Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

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Münek
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#201 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Münek » Mo 30. Nov 2015, 20:19

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum beharrt denn nun die RKK auf die "Jungfräulichkeit Marias" als nicht hinterfragbares Dogma?
Weil sie offenbar der Meinung ist, dass es unerheblich ist, ob Jesu Status auch bei einer "normalen" Vaterschaft unbeschädigt wäre.

Häh?! Watt is los?! :roll: :) :roll:

closs
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#202 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » Mo 30. Nov 2015, 20:32

Thaddäus hat geschrieben:Du bist offenbar katholisch und du wirst deine Gründe haben, es bleiben zu wollen.
Nee - ich bin nicht Mitglied einer Kirche und bin eigentlich in diesem Forum angetreten, um kritische inner-christliche Diskussionen zu führen. - Aber bei einer derart agnostischen/atheistischen Übermacht ist es noch nicht dazu gekommen.

Thaddäus hat geschrieben:Ich dagegen habe mich für den Weg der Philosophie entschieden
Ich eigentlich auch - ich bin über die Philosophie näher ans Christentum gekommen, indem ich (philosophisch) gefragt habe: "Welche Eigenschaften müsste Gott haben, damit er universal als solcher bezeichnet werden könnte?" (der Ausgang war vollkommen offen). - Insbesondere über Hegel und Heidegger habe ich dann festgestellt, wie das gehen könnte (längere Geschichte - ist auch schon einige Zeit her) und habe mir DANACH (!) die Bibel vorgenommen, um festzustellen, dass dort unterm Strich das Wesentliche stimmig ist - und im Islam und im Buddhismus NICHT.

Thaddäus hat geschrieben:aber es ist klar, dass rationales und plausibles Argumentieren für mich einen völlig anderen Stellenwert haben als für dich.
Das wäre zu prüfen - ich denke schon, dass dialektisches und (onto-)logisches Denken etwas mit Ratio zu tun haben.

Ich glaube, dass der Unterschied woanders liegt: In der Prämisse - dem "Modell". - Du gehst vermutlich von einer kritisch-rationalistisch erklärbaren Welt aus, was letztlich im Materialismus mündet. - Ich bin "nach oben offen", auch dann, wenn etwas methodisch nicht greifbar ist. - Ich mache mein Weltbild nicht davon abhängig, was ich kapiere, sondern was "sein" könnte.

Thaddäus hat geschrieben: Eine geistige Deutung würde genau hierauf verzichten!
Es ist (unabhängig vom speziellen Thema hier) aus meiner Sicht AUCH eine geistige Deutung, wenn man das Materielle als Ebenbild des Geistigen versteht und dementsprechend das Materielle geistig interpretiert.

Was das spezielle Thema hier angeht: Ob eine Jungfern-Geburt aus biologischer Sicht möglich erscheint, ist aus meiner Sicht irrelevant, weil es dann möglich ist/wäre, wenn es den christlichen Gott gibt/gäbe. - Denn wenn vom Ebenbild ("Materie") aus etwas möglich ist, ist es vom "Original" Gott her sowieso. - Ich weiss nicht, warum mir gerade folgender Witz einfällt:

Ein Mäuserich trifft auf eine Elephantin und sagt ihr: "Baby - ich mach Dich zur Mutter". - Darauf trompetet die Elephanten-Dame prustend in die Welt, worauf der Mäuserich ihr das Bein hochklettert und sagt: "Schrei nur, Du Hure". - Du wirst den Witz in unserem Kontext verstanden haben.

Thaddäus hat geschrieben:Viele sogar kathol. Gläubige heute erkennen in dieser katholischen Deutung der Jungfrauengeburt einen kontrafaktischen Unsinn.
"Erkennen" ist präjudiziert - sie wissen doch oft gar nicht, wovon sie sprechen (Stichwort: Meinungs-Gesellschaft).

