, WAS dann Geist ist, sondern OB es etwas ist, was über menschliche Wahrnehmung hinausgeht.
Ich weiß ja, dass Du immun gegen Kritik bist.
Es wäre aber klüger, Du würdest nachdenken über das, was ich schreibe, statt dass Du einfach nur "Widerspruch" schreibst. Damit kannst Du Dir zwar selber auf die Schuler klopfen - 'kener kann mir was' -, aber dafür bleibst Du dann eben in Deiner Selbst-Normierung gefangen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Indem ich Dir auf Deine Frage nicht antworte.
Genau so ist es. ;)
Ja, man muss sich von Dir keine Normierung aufzwingen lassen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:"Vorstellung", "Gott", "Objekt", "Entität" - alles schwammige Begriffe, auf die ich mich nicht einlasse.
Ebenfalls Widerspruch:

1) "Vorstellung" ist alles, was wir wahrnehmen - egal, was es ist.
Das ist mir eben zu schwammig. Wie passiert "Vorstellung"?
Erst wenn Du das im Detail untersucht hast, kann Deine These überprüft werden.

Da Du aber eine undurchdachte, unüberprüfte Aussage vorziehst, gewinnst Du den Vorteil, dass man den Unsinn einer solchen These scheinbar nicht nachweisen kann.

closs hat geschrieben: 2) "Gott" ist tatsächlich schwammig, wenn man es nicht definiert - meine persönliche Definition ist NICHT schwammig, aber es gibt in der Tat sehr unterschiedliche Definitionen. - Wir können den Begriff "Gott" weglassen - no problem.
Du kannst ohnehin ein Ergebnis nicht "definieren". Du kannst Deine Arbeitsmittel definieren, mit denen du etwas erforschst, aber nicht das, was Du mit diesen Arbeitsmitteln erforschen willst.
Nur autoritäre Menschen definieren das Ergebnis im Voraus und wollen nicht zulassen, dass man es erforscht.

closs hat geschrieben: 3) "Objekt" ist das, was man sich vorstellt/was man wahrnimmt - egal, was es ist.
Auch hier: wie genau entsteht ein Objekt in der Vorstellung?
Irgendein Begriff kann doch nicht die Untersuchung dessen ersetzen, was diesem Begriff zugrunde liegt.
Wüsstest Du, wie die Vorstellung funktioniert, würdest also an Dir selber, im konkreten Vollzug, "Objekt" ausfindig zu machen suchen, würdest Du vielleicht erkennen müssen, dass "Objekt" in der Vorstellung gar nicht existiert.

Nur weil die deutsche Grammatik den Begriff Objekt hat, heißt das noch lange nicht, dass im realen Vorstellungsprozess isolierte Objekte vorkommen können.
Wer philosophiert, muss solche Dinge erforschen. Nur ein Jonglieren mit sprachlichen Begriffen ist kein Philosophieren. Zumal nicht-europäische Grammatiken anders funktionieren als die, die auf dem Lateinischen basieren.

closs hat geschrieben: 4) "Entität" ist Existenz unabhängig von unserer Vorstellung - egal, was es ist.
Dann gibt es also keine Entität.
Witzig, dass Du eine Weltanschauung als Definition benutzt.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Denn was heißt schon "weg"?
In der Zeit, in der der Träger einer Vorstellung sind nichts mehr vorstellt, sind seine Vorstellungen "weg" - so ist es gemeint.
Das ist eine materalistische Sicht, sogar eine fundamentalistische materialistische Sicht. Mich irritiert immer wieder, wie materialismus-gläubig Du bist. In dem Fall nicht nur analog, sondern direkt.

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sven23
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#497 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 11:05

closs hat geschrieben: Konkretes Beispiel: WENN es Gott gibt, würde er mit seinen Eigenschaften uns bekannte Phänomene auf uns unbekannte Weise ganz anders sehen - als Stichworte seien hier nur "Fügung" und "Überzeitlichkeit" genannt. -
Was aber naturgemäß einer anthropologischen Sichtweise entspringt, die sich diese Konstrukte ausgedacht hat.

closs hat geschrieben: Meinst Du wirklich, dass man Gott aus menschlicher Sicht ermessen kann?
Die menschliche Sichtweise ist die einzige, mit der wir arbeiten können. Auch ein supranaturales Konstrukt oder Ideale entstehen aus menschlicher Sichtweise. Wie sollte es anders sein? :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#498 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 11:47

Savonlinna hat geschrieben:Du qualifizierst meine Antwort ab, indem Du sie als "Wahrnehmungs-Größe" beurteilst.
Das ist überhaupt nicht mein Ziel - ich habe mein Verständnis Deiner Worte wiederholt.

Savonlinna hat geschrieben:Meine Antwort, die nicht innerhalb Deiner persönlichen Normierung liegt, kannst Du nicht erfassen.
Ich würde mich gerne mit Deiner Normierung befassen, wenn Du etwas Klares sagen könntest - ich muss mich über Fragen herantasten.

