Bedingungsloses Grundeinkommen

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Pluto
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#161 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 14:39

closs hat geschrieben:Wir haben doch eine Leistungs-Gesellschaft. :angel: :angel:
Ja. Aber mit welchem Recht fordert man von den Fleißigen, die Rechnung zu zahlen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#162 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 16:13

Pluto hat geschrieben:Aber mit welchem Recht fordert man von den Fleißigen, die Rechnung zu zahlen?
Du unterstellst immer wieder, dass arme Menschen NICHT fleissig seien - das stimmt doch in Mehrheit der Fälle nicht. - Die Regel ist eher, dass die einen Fleißigen Geld haben/bekommen und die anderen Fleißigen nicht, und dass die einen Faulen Geld haben/bekommen und die anderen Faulen nicht.

Geh mal ins Leben des "normalen" arbeitenden Volks - die Vollzeit-Pflegerin, die schauen muss, wie sie mit unbezahlten Überstunden und somit 200 Stunden pro Monat gerade mal 1.500 Euro nach Hause bringt und davon Miete, Gebraucht-Wagen, Versicherungen, Renten-Vorsorge(!) und Haushalt bezahlen muss - von Urlaub und mal einen schöne Schal ganz abgesehen - und telefonieren muss man ja auch mal - und irgendwann geht der Fernseher auch kaputt. - Panik pur.

Solche Vollzeit-Pflegerinnen sind qualifizierter als Jung-Manager, denen während des Studiums ständig eingetrichtert wird, dass sie sich so und so zu benehmen haben, damit sie als Elite gelten können - und glauben, ein Einstiegs-Gehalt von 50.000 Euro pa sei allein deshalb angebracht, weil man die Ausbildungs-Rituale durchlaufen habe. - Davon kann ein Mensch, der Tag für Tag und Jahr für Jahr mit Leiden und Tod zu tun hat, nur träumen. - Und dann wird in den "Kader-Schmieden" auch noch getrommelt, wir lebten in einer Leistungs-Gesellschaft.

Ist diese Urban Legend schon so tief eingedrungen (Konditionierung/Hirnwäsche), dass unsere Gesellschaft das WIRKLICH glaubt?

piscator
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#163 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von piscator » Mo 11. Mai 2015, 17:48

Du unterstellst immer wieder, dass arme Menschen NICHT fleissig seien - das stimmt doch in Mehrheit der Fälle nicht.
Das hat ja auch nie jemand behauptet.
Geh mal ins Leben des "normalen" arbeitenden Volks - die Vollzeit-Pflegerin, die schauen muss, wie sie mit unbezahlten Überstunden und somit 200 Stunden pro Monat gerade mal 1.500 Euro nach Hause bringt und davon Miete, Gebraucht-Wagen, Versicherungen, Renten-Vorsorge(!) und Haushalt bezahlen muss - von Urlaub und mal einen schöne Schal ganz abgesehen - und telefonieren muss man ja auch mal - und irgendwann geht der Fernseher auch kaputt. - Panik pur.
Aber seltsamerweise hört man gerade von diesen Menschen nichts zum BGE. Es gibt viele Menschen, die gerne arbeiten, selbst wenn die Bezahlung schlecht ist. Aus Selbstachtung, der Ehre wegen oder aus sonstigen Gründen. Den Berufschmarotzern, die permanent für das BGE Propaganda machen, sind diese hart arbeitenden Menschen eigentlich egal, die denken nur daran, möglichst viel Geld fürs Nichtstun zu kassieren.
Solche Vollzeit-Pflegerinnen sind qualifizierter als Jung-Manager, denen während des Studiums ständig eingetrichtert wird, dass sie sich so und so zu benehmen haben, damit sie als Elite gelten können - und glauben, ein Einstiegs-Gehalt von 50.000 Euro pa sei allein deshalb angebracht, weil man die Ausbildungs-Rituale durchlaufen habe. - Davon kann ein Mensch, der Tag für Tag und Jahr für Jahr mit Leiden und Tod zu tun hat, nur träumen. - Und dann wird in den "Kader-Schmieden" auch noch getrommelt, wir lebten in einer Leistungs-Gesellschaft.
Das ist jetzt Polemik pur. Ich kenne jede Menge hochqualifizierter junger Menschen, die als Assistenzarzt, Anwalt oder Banker für billiges Geld in den Krankenhäusern, Praxen oder Banken verheizt werden, ohne Aussicht auf Karriere oder beruflichen Aufstieg.
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#164 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von JackSparrow » Mo 11. Mai 2015, 22:25

