Anton B. hat geschrieben:Was leistet die Ontologie wirklich über die Behauptung hinaus, es existiere etwas, von dem Erfahrung und Wahrnehmung in einem "Rezeptions-Versuch" etwas erhaschen möchte?
Viel mehr - aber dafür bin ich nicht kompetent genug. - Heidegger hat dazu viel gesagt - das was ich verstanden habe, fand ich sehr gut.
In unserem Zusammenhang (und nur dem ist die Einführung des Wortes "Ontologie" geschuldet) dient es der Erkenntnis, dass bspw. Sätze wie "Was mit Mitteln des Kritischen Rationalismus nicht greifbar ist, ist <sic!> irrelevant" nicht satisfaktionsfähig sind. Denn damit macht sich die Wahrnehmung zum "Chef" des "Seins" - und genau das scheint heute die Regel zu sein (oder nur hier auf dem Forum?).
Weiterhin scheint es heute nur sehr schwer verständlich zu sein, dass es ein "Sein" geben könnte, welches auch dann relevant ist, wenn es nicht wissenschaftlich bestätigt werden kann. Auch hier hört man "irrelevant". - Ontologisch würde man dagegen sagen: "Sein ist unabhängig davon, ob Ihr beschränkten Menschen es wahrnehmungs-mäßig fassen könnt oder nicht", weil "Sein" und "Seiendes" (Wahrnehmung) zwei völlig unterschiedliche Baustellen sind.
In Bezug auf HP würde die Ontologie sagen: "Wenn das Seiende (Wahrnehmung/Messung/etc) eine Wirkung mit wissenschaftlichen Mitteln nicht bestätigen kann, heisst dies nicht notwendigerweise, dass es keine HP-Wirkung gibt, sondern lediglich, dass die wissenschaftliche Wahrnehmung diese nicht fassen kann". - Achtung: Das heisst aber nicht, dass alles, was als Sein beansprucht wird, deshalb Sein sein muss - mit anderen Worten: HP kann WIRKLICH eine Null-Nummer sein. - Aber nicht, weil deren Wirkung nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist, sondern weil es diese Wirkung WIRKLICH nicht gibt - die eine Aussage ist kategorial etwas anderes als die andere.
In Bezug auf Gott würde die Ontologie sagen: "Wenn das Seiende Gott nicht mit wissenschaftlicher Methodik bestätigen kann, heisst dies nicht notwendigerweise, dass es nicht Gott gibt, sondern lediglich, dass die wissenschaftliche Wahrnehmung ihn nicht fassen kann". - Wissenschaft ist also EINE, sogar sehr gut aufgestellte, Disziplin, um Wahrnehmung nahe an Sein zu führen - aber sonst nichts.
In Bezug auf Wahrnehmung würde die Ontologie sagen (jetzt vielleicht mal etwas im Heidegger-Original):
1) "Das Sein ist die Voraussetzung für das Seiende" - Wenn es kein Sein gibt, gibt es auch keine Wahrnehmung.
2) „Das Sein bleibt stets das Sein eines Seienden, weshalb eine Differenz zwischen Sein und Seiendem besteht“ - Wahrnehmung ist keine eigene Größe, sondern Ableitung eines Seins.
3) „Das Sein kommt auf der Ebene des Seienden ohne ein Seiendes nicht vor.“ - Der Ursprung der Wahrnehmung im Sein kann nur über Wahrnehmung erkannt werden.
4) „Da Sein und Seiendes niemals getrennt auftreten, wird das Sein nicht als solches thematisiert.“ - Das kann dazu führen, dass das Sein mit Seiendem verwechselt oder vermengt wird.
5) „Daher ist das Sein zwar das Nächste, weil es im Umgang mit der Welt immer schon vorausgehend und mitgängig ist; andererseits erweist es sich als das Fernste, da es als Unthematisches nie explizit wird.“ - Auf Gott bezogen: Gott ist zwar in allem als Sein mitgängig, erscheint aber als fern oder gar nicht-existent, wenn das Seiende (also der Mensch) Gott nicht thematisiert.
6) Etwas schwieriger Satz: „Solange das Dasein als Seiendes ‚ist‘, hat es seine ‚Gänze‘ nie erreicht. Gewinnt es sie aber, dann wird der Gewinn zum Verlust des In-der-Welt-Seins schlechthin. Als Seiendes wird es dann nie mehr erfahrbar.“ - Es gibt eine ontologische Differenz zwischen Sein und Seiendes (Wahrnehmung), die im Dasein prinzipiell nicht überwindbar ist.
Um es etwas einfacher zu machen: Der Mensch kann bei aller Schläue und aller Methodik nie das Wesen des Seins hintergehen oder falsifizieren - Wahrnehmung ist lediglich ein Versuch, Sein zu erfassen, aber keine Instanz, um Sein zu bestimmen. - Genau das scheint aber heute die Regel zu sein, indem man menschliche Methodik glaubt zum Maßstab für Sein machen zu können. - "Methoden-gerecht? Nein? Also irrelevant." - Richtig wäre vielmehr, dass man lediglich feststellt: "Ich kann als Wissenschaftler folgendes bestätigen: ... - Wenn ich etwas NICHT bestätigen kann, ist dies eine Aussage über mich, aber nicht über die Frage nach Sein oder Nicht-Sein". - Soweit sind wir noch nicht. - Und deshalb die Einführung des Wortes "Ontologie".