Savonlinna hat geschrieben:Ich weiß ja, dass Du immun gegen Kritik bist.
Diese SChutzbehauptung kommt ziemlich regelmäßig.

Savonlinna hat geschrieben:Es wäre aber klüger, Du würdest nachdenken über das, was ich schreibe
Dann müsste Klarheit ersichtlich sein. - Meine Begriffe sind klarer, werden aber von Dir als "normiert" abqualifiziert.

Savonlinna hat geschrieben:Wie passiert "Vorstellung"?
Das ist eine ganz andere Frage (bei deren Beantwortung ich Dir wahrscheinlich zustimmen würde, weil Du da diesbezüglich viele Gedanken gemacht zu haben scheinst).

MEINE Frage im Vorfeld ist ontologischer Natur im Sinne von: Was auch immer Du Dir auf welche Weise geistig vorstellst:
Ist das,
a) was Du Dir geistig vorstellst aus Deiner Sicht eine Entität (also etwas, was auch ohne Deine Vorstellung "ist" - etwa "Gott")
b) oder Produkt Deiner Vorstellung?

Dieses a) oder b) hat mit Vorstellungs-Modi ("Wie passiert Vorstellung?") überhaupt nichts zu tun - noch mehr: Vorstellungs-Modi sagen nichts darüber aus, ob a) oder b). - Also hielte ich Klarheit über Grundlagen VOR einer Modus-Diskussion für wichtig, weil sonst alles Folgende wie auf einem Ölfilm rumrutscht.

Savonlinna hat geschrieben:Erst wenn Du das im Detail untersucht hast, kann Deine These überprüft werden.
Da zäumst Du den Gaul von hinten auf. - Vorstellungs-Modi sind eben genau diesbezüglich NICHT aussagefähig.

Savonlinna hat geschrieben:Du kannst ohnehin ein Ergebnis nicht "definieren".
Nein - aber man kann aufgrund von Vorwissen eine vorläufige Definition erstellen, was man mutmaßlich zu suchen hat (Hermeneutik). - Diese Definition kann sich ändern (Zielkontrolle), wenn man im Lauf der Zeit merkt, dass sie nicht schlüssig ist.

Savonlinna hat geschrieben:Nur autoritäre Menschen definieren das Ergebnis im Voraus und wollen nicht zulassen, dass man es erforscht.
Das ist auch nicht das Vorgehen, von dem ich spreche.

Savonlinna hat geschrieben: wie genau entsteht ein Objekt in der Vorstellung?
Gar nicht. - Alles, was man sich vorstellt, ist eben deshalb "Objekt" (das Vorstellende = Subjekt/das Vorgestellte = Objekt). - Über den Inhalt des Objekts ist damit überhaupt nichts gesagt.

Savonlinna hat geschrieben:ürdest Du vielleicht erkennen müssen, dass "Objekt" in der Vorstellung gar nicht existiert.
Nach meiner obigen Definition ist ALLES Objekt, waas Vorgestelltes ist. - Erst die nächste Frage ist, ob dieses Objekt ein naturalistisches Objekt ist oder ein geistiges Objekt ist, wobei im geistigen Fall zu unterscheiden wäre, ob das Vorstellende das Objekt er-findet (= es gibt es NUR Produkt der Vorstellung) oder findet (= es ist eine Entität, die auch ohne Vorstellung ist). - Vorsicht: Mit Entität ist NICHT gemeint, dass sie so "ist", wie man sie sich vorstellt, sondern dass es etwas gibt, von dem man sich etwas vorstellt.

Savonlinna hat geschrieben: Nur ein Jonglieren mit sprachlichen Begriffen ist kein Philosophieren.
Wie wahr.

Savonlinna hat geschrieben:Dann gibt es also keine Entität.
Es gibt keine Masse mit der Gravitation x, die wir als "Mond" wahrnehmen?

Savonlinna hat geschrieben:Das ist eine materalistische Sicht, sogar eine fundamentalistische materialistische Sicht.
Diesen Ausspruch von Dir habe ich nie verstanden.

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#499 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 11:49

sven23 hat geschrieben:Was aber naturgemäß einer anthropologischen Sichtweise entspringt
Natürlich - das trifft auf alles zu.

sven23 hat geschrieben:Die menschliche Sichtweise ist die einzige, mit der wir arbeiten können.
Richtig. - Heisst dies, dass es nichts anderes geben kann als das, mit dem wir arbeiten können?

