Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#341 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Di 21. Jul 2015, 08:46

Münek hat geschrieben:Der Nichtgläubige strebt erkenntnismäßig nach Wahrheit
Das ist übrigens genau dasselbe wie bei Gläubigen.

Münek hat geschrieben:Von Dogma kann keine Rede sein
Der Materialismus ist wie der Fischer mit einem Netz mit so oder so großen Löchern, der nach dem Fang sagt: "Ich kann nachweisen, dass es "so" große Fische gibt - solange es keine Netze mit kleineren Netzen gibt, gibt's auch keine kleineren Fische. - Will heißen: Die Einschränkung des eigenen Horizonts wirkt auf ein Weltbild genauso dogmatisch wie offiziell erstellte Dogmen.

Davon abgesehen: Es geht hier bei der HKM gar nicht um Dogmen, sondern um die Frage, wie eng oder wie weit man historisch-kritisch arbeitet.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#342 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 08:53

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Berücksichtgung sog. "geistiger Zusammenhänge" (subjektive Glaubensvorstellungen) ist unwissenschaftlich.
Damit sagst Du, dass HKM nur oberflächlich für die Bibel geeignet wäre .

Achwas, die Aufgabe der HKM ist klar definiert. Sie legt die Bibeltexte dizipliniert innerhalb der von ihr gesteckten Grenzen aus.
Es geht um Wissenschaftlichkeit. Das hat mit Oberflächlichkeit nichts zu tun. Es gilt, der historischen Wahrheit durch ergebnisof-
fene Forschung möglichst nah zu kommen.

Vor allem betreibt sie keine Eisegese - auf der Grundlage sog. "geistige Zusammenhänge". Das wäre nämlich unseriöse unzulässige Grenzüberschreitung. Aber für diese (eigentlich selbstverständliche) Einsicht fehlt Dir wohl das nötige Verständnis...

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#343 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 08:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Nichtgläubige strebt erkenntnismäßig nach Wahrheit
Das ist übrigens genau dasselbe wie bei Gläubigen

Nach meiner Erfahrung besitzt bei Gläubigen im Zweifel der subjektive Glaube einen ungleich höheren Stellenwert als die Wahrheit.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#344 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 09:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Von Dogma kann keine Rede sein
Der Materialismus ist wie der Fischer mit einem Netz mit so oder so großen Löchern, der nach dem Fang sagt: "Ich kann nachweisen, dass es "so" große Fische gibt - solange es keine Netze mit kleineren Netzen gibt, gibt's auch keine kleineren Fische. - Will heißen: Die Einschränkung des eigenen Horizonts wirkt auf ein Weltbild genauso dogmatisch wie offiziell erstellte Dogmen.

Ganz schlechtes Beispiel.

Weshalb sollte der Fischer auf die Idee verfallen, es gäbe keine kleineren Fische? Passt nicht.

Im Übrigen ist es kein Dogmatismus, wenn sich beispielsweise die Naturwissenschaft nicht mit der
Frage nach der Existenz von Göttern, Geistern oder sonstigen übernatürlichen Wesen auseinandersetzt.

Damit kann sich die Theosophie als Nichtwissenschaft beschäftigen.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#345 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 09:46

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kannst Du mit konkreten Beispielen aufwarten, damit wir Deine Befürchtungen nachvollziehen können?
Mehrfach genannt - scrolle mal zurück: Da hat jemand (Du?) weltanschauliche Behauptungen von Augstein als wissenschaftliche Tatsachen-Aussagen dargestellt - in einem einzigen Absatz waren es, meine ich, gleich 4 oder 5.

Moment, Du hattest geschrieben, es werde gefährlich, "wenn man Schlussfolgerungen aus seinen Forschungen nicht innerhalb der Grenzen macht, in denen man geforscht hat..."

Damit hast Du doch die an den theologischen Fakultäten forschenden Wissenschaftler selbst gemeint. Deshalb war ja meine Frage an Dich, ob Du mit konkreten Beispielen (aus der Theologenschaft natürlich!) aufwarten kannst, damit wir Deine Befürchtungen nachvollziehen können. Die Behauptungen und Schlussfolgerungen des Nichttheologen Rudolf Augstein sind dessen Bier und stehen hier nicht zur Debatte.


Also nochmals: Kannst Du mit Beispielen dienen, die belegen, dass Neutestamentler diesbezüglich "ihre Grenzen verlassen haben"?
Zuletzt geändert von Münek am Di 21. Jul 2015, 09:48, insgesamt 1-mal geändert.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#346 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Di 21. Jul 2015, 09:47

Münek hat geschrieben:die Aufgabe der HKM ist klar definiert
Offensichtlich scheint sie in ihrer Anwendung sehr flexibel interpretiert zu werden.