Fundamental-theologisch ist die Frage, wie man darstellt, dass Jesus als Bindeglied zwischen Gott und Mensch ("wahrer Gott und wahrer Mensch") auf beiden Seiten "daheim" ist. - Von diesem Verständnis-Sockel aus ergibt sich dann sehr wohl ein Sinn, wenn Jesus einerseits direkt von Gott ("HG") gezeugt und andererseits vom Menschen (Maria) ausgetragen wird. - Daran schließt sich dann die (ganz andere) Frage an, warum es überhaupt dieses Zwischenglieds zwischen Gott und Mensch bedarf. - Und aus dem gesamt-kanonischen bzw. fundamental-geistigen Kontext kann man dann zum ERgebnis kommen, dass das Dogma der Jungfrauengeburt angebracht ist.

Mir wäre recht, wenn man solche Dogmen auf DEM Niveau angreifen würde, auf dem sie entstanden sind. - Die Demokratisierung unserer Zeit (natürlich alternativlos) hat den Kollateral-Schaden "Meinungs-Gesellschaft" mit sich gebracht ("Egal, ob ich es kapiere - ist ist chic, möglichst offensiv eine Meinung zu haben), der bei solchen Fragen unangenehm auffällt. - Oder um Schiller in seinem "Demetrius" zu zitieren:
"Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen;
Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet".


Und so ist es halt auch bei der Kirche - im übrigen: Meines Wissens gilt das Wägen- statt Zählen-Prinzip auch in der Wissenschaft.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn die kath. Kirche gleichwohl auf einem leiblichen Verständnis der Jungfrauengeburt als Dogma und Glaubenswahrheit pocht, welches man glauben MUSS, um rechtgläubig zu sein, dann verlangt sie von jedem aufgeklärten Menschen nicht weniger als ein sacrificium intellectus, also ein Opfer ihres Verstandes.
Das ist überall so - woanders heisst das dann Spielregeln. - Im Umfeld der sog. "Political Correctness" ist dies heute besonders deutlich zu beobachten - wobei der vorauseilende Gehorsam ("In"-sein-wollen/"Dos and Donts") dem SChmerz eines Sacrificium Intellectus (Nebenbei - warum ist hier "intellectus" kein Genitiv?) zuvorkommt. - Das ist eigentlich noch schlimmer.

Ich will nicht von den Mängeln des Katholizismus ablenken: Aber ich kann wirklich nicht erkennen, dass die heutige säkulare Welt aufgeklärter ist.

Pluto
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#203 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Pluto » Mo 30. Nov 2015, 23:54

closs hat geschrieben:ich bin nicht Mitglied einer Kirche und bin eigentlich in diesem Forum angetreten, um kritische inner-christliche Diskussionen zu führen. - Aber bei einer derart agnostischen/atheistischen Übermacht ist es noch nicht dazu gekommen.
Gibs zu,
Du genießt doch die Debatte genau wie ich. ;)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#204 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » Di 1. Dez 2015, 00:18

Pluto hat geschrieben:Gibs zu, Du genießt doch die Debatte genau wie ich.
Bei weitem nicht immer - gerade dann, wenn Dumpfheit offensiv auftritt. - Andererseits habe ich tatsächlich sehr viel über die heute dominierende Denkweise gelernt.

Das bringt mich der Idee näher, dass der Mensch durch kulturelle Einflüsse seiner Zeit ganze Denkweisen verlieren kann - das gilt für beide Seiten. - So kann sich mancher Christ nicht vorstellen, dass Adam und Eva NICHT real gelebt hätten - wie sich mancher Materialist nicht vorstellen kann, dass es Gott außer als "Kopfkino" geben kann.

