Savonlinna hat geschrieben:Möglicherweise, um bewusst zu machen, dass die bisherige Hermeneutik ebenfalls weltanschalulich rein maskulin war, mit dem Anspruch, für das weibliche Geschlecht mitzusprechen.
closs hat geschrieben:Als erzieherische Maßnahme mag das Sinn machen - aber ist es das wert?
Davon abgesehen: Dann müsste man auch über Begriffe wie "männliche und weibliche Charismen" sprechen bzw.: "Was ist geistig eigentlich mit 'männlich' und 'weiblich' gemeint?". - Dieser Diskussion gebe ich in unserer androgyn denkenden Zeit wenig Chancen.
Novalis hat geschrieben: Das einseitige Vaterbild muss man wohl korrekter Weise durch das Mutterbild ergänzen. Gott kann nur vollkommen eins und Leben sein, wenn sich in ihm auch eine schöpferische Polarität lebendiger Bewegung ereignet. Das Weibliche identifiziere ich mit dem Heiligen Geist (in hebräischer Sprache weiblich), weshalb ich auch gelegentlich „die“ Heilige Geistin sage oder einfach die Liebe/Weisheit.
NIS hat geschrieben:Ist Gott männlich oder weiblich? 
Ob Hermeneutik oder Gott: wie man beide angeht, hängt mit dem eigenen Geschlecht und der desbezüglichen persönlichen Reife zusammen.
Laut C.G.Jung hat der (heterosexuelle) Mann die Anima in sich, die (heterosexuelle) Frau den Animus.
Das heißt: Der Mann trägt als virtuelles Gegen- und Traumbild eine weibliche Seite in sich, die Frau als virtuelles Gegen- und Traumbild eine männliche Seite.
Die jeweils inwendigen Seiten streben danach, in einem selber realisiert zu werden. Zunächst drücken sie sich durch Projektionen aus - man verliebt sich in die jeweils andere, in einem selber noch virtuelle Seite und ist davon fasziniert.
Später erahnt man, oder wünscht man, dass die Projektion in einem selber manifestiert werden sollte.
Damit wird der uralte Mythos des Hermaphroditen akitiviert, der sich auch in der Bibel äußert: "da werden nicht sein Mann und Frau".
Es handelt sich nicht um Zweigeschlechtlichkeit, sondern um die Selbstrealisation dessen, was im Menschen angelegt ist: das volle Ausschöpfen des Potentials.
So wie man vom Künstler sagt, dass er eine weibliche Seele hat - weil das "Gebären" eigentlich weiblich ist -, müsste er die männliche Seite in sich entwickeln, um beide Seiten zu haben.
In der Regel wurden die Archetypen von Männern aufgestellt, sie haben ihr eigenes Sehnsuchtspotential auf die Frau projiziert, und die Frau hatte sich dem oft unterworfen.
Nach C.G.Jung ist das ein Zeichen von Unreife.
Die Trennung der Geschlechter ist kein Endzustand, die Vereinigung in
einer Person wird fast automatisch angestrebt.
Bei vielen aber misslingt das, und man kann das z.B. bei einem Mann daran erkennen, dass er auch noch im Alter es nicht unterdrücken kann, anzügliche Bemerkungen zu machen.