
Diese Frage mag provozierend sein, glauben doch Chriten (zu denen ich mich auch zähle), dass Jesus der Christus ist und Christus ist aus dem Griechischen abgeleitet und hat die selbe Bedeutung wie der Titel Messias. Wir können anstatt indogermanisch "Jesus Christus" also auch semitisch "Jeshua Messias" sagen. Daher fragte ich um Grunde: Ist Jesus der Christus?
Ich hatte die Absicht, auf Queequegs kritischen Beitrag zu antworten und da ich Salome23 bezüglich des Topics zustimmen muss, habe ich mich entschlossen, dieser Frage hier im Bibelforum nachzugehen, hier gilt also streng das Bibelwort.
Queequeg hatte aus Der Messias des Judentums zitiert. Seine Einleitung, das Zitat und sein Fazit möchte ich hier nun zitieren, bevor ich darauf antworte:
Dies ist eine Frage der Interpretation und diese hängt von ihrer zugrundeliegenden Hermeneutik ab. Ich nehme mir die Freiheit Deiner legitimen Deutung zu widersprechen.Queequeg hat geschrieben:Kommen wir zum Messias: Gott, allein Gott legte im alten Testament fest, welche Merkmale, Kennzeichen, welch ein Charakteristikum überhaupt gültig ist, um ein Messias zu sein. Wir schauen uns das dann einmal näher an:
1. Er muß jüdisch sein. (Deuteronomium 17,15, Numeri 24,17)
2. Er muß dem Stamm Judah angehören (Genesis 49,10) und ein direkter männlicher Nachkomme (Sohn nach Sohn) von König David (1. Chronik 17,11, Psalm 89,29-38; Jeremia 33,17; 2. Samuel 7,12-16) und König Salomon sein. (1. Chronik 22,10; 2. Chronik 7,18)
3. Er muß das jüdische Volk aus dem Exil versammeln und nach Israel zurückbringen. (Jesaja 27,12-13; Jesaja 11,12)
4. Er muß den Jüdischen Tempel in Jerusalem wieder aufbauen. (Micah 4,1)
5. Er muß den Weltfrieden bringen. (Jesaja 2,4; Jesaja 11,6; Micah 4,3)
6. Er muß die ganze Welt beeinflussen, den einen G-tt anzuerkennen und ihm zu dienen. (Jesaja 11,9; Jesaja 40,5; Zephania 3,9)
Wird eine, auch nur eine einzige dieser Kriterien nicht erfüllt, so ist das Messiastum nicht gegeben, wir behalten dabei immer im Hinterkopf, diese Kriterien sind Gottes, nicht des Menschen.
Hier die jüdische Quelle, Dieser Text ist ein Auszug aus dem Handbuch gegen Judenmission „Die jüdische Antwort an Missionare“ von Rabbi Bentzion Kravitz, immerhin von einem jüdischen Rabbi:
http://www.maschiach.de/content/view/79/93/
Bleibt dann nun die Frage, warum wurden die Juden nun rund zweitausend Jahre lang verfolgt, geächtet, massakriert und zu Millionen abgeschlachtet, wenn sie alles, aber auch alles Recht darauf haben, Jesus Christus als Messias abzulehnen, denn nach Gottes Vorgaben ist Jesus der Messias gewiss nicht.
In Deiner Argumentation erscheint mir der darin zugrundelegte Zusammenhang unglücklich, gem. dem das zweifelohne bestehende Recht der Juden, den Tanach (AT) zu deuten, an "Gottes Vorgaben" gekoppelt wird, da damit impliziert wird, dass hier kein Interpretationsspielraum vorläge, als wäre innertextlich die jüdische Postion als die einzig redliche zu betrachten.
Ich bin allerdings der Meinung, dass die Juden auch dann selbstverständlich das Recht haben ihre Schrift, den Tanach (AT), der Teil des Talmuds ist, gem. jüdischer Hermeneutik zu deuten, wenn man ihrer Deutung nicht folgt
In der rabbinischen Weisheits des Talmuds wird in der Gemara übrigens ganz selbstverständlich oftmals mehr als eine Deutung gelten gelassen, dies entnahm ich jedenfalls diesem aufschlussreichen Beitrag von C.Baer.
Die jüdischen Deutungen in den Punkten 1. und 2. Deines Links stimmen meinem Verständnis nach mit den christlichen überein. Die Genialogien der Synoptiker "Matthäus" und "Lukas" greifen dies auf und bezeugen durch ihre Geschlechtsregister die jüdische Herkunft Jesu aus dem "Hause Davids".
Die Punkte 3. bis 6. verweisen auf prophetische Bücher des Tanach, die meiner Meinung nach schwer bis sehr schwer erschließbar sind - oder anders ausgerückt: Sie sind sehr schwer zu verstehen und ich behaupte auch nicht, dass ich hier den vollkommenen Durchblick hätte. Ein wenig geht es mir wie dem Kämmerer (Eunuch) in Apg 8:31, aber ich will es dennoch versuchen, ohne in die Tiefe zu gehen - schließlich soll mit dieser Thread-Eröffnung nicht das Potenzial des Themas ausgeschöpft werden (was ja auch gar nicht möglich wäre).
Die jesaijanischem Prophezeiungen in Jesaja 11 (Punkte 3. u. 5. u. 6.), Jesaja 27 (Punkt 3.) u. Jesaja 40 (Punkt 6) können im Hinblick auf die Rückkehr Israels aus dem Exzil gedeutet werden, entfalten m. E. allerdings eine größere prophetische Vision der Hoffnung, welche die Rückkehr aus dem Exzil als Schattenbild einer Verheißung aufgreift, die in der Verkündung des Himmelreiches/Königreiches Gottes mündet. Mit dieser Verkündung und Hoffnung hängen auch die Verweise zum Propheten Micha in den Punkten 4. u. 5. zusammen, auf deren Erfüllung gläubige Christen nach wie vor harren.
Zephania 3,9 (Punkt 6.) lässt sich als Umkehrung zur Sprachverwirrung in der Urgeschichte vom Turmbau zu Babel deuten.
Die Interpretationen hängen direkt damit zusammen, was unter dem [König]Reich Gottes verstanden wird. Daran geknüpft ist auch die Deutung vom "Tempel" in Jesaja 2:1-4 und Micha 4:1-4.