barbara hat geschrieben:nun doch, er erhält das Produkt, zB ein Mittagessen, das er nicht fähig oder willens ist, selbst zu kochen, wird ihm frisch gekocht an den Tisch gebracht, und wenn es ihm das Geld wert ist, kauft er es.
Der Preis, den der Kunde zahlt, ist höher als die tatsächlichen Herstellungskosten des Mittagessens. Durch die Differenz finanziert der Kunde somit den Lebensunterhalt des Unternehmers, genauso wie er durch die Differenz zwischen Brutto- und Nettolohn den Lebensunterhalt der Arbeitslosen finanziert. Bezüglich der sozialen Gerechtigkeit macht es also keinen Unterschied, ob man Unternehmer oder arbeitslos ist.


piscator hat geschrieben:Es gibt viele Menschen, die gerne arbeiten, selbst wenn die Bezahlung schlecht ist.
Würden sie gerne arbeiten, müssten sie den Arbeitgeber dafür bezahlen, dass er sie beschäftigt. Tatsächlich bezahlt aber der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, damit der Arbeitnehmer am nächsten Tag wieder zur Arbeit erscheint. Bei Unterschreiten eines gewissen Mindestbetrages würde der Arbeitgeber nämlich zuhause bleiben.

closs
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#165 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 22:34

piscator hat geschrieben:Aber seltsamerweise hört man gerade von diesen Menschen nichts zum BGE.
Stimmt - das BGE ist aus Sicht der Mehrheit eine Randerscheinung. - Die Leute hätten halt gerne, dass es in puncto Leistung und Vergütung halbwegs gerecht zugeht.

piscator hat geschrieben: Ich kenne jede Menge hochqualifizierter junger Menschen, die als Assistenzarzt, Anwalt oder Banker für billiges Geld in den Krankenhäusern, Praxen oder Banken verheizt werden, ohne Aussicht auf Karriere oder beruflichen Aufstieg.
Ja - da hast Du recht. - Meine Erfahrungen könnten überholt sein, weil sie sich auf die Zeit bis 2005 beschränken.

Bedenke: Deine Beispiele beziehen sich auf konkrete Berufe und Aufgaben-Bereiche: Der Arzt, der konkret im Krankenhaus am Patienten arbeitet. - Der Banker, dem wahrscheinlich hohe Ziele in puncto Abschlüsse gesetzt werden. - Der Anwalt, der sich durch konkrete Fälle durcharbeiten muss. - Im Mittelstand oder bei Freiberuflern stattfindend, wo man von dem lebt, was man konkret erwirtschaftet.

Ich war dagegen mehr in einer Branche tätig, in der wir in Großkonzernen viel mit Marketing und auch innerbetrieblichem Schulungs-Wesen zu tun hatten und die Mentalität der Corporate-Identity-Gurus hautnah mitgekriegt haben - da wurde schon ein böses Menschenbild an die Nachwuchskräfte verbreitet. - Oder in der Berater-Branche, die sich durch maximale Macht und minimale Verantwortung ausgezeichnet hat - naßforsche Schlaumeier-Theoretiker, die für teures Geld viel Schaden angerichtet haben. - Vielleicht habe ich einfach zu viel mitgekriegt. - Jedenfalls ging es da nicht konkret im unternehmerischen Sinne zu. - Ein Controlling-Prof hat uns immer gesagt: "Wenn Ihr Leute <im Mittelstand> einstellt, nehmt NIEMAND einen, der durch Großkonzerne formatiert wurde". :|

Vielleicht hat sich seitdem doch einiges geändert - es würde mich freuen.

