Aberglaube im 21. Jahrhundert

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closs
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#341 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Sa 11. Apr 2015, 09:43

sven23 hat geschrieben:Hast du doch noch nie gemacht.
Gerade weil ich es oft genug gemacht habe, scheue ich mich - ist viel Arbeit, wenn man es gescheit macht.

sven23 hat geschrieben:Wenn alle ihn falsch verstanden hätten, dann muß man Jesus den Vorwurf machen, daß er dieses grundlegende Mißverständnis nicht aufgelöst hat.
Da kommt dann eben das Motiv, dass Jesus selbst gewusst hat, dass der Mensch erst in einen Erkenntnisprozess kommen muss - dass also dessen Ohren lernen müssen, zu hören. - Mit anderen Worten: Er hätte dieses Missverständnis nicht auflösen können. - Wenn jemand weltlich denkt (und das taten die Jünger letztlich auch), deutet er alles Geistige weltlich. - Das ist doch hier auf dem Forum genauso.

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sven23
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#342 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Sa 11. Apr 2015, 10:12

closs hat geschrieben:- Mit anderen Worten: Er hätte dieses Missverständnis nicht auflösen können. -
Das klingt für mich zu sehr nach Ausrede. Man soll also glauben, daß der Sohn Gottes nicht in der Lage war, ein grundlegendes Mißverständnis aufzulösen oder unfähig war, sich klar und deutlich zu artikulieren?
Viel wahrscheinlicher ist doch, daß er dem allgemeinen Zeitgeist einer Endzeitstimmung folgte und selbst an das nahe Reich Gottes glaubte. (siehe die Aussage von Petrus) Aber wie gesagt - er irrte sich.
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closs
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#343 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Sa 11. Apr 2015, 10:24

sven23 hat geschrieben: Man soll also glauben, daß der Sohn Gottes nicht in der Lage war, ein grundlegendes Mißverständnis aufzulösen oder unfähig war, sich klar und deutlich zu artikulieren?
Es ist doch nicht SEINE Unfähgikeit, sondern die Unfähigkeit der Rezeption. - Ist es Deine Unfähigkeit, wenn Du einen Tauben anschreist und er Dich nicht hört?

sven23 hat geschrieben:Viel wahrscheinlicher ist doch, daß er dem allgemeinen Zeitgeist einer Endzeitstimmung folgte und selbst an das nahe Reich Gottes glaubte.
Von Euch geschult, kann ich mir inzwischen ein Weltbild vorstellen, aus dem diese Variante wahrscheinlicher ist. :|

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sven23
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#344 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Sa 11. Apr 2015, 10:31

closs hat geschrieben:Es ist doch nicht SEINE Unfähgikeit, sondern die Unfähigkeit der Rezeption. - Ist es Deine Unfähigkeit, wenn Du einen Tauben anschreist und er Dich nicht hört?
Natürlich wäre es meine Schuld. Wenn er nicht von den Lippen ablesen kann, könnte ich es ihm aufschreiben. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Ich kann doch nicht behaupten, daß ein Tauber grundsätzlich zu blöd ist, mich zu verstehen.

closs hat geschrieben: Von Euch geschult, kann ich mir inzwischen ein Weltbild vorstellen, aus dem diese Variante wahrscheinlicher ist. :|
Na, dann hättest du doch wenigstens was gelernt. :thumbup:
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#345 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Sa 11. Apr 2015, 10:39

sven23 hat geschrieben:Natürlich wäre es meine Schuld.
Du interpretierst am Sinn dieses Vergleichs vrobei. - Nein - wenn jemand etwas (noch) nicht verstehen kann, versteht er es nicht.

