closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:
]Mit Deinem Begriff "Dasein" ist Dein Dualismus, Dein ganzes System mit aufgerufen.
Das ist richtig. - "Da-Sein" macht keine Sinn, wenn es nicht ein "Woanders-Sein" gibt.
Dass jeder Begriff einen Gegenbegriff hat, ist kein Dualismus.
Der Gegenbegriff zu "da sein" ist "nicht da sein". Das erzwingt die Sprache.
Und gemeint damit ist: Ist Eberhard da? Ja, er ist da. Oder: Nein, er ist nicht da.
Es gibt auch noch eine etwas existentiellere Bedeutung. So gibt es Tage, Wochen, Jahre, wo man das Gefühl hat, "nicht richtig da zu sein".
Da kann man Realität definieren, wie man will: diesen Zustand kann man nicht wegdiskutieren.
Ich kenne ihn, kenne ihn gut. Und ich kenne den Zustand, wo man schlagartig aus diesem Zustand heraus kommt und wieder tiefer die Realität in sich spürt. Dann ist das "Dasein" voller, intensiver.
Ich komme mit diesem einen Begriff aus, um die Fülle des Seins - das, was andere Gott nennen - als anwesend zu beschreiben.
Wenn jemand aus der Narkose erwacht, ist er auch erst nicht richtig "da".
Das würden Naturalisten ebenso sehen. Und auch sie kennen den Zustand der Verzweiflung, wo sie sich nur noch durch Trance helfen können, zu überleben.
closs hat geschrieben:Und dann kann man sich weltanschaulich darüber streiten, ob man nur EINE Seins-Ebene zugrundelegt (das wäre wohl ein un-dualistisches "Dasein" in Deinem Sinne) oder eine geistige und eine materielle. - Aber da müssen auch mal die Visiere hoch - ich weiss bei Dir bis heute nicht, ob Du eine spirituelle oder eine materielle Weltanschauung hast. - Und möglicherweise bekomme ich jetzt von Dir wieder eine Sowohl-als-auch-weder-noch-Antwort.
Die Schwierigkeit ist, dass Deine Weltanschauung durch ein Basteln an Systemen entsteht.
Und ich bastele an keinen Systemen. Es gibt nicht nur Dich und Deine Vorstellung von dem, was eine Weltanschauung ist, sondern es gibt Menschen, die ganz anders funzen als Du.
Ich habe schon einmal früher geschrieben, meine ich:
In der DDR habe ich gelernt, dass nur die materielle Sicht richtig ist, die idealistische falsch (womit man wohl Fichte, Schelling, Hegel meinte).
In der DDR habe ich ebenfalls gelernt - in der Gemeinde unserer Familie -, dass die materielle Sicht falsch ist.
Später, im Westen und schon im Studium, habe ich verblüfft festgestellt, dass die DDR "Materie" mit den gleichen Worten definiert wie der Westen "Geist". Beide seien ewig etc.
Da habe ich etwas Grundlegendes kapiert:
es kommt nicht auf die Wörter an, sondern das, was damit gemeint ist.
Definieren kann man sein Leben lang: nichts ändert sich.
Ändern tut sich die Erkenntnis dadurch, dass Geist und Materie in beiden Lexika mit den gleichen Attributen versehen wurden.
Goethe hat oft die Gesteine - die ja Materie sind - als geistig wahrgenommen.
In diese Richtung driftet mein Suchen.
Ich bin viel zu stumpf, um in Steinen deren geistige Struktur zu sehen.
Bei Bäumen ist das ein bisschen anders.
In beiden Fällen aber ist es die Struktur - Goethe nennt das so in etwa "geistige Struktur" -, die er offenbar deutlich spürte.
Mein Vater hat sich mal ewig lange mit chemischen Formeln und Strukturen auseinandergesetzt, rein materiell, so, wie es in Schulbüchern steht.
In der Nacht träumte er von einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt.
Von C.G.Jung wusste ich, dass das ein Symbol des Selbstes ist, ein Symbol für die Ganzwerdung des Menschen.
Für mich war das ein elementarer Hinweis darauf, dass diese chemischen Formeln, die ihn faszinierten, eine psychische Äqueivalenz hatten für ihn.
Einmal mehr wurde ich darin bestätigt, dass alles in unserer Welt auf die Menschen gleichzeitg geistig wirkt, nicht mur materiell.
Sonst könnten wir gar nicht träumen, wenn es anders wäre. Es ist immer gleichzeitig, nie getrennt, nie nacheinander.
Icn vermute, dass ein
wirklicher Materialismus - also einer, der wirklich in die Materie eindringt, um dort deren innere Verfasstheit zu erfassen - immer auf das stoßen wird, was ich als "Geist" ansehe.
Und umgekehrt: Ein wirklicher "Idealismus" - also eine
wirkliche geistige Spiritualität - wird das Geistige immer in den Dingen auffinden.