Das ist wirklich interessant und erinnert mich an die Aussage eines befreundeten Arztes, der man gemeint hat: Würde man Babies im ersten Lebensjahr in absolutem Dunkel einsperren, würden sie nie nachhaltig das Sehen lernen, weil die Sehnerven in dieser Zeit ständig "Licht-Nahrung" brauchen, um sich zu entwickeln. (Ob das von mir genau erinnert wird, weiss ich jetzt nicht - aber vom Ergebnis kam es am Ende so raus)

Übertrage das auf geistige Entwicklung des Menschen - dann kannst Du Dir obigen Eingangssatz ganz gut erklären: "Das bringt mich der Idee näher, dass der Mensch durch kulturelle Einflüsse seiner Zeit ganze Denkweisen verlieren kann".

Insofern ist es hier auf dem Forum hochinteressant, wie die unterschiedlichsten Teilnehmer genormt/formatiert/entwickelt sind - denn das sagt wirklich etwas über unsere Zeit aus - auch wenn es bei der geringen Menge nicht repräsentativ ist.

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Savonlinna
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#205 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Di 1. Dez 2015, 00:45

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Dass es nicht um Wortakrobatik geht, sondern um Menschen, die etwas mitteilen wollen.
Ich traue Ratzinger schon zu, dass er fein formuliert - schauen wir es uns einfach noch mal an:

„Die Gottessohnschaft Jesu beruht nach kirchlichem Glauben nicht darauf, daß Jesus keinen menschlichen Vater hatte; die Lehre vom Gottsein Jesu würde nicht angetastet, wenn Jesus aus einer normalen menschlichen Ehe hervorgegangen wäre. Denn die Gottessohnschaft, von der der Glaube spricht, ist kein biologisches, sondern ein ontologisches Faktum; kein Vorgang in der Zeit, sondern in Gottes Ewigkeit.“

– Joseph Ratzingers: Einführung in das Christentum. 2. Auflage, München 1968, S. 225


Hier sagt R., dass der Status Jesu AUCH erklärbar wäre, wenn er aus einer normalen menschlichen Ehe hervorgegangen wäre. - Das heisst: Diesbezüglich ist es wurscht, ob er vom HG gezeugt wäre oder von Josep. - Begründung: Diese Frage ist keine biologische, sondern eine ontologische.

Deshalb meine Aussage:
Closs hat geschrieben:Die Gottessohnschaft ist nicht biologisch begründet, kann aber trotzdem biologisch/fleischlich offenbart werden. - Ich sehe da keinen Widerspruch.
Darauf Deine Replik:
Savonlinna hat geschrieben:Dein Gehirn verfälscht so automatisch und so konsequent, dass Du nie einen Widerspruch siehst, wo Dein Ego keinen sehen will
Wie soll ich denn auf so was reagieren?
Du musst Dich selber aus dem Gespinst des Täuschenwollens befreien. Anders geht das nicht.
Dazu muss man erst selber den Unterschied zu erspüren suchen: zwischen Wahrhaftigkeit und dem Bedürfnis, etwas als richtig zu verkaufen und dabei dem Bedürfnis nach Rabulistik zu unterliegen.

closs
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#206 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » Di 1. Dez 2015, 01:04

Savonlinna hat geschrieben:Du musst Dich selber aus dem Gespinst des Täuschenwollens befreien.
Vielen Dank für Deinen wertvollen Tipp, der immer Anlass für Selbst-Überprüfung ist - zumal Du es wirklich gut meinst.

Andererseits hinterlässt Du mich wirklich etwas ratlos, weil ich immer und immer wieder das Ratzinger-Zitat und meinen Kommentar dazu lese und keine sachliche Lücke finde, die es mir ermöglichen würde, bei mir Täuschungs-Absichten zu finden.

Kann es nicht sein, dass wir einen unterschiedlichen Blick auf Dinge haben? - Das hatten wir ja schon öfter.