Münek hat geschrieben: Sie legt die Bibeltexte dizipliniert innerhalb der von ihr gesteckten Grenzen aus.
Genau das tut sie - und deshalb sollte sie sagen: "Innerhalb der Grenzen der HKM kann man zum Ergebnis kommen, dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte". - Da würde niemand widersprechen.

Münek hat geschrieben:Vor allem betreibt sie keine Eisegese - auf der Grundlage sog. "geistige Zusammenhänge".
Wenn die Einbeziehung geistiger Zusammenhänge gleichgesetzt wird mit Eisegese, läuft etwas falsch. - Denn damit sagst Du indirekt, dass Geistiges obligatorisch einhergeht mit Eisegese - das ist der Tod jeglichen substantiellen Bibelverständnisses.

Im Grunde degradierst Du die HKM auf eine technische Disziplin, die substantiell nicht zwischen einem geistigen Werk und einem Telefonbuch unterscheiden kann (aus Gründen der Ergebnisoffenheit). - Vorschlag zur Güte: Entweder wir verstehen HKM als rein technische Größe (Quelle, Historie, Sprache, etc.) - dann kann sie keine geistigen Aussagen machen ("Jesus hatte selbst eine Naherwartung"). - Oder wir verstehen sie als geisteswissenschaftliche Größe - dann müssen auch geistige Zusammenhänge berücksichtigt werden. - Mischung aus beidem geht nicht.

Münek hat geschrieben:Nach meiner Erfahrung besitzt bei Gläubigen im Zweifel der subjektive Glaube einen ungleich höheren Stellenwert als die Wahrheit.
Ein verquerer Satz - der einzige Sinn des Glaubens IST die Wahrheit (auch wenn's nicht immer klappt).

Münek hat geschrieben:Weshalb sollte der Fischer auf die Idee verfallen, es gäbe keine kleineren Fische?
Tja - so läuft's halt in der Praxis (bei echten Fischern natürlich NICHT).

Münek hat geschrieben:Im Übrigen ist es kein Dogmatismus, wenn sich beispielsweise die Naturwissenschaft nicht mit der Frage nach der Existenz von Göttern, Geistern oder sonstigen übernatürlichen Wesen auseinandersetzt.
Korrekt. - Es wäre aber Dogmatismus, wenn die Naturwissenschaft meinen würde, dass alles, womit sie sich nicht beschäftigt, nichts mit Realität zu tun habe.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#347 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Di 21. Jul 2015, 09:50

Münek hat geschrieben:Die Behauptungen und Schlussfolgerungen des Nichttheologen Rudolf Augstein sind dessen Bier und stehen hier nicht zur Debatte.
Doch - weil sie das zusammenfassen, was auch von Conzelmännern, Lüdemännern und Kubitzas gesagt wird. - Es wurde ausdrücklich hier auf dem Forum atheistischerseits betont, dass Augsteins Aussagen als populär-verständliche Formulierungen wissenschaftlicher Ergebnisse zu verstehen seien.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#348 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jul 2015, 11:57

closs hat geschrieben:Doch - weil sie das zusammenfassen, was auch von Conzelmännern, Lüdemännern und Kubitzas gesagt wird. - Es wurde ausdrücklich hier auf dem Forum atheistischerseits betont, dass Augsteins Aussagen als populär-verständliche Formulierungen wissenschaftlicher Ergebnisse zu verstehen seien.
Und... ?
Was hast du konkret als Gegenargumente gegen die Erkenntnisse von Lüdemann et al. zu setzen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#349 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Di 21. Jul 2015, 12:34

Pluto hat geschrieben:Was hast du konkret als Gegenargumente gegen die Erkenntnisse von Lüdemann et al. zu setzen?
Man kann sie stehenlassen als agnostische Interpretation - aber nicht als wissenschaftliche Aussage. - Das wäre eigentlich schon alles.

Das gilt umgekehrt für die christliche Theologie übrigens auch - in dem Moment, in dem sie wissenschaftliche Beobachtungen in ihrem Sinne interpretiert, sind es auch keine wissenschaftlichen Aussagen mehr.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#350 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Di 21. Jul 2015, 13:10

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Sie legt die Bibeltexte dizipliniert innerhalb der von ihr gesteckten Grenzen aus.
Genau das tut sie - und deshalb sollte sie sagen: "Innerhalb der Grenzen der HKM kann man zum Ergebnis kommen, dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte". - Da würde niemand widersprechen.

Wer widerspricht denn hier? :o Der Einzige weit und breit, der das tut, bist doch Du, Closs Quichote!!! :lol: :lol: :lol:

Antworten