Dann nehmen wir halt ein anderes Beispiel: Wenn Du einer 5Jährigen in ihr Poesie-Album einen Vortrag über die Relativitäts-Theorie reinschreibst, wird sie es erst verstehen, wenn sie auf die höhere Schule geht. - Ist das ein besserer Vergleich?

sven23 hat geschrieben:dann hättest du doch wenigstens was gelernt.
Stimmt - dieses Forum hat mir deutlich gemacht, wie das 20./21. Jh. tatsächlich denkt. - Früher habe ich gedacht, dieses Weltbild sei ein intellektueller Entwurf - sozusagen ein Spiel - , das man durch-dekliniert, aber niemals selber dran glaubt. - Jetzt merke ich, dass es tatsächlich "angekommen" ist, also als Maßstab gilt. - Aus meiner Sicht erschreckend.

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sven23
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#346 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Sa 11. Apr 2015, 10:54

closs hat geschrieben: Dann nehmen wir halt ein anderes Beispiel: Wenn Du einer 5Jährigen in ihr Poesie-Album einen Vortrag über die Relativitäts-Theorie reinschreibst, wird sie es erst verstehen, wenn sie auf die höhere Schule geht. - Ist das ein besserer Vergleich?
Und du meinst tatsächlich, daß der Sohn Gottes das nicht geschnallt hat?

closs hat geschrieben: Stimmt - dieses Forum hat mir deutlich gemacht, wie das 20./21. Jh. tatsächlich denkt. -
Du machst wieder den Fehler, aus einer selektiven Beobachtung (hier eine Handvoll Forumsdiskutanten) gleich Rückschlüsse auf die Denkweise der ganzen Menschheit zu ziehen.
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Savonlinna
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#347 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Savonlinna » Sa 11. Apr 2015, 10:55

closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht erschreckend.
Kann erschreckend aussehen, ist aber erfahrungsgemäß - wenn man die Erfahrung von Jahrtausenden durchguckt - Durchgangsstadium, Geburt von etwas Neuem.

Ich sehe hier ja auch, dass es gar nichts nützt, zu erklären, dass die Texte im Nachhinein Jesu in den Mund gelegt wurden.
Es wird dennoch so getan, als habe man bei Jesus mitstenographiert. Das betrifft fast alle Schreibenden hier, Dich eingeschlossen.
Das scheint wirklich ein Zug der Zeit zu sein, dass man nicht mehr mehrdimensional denkt. Man nimmt alles als Fakt, egal, aus welcher Mundpropaganda das stammt. Das machst auch Du.

Dennoch halte ich das für ein Durchgangsstadium. Die übernächste Generation wird möglicherweise oder wahrscheinlicherweise daraus ein neues Gefühl für "Wirklichkeit" entwickeln. Wenn ich zum Beispiel die Literaturgeschichte durchgucke, dann ist dieses Dialektische - These, Antithese, Synthese - immer zu beobachten.

Diese "Unfähigkeit", mit zu berücksichtigen, dass literarische Texte nie die Realität wiedergeben, sondern immer zu tun, als ob Mephisto ein ganz realer eigenständiger Mensch ist, der nicht aus der Feder des Goethe stammt - diese sogenannte Unfähigkeit, die wirklich neu ist und erst in den letzten zwei, drei Jahrzehnten entstanden ist: aus der kann sehr Positives entstehen. Und ich bin ziemlich sicher, dass es das auch wird. Man wird - als Synthese - ein vertieftes Verstehen von "Wirklichkeit" erlangen.
Du nennst es "geistig", die anderen nennen es "Fakt" - aber möglicherweise ist es das Gleiche. Auf die Bezeichnungen kommt es nicht an.

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#348 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Pluto » Sa 11. Apr 2015, 10:57

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:PARUSIVERZÖGERUNG ALS GLAUBENSPROBLEM
Aber das ist doch alles schon geklärt: Das "inwendige" Verständnis Jesus wurde erst nach und nach als solches verstanden. - Die Menschen haben aber-geglaubt, dass die Naherwartung "naturalistisch" gemeint sei.
Was sollten sie denn sonst glauben? Damals gab es noch nicht die Vorstellung einer Trennung zwischen geistig und körperlich. Diese philosophische Vorstellung wurde erst viele hundert Jahre später (von Augustinus) geprägt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Bibelleser wissen mehr: Markus 1, 15: "Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe".
Das kann man "naturalistisch" deuten (in Deinem Sinne)
Wie gesagt, damals gab es die Unterscheidung noch nicht. Auch die Bibel spricht von einer leiblichen Auferstehung (Ostern).
Das du mit deiner Interpretation falsch liegst, belegt die heutige katholische Doktrin einer tatsächliche Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut bei der Eucharistie.