Mich bringt das auf denselben Gedanken, den ich woanders gerade mit Pluto bespreche: Unterschiedliche Bewusstseins-Formatierungen in jungen Jahren können offensichtlich zu sehr unterschiedlichen Wahrnehmungs-Antennen führen. - Um konkret auf das Ratzinger-Zitat zu kommen: Mir war beim Lesen auf Anhieb "klar", was er sagt. - "Klar" in Anführungszeichen, weil anderen beim Lesen dieses Zitats offensichtlich ganz anderes auf Anhieb "klar" zu sein scheint. - Da scheint mehr dahinter zu stecken als ein "Ich bin ehrlich und Du täuschst".

Hemul
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#207 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Hemul » Di 1. Dez 2015, 05:43

ThomasM hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben: Ich antworte Dir wie folgt. Das Dogma der kathl. Kirche, dass Maria "leiblich" auferstanden ist-ist unbiblisch. Selbst Jesus musste
"VOR SEINER MIMMELFAHRT" gem. Hebräer 10:19+20 sein "FLEISCH" oder "LEIB" ablegen:
19 Wir haben also jetzt einen freien und ungehinderten Zugang zum wirklichen Heiligtum, liebe Geschwister. Jesus hat ihn durch sein Blut für uns eröffnet. 20 Er hat uns einen neuen Weg durch den Vorhang hindurch gebahnt, einen Weg, der zum Leben führt. Der Vorhang war praktisch sein irdischer Körper.
Das ist wieder einmal ein falsches Argument.
Jesus ist leiblich auferstanden, sogar mit seinen Wunden:

Was ist denn das für ein Kauderwelsch? Jesus opfert seinen fleischlichen Körper und erhält ihn hinterher wieder zurück? :shock: Was meinst Du wohl warum sogar seine nächsten Freunde wie z.B. Maria ihn nach seiner Auferstehung gar nicht erkannte u. ihn gem. Johannes 20:15 für den Gärtner hielt?
14 Als sie über die Schulter zurückblickte, sah sie auf einmal Jesus dastehen, erkannte ihn aber nicht. 15 Er sagte: "Frau, warum weinst du? Wen suchst du?" Sie dachte, es sei der Gärtner und sagte: "Herr, wenn du ihn fortgenommen hast, sag mir bitte, wo er jetzt liegt. Dann gehe ich und werde ihn holen."

Bevor ich es noch vergesse. Wie kam Jesus nach seiner Auferstehung mit seinem physischen Leib eigentlich durch die Tür die seine Jünger aus Furcht vor den Juden gem. Johannes 20:19 fest verschlossen hatten? :roll:
19 Am Abend jenes Sonntags trafen sich die Jünger hinter verschlossenen Türen, weil sie Angst vor den Juden hatten. Plötzlich stand Jesus mitten unter ihnen und sagte: "Friede sei mit euch!"
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#208 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Di 1. Dez 2015, 07:11

ThomasM hat geschrieben:Na dafür hast du keinerlei Ahnung, was Wissenschaft ist und kannst auch gar nicht wissenschaftlich denken. So haben wir eben alle unsere Defizite.
Wer Pseudowissenschaft als Wissenschaft verkaufen will, sollte sich ganz schön geschlossen halten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#209 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Di 1. Dez 2015, 07:16

Savonlinna hat geschrieben:Dass Dir das so vorkommt, verstehe ich..
Genau das kann ich mir nicht vorstellen.

Savonlinna hat geschrieben: Du wirst auch Deine Fähigkeiten haben, wie Thomas zu Recht sagt...
Selbst das hat Thomas gar nicht gesagt. Du hast irgendwie Probleme, Texte zu verstehen.

Savonlinna hat geschrieben: Und ich habe viele Fähigkeiten nicht.
Das sagte ich doch schon.

Mir geht z. b. das esoterische Denken ab. Ich empfinde es aber nicht als Defizit. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#210 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von ThomasM » Di 1. Dez 2015, 09:03

sven23 hat geschrieben: Wer Pseudowissenschaft als Wissenschaft verkaufen will, sollte sich ganz schön geschlossen halten.
Guter Ratschlag! Warum hälst du dich nicht daran?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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