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#166 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von piscator » Di 12. Mai 2015, 09:14

Ich habe berufsbedingt Erfahrungen mit den Banken und den Verwaltungen.

Bei der schwäbischen Finanzverwaltung findet man zunehmend Bachelors und Bacheloretten. Die bekommen in den einschlägigen Fachhochschulen eine fundierte Ausbildung, allerdings strikt auf Staatlinie getrimmt und entsprechend konditioniert. Daan werden die in den Finanzämtern als Sachbearbeiter eingesetzt, sehr schlecht bezahlt, aber mit dem Bewusstsein, die Welt zu retten. Abwerben ist nicht möglich, da sie ihre Ausbildungskosten zurückbezahlen müssen, im übrigen kann ich denen kann denen als Steuerberater nichts anfangen, da ich ihnen erst beibringen muss, dass der Mandant nicht der Feind ist.

Bei den Lehrern ist es ähnlich. Die bekommen eine Zeitvertrag auf 1 Jahr, werden dann entlassen und nach ein paar Wochen mit einem neuen Zeitvertrag wieder eingestellt. Man setzt diese gern dort ein, wo kein etablierter Lehrer mehr tätig werden will.

Und schon schließt sich der Kreis, die jungen Leute sind in einer Falle gefangen.
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#167 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von closs » Di 12. Mai 2015, 11:07

piscator hat geschrieben:Und schon schließt sich der Kreis, die jungen Leute sind in einer Falle gefangen.
Das klingt sehr realistisch.

Hier steht aus meiner Sicht folgendes Problem dahinter: Im Grunde wird mit dem BA das Studium simuliert - allerdings mit dem ERgebnis, dass sich ein BA-Abgänger als "Akademiker" bezeichnen darf - früher nannte man das "Fachabitur" :devil: . Allerdings mit dem Unterschied, dass das Fachabitur kein Berufsabschluss ist, BA aber sehr wohl - man kann also die Leute auf den Markt bringen - was zur Folge hat, dass die jungen Leute heute ca. 6 Jahre früher (Wehrpflicht gibt's ja auch nicht mehr) im Berufsleben stehen.

Nida-Rümelin hat neulich mal konstatiert, dass BA-Abgänger in der Regel NICHT hochschulfähig sind - man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein mit der Bezeichnung "Akademiker" seine Universitäts-Laufbahn ABSCHLIESSENDER junger Mensch hat demnach nicht einmal die Qualifikation, ein Studium zu beginnen.

Und deshalb gibt es den Master, diese innerbetriebliche Schulung, jenes Trainee-Programm, etc., bis man so weit ist, dass man in der Bildungs-Liturgie so weit ist, dass man im Markt als "besonders qualifiziert" gilt. - DIese "besonders Qualifizierten" treffen dann in Konzernen auf Personaler, die GENAUSO formatiert sind und unter "objektiven" Gesichtspunkten einstellen - dazu gehören eben auch die liturgischen Übungen - denn: Wenn sich einen Einstellung als Flop erweist, will sich der Personaler absichern, indem er nachweist, dass er nur unter den "Besten" ausgewählt hat, was objektiv nur über liturgische Qualifikationen und deren SChulnoten nachweisbar ist. - Mit anderen Worten: Es steht NICHT im Vordergrund, was einer kann und wie belastbar und fit er erscheint, sondern es stehen die Liturgien im Vordergrund.

Damit man als Kandidat möglichst gute Chancen hat, besucht man vor seiner Bewerbungszeit erst einmal Kurse zum Thema "Wie bewerbe ich mich?". - Der Gag: Auch diese Kurse werden von Personalern (incl. Psychologen) gemacht - und bei der Bewerbung als solche erkannt, weil dort ja Personaler sitzen, die es genauso gemacht haben. - Also wieder ein Plus-Punkt. - Am Ende tönen alle Beteiligten, dass sich die Besten durchsetzen würden und wir ein knallhartes Auswahl-Verwahren hätten. - Leistungs-Gesellschaft halt. :devil:

Knallhart ist das wirklich (ehrlich) - die Leute gehen dann in ihren Job rein, als hätten sie die Hauptsache bereits hinter sich, bevor sie anfangen zu arbeiten. - Gleichzeitig bestehen sie aber darauf - und jetzt kommen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück - , ein sattes Einstiegsgehalt zu bekommen - damit der Markt auf diese Weise sein Elitedenken bekunde. - Und dieses Gehalt bekommt man dann auch, weil die Personaler sagen: "Wenn wir Elite haben vollen, geht das nicht zum Nulltarif". - Es ist also eine einzige Inzucht oder Onanie - ein sich selbst einlösendes System.