closs hat geschrieben:Deine Version ist also unter den möglichen Interpretationen enthalten - aber es ist kein "Faktum", dass es in diesem Sinne dort steht.
Genau umgekehrt.
Die Menschen gingen von einer weltlichen Wiederkunft aus. Sie erwarteten sie sogar stündlich. Erst als nichts geschah, wurden sie skeptisch.

closs hat geschrieben:Ich vermute eher ideologische Beweggründe.
Richtig: die ideologisch geprägte Vorstellung einer rein geistigen Existenz.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#349 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Sa 11. Apr 2015, 11:05

Savonlinna hat geschrieben: Ich sehe hier ja auch, dass es gar nichts nützt, zu erklären, dass die Texte im Nachhinein Jesu in den Mund gelegt wurden.
Es wird dennoch so getan, als habe man bei Jesus mitstenographiert. Das betrifft fast alle Schreibenden hier, Dich eingeschlossen.
Doch, ich halte das sogar für sehr wahrscheinlich. Die Evangelien wurden in einer bestimmten Absicht geschrieben und auch Paulus verfolgt seine Ziele. Und natürlich erst Recht die sich später herausbildende Kirche. Der Verdacht besteht, daß die Figur des Jesus instrumentalisiert wurde. Die historisch-kritische Forschung bestärkt diesen Verdacht.

Nur, das Problem ist halt: Was kann man von Jesus wissen, wenn man das NT ausblendet?
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#350 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Sa 11. Apr 2015, 11:34

sven23 hat geschrieben:Und du meinst tatsächlich, daß der Sohn Gottes das nicht geschnallt hat?
Im Gegenteil - er wusste, dass seine Message mit wachsender Erkenntnis des Menschen so ankommt, wie sie gemeint ist.

sven23 hat geschrieben: aus einer selektiven Beobachtung (hier eine Handvoll Forumsdiskutanten) gleich Rückschlüsse auf die Denkweise der ganzen Menschheit zu ziehen.
Das wäre wirklich der Ehre zuviel. - Das Forum hat mir gezeigt, dass die mediale Vermittlung von "Aufklärung" nicht nur Konstrukt ist, sondern tatsächlich im Menschen wirkt.

Pluto hat geschrieben:Diese philosophische Vorstellung wurde erst viele hundert Jahre später (von Augustinus) geprägt.
Das gibt es schon bei Hiob und bei Plato. - Das NT hätte doch überhaupt keinen Sinn, wenn man nicht das Verhältnis von Geist und Materie thematisiert.

Pluto hat geschrieben:Das du mit deiner Interpretation falsch liegst, belegt die heutige katholische Doktrin einer tatsächliche Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut bei der Eucharistie.
Moment - da geht es um Materialisierung des Geistigen (egal wie man dazu steht). - Wo soll den Brot und Wein her-materialisiert werden? Aus der Materie?

Pluto hat geschrieben:Die Menschen gingen von einer weltlichen Wiederkunft aus.
Das ist doch gar nicht bestritten. - Es geht darum, dass sie Jesus ("Mein Reich ist nicht von dieser Welt") nicht verstanden haben (noch nicht verstehen konnten).

Pluto hat geschrieben:die ideologisch geprägte Vorstellung einer rein geistigen Existenz.
Richtig - auch DAS ist eine "Setzung". - Aber Christen wissen das (im Gegensatz zu Materialisten). - Und weil sie um diese Setzung wissen, ist es keine Ideologie und auch kein Anthropozentrismus - nur dann, wenn man NICHT um die Setzungen des eigenen Weltbildes weiss, wird man zum Ideologen und Anthropozentristen.

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