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Thaddäus
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#500 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Jan 2016, 11:58

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es existiert kein anderes Wesen auf der Welt, welches danach fragt, was eine Sache ist. Insofern wird dieses "ist" natürlich immer aus der Sicht eines Menschen verstanden.
Dann sollte man Ontologie abschaffen. - Willst Du ernsthaft sagen, dass die Philosophie heute nicht mehr die Frage stellt, wie eine von uns NICHT beherrschbare Sichtweise aussehen könnte?
Du verwechselst beständig die Frage, was sich der Mensch alles als möglich vorstellen kann mit der Frage, was er aufgrund seines Erkentnisvermögens tatsächlich erkennen kann.
Ich vermag mir nicht einmal konkret die "Welt" einer Fledermaus vorzustellen (vgl. Thomas Nagels Aufsatz hierzu), und noch viel weniger kann der Mensch das erkennen, was eine Feldermaus aufgrund ihres speziellen Ultra-Schall-Wahrnehmungsapparates zu erkennen vermag. Wir können nicht wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein. Wir können die Sichtweise einer Fledermaus grundsätzlich nicht einnehmen.
In der Mathematik kann man mit n-dimensionalen Räumen rechnen. Dennoch können wir uns nicht vorstellen, wie es sein könnte, in mehr als 4 Dimensionen zu existieren. Mit n-Dimensionalität abstrakt rechnen zu können bedeutet nicht, dass wir uns n-Dimensionalität wirklich vorstellen können und erst recht nicht, dass wir eine n-dimensionale Sichtweise einnehmen könnten.

closs hat geschrieben: Konkretes Beispiel: WENN es Gott gibt, würde er mit seinen Eigenschaften uns bekannte Phänomene auf uns unbekannte Weise ganz anders sehen - als Stichworte seien hier nur "Fügung" und "Überzeitlichkeit" genannt. - Meinst Du wirklich, dass man Gott aus menschlicher Sicht ermessen kann?
Wir können lediglich einen Begriff von GOTT bilden und den definieren. Aber wir können uns schlechterdings nicht vorstellen, wie dieser so definierte GOTT die Welt sieht. Darum können wir auch nicht seine Sichtweise einnehmen.

closs hat geschrieben: Würdest Du die menschliche Sichtweise über göttliche Sichtweise stellen, weil wir keine göttliche Sichtweise stellen? - Hätte sich Philosophie aus heutiger Sicht damit erschöpft?
Es ist sinnlos über eine Sichtweise zu sprechen, die ich nicht einnehmen kann. Ich kann allenfalls sagen, dass sie gänzlich anders sein muss (wie die einer Fledermaus).
Philosophie hat nichts damit zu tun, eine göttliche Sichtweise einnehmen zu können.

closs hat geschrieben: Meinst Du, dass der dahinter stehende Universalienstreit heute damit gelöst werden kann, dass man beschließt, menschliche Sicht sei der Maßstab - und basta?
Eine Lösung des Universalienstreits, kann nur durch den Menschen und durch seine Vernunft erzielt werden, - falls es eine Lösung gibt. Etwas anderes als seine Vernunft, kann der Mensch bei der Lösung dieses Problems nicht anwenden.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: alles unsere Erkenntnis fängt mit der Erfahrung an, aber nicht jede Erkenntnis entspringt darum der Erfahrung.
Das ist gut - WENN man unter "Erfahrung" auch geistige Erfahrung versteht - etwa die Erkenntnis, dass göttliche Sicht über unserer Sicht ist und von uns nicht ermessen werden kann. - Meinst Du es so?
Nein, so meine ich es nicht. Der Mensch kann aus seiner Erfahrung Erkenntnisse gewinnen, aber dazu muss er Verstandesurteile fällen, also geistige Operationen durchführen. In der Mathematik werden Erkenntnisse gewonnen, allein auf der Grundlage geistiger Operationen. Andere Erkenntnisquellen haben wir nicht. Göttliche Erleuchtung ist denkbar, aber keine sichere Erkenntnisquelle, weil man sich über die Quelle seiner Erleuchtung grundsätzlich täuschen kann und sie auch nicht intersubjektiv vermittelbar ist.

closs hat geschrieben: Also definiert man "mögliche Welten" als "menschlich vorstellbare Welten" - der übliche Defekt.
Es ist kein Defekt, mögliche Welten, in denen Aussagen über runde Dreiecke erlaubt sind, von vornherein auszuschließen. Jede mögliche Welt muss logisch konsistent sein, sonst ist diese mögliche Welt nur Unsinn.

closs hat geschrieben: - Wie würde man heute philosophisch damit umgehen, dass eine "mögliche Welt" eine Welt sein könnte, die zwar möglich, aber von uns nicht checkbar ist?
Solche möglichen Welten können zwar als möglich gdacht werden, sind aber inkonsistent und insofern sinnlos.

closs hat geschrieben: Begreift man heute "die Summe aller möglichen Welten" als vollständige Summe, zu der nichts mehr dazukommen kann?
Es können unendlich viele mögliche Welten konstruiert werden.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 23. Jan 2016, 14:23, insgesamt 3-mal geändert.

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