Ich habe bis 2005 die Anfänge dieses Systems noch mitgekriegt: Auf Elite trainierte junge Menschen, die ungeheuer rollen-fixiert waren (unkritisch loyal nach oben - distanziert kollegial nach unten - unglaubwürdig in der Arbeitsleistung) und im Mittelstand nicht brauchbar waren - aber wie gesagt: Seitdem sind 10 Jahre vergangen - das kann sich ja geändert haben. Wenn ja, ist es erfreulich.

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#168 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von piscator » Di 12. Mai 2015, 13:15

closs hat geschrieben:Hier steht aus meiner Sicht folgendes Problem dahinter: Im Grunde wird mit dem BA das Studium simuliert - allerdings mit dem ERgebnis, dass sich ein BA-Abgänger als "Akademiker" bezeichnen darf - früher nannte man das "Fachabitur" :devil: . Allerdings mit dem Unterschied, dass das Fachabitur kein Berufsabschluss ist, BA aber sehr wohl - man kann also die Leute auf den Markt bringen - was zur Folge hat, dass die jungen Leute heute ca. 6 Jahre früher (Wehrpflicht gibt's ja auch nicht mehr) im Berufsleben stehen.
Nicht zu vergessen die dämlichen Anglizismen. Der Bachelor of Arts wird sich diebisch darüber freuen, wenn er nach ein paar Jahren Tätigkeit firmenintern zum Deputy-Assistant-Junior-Key-Account-Manager ernannt wird :lol:
Nida-Rümelin hat neulich mal konstatiert, dass BA-Abgänger in der Regel NICHT hochschulfähig sind - man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein mit der Bezeichnung "Akademiker" seine Universitäts-Laufbahn ABSCHLIESSENDER junger Mensch hat demnach nicht einmal die Qualifikation, ein Studium zu beginnen.
Da wäre es nur folgerichtig, das Hochschulstudium neu zu definieren. Zur Vorlesung wird zugelassen, wer seinen Nachnamen tanzen kann und ohne von der S-Bahn überfahren zu werden, die Uni auf Anhieb findet.

So eine Veranstaltung wie die Nobelpreisverleihung gehört auch abgeschafft, das ist viel zu abgehoben und kein Mensch versteht, um was es da eigentlich geht.
Statt dessen könnte man einen alternativen deutschen Nobelpreis verleihen, vielleicht unter der Schirmherrschaft des PM-Magazins bei der Weihnachtssendung von "Welt der Wunder".
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#169 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von closs » Di 12. Mai 2015, 15:17

piscator hat geschrieben: Deputy-Assistant-Junior-Key-Account-Manager
Einer meiner Junioren ging als Trainee öfter mal zu "Come Togethers" - das sagt man, wenn man im dienstlichen Rahmen Ausgelassenheit simulieren muss und dementsprechende Leisure Cloth in seinen Koffer packen muss. :lol:

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#170 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von piscator » Di 12. Mai 2015, 15:43

closs hat geschrieben:
piscator hat geschrieben: Deputy-Assistant-Junior-Key-Account-Manager
Einer meiner Junioren ging als Trainee öfter mal zu "Come Togethers" - das sagt man, wenn man im dienstlichen Rahmen Ausgelassenheit simulieren muss und dementsprechende Leisure Cloth in seinen Koffer packen muss. :lol:

Bei den Strukkies ist ähnliches zu beobachten. Da trifft man Uplines und Downlines beim Kick-Off-Meeting.
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