Jeden Tag ein Gedicht

Literatur, Malerei, Bildhauerei
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Demian
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#11 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Demian » Di 21. Mai 2013, 22:44

Friedrich Nietzsche

Ja! Ich weiß, woher ich stamme!
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr' ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse:
Flamme bin ich sicherlich.


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Demian
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#12 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Demian » Di 21. Mai 2013, 23:45

Rainer Maria Rilke

Ein Gott vermags. Wie aber, sag mir, soll
ein Mann ihm folgen durch die schmale Leier?
Sein Sinn ist Zwiespalt. An der Kreuzung zweier
Herzwege steht kein Tempel für Apoll.

Gesang, wie du ihn lehrst, ist nicht Begehr,
nicht Werbung um ein endlich noch Erreichtes;
Gesang ist Dasein. Für den Gott ein Leichtes.
Wann aber sind wir? Und wann wendet er

an unser Sein die Erde und die Sterne?
Dies ists nicht, Jüngling, Daß du liebst, wenn auch
die Stimme dann den Mund dir aufstößt, - lerne

vergessen, daß du aufsangst. Das verrinnt.
In Wahrheit singen, ist ein andrer Hauch.
Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind.

(Aus: Die Sonette an Orpheus, Erster Teil, 1922)

Pluto
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#13 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Pluto » Di 18. Jun 2013, 19:26

Mal was Einfaches zum Schmunzeln, von Wilhem Busch


Werde niemals Ehemann,
Denn als solcher, kann man sagen,
Muss man viel Verdruss ertragen.

Ein Onkel
der Gutes mitbringt,
ist besser, als eine Tante
die bloß Klavier spielt.

Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben.

Das Reden tut dem Menschen gut,
wenn man es selber tut!

Denn mancher hat schon beklagt,
"Ach hätt’ ich das doch nicht gesagt."

Hartnäckig weiter fließt die Zeit,
die Zukunft wird Vergangenheit.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Mimi
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#14 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Mimi » Do 8. Aug 2013, 00:07

Joseph von Eichendorff:
Mondnacht
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

[Quelle]
"Jedes menschliche Wunschbild,
das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird,
hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden,
damit die echte Gemeinschaft leben kann."
Dietrich Bonhoeffer

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NutellaToast
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#15 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von NutellaToast » Sa 10. Aug 2013, 01:52

Die Nacht erwacht,
der Tag ist vollbracht.
Das Licht am Horizont, es sinkt immer weiter.
Doch in so manchem Hause ist´s dennoch sehr heiter

Die Sterne beziehen das Himmelszelt,
und tuns wie die Sonne, die die Gegend erhellt.
Der Mond steht klar, und leuchtend gar hell.
Der nächtliche Himmel ist prachtvoll, und schnell.

Dieser holden Perle will ich mich hingeben,
ich werde mich nun brav in´s bettchen rein legen.
Dann werde ich schlafen, dazu noch süß träumen,
jede Sekunde geniesen, keine einzge´ versäumen!


Uhm... made by myself... copyright und all der rechtliche kram halt :D
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NutellaToast
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#16 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von NutellaToast » Mi 14. Aug 2013, 04:41

Dieses Gedicht müsste ein paar Personen hier schon geläufig sein, doch ich halte es noch immer für sehr gut und es ist bis jetzt mit unter eines meiner besten Werke :>


Bon Anniversare

Ein Mann und eine Frau
Die hatten sich sehr lieb.
Da kann man sich gut denken,
Dass die Zweisamkeit nicht blieb.

Unter diesen Störenfrieden
Da fand ich mich wieder.
Doch statt meinem kleinen Zimmer
Wär mir ein größ´res lieber.

Wer kocht, wer putzt, wer macht das Essen?
An wem kann ich die Größe messen?
Dies alles vollzieht ein wahrer Engel
Ganz alleine für uns Bengel!

Ich danke Gott für jeden Tag
An dem ich deine Lieb vermag.
Auch dank ich dir dass ich darf leben
Nun will ich den Dank weitergeben!
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#17 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Pflanzenfreak » Mi 14. Aug 2013, 09:19

Danke für Deine Gedichte. Weiter so!

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#18 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Magdalena61 » Mo 2. Sep 2013, 18:10

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.

Eduard Mörike · 1804-1875
God bless you all for what you all have done for me.

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NutellaToast
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#19 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von NutellaToast » Sa 12. Okt 2013, 21:31

Ein hellblauer Himmel, davon kann ich nur träumen,
Denn alles was fliegt, über all diesen Bäumen,
Ist grauschwarze Pampe, eine wahre Wolkendecke!
Man könnte glatt meinen, dass die Sonne sich verstecke.

Und in diesem Schulraum, da denket man nicht...
Es fehlt diesen Leuten die wahre Einsicht!
Der Lehrer geht kringeln, er kann´s nicht ertragen,
Was all diese Leute doch für falsches Sagen.

Doch auch unser Lehrer kann es nicht verleugnen,
Dass ich gar anders denk´.
Er ist sehr sarkastisch und will das erzeugen,
Was man Deutschunterricht nennt!

Ich weiß eine Lösung, doch wahrlich nicht seine,
Beim Interpretieren gibt´s oftmals auch keine,
Keine die richtig scheint, alles ist möglich...
Selbst wenn er fast weint, und sein Kopf scheinet rötlich!

Ich will nur das lernen, was ich auch mal brauch,
Und nicht meine Zeit geben in diesen Tausch,
Französisch zu lernen, wo käm´ ich da hin?
Mir schwebt etwas besseres oft in dem Sinn!
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Demian
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#20 Re: Jeden Tag ein Gedicht

Beitrag von Demian » Do 17. Okt 2013, 15:45

Rainer Maria Rilke: Siehe, ich wusste es sind solche

Siehe, ich wusste es sind
solche, die nie den gemeinsamen Gang
lernten zwischen den Menschen;
sondern der Aufgang in plötzlich
entatmete Himmel
war ihr Erstes. Der Flug
durch der Liebe Jahrtausende
ihr Nächstes, Unendliches.

Eh sie noch lächelten
weinten sie schon vor Freude;
eh sie noch weinten
war die Freude schon ewig.

Frage mich nicht
wie lange sie fühlten; wie lange
sah man sie noch? Denn unsichtbare sind
unsägliche Himmel
über der inneren Landschaft.

Eines ist Schicksal. Da werden die Menschen
sichtbarer. Stehn wie Türme. Verfalln.
Aber die Liebenden gehn
über der eignen Zerstörung
ewig hervor; denn aus dem Ewigen
ist kein Ausweg. Wer widerruft
Jubel?

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Marc Chagall: Orpheus

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