Thaddäus hat geschrieben:Du bist offenbar katholisch und du wirst deine Gründe haben, es bleiben zu wollen.
Nee - ich bin nicht Mitglied einer Kirche und bin eigentlich in diesem Forum angetreten, um kritische inner-christliche Diskussionen zu führen. - Aber bei einer derart agnostischen/atheistischen Übermacht ist es noch nicht dazu gekommen.
Thaddäus hat geschrieben:Ich dagegen habe mich für den Weg der Philosophie entschieden
Ich eigentlich auch - ich bin über die Philosophie näher ans Christentum gekommen, indem ich (philosophisch) gefragt habe: "Welche Eigenschaften müsste Gott haben, damit er universal als solcher bezeichnet werden könnte?" (der Ausgang war vollkommen offen). - Insbesondere über Hegel und Heidegger habe ich dann festgestellt, wie das gehen könnte (längere Geschichte - ist auch schon einige Zeit her) und habe mir DANACH (!) die Bibel vorgenommen, um festzustellen, dass dort unterm Strich das Wesentliche stimmig ist - und im Islam und im Buddhismus NICHT.
Thaddäus hat geschrieben:aber es ist klar, dass rationales und plausibles Argumentieren für mich einen völlig anderen Stellenwert haben als für dich.
Das wäre zu prüfen - ich denke schon, dass dialektisches und (onto-)logisches Denken etwas mit Ratio zu tun haben.
Ich glaube, dass der Unterschied woanders liegt: In der Prämisse - dem "Modell". - Du gehst vermutlich von einer kritisch-rationalistisch erklärbaren Welt aus, was letztlich im Materialismus mündet. - Ich bin "nach oben offen", auch dann, wenn etwas methodisch nicht greifbar ist. - Ich mache mein Weltbild nicht davon abhängig, was ich kapiere, sondern was "sein" könnte.
Thaddäus hat geschrieben: Eine geistige Deutung würde genau hierauf verzichten!
Es ist (unabhängig vom speziellen Thema hier) aus meiner Sicht AUCH eine geistige Deutung, wenn man das Materielle als Ebenbild des Geistigen versteht und dementsprechend das Materielle geistig interpretiert.
Was das spezielle Thema hier angeht: Ob eine Jungfern-Geburt aus biologischer Sicht möglich erscheint, ist aus meiner Sicht irrelevant, weil es dann möglich ist/wäre, wenn es den christlichen Gott gibt/gäbe. - Denn wenn vom Ebenbild ("Materie") aus etwas möglich ist, ist es vom "Original" Gott her sowieso. - Ich weiss nicht, warum mir gerade folgender Witz einfällt:
Ein Mäuserich trifft auf eine Elephantin und sagt ihr: "Baby - ich mach Dich zur Mutter". - Darauf trompetet die Elephanten-Dame prustend in die Welt, worauf der Mäuserich ihr das Bein hochklettert und sagt: "Schrei nur, Du Hure". - Du wirst den Witz in unserem Kontext verstanden haben.
Thaddäus hat geschrieben:Viele sogar kathol. Gläubige heute erkennen in dieser katholischen Deutung der Jungfrauengeburt einen kontrafaktischen Unsinn.
"Erkennen" ist präjudiziert - sie wissen doch oft gar nicht, wovon sie sprechen (Stichwort: Meinungs-Gesellschaft).
Fundamental-theologisch ist die Frage, wie man darstellt, dass Jesus als Bindeglied zwischen Gott und Mensch ("wahrer Gott und wahrer Mensch") auf beiden Seiten "daheim" ist. - Von diesem Verständnis-Sockel aus ergibt sich dann sehr wohl ein Sinn, wenn Jesus einerseits direkt von Gott ("HG") gezeugt und andererseits vom Menschen (Maria) ausgetragen wird. - Daran schließt sich dann die (ganz andere) Frage an, warum es überhaupt dieses Zwischenglieds zwischen Gott und Mensch bedarf. - Und aus dem gesamt-kanonischen bzw. fundamental-geistigen Kontext kann man dann zum ERgebnis kommen, dass das Dogma der Jungfrauengeburt angebracht ist.
Mir wäre recht, wenn man solche Dogmen auf DEM Niveau angreifen würde, auf dem sie entstanden sind. - Die Demokratisierung unserer Zeit (natürlich alternativlos) hat den Kollateral-Schaden "Meinungs-Gesellschaft" mit sich gebracht ("Egal, ob ich es kapiere - ist ist chic, möglichst offensiv eine Meinung zu haben), der bei solchen Fragen unangenehm auffällt. - Oder um Schiller in seinem "Demetrius" zu zitieren:
"Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen;
Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet".
Und so ist es halt auch bei der Kirche - im übrigen: Meines Wissens gilt das Wägen- statt Zählen-Prinzip auch in der Wissenschaft.
Thaddäus hat geschrieben:Wenn die kath. Kirche gleichwohl auf einem leiblichen Verständnis der Jungfrauengeburt als Dogma und Glaubenswahrheit pocht, welches man glauben MUSS, um rechtgläubig zu sein, dann verlangt sie von jedem aufgeklärten Menschen nicht weniger als ein sacrificium intellectus, also ein Opfer ihres Verstandes.
Das ist überall so - woanders heisst das dann Spielregeln. - Im Umfeld der sog. "Political Correctness" ist dies heute besonders deutlich zu beobachten - wobei der vorauseilende Gehorsam ("In"-sein-wollen/"Dos and Donts") dem SChmerz eines Sacrificium Intellectus (Nebenbei - warum ist hier "intellectus" kein Genitiv?) zuvorkommt. - Das ist eigentlich noch schlimmer.
Ich will nicht von den Mängeln des Katholizismus ablenken: Aber ich kann wirklich nicht erkennen, dass die heutige säkulare Welt aufgeklärter ist.